Corona-Virus: Rechtliche Fallstricke beim Vertrieb selbstgefertigter Atemschutzmasken

Corona-Virus: Rechtliche Fallstricke beim Vertrieb selbstgefertigter Atemschutzmasken
Stand: 27.03.2020 9 min 53

Infolge der grassierenden Corona-Pandemie kommt es derzeit vermehrt zu Versorgungsengpässen bei medizinischem Equipment. Insbesondere Atemschutzmasken stehen derzeit weitgehend nur noch den Angehörigen von Heilberufen und den entsprechenden Institutionen zur Verfügung. Diese Angebotsknappheit bei erhöhter Nachfrage möchten sich vermehrt Do-it-yourself-Händler zu eigen machen und den Markt mit selbstgefertigten Mundschutzmasken aufstocken. Warum hierbei aus rechtlicher Sicht zu beachten ist, zeigt der aktuelle Beitrag der IT-Recht Kanzlei.

I. Mundschutzmasken und das Corona-Virus

Die Corona-Pandemie löst seit der merkbaren Ausbreitung des Virus innerhalb der EU erhebliche persönliche Gesundheitsbedenken aus und verleitet große Bevölkerungsteile dazu, sich so gut wie möglich nicht nur mit Bedarfsgegenständen, sondern auch mit Artikeln der medizinischen Versorgung einzudecken.

Besonders nachgefragt sind und waren in diesem Zusammenhang Atem- und Mundschutzmasken, die den Träger vermeintlich vor einer viralen Infektion bewahren sollen.

Aus medizinischer Sicht ist die sterile Bedeckung von Mund und Nase als Präventionsmaßnahme zwar nicht unbedingt zielführend, da eine Übertragung des Erregers auch über andere Körperschleimhäute wie etwa die Augen möglich ist und Träger derartiger Masken insofern nicht vollständig infektionsgefeit sind.

Sinnvoll und ratsam sind Atemschutzmasken aber für bereits Infizierte oder solche, die mit Infizierten in direktem Kontakt standen. Die konsequente Bedeckung von Mund und Nase kann hier nämlich verhindern, dass etwaig vorhandene Erreger vom Träger per Tröpfcheninfektion auf Dritte übertragen werden.

Ungeachtet der medizinischen Empfehlungen und Einschätzungen sehen sich derzeit große Bevölkerungsteile veranlasst, Mundschutzmasken für das eigene Sicherheitsgefühl zu Präventionszwecken aufzukaufen, und stoßen hierbei zunehmend auf Angebotsknappheiten oder gar -ausfälle.

Viele Händler, die bislang unter Einsatz Ihrer handwerklichen Fähigkeiten individuelle Näh-, Strick- und Häkelprodukte anboten, möchten nun durch eine Erweiterung ihres Sortiments um selbstgefertigte Atemschutzmasken der gesteigerten Nachfrage begegnen.

II. Besondere Rechtspflichten: Mundschutzmasken als Medizinprodukte

Hinweis vorweg:

Die Anfertigung von Schutzmasken für den Eigenbedarf und auch für einen engen Freundes- und Familienkreis ist regelmäßig zulässig und keinen rechtlichen Beschränkungen unterworfen. Die nachfolgenden Ausführungen betreffen insofern nur die (gewerbliche) Abgabe von selbstgefertigten Masken an Dritte außerhalb des privaten Bereichs.

Ob dies entgeltlich oder unentgeltlich (als Spende) erfolgt, ist grundsätzlich gleich. In beiden Fällen gelten die nachfolgenden Ausführungen.

Wie das Entgelt verwendet wird, ist grundsätzlich auch nicht relevant. Auch der Abgabe gegen eine Spende liegt ein Leistungs- und Gegenleistungsprinzip zugrunde, sodass die nachstehenden Absätze Beachtung finden sollten.

Das sorglose Anbieten selbstgefertigter Mundschutzmasken ist in rechtlicher Hinsicht allerdings bedenklich.

So gelten Atemschutzmasken, die der Verhinderung der Verbreitung von Erregern dienen sollen, grundsätzlich als Medizinprodukte im Sinne des Medizinproduktegesetzes (MPG).

