OLG Düsseldorf: Werbung mit „klimaneutral“ trotz Erläuterung nur per QR-Code in Ordnung

OLG Düsseldorf: Werbung mit „klimaneutral“ trotz Erläuterung nur per QR-Code in Ordnung
01.08.2023 | Lesezeit: 4 min

Das Bewusstsein der Verbraucher in Bezug auf den Klimaschutz hat sich in letzter Zeit stark gewandelt. Das Thema hat aktuell enorme werbliche Relevanz. Doch die Grenzen zwischen seriöser Werbung und bloßem „Greenwashing“ sind meist fließend. Das OLG Düsseldorf hat kürzlich entschieden, dass eine Aufklärung über die konkreten Umstände dabei auch anhand eines QR-Codes erfolgen kann.

Klima, Klima, Klima

Extreme Hitzewellen, massive Unwetter: Die Auswirkungen des Klimawandels werden für die meisten von uns direkt spürbar. Dementsprechend rückt das Kriterium der Klimafreundlichkeit von Produkten immer mehr in den Fokus der Käufer und beeinflusst zunehmend Kaufentscheidungen.

Das haben auch die Marketingabteilungen längst erkannt: Die Anzahl sogenannter „Green Claims“ in Werbetexten und auf Verpackungen hat in den letzten Monaten massiv zugenommen. Aussagen wie „Klimafreundlich“ oder gar „Klimaneutral“ sollen für ein „reines“ Gewissen beim Interessenten sorgen und eine gezielte Kaufentscheidung für das so beworbene Produkt herbeiführen.

Gerne wird dabei nur der Eindruck einer Klimafreundlichkeit erzeugt, indem sich mit pauschalen, nicht ins Detail gehenden Aussagen, die kaum nachprüfbar sind „ein grünes Mäntelchen“ übergeworfen wird.

Dieses sogenannte Greenwashing ist Verbraucherschützern ein Dorn im Auge, da Verbraucher durch eine solche Werbung in die Irre geführt werden.

Klimaneutrales Kaumaterial

Kürzlich ging es um die Werbung des Süßwarenherstellers Katjes.

Dieser bewarb sein Produkt „Grün-Ohr-Hase“ in einer Zeitungsanzeige mit der Aussage „Klimaneutral Produkt ClimatePartner.com“. Daneben wurde ein QR-Code dargestellt, über welchen der interessierte Leser weitere Informationen zur „Klimaneutralität“ abrufen kann.

Ferner fand sich in der Anzeige noch die Aussage „Seit 2021 produziert Katjes alle Produkte klimaneutral.“

Die Wettbewerbszentrale störte sich an dieser Werbung und mahnte den Süßwarenhersteller ab.

Nach Ansicht des Abmahners würde die beanstandete Werbung bei den angesprochenen Verkehrskreisen den falschen Eindruck erwecken, der Herstellungsprozess des Schaumzuckererzeugnisses verlaufe emissionsfrei.

Dies sei aber nicht der Fall, da die beworbene Klimaneutralität allenfalls durch Kompensationszahlungen des Herstellers erreicht werden kann.

Auf diese Einschränkung hätte der Hersteller nach Ansicht der Wettbewerbszentrale bereits in der Werbeanzeige selbst hinweisen müssen. Die Darstellung eines QR-Codes, über den Erläuterungen abrufbar sind, genüge nicht.

Nachdem außergerichtlich keine Einigung zu erzielen war, folgte eine Klage zum LG Kleve. Das Landgericht erteilte der Ansicht der Wettbewerbszentrale eine Abfuhr und wies die Klage ab.

Nun musste das OLG Düsseldorf in der Berufungsinstanz entscheiden, da Berufung durch die Wettbewerbszentrale eingelegt worden war.

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Klimanteutral ungleich emissionsfrei hergestellt

Der 20. Zivilsenat des OLG Düsseldorf folgt mit seinem Urteil vom 06.07.2023 (Az.: 20 U 152/22) ebenso der Ansicht der Beklagtenpartei.

Nach Ansicht des OLG könne die Werbung mit dem Begriff „Klimaneutral“ nicht mit einem emissionsfreien Herstellungsprozess gleichgesetzt werden. Vielmehr dürfte mit einer Klimaneutralität auch geworben werden, wenn diese nicht originär durch eine entsprechend emissionsfreie Produktion, sondern erst sekundär durch Kompensationsmaßnahmen (wie etwa dem Zertifikathandel) erreicht werden kann.

Eine Irreführung scheide vorliegend daher aus, da die Angabe „Klimaneutral“ keine Vorstellung bei den angesprochenen Verkehrskreisen erweckt, die mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmt. Dem Durchschnittsverbraucher sei vielmehr bekannt, dass auch durch Kompensationsmaßnahmen eine Klimaneutralität erreicht werden könne.

Vorliegend würde dieses Verständnis auch durch den Hinweis auf die Webseite von „ClimatePartner.com“ unterstützt.

Dass die erläuternden Informationen zum Erreichen der Klimaneutralität hier erst durch Scannen des QR-Codes bzw. Aufrufen der Webseite von „ClimatePartners.com“ einsehbar sind, störte die Richter nicht. Sie sahen dies zur Information des Verbrauchers ausreichend an.

Denn dem Zeitungsleser sei zuzumuten, für nähere Informationen eine ohne weiteres abrufbare Webseite aufzusuchen.

Fazit

Damit musste die Wettbewerbszentrale auch in zweiter Instanz eine Niederlage einstecken.

Das letzte Wort ist hier allerdings noch nicht gesprochen, da nach Angaben auf der Webseite der Wettbewerbszentrale von dieser Revision gegen das Düsseldorfer Urteil eingelegt wurde.

Mit der Sache wird sich künftig nun also der Bundesgerichtshof beschäftigen müssen.

Ein wenig erstaunlich ist, wie wenig das OLG den „Medienbruch“ würdigt und davon ausgeht, dass das Gros der Zeitungsleser ohne Weiteres einen QR-Code scannen wird bzw. die Webseite des Klima-Dienstleisters aufrufen wird, um an die nötigen Informationen zu gelangen.

Erfreulich ist daran, dass „moderne Technik“ sich langsam aber sicher auch bei dem bislang oft wenig technikaffinen „Durchschnittsrichter“ durchzusetzen scheint.
Wir werden berichten, was sich in der Revision tut.

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