Temu: Händler müssen eigene Rechtstexte vorhalten

Temu: Händler müssen eigene Rechtstexte vorhalten
6 min
Beitrag vom: 02.06.2025

Der Online-Marktplatz Temu bietet seit Kurzem auch deutschen Händlern die Möglichkeit, Waren zum Verkauf anzubieten. Allerdings stoßen die Händler beim Versuch, die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen an Grenzen, wie ein Fall aus unserer Praxis zeigt.

Geschäftsmodell von Temu

Der Online-Marktplatz Temu wurde im Jahr 2022 als Tochter der PDD Holdings Inc. mit Sitz in Shanghai gegründet. In Europa wird der Marktplatz von der Whaleco Technology Limited mit Sitz in Irland betrieben.

Seit Kurzem können auch Händler mit Sitz in Deutschland Waren über Temu zum Verkauf anbieten. Händler, die über Temu verkaufen möchten, müssen sich hierzu über das Temu Seller Center EU bewerben.

Beim Verkauf über Temu gelten einige Besonderheiten für die Händler. So werden Kundenservice und Logistik vollständig über den Betreiber von Temu abgewickelt. Der Warenversand erfolgt nicht durch die Händler, sondern durch den Betreiber von Temu. Ferner übt der Betreiber von Temu eine starke Kontrolle über die Produktbeschreibungen und die Preisdarstellungen aus.

Gleichwohl bieten die Händler ihre Waren bei Temu in eigenem Namen und für eigene Rechnung an. Temu weist bei jedem Angebot auf den entsprechenden Verkäufer hin, mit dem ggf. ein Vertrag zustande kommt. Temu fungiert insoweit als Vermittler zwischen Verkäufern und Käufern und tritt nicht selbst in die Stellung des Verkäufers ein, wie dies etwa bei einem Reseller- oder Kommissions-Modell der Fall wäre.

Vor diesem Hintergrund müssen die Händler bei Temu sämtliche Pflichten als Verkäufer erfüllen, die bei Vertragsschlüssen über den Online-Marktplatz Temu zu beachten sind.

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Rechtliche Hindernisse für Händler

Wie bei anderen Online-Marktplätzen muss der Händler auch bei Temu bestimmte Rechtstexte bereithalten, wenn er hierüber Verträge mit Verbrauchern abschließt. Hierzu zählen insbesondere ein eigenes Impressum, eine Datenschutzerklärung, eine Widerrufsbelehrung und bestimmte Informationen zum Vertragsschluss sowie zur Mängelhaftung, die zweckmäßigerweise in eigene AGB eingebunden werden.

Üblicherweise kann der Händler die vorgenannten Rechtstexte in seinem Verkäuferprofil hinterlegen, so dass diese dem Kunden bei einer Bestellung im Checkout des Marktplatzes angezeigt werden.

Bei Temu können diese Informationen derzeit jedoch (mit Ausnahme eines Impressums) nicht hinterlegt werden, da Temu hierfür offenbar keine Notwendigkeit sieht.

Auf die Anfrage eines Mandanten, ob und wo die erforderlichen Rechtstexte bei Temu hinterlegt werden können, erhielt dieser von Temu folgende Antwort:

AGB/WRB usw. ist aus legalen Perspektive nicht notwendig. Du hast du Vertrag mit TEMU, der Kunde hat ebenso einen Vertrag mit TEMU. Somit gelten die allgemeinen AGBs, die auf der Plattform unten zu finden sind. Impressum etc. ist unter "Händlerinformation" zu finden.

Temu scheint demnach davon auszugehen, dass der Händler keine eigenen Rechtstexte vorhalten muss, da diese bereits von Temu vorgehalten werden und für Verkäufer und Käufer gleichermaßen gelten.

Rechtstexte von Temu unzureichend

Temu hält auf seiner Website eigene AGB bereit, welche die Nutzung des Marktplatzes durch die Nutzer regeln.

Zwar enthalten die AGB von Temu in Ziffern 10 und 11 auch Regelungen, die den Kauf von Waren über Temu betreffen. Allerdings gelten diese nur im Verhältnis zwischen Temu und dem jeweiligen Nutzer und ersetzen weder inhaltlich noch formell die gesetzlich vorgeschriebenen Pflichtinformationen des Händlers bei Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr.