Hinweis zur Abgrenzung zur persönlichen Schutzausrüstung (PSA):

Die Abgrenzung dahingehend, ob Atemschutzmasken als Medizinprodukte oder persönliche Schutzausrüstung (PSA) einzustufen sind, ist delikat. Maßgeblich kommt es darauf an, ob mit ihnen ein Schutz vor der Übertragung biologischer Agenzien wie Viren (dann Medizinprodukt) oder vor chemisch- immissionsbedingten Auswirkungen wie Gasen oder Partikeln (dann PSA) bewirkt werden soll.

Für Mundschutzmasken in Zeiten von Corona liegt die Einordnung als Medizinprodukt nahe, wenn sie eine Übertragung oder eine Infektion verhindern sollen.

Für die Verkehrsfähigkeit von selbsthergestellten Mundschutzen ist die Einordnung aber insoweit unerheblich, als auch PSA nur bei entsprechender CE-Kennzeichnung vertrieben werden darf.

Mundschutze werden hierbei als Medizinprodukte der Klasse I kategorisiert (s. Seite 7 der offiziellen Leitlinien zur europäischen Medizinprodukterichtlinie), da sie dazu bestimmt sind, die Übertragung von pathogenen Mikroorganismen via Tröpfcheninfektion auf andere zu verhindern.

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1.) Rechtspflichten beim Vertrieb von Mundschutzmasken als Medizinprodukte

Für die Verkehrsfähigkeit von Medizinprodukten stellt das MPG aber besondere Voraussetzungen auf:

Zum einen ist erforderlich, dass das Medizinprodukt vor der erstmaligen Marktbereitstellung eine klinische Leistungsbewertung durchläuft (§ 19 ff. MPG).

Zum anderen bedarf jedes Medizinprodukt einer CE-Kennzeichnung, die nur dann vorgenommen werden darf, wenn

  • das Produkt die „Grundlegenden Anforderungen“ gem. § 7 MPG erfüllt und
  • ein Konformitätsbewertungsverfahren erfolgreich durchlaufen wurde

Auch müssen Medizinprodukte mit dem Namen und der Anschrift des Verantwortlichen gekennzeichnet sein und über eine Gebrauchsanleitung verfügen.

In persönlicher Hinsicht ist schließlich jeder Hersteller von Medizinprodukten verpflichtet, seine Tätigkeit behördlich anzuzeigen (§ 25 Abs. 1 MPG).

Weitere Informationen zu den rechtlichen Anforderungen beim Vertrieb von Medizinprodukten stellt die IT-Recht Kanzlei in diesem Beitrag bereit.

2.) Medizinrechtliche Irreführungen beim Vertrieb selbsthergestellter Mundschutzmasken

Stellen Händler Mundschutzmasken selbst her, werden sie die medizinproduktrechtlichen Voraussetzungen unstreitig nicht erfüllen.

Schon in funktionsbezogener Hinsicht können selbstgefertigte Masken die technischen Standards nicht aufweisen, die notwendig sind, um die infektionsschützende Wirkung von medizinisch als tauglich bewerteten Atemschutzmasken zu erreichen. Hierfür sind nämlich unter anderem das Einarbeiten und die Implementierung qualifizierter Partikelfilter erforderlich.

Mangels funktioneller Eignung tragen selbstgefertigte Masken konsequenterweise auch nicht die für Medizinprodukte erforderliche CE-Kennzeichnung.

Problematisch ist nun, wenn der Händler die Selbstanfertigungen mit einer Bezeichnung versieht, die einen medizinischen Erfolg versprechen und/oder das Produkt qualifiziertem medizinischen Equipment gleichstellen.

In diesen Fällen nimmt der Händler nämlich eine „Widmung“ des Produktes im Sinne einer medizinischen Verwendungsbestimmung vor, welches das Produkt in rechtlicher Hinsicht zu einem Medizinprodukt erhebt (vgl. § 3 Nr. 1 MPG). Für dieses werden dann aber die rechtlichen Voraussetzungen nicht eingehalten, was eine Abmahngefahr begründet.

Gleichzeitig begehen Do-it-yourself-Anbieter regelmäßig auch eine medizinrechtliche Irreführung, wenn sie den Masken durch entsprechende Bezeichnungen die Eignung zu Infektionsschutzzwecken zuschreiben.

