Die unendliche Markengeschichte: Die aktuelle Rechtsprechung zu Google-Adwords nach dem EuGH-Urteil
Darf ich unter einer fremden Marke ein Werbe-Keyword bei Google Adwords buchen, um so für mein Produkt oder meine Dienstleistung zu werben? Auch nach einer Entscheidung des EuGH im Jahre 2010 herrscht nach wie vor Unklarheit, wann eine derartige Werbung markenrechtskonform ist und wann nicht. Die deutschen Gerichte haben sich in den vergangenen Monaten mit dieser Problematik mit unterschiedlichem Ausgang auseinandersetzen müssen. Mit dem Konsens: Es kommt drauf an!
Inhaltsverzeichnis
Der EuGH hat in seiner Entscheidung wichtige Grundsätze, zur Frage wann eine Markenrechtsverletzung bei Google-Adwords zu bejahen sei, aufgestellt:
„Wird in der Anzeige des Dritten suggeriert, dass zwischen diesem Dritten und dem Markeninhaber eine wirtschaftliche Verbindung besteht, wird auf eine Beeinträchtigung der herkunftshinweisenden Funktion zu schließen sein (Urt. "Google und Google France", Rdnr. 89).“
„Wenn die Anzeige das Bestehen einer wirtschaftlichen Verbindung zwar nicht suggeriert, hinsichtlich der Herkunft der fraglichen Ware oder Dienstleistungen aber so vage gehalten ist, dass ein normal informierter und angemessen aufmerksamer Internetnutzer auf der Grundlage des Werbelinks und der dazu gehörigen Werbebotschaft nicht erkennen kann, ob der Werbende im Verhältnis zum Markeninhaber Dritter oder doch mit diesem wirtschaftlich verbunden ist, wird ebenfalls auf eine Beeinträchtigung der herkunftshinweisenden Funktion zu schließen sein (Urt. "Google und Google France', Rdnr. 89).“
1. Urteil des LG Berlin vom 22.09.2010 (Az. 97 O 55/10)
Das LG Berlin hatte einen Fall zweier Kontaktlinsen-Händler zu entscheiden, wobei die Beklagte mit der eingetragenen Wortmarke „Marke 1“ des Klägers bei Google Adwords-Anzeigen gebucht hatte.
Das Gericht hat einen Anspruch der Klägerin aus §§ 14, 15 MarkenG verneint: Die Beklagte nutze das Zeichen „Marke 1“ zwar im geschäftlichen Verkehr, sie verletze dabei jedoch nicht dessen Herkunftsfunktion.
Da die Anzeige des Beklagten weder den Text „Marke 1“ oder eine Bezugnahme darauf enthalten habe, suggeriere der Beklagte keine wirtschaftliche Verbindung zum Markeninhaber. Auch sei die Anzeige nicht so vage gehalten, dass für den Nutzer nicht erkennbar ist, ob der Werbende mit dem Markeninhaber wirtschaftlich verbunden ist oder im Verhältnis zum diesem Dritter ist.
2. Urteil des OLG Braunschweig vom 24.11.2010 (Az. 2 U 113/08)
Das OLG Braunschweig hatte sich in einem weiteren Fall mit zwei Online-Konfiserie-Händlern auseinander zu setzen. Die Klägerin hat eine ausschließliche Lizenz an der Wort/Bildmarke „M...“. Die Beklagte hat bei Google Adwords Anzeigen für das Wort „Pralinen“ gebucht und dabei die Funktion „weitgehend passende Keywords“ genutzt. Dies hatte zur Folge, dass die Werbeanzeige der Beklagten auch bei einer Suche nach „M... Pralinen“ erschienen ist, obwohl die Beklagte gar keine Produkte dieser Marke vertreibt.
Da die Klägerin nur Inhaberin einer Wort/Bildmarke ist, liege zwar keine Zeichenidentität vor, aber eine hohe Zeichenähnlichkeit, weshalb die Verwechslungsgefahr gemäß § 14 II Nr. 2 MarkenG zu bejahen sei.
Nach den Grundsätzen des EuGH sei auch die Herkunftsfunktion der Marke verletzt, da für einen Durchschnittsnutzer nicht erkennbar sei, ob die beworbenen Waren vom Markeninhaber oder einem wirtschaftlich verbundenen Unternehmer stammen oder von einem unbeteiligten Dritten. Wer nach „M… Pralinen“ suche, erwarte bei der Anzeige ein Angebot für Pralinen der Marke „M…“.
3. Beschluss des OLG Düsseldorf vom 21.12.2010 (I-20 W 136/10)
Die Beklagte hatte eine Werbeanzeige für das Keyword „Hapimag“ gebucht, welche unter dem Titel „Hapimag [fett gedruckt] Aktien und Punkte“ für die Internetseite der Beklagten warb. Dort konnte der Kunde dann sog. A-Aktien (ein bestimmtes in der Vergangenheit von der Antragstellerin angebotenes Beteiligungsmodell) erwerben.
Nach dem OLG müsse der Internetnutzer aus Werbetext und begleitendem Werbelink erkennen, dass der Werbetreibende im Verhältnis zum Inhaber der Marke Dritter ist. Zum vorliegenden Fall führt das Gericht aus:
„Aus dem Link kann ein fehlender Zusammenhang nicht geschlossen werden. Die URL „www.....de" verweist auf ein in der Vergangenheit von der Antragstellerin angebotenes Beteiligungsmodell, nämlich die sog. A-Aktien. Dass die Bezeichnung nicht auf eine Webseite der Antragstellerin verweist, ist ihr nicht zu entnehmen. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin und des Landgerichts ist auch der Hinweis auf die Möglichkeit eines Erwerbs aus zweiter Hand nicht hinreichend deutlich. [...] Zwar ist der Antragsgegnerin zuzubilligen, dass sie zur Beschreibung ihrer Dienstleistungen auf die Verwendung des Begriffs „Hapimag-Aktie" angewiesen ist. Sie muss diese Verwendung aber so gestalten, dass eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion ausgeschlossen ist, was jedenfalls bei den beiden angegriffenen Gestaltungen nicht der Fall ist.“
Will sagen: Nicht jede Verwendung von fremden Marken bei Google-Adwords-Anzeigen ist zulässig.
So liegt etwa dann eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion einer Marke vor, wenn die Google Anzeige eines Dritten suggeriert, dass zwischen diesem und dem Markeninhaber eine wirtschaftliche Verbindung besteht.
Fazit
Es kommt also wie immer in juristischen Streitigkeiten darauf an: Beim Bewerben von eigenen Produkten oder Dienstleistungen mit Hilfe von fremden Markennamen bei Google Adwords ist auch nach dem entwarnenden Urteil des EuGH Vorsicht geboten. Zwar kann eine derartige Werbeanzeige im Einzelfall zulässig sein, es ist jedoch stets darauf zu achten, dass die Herkunftsfunktion der Marke nicht verletzt wird. Hier ist mehr denn je auf die konkrete Gestaltung der Werbung zu achten.
Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook.
Link kopieren
Als PDF exportieren
Per E-Mail verschicken
Zum Facebook-Account der Kanzlei
Zum Instagram-Account der Kanzlei
1 Kommentar
Z.B.„Mein Firmenname“, „ Mein Firmenname Shop“, „Mein Firmenname online“, Mein Firmenname Restposten“ etc., die auf andere Webseiten führen (z.B. für Weihnachtsgeschenke oder zu Preissuchmaschinen)
Ist dies rechtens und, falls nicht, bringt es überhaupt etwas dagegen anzugehen, da die Betreiber dieser Seiten im Ausland, teilweise in Übersee, sitzen?