Dürfen Kunden bei Sachmängeln einfach an den Hersteller verwiesen werden?
Ein Kunde gibt ein defektes Gerät zurück und der Händler kann es ohne den Hersteller nicht reparieren. Naheliegend wäre, den Kunden einfach an den Hersteller zu verweisen. Aber ist das auch zulässig?
Die gesetzliche Mängelhaftung: Begründung von Ansprüchen gegen den Verkäufer
Die im BGB geregelte Mängelhaftung (Gewährleistung) begründet Ansprüche des Käufers gegen den Verkäufer, wenn zwischen beiden Parteien ein wirksamer Kaufvertrag vorliegt und die vom Verkäufer gelieferte Kaufsache mangelhaft ist. Unbeachtlich für das Entstehen der Ansprüche ist, ob der Verkäufer den Mangel selbst beheben kann.
Eine Sache ist mangelhaft, wenn sie bei Gefahrübergang nicht den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen oder den Montageanforderungen entspricht. Der Mangel kann sich sowohl auf die Eigenschaften der Sache selbst beziehen (Sachmangel), als auch in Rechten, die andere an der Sache haben, begründet sein (Rechtsmangel). Entscheidend für einen Anspruch des Käufers gegen den Händler ist, dass der Mangel schon bei Gefahrübergang, also bei Übergabe der Sache an den Käufer vorgelegen hat. Dies wird beim Verbrauchsgüterkauf gem. § 477 BGB grundsätzlich vermutet, wenn sich ein Sachmangel innerhalb eines Jahres seit Gefahrübergang zeigt.
Grundsätzlich hat der Käufer ein Wahlrecht und kann vom Verkäufer Nachbesserung (Reparatur) der mangelhaften Sache oder Lieferung einer neuen, mangelfreien Sache verlangen, § 439 Abs. 1 BGB. Insbesondere wenn der Käufer eine Reparatur der Kaufsache fordert, wird der Verkäufer diese häufig nicht selbst durchführen können. Er muss einen Fachmann beauftragen oder die Kaufsache dem Hersteller zur Verfügung stellen, sodass dieser die erforderlichen Reparaturmaßnahmen durchführen kann. Für den Verkäufer ist dies nicht nur zeitaufwendig, sondern auch kostspielig.
Die Möglichkeit, den Kunden zur Geltendmachung seiner Mängelrechte direkt an den Hersteller zu verweisen, besteht allerdings nicht. Es handelt sich dabei um Ansprüche, die der Käufer gegenüber dem Verkäufer und nicht gegenüber dem Hersteller hat.
Dass der Verkäufer die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen hat, legt das Gesetz überdies ausdrücklich in § 439 Abs. 2 BGB fest. Diese Lastenverteilung erscheint trotz Aufwand für den Händler sachgerecht. Zum einen hat sich der Käufer den Verkäufer und nicht den Hersteller als Vertragspartner ausgesucht, zum anderen wäre die Geltendmachung der Käuferrechte in Fällen, in denen der Hersteller z. B. in Fernost sitzt, nahezu unmöglich. Ferner kann der Verkäufer das Risiko, aufgrund der Mängelhaftung in Anspruch genommen zu werden besser einschätzen und sich dieses über den Kaufpreis bezahlen lassen.
Allerdings: Die Mängelrechte des Käufers für neue Sachen verjähren in der Regel in zwei Jahren nach Ablieferung der Sache beim Käufer, §§ 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB. Nach Eintritt der Verjährung besteht der Anspruch des Käufers gegen den Verkäufer zwar weiter, dieser muss aber nicht mehr erfüllt werden. Der Verkäufer kann sich gegenüber dem Käufer auf den Verjährungseintritt berufen und die Nacherfüllung verweigern.
Natürlich steht es dem Verkäufer frei, die Ansprüche des Käufers auch ohne Eintritt der Verjährung nicht zu erfüllen. Verweigert der Verkäufer die Nacherfüllung jedoch unberechtigt, geht er das Risiko ein, dass der Käufer vom Kaufvertrag zurücktritt und eventuell bestehende Schadensersatzansprüche geltend macht.
(Hersteller)Garantien: Begründung von Ansprüchen gegen den Garantiegeber
Von gesetzlichen Mängelansprüchen sind solche Ansprüche des Käufers zu unterscheiden, die sich aus Garantievereinbarungen ergeben.
Eine Garantie ist eine Vereinbarung, in der der Verkäufer oder ein Dritter eine Gewähr dafür übernimmt, dass die Kaufsache eine bestimmte Beschaffenheit aufweist oder für eine bestimmte Dauer behält. Oft übernehmen Hersteller solche Garantien für ihre Produkte, um deren Attraktivität für den Verbraucher zu steigern (sog. Herstellergarantie).
Ansprüche, die sich für den Käufer aus einer Garantievereinbarung ergeben, treten neben die im Gesetz geregelten Ansprüche aus der Mängelhaftung und sind von diesen bezüglich ihrer Entstehung und ihres Umfangs unabhängig. Gleichzeitig werden die Mängelrechte des Käufers durch die Garantievereinbarung nicht überlagert oder eingeschränkt, sondern bestehen parallel zu den sich aus der Garantie ergebenden Ansprüchen fort.
Der wichtigste Unterschied zwischen den beiden Haftungsregimen ist, dass sich Anspruchsgegner, Haftungsvoraussetzung und Haftungsumfang bei der Gewährleistung zwingend aus dem BGB ergeben, während diese bei einer Garantievereinbarung zur Disposition der Parteien stehen. Anspruchsgegner ist damit nicht zwangsläufig der Verkäufer, sondern derjenige, der die entsprechende Garantie übernommen hat. Auch der Zustand der Sache zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs ist irrelevant, da deren Zustand oder Funktionstüchtigkeit für den gesamten Garantiezeitraum zugesagt wird.
Konkret bedeutet das: Macht ein Kunde einen Anspruch aus einer Garantievereinbarung geltend, die dieser nicht mit dem Verkäufer, sondern z. B. mit dem Hersteller vereinbart hat, kann der Verkäufer den Käufer an den Garantiegeber verweisen. Allerdings sollte sich der Verkäufer sicher sein, dass sich die Ansprüche des Käufers nicht auch aus der gesetzlichen Mängelhaftung ergeben oder diese z. B. wegen Eintritt der Verjährung nicht mehr durchsetzbar sind.
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