Vorsicht Abmahngefahr: Bezeichnung von Produkten als "recyclebar" und "kompostierbar"

Vorsicht Abmahngefahr: Bezeichnung von Produkten als "recyclebar" und "kompostierbar"
27.09.2023 | Lesezeit: 5 min

Wer umweltfreundliche Produkte verkauft, die recyclebar und/ oder kompostierbar sind, möchte diese Vorzüge natürlich auch bewerben, etwa direkt auf dem Produkt, der Produktverpackung oder auch in der Produktbeschreibung und Werbung. Doch ist Vorsicht geboten: Die Werbung mit der Recycle- und Kompostierbarkeit birgt Irreführungsrisiken und damit eine Abmahngefahr. Wir erläutern in diesem Beitrag die Problematik und geben Online-Händlern Empfehlungen für ihre Werbung mit diesen Begriffen.

I. Welche Risiken bestehen bei Bezeichnung von Produkten als "recyclebar" und "kompostierbar"?

Angaben in der Werbung oder Aufdrucke bzw. Angaben auf Produktverpackungen wie:

"100 Prozent recyclebar."

"100 Prozent biologisch abbaubar."

"Vollständig kompostierbar."

sind aus der wettbewerbs- bzw. lauterkeitsrechtlichen Sicht des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) nicht unproblematisch. Von Verbraucherschützern werden solche Angaben unter gewissen Umständen teilweise als irreführend und damit unlauter und unzulässig angesehen und können deswegen zu Abmahnungen durch Verbraucherschutzverbände oder ggf. auch durch Mitbewerber führen.

Hintergrund ist, dass Produkte und/oder Produktverpackungen häufig zumindest einzelne wenige Bestandteile haben, die für sich genommen nicht wieder in den Wertstoffkreislauf (Stichwort: Recycling) eingebracht werden können bzw. nicht kompostierbar sind. Dies können etwa Klebstoffe sein, die in dem Produkt, in der Produktverpackung oder bei Aufklebern auf dem Produkt enthalten sind. Selbst wenn diese Bestandteile im Verhältnis zum Gesamtprodukt nur einen geringfügigen Anteil ausmachen sollten, ist zumindest die Aussage der Recylcebarkeit bzw. Kompostierbarkeit mit "100%" oder "vollständig“ nicht ganz korrekt.

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II. Welche Vorgaben macht das UWG hierzu?

Nach § 3 Abs. 1 UWG sind unlautere geschäftliche Handlungen unzulässig.

Eine geschäftliche Handlung in diesem Sinne ist nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 UWG jedes Verhalten einer Person zu Gunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen unmittelbar und objektiv zusammenhängt. Hierzu zählt insbesondere die Werbung für Produkte, etwa auch im Rahmen von Produktbeschreibungen in einem Webshop, aber auch Angaben auf Produkten und Produktverpackungen.

Dabei sind Angaben auf dem Produkt und in der Werbung u.a. dann unlauter, wenn sie irreführend und deshalb dazu geeignet sind, den Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte (§ 5 Abs. 1 S. 1 UWG) . Irreführend sind vor allem unwahre Angaben: Werden auf Produktverpackungen oder in Produktbeschreibungen daher unwahre Tatsachen angegeben, führt dies in der Regel zu einem Lauterkeitsrechtsverstoß, der durch Verbände, wie etwa Verbraucherschutzverbände, oder durch Mitbewerber abgemahnt werden kann.

III. Wann können Angaben zur Recycle- oder Kompostierbarkeit unzulässig sein?

Für die Bestimmung des Wahrheitsgehalts einer Werbeaussage kommt es im Wesentlichen auf zwei Punkte an:

  • Wie ist die Werbeaussage unter den Umständen des jeweiligen Einzelfalls zu verstehen?
  • Ist die nach diesem Verständnis angegebene Tatsache wahr oder falsch?

