Fanartikel mit Adler oder Wappen: Warum § 124 OWiG sie meist verbietet
Steigen zu großen Sportevents die Fanartikelverkäufe, wird so manches Produkt bewusst „staatlicher“ gestaltet. Doch genau dieser Anschein kann juristisch heikel werden.
Inhaltsverzeichnis
- Die Rechtslage: Hoheitszeichen sind streng geschützt
- Welche Zeichen sind nicht durch §124 OWiG erfasst?
- Hoheitszeichen: Genehmigungspflicht – und fast immer ein Nein
- Was bedeutet das für Händler?
- Wo die Grenzen etwas weiter gezogen sind
- Ein Blick in die Praxis
- Welche Gestaltung bleibt erlaubt?
- Fazit
Die Rechtslage: Hoheitszeichen sind streng geschützt
Der Ausgangspunkt ist § 124 OWiG.
Diese Vorschrift stellt klar, dass das Bundeswappen, der Bundesadler, die Dienstflagge des Bundes sowie die entsprechenden Symbole der Länder ausschließlich für amtliche Zwecke bestimmt sind.
Der Schutz ist demnach nicht auf die Bundesebene beschränkt: Auch die Wappen der Länder, ihre Wappentiere und Wappenschilde sowie die Landesdienstflaggen unterliegen denselben strengen Vorgaben.
Wer Fanartikel, T-Shirts, Sticker oder Accessoires gestaltet, muss also nicht nur den Bundesadler und das Bundeswappen im Blick behalten, sondern ebenso die vielfältigen Wappen der Bundesländer.
Ob Bayerischer Löwe, Berliner Bär, Sächsischer Rautenkranz oder NRW-Wappenschild – sobald ein Landeswappen oder eine ihm ähnliche Darstellung als Verzierung kommerzieller Ware eingesetzt wird, bewegt man sich im unzulässigen Bereich.
Jede unbefugte Nutzung kann als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße geahndet werden.
Dabei kommt es nicht nur auf das exakte Symbol an. Schon Darstellungen, die dem staatlichen Vorbild ähnlich sehen, können eine Ordnungswidrigkeit begründen.
Das heißt: Selbst eine stilisierte Darstellung, eine grafische Variante oder eine moderne Interpretation können dem Original so ähnlich sein, dass sie nicht mehr zulässig sind.
Das Gesetz verfolgt einen einfachen Grundgedanken: Staatliche Hoheitszeichen sollen eindeutig als staatlich erkennbar bleiben.
Aus diesem Grund spielt der Nutzungskontext eine große Rolle: Kritisch wird es insbesondere dann, wenn durch die Gestaltung der Anschein erweckt wird, ein Produkt stamme von einer Behörde, sei „offiziell lizenziert“ oder stehe sonst in einem besonderen staatlichen Zusammenhang.
Verwechselbarkeit besteht etwa, wenn ein durchschnittlicher Betrachter bei nur flüchtiger Betrachtung den Eindruck haben kann, es mit einem echten Wappen, Wappenteil oder einer Dienstflagge zu tun zu haben. Entscheidend ist der durch das Gesamtbild vermittelte Erinnerungseindruck: In der Praxis prägen wenige charakteristische Merkmale (z. B. die typische Adlerform im Schild, bestimmte Farb- und Schildaufteilungen) die Wahrnehmung stärker als Abweichungen im Detail.
Gerade bei Fanartikeln, die im Vorübergehen wahrgenommen werden, wie T-Shirts, Schals oder Caps, können schon relativ grobe Anlehnungen eine unzulässige Nähe begründen.
Andererseits ist nicht direkt jede stilisierte oder abstrahierte Form verboten. Entscheidend ist stets der Gesamteindruck und die Frage, ob ein amtlicher Eindruck entsteht.
Eine rein dekorative Verwendung, die sich nur locker von Farben oder Formen inspirieren lässt, ohne auf Wappen- oder Behördenästhetik zu setzen, ist in der Regel unproblematisch. Je stärker sich ein Motiv jedoch in Richtung „Emblem“, „Dienstsiegel“ oder „Uniformabzeichen“ bewegt, desto eher verlässt man die zulässige Zone.
Welche Zeichen sind nicht durch §124 OWiG erfasst?
Wichtig ist die Abgrenzung zur schlichten Bundesflagge in Schwarz-Rot-Gold: Diese ist von § 124 OWiG bewusst nicht erfasst, weil sie allgemein frei verwendet werden können soll. Strafrechtlich geschützt ist sie nur gegen Verunglimpfung durch § 90a StGB.
Nicht unter § 124 OWiG fallen außerdem ehemalige deutsche Hoheitszeichen (z. B. der Reichsadler) sowie Wappen und Flaggen ausländischer Staaten oder der früheren DDR. Eine Ordnungswidrigkeit kann aber dann vorliegen, wenn ein solches Zeichen dem geschützten Bundesadler oder einem Landeswappen zum Verwechseln ähnlich gestaltet ist.
