Fehlendes oder falsches CE-Kennzeichen: Gewährleistungsansprüche des Käufers
Die IT-Recht-Kanzlei hat sich in letzter Zeit wiederholt und intensiv mit der CE-Kennzeichenverpflichtung des Herstellers auseinander gesetzt, zuletzt durch eine umfangreiche FAQ zu diesem Thema. Mit diesem Beitrag sollen nicht die wettbewerbsrechtlichen und produkthaftungsrechtlichen Fragen rund um die CE-Kennzeichnungspflicht und die Verbreitung von Waren mit und ohne ein solches Zeichen beleuchtet werden, sondern allein die gewährleistungsrechtlichen Ansprüche des Käufers, wenn ein solches Zeichen fehlt oder gefälscht ist.
Inhaltsverzeichnis
Zwei Fragen sollen uns daher im Folgenden beschäftigen. Welche Rechte hat der Käufer in Deutschland, der
- ein Produkt kauft, das das CE-Zeichen nicht trägt oder
- ein Produkt mit gefälschter CE-Kennzeichnung kauft?
1. Eigenschaft des CE-Kennzeichens
Die CE-Kennzeichnung bedeutet „Communautés Européennes“. Sie ist das äußere Zeichen dafür, dass ein Produkt den dem Hersteller auferlegten Anforderungen der Europäischen Gemeinschaft entspricht. Sie darf und muss nur dann angebracht werden, wenn für das Produkt eine Richtlinie gilt, die die CE-Kennzeichnung vorsieht.
Mit der CE-Kennzeichnung eines Produktes erklärt der Verantwortliche (der Hersteller oder sein Bevollmächtigter, dies ist in der Regel der Importeur), dass:
- das Produkt allen anzuwendenden Gemeinschaftsvorschriften entspricht, und
- alle vorgeschriebenen Konformitätsbewertungsverfahren (z. B. Gefährdungsanalyse, Risikobewertung, Überprüfung der Normenkonformität) durchgeführt wurden.
Durch Anbringen des CE-Zeichens auf dem Produkt – in Ausnahmefällen auf der Verpackung – wird die Konformität auch nach außen hin sichtbar gemacht. Das CE-Kennzeichen ist quasi der technische Reisepass für das Produkt innerhalb der EU/des EWR.
Die CE-Kennzeichnung ist damit kein Qualitätszeichen sondern ein Verwaltungszeichen mit Funktion als Aufsichtszeichen, das z. B. den Gewerbeaufsichtsbeamten in den EU-Ländern die Kontrolle über die zulässige Vermarktung (Inverkehrbringen) der Erzeugnisse erleichtern soll.
2. Liegt in einem fehlenden oder falschen CE-Kennzeichen ein Mangel und wenn ja, welche Rechte hat der Käufer?
Das Kaufrecht gibt dem Käufer im Falle eines Mangels der Kaufsache eine Fülle von Ansprüchen. Diese Ansprüche könnte der Käufer eines Produktes mit einer fehlenden oder gefälschten CE-Kennzeichnung geltend machen, wenn das Produkt hierdurch als mangelhaft anzusehen wäre.
2.1 Was ist ein Sachmangel?
Gemäß § 434 Abs. 1 BGB ist eine Sache frei von Sachmängeln, wenn sie „die vertraglich vereinbarte Beschaffenheit“ hat.
Nun sind natürlich Fälle denkbar, bei denen die Vertragsparteien keine vertragliche Beschaffenheits-vereinbarung getroffen haben. Hierfür hat das Gesetz Vorsorge getroffen und in § 434 Abs. 1 BGB geregelt, dass eine Sache nur dann mangelfrei ist,
- wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet;
- wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann.
Eine Beschaffenheit, die man nach der zweiten Alternative erwarten kann, sind auch Eigenschaften, die der Käufer nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers, des Herstellers oder seines Gehilfen insbesondere in der Werbung oder bei der Kennzeichnung über bestimmte Eigenschaften der Sache erwarten kann, es sei denn, dass der Verkäufer die Äußerung nicht kannte und auch nicht kennen musste, dass sie im Zeitpunkt des Vertragsschlusses in gleichwertiger Weise berichtigt war oder dass sie die Kaufentscheidung nicht beeinflussen konnte.
2.1.1 Ein CE-Kennzeichen fehlt
Haben die Parteien also vereinbart, dass das gekaufte Produkt ein CE-Kennzeichen trägt und dieses fehlt, liegt auf jeden Fall ein Sachmangel vor, da das Produkt die vertraglich vereinbarte Beschaffen-heit nicht aufweist.