In diesem Fall weisen sie den Produkten Wirkungen und Eigenschaften zu, die sie tatsächlich nicht ausweisen, und verstoßen gegen das Täuschungsverbot des § 4 Abs. 2 MPG.

Derartige rechtliche Fallstricke bestehen, wenn selbstgefertigte Masken bezeichnet werden als

  • Mundschutz
  • Mundschutzmaske
  • Atemschutzmaske

Entscheidend ist hier, dass direkt oder indirekt ein „Schutz“ angedeutet wird.

Verstärkt werden die Implikationen noch durch Zusätze, die auf antivirale Wirkungen oder auf eine Eignung zum Infektionsschutz hindeuten (etwa „Covid-19“, „Corona“, „Übertragungsschutz“ etc.).

Diese Begriffe implizieren eine infektionsschützende Funktion und sind zertifizierten Medizinprodukten vorbehalten. Das Anbieten von selbsthergestellten Masken mit entsprechenden Bezeichnungen ist daher medizinproduktrechtlich verboten.

Hinweis zu behördlichen Fertigungsaufträgen:

Anders sieht die Rechtslage freilich aus, wenn ein Anbieter von einer Behörde mit der Fertigung von Atemschutzmasken offiziell beauftragt worden ist, um medizinische Versorgungsengpässe zu überbrücken. In diesen Fällen ist die Abgabe von selbst gefertigten Masken unproblematisch zulässig. Zum Angebot eigens hergestellter Masken bestehen hier allerdings zwei wesentliche Unterschiede:

  • Einerseits stellt die Behörde beim behördlichen Fertigungsauftrag medizinisch zertifizierte Materialien und technische Anleitungen bereit.
  • Andererseits erfolgt die Fertigung zur Unterstützung der staatlichen Versorgung und nicht zur Umsetzung eigener Verkaufsziele.

3.) Umwidmung durch beschreibende Zusätze und „Enthaftungserklärungen“?

Do-it-yourself-Anbieter, die ein gewisses Risikobewusstsein entwickelt haben und die rechtlichen Risiken des Self-Made-Maskenverkaufs erkennen, fügen ihren Angeboten vermehrt „entkräftende“ Hinweise hinzu.

In diesen wird teilweise darauf hingewiesen, dass die angebotenen Masken keine Medizinprodukte im Sinne des MPG sind und keinen Übertragungsschutz bei Tröpfcheninfektionen bieten.

Derartige Hinweise nehmen zwar an der Gesamtschau des Angebots teil und müssen so in die medizinproduktrechtliche Bewertung mit einfließen. Wird aber das Produkt dennoch als „Atemschutzmaske“ oder ähnliches bezeichnet, können ergänzende Hinweise ihrer Wirkung nach zurücktreten und vermögen gegebenenfalls nicht, die getroffene Eignungsbestimmung ungeschehen zu machen.

Maßgeblich ist insofern, wie der angesprochene Verkehr das jeweilige Angebot und die hier verwendeten Schlagworte vernünftigerweise verstehen darf. Wird eine Gesichtsbedeckung aber als „Atemschutzmaske“ verkauft, wird eine objektiv medizinproduktrechtliche Bestimmung getroffen, die sich nicht durch einschränkende relativierende Hinweise aufheben lässt.

Gleiches gilt erst recht für sog. „Enthaftungserklärungen“, die Anbieter von eigens kreierten Mundschutzmasken die Käufer unterschreiben lassen. In diesen Erklärungen soll der Käufer seine Kenntnis davon bestätigen, dass es sich beim Produkt nicht um ein solches mit medizinischer Wirkung handelt, und soll den Fertiger insofern von der Haftung freistellen.

Weil solche Enthaftungserklärungen nur im Verhältnis zwischen dem jeweiligen Käufer und dem Verkäufer wirken (und regelmäßig auch erst bei oder nach Vertragsschluss zur Verfügung gestellt werden), haben sie auf den objektiven Aussagegehalt eines Angebots keinerlei Auswirkungen. Für die rechtliche Bewertung kommt es nur auf das Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise an, welche die Masken nach wie vor fälschlicherweise als Medizinprodukte einzuordnen verleitet werden.