Kommunale Wappen und Fahnen (Gemeinden, Kreise, Bezirke) sind von § 124 OWiG ebenfalls nicht unmittelbar erfasst, können aber durch ergänzende landesrechtliche Bußgeldvorschriften geschützt sein – etwa in Baden-Württemberg (§ 8 LOWiG).
Hoheitszeichen: Genehmigungspflicht – und fast immer ein Nein
Grundsätzlich kann eine Nutzung genehmigt werden, allerdings ausschließlich durch die jeweils zuständige staatliche Stelle:
- Auf Bundesebene: Zuständig ist in der Praxis vor allem das Bundesverwaltungsamt (BVA), das auf Grundlage von Vorgaben des Bundesinnenministeriums über Anträge zur Verwendung von Bundeswappen, Bundesadler und der Dienstflaggen des Bundes entscheidet.
- Auf Landesebene: Auf Länderebene regeln landesrechtliche Zuständigkeitsverordnungen, welche Behörde über Ordnungswidrigkeiten nach § 124 OWiG und über Gestattungen im Einzelfall entscheidet. Für Händler ist das vor allem insoweit relevant, als im Konfliktfall genau diese Behörden Bußgelder verhängen und die weitere Nutzung untersagen können.
In der Praxis werden solche Anträge jedoch fast ausnahmslos abgelehnt, weil die Behörden eine klare Abgrenzung zwischen staatlicher Autorität und privaten Angeboten sicherstellen wollen.
Die Argumentation ist dabei immer dieselbe: Hoheitszeichen sollen eine klare Trennlinie zwischen staatlicher Autorität und privaten Angeboten markieren. Deshalb dürfen sie nicht zu Werbezwecken oder für Merchandise freigegeben werden.
Dennoch bleibt der Genehmigungsantrag die einzige rechtliche Option, wenn ein Design bewusst im Grenzbereich gestaltet wird.
Was bedeutet das für Händler?
Für Händler von Fanartikeln ist die Rechtslage eindeutig: Adler, Wappen und dienstflaggenähnliche Motive dürfen auf kommerziellen Produkten nicht verwendet werden – auch dann nicht, wenn sie etwas modernisiert, stilisiert oder verfremdet erscheinen.
Erfasst ist jede nach außen sichtbare Verwendung – etwa auf der Ware selbst, in Produktbildern, auf Verpackungen, in Online-Angeboten, auf Plakaten oder in Anzeigen.
Für den typischen Online-Händler oder stationären Händler im Fanartikelbereich liegt eine nach außen gerichtete Verwendung praktisch immer vor.
Dass die beliebte Kombination aus Deutschlandflagge und Adler besonders problematisch ist, hat sich im Markt längst herumgesprochen – sie nähert sich optisch zu stark der Bundesdienstflagge an.
Aber auch andere Variationen, etwa ein minimalistischer Adlerkopf oder eine generische Schildform in Schwarz-Rot-Gold, können bereits kritische Nähe aufweisen.

Quelle: Anordnung über die deutschen Flaggen Anhang 1 Flaggen der Bundesrepublik Deutschland (Fundstelle: BGBl. I 1996, S. 1730)
Wo die Grenzen etwas weiter gezogen sind
Es wird öfter darauf hingewiesen, dass das Gesetz Ausnahmen für künstlerische, kunstgewerbliche oder heraldisch-wissenschaftliche Zwecke kennt.
Diese existieren tatsächlich, doch sie sind eng auszulegen und in der Praxis kaum relevant für den Massenmarkt. Ein künstlerisches Einzelstück in einer Ausstellung mag noch unter die Ausnahme fallen; ein bedruckter Turnbeutel, der tausendfach verkauft wird, definitiv nicht.
Hinzu kommt, dass selbst unter den Ausnahmetatbeständen keine Gestaltung zulässig ist, die aus Sicht eines Betrachters auch nur entfernt amtlich wirken könnte.
Selbst in künstlerischen oder kunstgewerblichen Kontexten bleibt daher der Maßstab der Verwechselbarkeit maßgeblich: Sobald der Eindruck entstehen kann, es handele sich um ein echtes staatliches Emblem oder um ein „quasiamtliches“ Zeichen, greifen die Schutzvorschriften.
Ein Blick in die Praxis
Zwar gibt es nur wenige veröffentlichte Gerichtsurteile zu § 124 OWiG, doch das bedeutet keineswegs, dass das Thema praktisch bedeutungslos wäre. Die Behörden verfolgen unbefugte Nutzungen durchaus konsequent. Häufig geschieht das im Verwaltungsalltag, also ohne großes öffentliches Echo.
Gerade im Umfeld großer Sportereignisse kam es in den vergangenen Jahren wiederholt zu Berichten über behördliche Hinweise, Untersagungen und Bußgeldverfahren. Dass nicht jedes Verfahren öffentlich wird, ändert nichts an der klar restriktiven Linie der Behörden.
Für Händler ist dabei besonders misslich, dass neben einem – teils empfindlichen – Bußgeld regelmäßig auch die Unterbindung des weiteren Vertriebs droht. Bestehende Lagerbestände müssen im Zweifel aus dem Verkauf genommen oder umgestaltet werden, was gerade bei saisonalen Artikeln (EM, WM, Olympia) zu erheblichen wirtschaftlichen Einbußen führen kann.