Für die Bestimmung des Aussagehalts einer Angabe in der Werbung, auf einem Produkt, einer Produktverpackung und in einer Produktbeschreibung, also für dessen Auslegung, kommt es gemäß dem EU-Verbraucherleitbild auf die Sicht eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers an.

Beispiel: Ergibt die Auslegung aus Sicht eines solchen Durchschnittsverbrauchers etwa, dass ein Produkt samt Produktverpackung vollständig, d.h. hinsichtlich tatsächlich sämtlicher Bestandteile, einschließlich Verpackungen und Aufklebern, recyclebar ist, entspricht dies aber nicht der Wahrheit, da tatsächlich einzelne Klebestoffe nicht wiederverwertet - und nichts anderes kann "recyclebar" bedeuten - werden können, so ist die Werbeaussage unwahr. Da diese unwahre Angabe wohl auch dazu geeignet ist, den Verbraucher zur Entscheidung des Kaufs des Produkts zu bewegen, müsste darin eine relevante Irreführung zu sehen sein, so dass die Werbung als unlauter und daher unzulässig eingeordnet werden müsste.

IV. Empfehlung für die Praxis: Werbung mit der Recyclebarkeit und Kompostierbarkeit von Produkten

Für Werbeaussagen oder sonstige Angaben zur Recyclebarkeit oder Kompostierbarkeit von Produkten:

  • direkt auf Produkten
  • auf Produktverpackungen
  • in Produktbeschreibungen oder auch
  • in der sonstigen Werbung für Produkte

empfehlen wir jedenfalls Folgendes zu beachten:

1. Klare und eindeutige Bezüge: Aus den jeweiligen Angaben und/ oder deren Kontext muss klar hervorgehen, auf welche Teile eines Produktes sich die Angaben der Recyclebarkeit und / oder Kompostierbarkeit beziehen, etwa nur auf die Verpackung und / oder auch das Produkt selbst.

2. Unmissverständliche Angaben: Aus Verbrauchersicht dürfen die gemachten Angaben nicht missverständlich sein, sondern sollten grundsätzlich eindeutig und zweifelsfrei zu verstehen sein.

3. Wahre Angaben: Die Angaben zur Recyclebarkeit und/ oder Kompostierbarkeit müssen zudem vollständig zutreffen, d.h. uneingeschränkt wahr sein. Sind Angaben nur fast vollständig richtig, sollten die Angaben in dieser Form nicht verwendet werden, um insoweit ein Irreführungsrisiko und eine Abmahngefahr zu vermeiden.

Beispiel: Steht auf einem Aufkleber, der auf einer Produktverpackung angebracht ist: "*Ich bin zu 100% recyclebar*", ist nicht hinreichend klar und eindeutig, ob sich diese Aussage:

  • (nur) auf den Aufkleber selbst,
  • (nur) auf die Produktverpackung,
  • (nur) auf das Produkt oder
  • auf den Aufkleber, die Produktverpackung und das Produkt

bezieht - mit anderen Worten, es gibt ein Risiko von Missverständnissen. Daher sollte aus der jeweiligen Aussage selbst hervorgehen, auf welche Teile sie sich bezieht und diesbezüglich dann - nach dem Verständnis eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers - auch vollständig wahr sein. Andernfalls bestünde ein Irreführungs- und deswegen auch ein Abmahnrisiko.

V. Fazit: Das Wichtigste in Kürze

  • Bei Angaben hinsichtlich der Recyclebarkeit und/ oder Kompostierbarkeit von Produkten auf den Produkten, Produktverpackungen, in Produktbeschreibungen und in der Werbung besteht ein gewisses Abmahnrisiko.
  • Missverständliche und/ oder unwahre Angaben hierzu sind in der Regel irreführend, daher unlauter und unzulässig.
  • Hersteller und Händler solltendarauf achten, ausschließlich klare und eindeutige, unmissverständliche und vollständig wahre Angaben über die Recyclebarkeit und/ oder Kompostierbarkeit von Produkten zu machen.

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