Rechte des Händlers bei Teilwiderruf von Set- oder Bundle-Bestellungen zu Vorteilspreisen + Muster für Mandanten

Die Frage, ob Verbraucher ihr gesetzliches Widerrufsrecht nur für einen Teil einer Bestellung ausüben können, beschäftigt die Juristerei in Deutschland seit Inkrafttreten des neuen Verbraucherrechts im Jahr 2014. Besonders relevant wird die (Un)möglichkeit des Teilwiderrufs bei Set- bzw. Bundle-Bestellungen, in denen die einzelnen Bestandteile günstiger angeboten werden als beim Einzelkauf. Inwieweit Online-Händler hier Teilwiderrufe akzeptieren müssen und ob sie die Differenz zwischen reduziertem Set- und höherem Einzelpreis nachträglich geltend machen können, klärt die IT-Recht Kanzlei im folgenden Beitrag und stellt Mandanten zwei hilfreiche Muster zur Verfügung.
Inhaltsverzeichnis
- I. Die Ausgangssituation: Teilwiderruf bei Set- bzw. Bundle-Bestellungen zu Vorteilspreisen
- II. Ablehnung von Teilwiderrufsbegehren zulässig?
- III. Stattgabe von Teilwiderrufsbegehren unter Geltendmachung von Preisdifferenzen zulässig?
- 1.) Teilwiderrufsklausel mit Teilrückforderungsvorbehalt in AGB
- 2.) Ausdrückliche Vereinbarung zwischen Händler und Verbraucher nach Zugang des Widerrufs
- IV. Muster für Mandanten
- V. Fazit
Interessante weiterführende Informationen zum Umgang mit Versandkosten und Versandkostenfreigrenzen bei Teilwiderruf sowie hilfreiche Muster stellt die IT-Recht Kanzlei hier bereit.
I. Die Ausgangssituation: Teilwiderruf bei Set- bzw. Bundle-Bestellungen zu Vorteilspreisen
Viele Online-Händler bieten Produkte, die sich funktional ergänzen oder sinnvoll zusammen genutzt werden können, als Sets an und machen für Kunden den Kombinationskauf dadurch attraktiv, dass sie die einzelnen Bestandteile des Sets zu einem günstigeren als dem Einzelverkaufspreis anbieten.
Der Kunde, der so ein Set erwirbt, spart bzgl. der Set-Komponenten also einen Teil desjenigen, was er bei Einzelbestellung der im Set gebündelten Produkte bezahlt hätte.
Vor ein Problem werden Händler bei Set- bzw. Bundle-Verkäufen nun bezüglich des gesetzlichen Verbraucherwiderrufsrechts in Fällen gestellt, in denen der Verbraucher nicht die Bestellung des gesamten Sets, sondern nur diejenige einer oder mehrerer Set-Bestandteile widerrufen will.
Hier ergibt sich für den Händler rechnerisch ein Verlustgeschäft. Widerruft der Verbraucher einen Teil einer Set-Bestellung, steht er vertraglich so, als hätte er nur die nicht vom Widerruf betroffene Einzelkomponente bestellt. Sind die Produkte im Sets aber preislich reduziert, könnte der Verbraucher bei Widerruf eines Teils den anderen Teil zum reduzierten Preis behalten und hätte faktisch weniger dafür bezahlt, als er es bei einer Einzelbestellung getan hätte.
Inwieweit der Händler sich auf Teilwiderrufsbegehren einlassen muss und ob er in diesem Fall zumindest den höheren Einzelpreis der nicht widerrufenen Set-Bestandteile geltend machen kann, wird nachfolgend erörtert.
II. Ablehnung von Teilwiderrufsbegehren zulässig?
Inwiefern das geltende Verbraucherrecht ein gesetzliches Recht des Verbrauchers zum Teilwiderruf überhaupt anerkennt, ist in der Vergangenheit bereits vielfach kontrovers diskutiert worden.