Aber in den seltensten Fällen werden die Parteien ausdrücklich vereinbaren, dass das Produkt ein CE-Kennzeichen trägt. Hiervon werden sie einfach ausgehen, da ein Produkt ohne ein solches Kennzeichen nicht weiterverkauft werden kann. Ohne ein CE-Kennzeichen fehlt dem Produkt also die Eignung zur üblichen Verwendung der Kaufsache oder die übliche bzw. vom Käufer zu erwartende Beschaffenheit, denn die Gebrauchstauglichkeit einer Sache misst sich auch an ihrer freien Veräußerbarkeit, die ohne eine CE-Kennzeichnung innerhalb des EWR zumindest erschwert ist.
Denn: Kennzeichnungspflichtige Produkte müssen mit dem CE-Kennzeichen gekennzeichnet sein, damit diese Produkte überhaupt innerhalb der EU in Verkehr gebracht werden dürfen. Die CE-Kennzeichnung ist zwingend vorgeschrieben und anzubringen, bevor ein Produkt, das der CE-Kennzeichnung unterliegt, in den Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen wird, es sei denn, spezielle Richtlinien sehen anderslautende Bestimmungen (etwa Übergangsfristen) vor.
Fehlt also ein CE-Kennzeichen auf einem CE kennzeichnungspflichtigen Produkt, das in Deutschland in den Verkehr gebracht wurde, liegt ein Mangel gemäß § 434 Abs. 1 BGB vor.
2.1.2 Ein CE-Kennzeichen ist gefälscht
Was gilt aber, wenn das CE-Kennzeichen zwar angebracht, aber gefälscht ist?
Hier liegt in der Kennzeichnung des Produktes mit dem CE die Äußerung des Herstellers oder desjenigen, der das CE Kennzeichen angebracht hat (z. B. Importeur) die Behauptung,
- das Produkt entspreche allen anzuwendenden Gemeinschaftsvorschriften, und
- es seien alle vorgeschriebenen Konformitätsbewertungsverfahren (z. B. Gefährdungsanalyse, Risikobewertung, Überprüfung der Normenkonformität) durchgeführt worden.
Diese Behauptung ist unzutreffend, wenn das Kennzeichen gefälscht ist. Das Produkt ist daher mangelhaft; es sei denn, dass der Verkäufer die mit dem Kennzeichen verbundene Behauptung des Herstellers nicht kannte und auch nicht kennen musste, dass sie im Zeitpunkt des Vertragsschlusses in gleichwertiger Weise berichtigt war oder dass sie die Kaufentscheidung nicht beeinflussen konnte. Diese Ausnahmen liegen wohl in den seltensten Fällen vor.
Ein CE-kennzeichnungspflichtiges Produkt, das in Deutschland verkauft wird, ist somit in der Regel mangelhaft im Sinne von § 434 Abs. 1 BGB, wenn das Kennzeichen fehlt oder gefälscht ist.
2.2 Art der Mängelhaftungsansprüche im Kaufrecht
Liegt ein solcher Mangel vor, so hat der Käufer gem. § 437 BGB folgende gesetzlichen verschuldensunabhängigen Mängelansprüche gegen den Verkäufer:
1. Nacherfüllungsanspruch (Oberbegriff für Reparatur oder Neulieferung nach Wahl des Käufers). Da die Reparatur bei einem fehlenden oder gefälschten Kennzeichen nicht möglich ist, hat der Käufer also Anspruch darauf, dass ihm das gewünschte Produkt mit einem gültigen CE-Kennzeichen geliefert wird.
2. Nach Scheitern der Nacherfüllung (Ablauf einer vom Käufer gesetzten Frist oder nach zweimaligem erfolglosem Reparaturversuch)
- Rücktritt (bei wesentlichen Mängeln; dies ist ein fehlendes oder gefälschtes CE-Kennzeichen) oder
- Minderung
Verschuldensunabhängig bedeutet, dass auch wenn der Käufer den Mangel nicht kannte, weil er z.B. nicht erkennen konnte, dass das CE-Kennzeichen fehlte oder gefälscht war- der Käufer die o.a. Ansprüche gegen den Verkäufer hat.
Trifft den Verkäufer aber ein Verschulden, da er das Produkt in Kenntnis des fehlenden oder gefälschten Kennzeichens verkaufte, hat der Käufer einen zusätzlichen Anspruch auf Schadens- oder Aufwendungsersatz gegen den Verkäufer.
Diese Mängelansprüche gegen den Verkäufer verjähren allesamt in zwei Jahren ab der Lieferung, es sei denn, die Parteien haben wirksam eine Fristverkürzung vereinbart.
3. Fazit
Ein fehlendes oder gefälschtes CE Kennzeichen begründet bei einem in Deutschland gekauften CE-kennzeichnungspflichtigen Produkt Mängelansprüche (Gewährleistungsansprüche) des Käufers gegen den Verkäufer. Diese bestehen mit Ausnahme des Anspruches auf Schadensersatz auch dann, wenn der Verkäufer das falsche oder fehlende CE-Kennzeichen nicht zu vertreten hat.
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