Danach muss der Unternehmer den Verbraucher insbesondere informieren über

  • die Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen, den Termin, bis zu dem der Unternehmer die Waren liefern oder die Dienstleistung erbringen muss, und gegebenenfalls das Verfahren des Unternehmers zum Umgang mit Beschwerden,
  • das Bestehen eines gesetzlichen Mängelhaftungsrechts für die Waren oder die digitalen Produkte,
  • gegebenenfalls das Bestehen und die Bedingungen von Kundendienst, Kundendienstleistungen und Garantien,
  • gegebenenfalls die Laufzeit des Vertrags oder die Bedingungen der Kündigung unbefristeter Verträge oder sich automatisch verlängernder Verträge,
  • gegebenenfalls die Mindestdauer der Verpflichtungen, die der Verbraucher mit dem Vertrag eingeht,
  • gegebenenfalls die Tatsache, dass der Unternehmer vom Verbraucher die Stellung einer Kaution oder die Leistung anderer finanzieller Sicherheiten verlangen kann, sowie deren Bedingungen,
  • gegebenenfalls, dass der Verbraucher ein außergerichtliches Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren, dem der Unternehmer unterworfen ist, nutzen kann, und dessen Zugangsvoraussetzungen,
  • die einzelnen technischen Schritte, die zu einem Vertragsschluss führen,
  • darüber, ob der Vertragstext nach dem Vertragsschluss von dem Unternehmer gespeichert wird und ob er dem Kunden zugänglich ist,
  • darüber, wie er mit den nach § 312i Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zur Verfügung gestellten technischen Mitteln Eingabefehler vor Abgabe der Vertragserklärung erkennen und berichtigen kann,
  • die für den Vertragsschluss zur Verfügung stehenden Sprachen und
  • sämtliche einschlägigen Verhaltenskodizes, denen sich der Unternehmer unterwirft, sowie über die Möglichkeit eines elektronischen Zugangs zu diesen Regelwerken.

Diese Informationen muss der Unternehmer selbst erteilen. Ein bloßer Verweis etwa auf die (insoweit unzureichenden) AGB von Temu würde nicht den gesetzlichen Anforderungen genügen.

Ferner hält Temu auf seiner Website eine „Rückgabe- und Rückerstattungsrichtlinie“ vor, die allgemein über das gesetzliche Widerrufsrecht von Verbrauchern informiert. Eine spezifische Information insbesondere zu Widerrufsadressat und Rücksendeadresse ist jedoch nicht enthalten. Stattdessen wird auf dieses Formular verwiesen, welches vom Verbraucher zur Geltendmachung seines Widerrufsrechts verwendet werden könne.

Steht dem Verbraucher ein Widerrufsrecht nach § 312g Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu, ist der Unternehmer verpflichtet, den Verbraucher zu informieren

  • über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts nach § 355 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie das Muster-Widerrufsformular in der Anlage 2,
  • gegebenenfalls darüber, dass der Verbraucher im Widerrufsfall die Kosten für die Rücksendung der Waren zu tragen hat, und bei Fernabsatzverträgen zusätzlich über die Kosten für die Rücksendung der Waren, wenn die Waren auf Grund ihrer Beschaffenheit nicht auf dem normalen Postweg zurückgesendet werden können.

Danach muss der Händler eine eigene Widerrufsbelehrung vorhalten, die inhaltlich über alle erforderlichen Einzelheiten zu Ausübung und Abwicklung des Widerrufsrechts informiert. Diesen Anforderungen genügen die von Temu hierzu bereitgestellten Informationen augenscheinlich nicht.

Weitere rechtliche Mängel

Neben den vorgenannten Mängeln bestehen bei Temu derzeit noch weitere rechtliche Mängel, über die wir in diesem Beitrag ausführlich berichten.

Fazit

Wer als Händler Waren über den Online-Marktplatz Temu zum Verkauf anbieten möchte, muss u. a. die gesetzlichen Informationspflichten für den elektronischen Geschäftsverkehr beachten. Hierzu zählt insbesondere die Verpflichtung zur Vorhaltung eigener Rechtstexte für den elektronischen Geschäftsverkehr.

Soweit der Betreiber von Temu hierzu eigene Rechtstexte vorhält, sind diese derzeit weder inhaltlich noch formell geeignet, die gesetzlichen Pflichten der Händler zu erfüllen.

Da Händler derzeit nicht die Möglichkeit haben, eigene Rechtstexte bei Temu zu hinterlegen, mit denen die gesetzlichen Informationspflichten vollständig erfüllt werden können, ist ein rechtssicherer Handel über Temu derzeit schon aus diesem Grund nicht möglich.

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Bildquelle: QubixStudio

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