Nach heute herrschender Meinung gesteht das Gesetz dem Verbraucher ein Recht auf Teilwiderruf nicht zu. Vielmehr geht es stattdessen davon aus, dass der Verbraucher seine Willenserklärung auf Abschluss des Vertrages nur insgesamt, nicht aber auch lediglich bezüglich einzelner Teile widerrufen kann (vgl. Wortlaut des § 355 Abs. 1 BGB) .
Auch die EU-Kommission, auf deren Richtlinie 2011/83/EU das aktuelle Verbraucherrecht basiert, geht in Ihrem Leitfaden nicht von einem gesetzlichen Teilwiderrufsrecht aus, sondern sieht allenfalls die Möglichkeit einer Vereinbarung zwischen Händler und Verbraucher über die teilweise Vertragsrückabwicklung.
In Punkt 6.4.1 widmet sich dieser Leitfaden ausdrücklich der Frage des Teilwiderrufs und gibt zu erkennen, dass dieser offenbar bewusst nicht in Bestimmungen der Richtlinie aufgenommen wurde. Wortlautgemäß heißt es:
Obwohl in der Richtlinie ein solches Recht nicht ausdrücklich vorgesehen ist, hindert sie den Unternehmer und den Verbraucher auch nicht daran, einen teilweisen Rücktritt vom Vertrag durch Rücksendung lediglich einer einzelnen Ware oder aber mehrerer Waren, die im Zuge einer gemeinsamen Bestellung verkauft wurden, zu vereinbaren.
Impliziert wird insofern, dass die Möglichkeit des Teilwiderrufs dem Verbraucher nicht von Rechts wegen zugesprochen wird, sondern dass diese vielmehr ein „Plus“ ist, welches der Unternehmer vertraglich explizit einräumen muss.
In Bezug auf den Teilwiderruf von Set- oder Bundle-Bestellungen ergibt sich damit, dass Online-Händler nicht verpflichtet sind, diesen zu akzeptieren.
Vielmehr können Sie Teilwiderrufsbegehren von Verbrauchern zurückweisen und sie vor die Option stellen, entweder den gesamten Vertrag zu widerrufen oder an der Bestellung insgesamt festzuhalten.
III. Stattgabe von Teilwiderrufsbegehren unter Geltendmachung von Preisdifferenzen zulässig?
Auch wenn Händler zur Akzeptanz von Teilwiderrufsbegehren für Komponenten von Set- oder Bundle-Bestellungen nicht verpflichtet werden können, kann deren Stattgabe im Einzelfall vorteilhaft sein.
Immerhin kann so zumindest ein Teil des Vertrages aufrechterhalten werden, der Rückabwicklungsaufwand wird reduziert und der Händler kann zumindest einen Teilumsatz verbuchen.
Auch wirkt sich die Gewährung eines Teilwiderrufs regelmäßig förderlich auf die Kundenbindung aus und erweist sich damit gegenüber der gänzlichen Ablehnung als kundenfreundliche(re) Option.
Gerade bei Set- oder Bundle-Angeboten zu Vorteilspreisen hat der Händler aber ein Interesse daran, die Stattgabe des Teilwiderrufs davon abhängig zu machen, dass für den nicht widerrufenen Teil die höheren Einzelpreiskosten nachträglich berechnet werden und dass dem Verbraucher mithin nur der Betrag in Höhe der Differenz aus Set-Kaufpreis und Einzelkaufpreis für den nicht vom Widerruf betroffenen Set-Teil erstattet wird.
Inwiefern dies zulässig vereinbart werden kann, wird nachfolgend erläutert.
1.) Teilwiderrufsklausel mit Teilrückforderungsvorbehalt in AGB
Zunächst anzudenken wäre, eine Klausel zur Stattgabe des Teilwiderrufs für Set- oder Bundle-Bestellungen zu Vorteilspreisen mit der Bedingung des Ansetzens des Einzelkaufpreises für den nicht widerrufenen Teil in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Händlers zu regeln.