Welche Gestaltung bleibt erlaubt?
Wer Fanartikel rechtssicher gestalten möchte, kann sich an einer einfachen Regel orientieren: Alles, was staatlich wirkt, sollte vermieden werden.
Die schlichte dreifarbige Bundesflagge ist dagegen unproblematisch und darf frei verwendet werden. Ebenso zulässig sind grafische Gestaltungen in den Farben Schwarz-Rot-Gold oder neutrale Schriftzüge wie „Germany“ oder „Deutschland“.
Zu beachten ist jedoch, dass die Bundesdienstflagge – die den Bundesadler im Zentrum trägt – selbst ein geschütztes Hoheitszeichen darstellt und somit unter dasselbe strikte Verbot fällt.
Auch abstrakte oder stark vereinfachte Designs können problematisch werden, wenn sie in ihrer Gesamtwirkung an eine Wappenform, ein amtliches Emblem oder eine Behördenästhetik erinnern. Das gilt nicht nur für Adlermotive, sondern auch für wappenförmige Hintergründe, schildartige Layouts oder Farbkombinationen, die optisch „behördlich“ erscheinen.
Fazit
Hoheitszeichen sind Ausdruck staatlicher Souveränität – und genau deshalb klar dem Staat vorbehalten. Für Händler bedeutet das: Auf kommerziellen Produkten, und insbesondere im Fanartikelbereich, ist die Nutzung solcher Symbole strikt untersagt.
Behörden verfolgen Verstöße, Genehmigungen werden nicht erteilt, und die Schwelle zur unzulässigen „Ähnlichkeit“ liegt niedriger, als viele annehmen.
Wer auf der sicheren Seite sein möchte, setzt deshalb besser auf kreative Fanartikel ohne Adler, Wappen oder Dienstflagge und orientiert sich an Designs, die keinerlei amtliche Wirkung entfalten, selbst wenn sie farblich an nationale Symbole angelehnt sind.
Gleichzeitig eröffnet der rechtliche Rahmen ausreichend Spielraum für unverfängliche Fanmotive: Farben, neutrale Schriftzüge, abstrakte Formen und humorvolle Gestaltungen ermöglichen es, nationale Verbundenheit auszudrücken, ohne mit dem Ordnungswidrigkeitenrecht des § 124 OWiG in Konflikt zu geraten.
Wer Zweifel hat, sollte im Zweifel Abstand von „offiziells“ anmutenden Emblemen nehmen oder vorab rechtlichen Rat einholen.
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8 Kommentare
Eine Bundesfahne mit Wappentier (Adler) aufgehängt.
Jetzt wird gegen ihm ermittelt.
Welche Strafe blüht ihm?
Dann ist die Verwendung des Bundesadlers auf Produktverpackungen sicher auch nicht erlaubt!?
Was ist mit Firmen die Ihre Artikel und Produktbeschreibungen mit dem Bundesadler kennzeichnen um damit die "deutsche Qualität" Ihrer Produkte zu bewerben?
https://wolverlab.de/pdf-wolver-protec-0w-30_255.pdf
https://www.facebook.com/photo?fbid=2775713409343013&set=pcb.2775714682676219
https://wolverlab.de/
ich bin mir im Klaren darüber, dass dieser Beitrag schon einige Zeit "auf dem Buckel hat". Dennoch beschäftige ich mich gerade mit dieser Thematik.
Auf keinen Fall mag ich mir anmaßen, fachlich qualifiziertere Menschen als ich es im Bereiche des Rechts bin, in die Parade zu fahren. Doch in diesem Falle denke ich, dass eine Betrachtung nicht im Detail, sondern in der Gänze angebracht ist.
Das OWIG beschäftigt sich nicht mit dem gesamten Nutzungsrecht des Bundesadlers, sondern mit lediglich einer Teilbetrachtung. Für den Bundesadler gibt das zuständige Bundesverwaltungsamt eine klare Vorschrift aus:
"Genehmigung der Benutzung des Bundesadlers
Genehmigung der Benutzung des Bundesadlers in Dienstsiegeln oder durch Dritte
Eine Verwendung des Bundesadlers ist grundsätzlich amtlichen Stellen des Bundes vorbehalten.
Eine Ausnahme besteht jedoch für folgende Sachverhalte:
Die Verwendung des Bundesadlers zu künstlerischen, kunst-gewerblichen und heraldisch-wissenschaftlichen Zwecken ist genehmigungsfrei.
Bei der Verwendung in einem Kunstwerk kommt es auf den Gesamteindruck an.
Jede sonstige Verwendung des Bundesadlers und des Bundeswappens ist nur mit Genehmigung des Bundesverwaltungsamtes gestattet. Einer schriftlich einzureichenden Anfrage ist der Entwurf der beabsichtigten Darstellung des Bundesadlers beizufügen."
Quelle: bva.bund.de
Grüße
N. Kastirr