III. Konsequenzen

Werden selbstgefertigte Masken mit Bezeichnungen wie „Atemschutz“ oder „Mundschutz“ angeboten oder beworben, nimmt der Anbieter eine Widmung vor, die Medizinprodukten vorbehalten ist.

Dies kann Verstöße gegen die produktspezifischen Kennzeichnungspflichten nach MPG und gegen das Irreführungsverbot des § 4 Abs. 2 MPG begründen.

Achtung: Abmahnungen in dem Zusammenhang sind uns aktuell keine bekannt.

Zudem: Das Problem kann dadurch übrigens ganz einfach gelöst werden, dass in Angebot und Werbung eine unverfängliche Produktbezeichnung gewählt wird, wie z.B.

  • „Mundbedeckung“
  • „Mund- und Nasen-Maske“ oder
  • "Behelfsmaske'
  • wohl auch "Behelfsmundschutz", da der Zusatz "Behelf" die medizinische "Widmung" relativiert

Wenn die Produktbezeichnungen keinen medizinischen Einschlag aufweist, kann keine „Widmung“ als Medizinprodukt angenommen werden. Folglich gelten auch die medizinrechtlichen Voraussetzungen nicht.

FAQ zu den Lösungsmöglichkeiten für die rechtssichere Abgabe von selbstgefertigten Mundschutzmasken an Dritte stellen wir hier bereit.

Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook.

IV. Wie also selbstgefertigte Masken rechtssicher in Verkehr bringen?

Natürlich dürfen selbstgerfertigte Masken verkauft bzw. an Dritte abgegeben werden und sind auch verkehrsfähig - eben nur nicht als Medizinprodukte. Sie dürfen nicht in Verbindung mit medizinischen Eigenschaften beworben/angeboten werden, die sie nicht aufweisen. Vermieden werden muss also eine subjektive Widmung als Medizinprodukt.

Um zu verhindern, dass beim Angebot von Do-it-yourself-Masken ein risikobehafteter Reibungsbereich mit den Pflichten des MPG entsteht, ist nach hier vertretener Ansicht erforderlich, dass bei allen Produktbezeichnungen explizit und universell auf Andeutungen zu potenziellen klinischen Eigenschaften verzichtet wird.

Insbesondere darf die Produktbezeichnung keine Zusammenhänge zwischen Verwendung und Infektionsschutz implizieren.

Zulässig wäre ein Inverkehrbringen selbstgefertigter Masken also mit Bezeichnungen wie

  • „Mundbedeckung“
  • „Mund- und Nasen-Maske“ oder
  • "Behelfsmaske'
  • wohl auch "Behelfsmundschutz", da der Zusatz "Behelf" die implizierte Eignung relativiert

V. Fazit

Sei es aus karitativen oder aus wirtschaftlichen Motiven heraus, ist zu aktuellen Corona-Zeiten ein Anstieg von Angeboten selbstgefertigter Mundschutzmasken zu verzeichnen.

In medizinischer Hinsicht leisten diese Masken keinen medizinisch überzeugenden Übertragungsschutz.

Werden Selfmade-Masken aber mit Bezeichnungen beworben und angeboten, die eine Schutzwirkung implizieren, erfolgt in rechtlicher Hinsicht eine Widmung als Medizinprodukt.

Dies ist nicht nur problematisch, weil selbsthergestellte Masken die sicherheits- und kennzeichnungsrechtlichen Anforderungen für Medizinprodukte nicht erfüllen, sondern auch, weil ihnen durch die Widmung in irreführender Weise Eigenschaften zugeschrieben werden, die sie tatsächlich nicht aufweisen.

Beim Anbieten selbstgefertigter Masken ist also bei der Angebotsgestaltung auf die richtige Formulierung zu achten. Sofern ausschließlich Begrifflichkeiten verwendet werden, die keine medizinische Schutzwirkung implizieren, ist die Abgabe an Dritte unproblematisch.

Hier zeigen wir noch einmal detailliert Lösungsmöglichkeiten für die rechtssichere Abgabe an Dritte auf.

Tipp: Fragen zum Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .


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