Dagegen spricht aber zunächst §307 Abs. 1 BGB, welcher die Wirksamkeit solcher Klauseln schon deshalb hemmen dürfte, weil der Verbraucher durch sie von der Ausübung seines Widerrufsrechts abgehalten werden könnte. Nachforderungsklauseln für Einzelkaufpreise wirken insofern nämlich wie die Auferlegung einer nachträglichen Strafzahlung für die Inanspruchnahme des gesetzlich vorgesehenen Rechtsinstituts des Widerrufs und können so dessen effektive und unbedingte Anwendung behindern.
Gleichsam steht der Durchsetzbarkeit von Nachforderungsklauseln aber auch der §312a Abs. 3 BGB entgegen, nach welchem Zahlungen des Verbrauchers, die über das vereinbarte vertragliche Entgelt hinausgehen, mit dem Verbraucher nur ausdrücklich vereinbart werden können. Anders als die einseitige Vorgabe in AGB setzt eine ausdrückliche Vereinbarung aber eine individuelle Abrede zwischen Unternehmer und Verbraucher voraus.
Die Pflicht zur nachträglichen Ansetzung des Einzelkaufpreises bei Teilwiderruf des anderen Bestellteils kann demgemäß nicht wirksam in AGB geregelt werden.
2.) Ausdrückliche Vereinbarung zwischen Händler und Verbraucher nach Zugang des Widerrufs
Möglich und zulässig ist es dahingegen aber, mit dem Verbraucher nach Zugang von dessen Widerrufserklärung in Verhandlung zu treten und mit diesem individuell zu vereinbaren, dass im Gegenzug zur Stattgabe seines Teilwiderrufs bei der Rückerstattung der Einzelkaufpreis des nicht widerrufenen Teils in Abzug gebracht wird.
Stimmt der Verbraucher zu, kann der Händler nur die Differenz aus gezahltem Set-Kaufpreis und (höherem) Einzelkaufpreis des nicht widerrufenen Teils erstatten.
Stimmt der Verbraucher nicht zu, muss er sich auf die verbleibende Option verweisen lassen, nur die gesamte Bestellung widerrufen zu können.
IV. Muster für Mandanten
Nachfolgend stellt die IT-Recht Kanzlei exklusiv für Mandanten zwei Musterschreiben bereit, mit denen Händler rechtskonform auf die Ausübung eines Teilwiderrufsrechts bei Set- oder Bundle-Bestellungen reagieren können.
Beide Muster sind dafür gedacht, mit dem Verbraucher eine individuelle Vereinbarung nach Zugang der Teilwiderrufserklärung zu treffen.
Muster 1 formuliert die Ablehnung des Teilwiderrufsbegehrens unter Hinweis auf die alleinige Möglichkeit des Widerrufs der gesamten Bestellung.
Muster 2 macht die Stattgabe des Teilwiderrufs davon abhängig, dass nur die Differenz zwischen gezahlten Kaufpreis und höherem Einzelkaufpreis für den nicht widerrufenen Set-Bestandteil erstattet wird.
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V. Fazit
Ein ausgeübter Teilwiderruf des Verbrauchers erlangt im Online-Handel vor allem dann Bedeutung, wenn Gegenstand der Bestellung ein Produktset war und die einzelnen Set-Komponenten günstiger angeboten werden als beim Einzelkauf.
Händler können auf derartige Verbraucherbegehren in zulässiger Weise einerseits durch pauschale Ablehnung des Teilwiderrufs und den Verweis auf die Widerrufbarkeit nur der gesamten Bestellung reagieren.
Andererseits ist es auch zulässig, mit dem Verbraucher eine Vereinbarung zu treffen, nach welcher der Teilwiderruf zwar akzeptiert, für den Rückerstattungsbetrag aber der (höhrere) Einzelverkaufspreis des nicht widerrufenen Teils in Abzug gebracht wird.
Für Mandanten der IT-Recht Kanzlei stehen für beide Optionen hilfreiche Reaktionsmuster zur Verfügung.
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