Ab dem 13.06.2014: Werden ungefähre Lieferzeitangaben noch zulässig sein?

Ab dem 13.06.2014: Werden ungefähre Lieferzeitangaben noch zulässig sein?
Stand: 12.02.2014 4 min 2

Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung am 13.06.2014 tritt in Deutschland auch ein neuer Art. 246a § 1 Nr. 7 EGBGB in Kraft, wonach der Unternehmer über den Termin zu informieren hat, bis zu dem er die Waren liefern oder die Dienstleistung erbringen muss.

Wie die neue Vorschrift nach unserer Auffassung zu interpretieren ist und welche praktischen Konsequenzen sich hieraus für den Online-Handel ergeben, haben wir bereits eingehend in unserem Beitrag unter https://www.it-recht-kanzlei.de/liefertermin-information-verbraucherrechterichtlinie.html erläutert.

Derzeit liest man in einigen Beiträgen zu dieser Thematik, dass ungefähre Angaben zur Lieferzeit (z. B.: „Lieferzeit ca. 3 – 5 Tage“), wie sie schon heute vielfach in Online-Shops zu finden sind, auch nach der neuen Rechtslage zulässig sein sollen. Dieser Auffassung können wir uns unter Berücksichtigung von Wortlaut und Sinn und Zweck der Vorschrift des Art. 246a § 1 Nr. 7 EGBGB n. F. jedoch nicht anschließen. Vielmehr soll durch die neue Vorschrift gerade erreicht werden, dass der Verbraucher, wenn schon nicht über einen konkreten Liefertermin, jedenfalls über den Zeitraum (Lieferfrist) zu informieren ist, in dem er jedenfalls mit dem Zugang der Ware rechnen kann. Geht man wie wir davon aus, dass die Nichteinhaltung der vom Unternehmer angegebenen Lieferfrist auch an konkrete Rechtsfolgen wie den Verzug gekoppelt ist, so verbieten sich einschränkende Zusätze wie etwa „ca.“, „regelmäßig“ oder „in der Regel“ im Zusammenhang mit der Lieferzeitangabe.

Außerdem müssen dem Verbraucher – ähnlich wie bei der Berechnung der Widerrufsfrist – die Parameter an die Hand gegeben werden, die es ihm ermöglichen, das Ende der Lieferfrist konkret zu berechnen. Gerade im Hinblick darauf, dass eine Lieferung an Sonn- und Feiertagen in der Regel nicht erfolgt, ist der Verbraucher auch über den Ablauf der Lieferfrist zu informieren.

In der Praxis stellt sich noch ein weiteres Problem: Häufig unterscheiden sich die Lieferzeiten der einzelnen vom Unternehmer angebotenen Artikel schon dadurch, dass er einige Artikel vorrätig hat, andere jedoch erst beschaffen muss.

Auch im Hinblick auf das Lieferziel kann es signifikante Unterschiede bei der Lieferzeit geben. So ist ein innerdeutscher Versand oder ein Versand von Deutschland nach Österreich zweifelsohne schneller durchzuführen, als ein Versand von Deutschland nach Griechenland.

Nach dem Grundsatz des sichersten Weges muss der Unternehmer daher künftig nicht nur über Beginn und Ablauf der Lieferfrist sondern auch über die konkrete Dauer der Lieferfrist informieren, wobei er insoweit natürlich auch einen Zeitpuffer einkalkulieren kann. Wenn er auch den Versand in andere Länder anbietet, muss er zusätzlich die konkrete Versanddauer für das jeweilige Lieferland angeben – ähnlich wie dies heute schon für die Versandkosten beim Versand ins Ausland der Fall ist.

In der Praxis könnte dies in einem Online-Shop mit internationaler Versandoption dann etwa wie folgt aussehen:

Beispiel:

1) Auf der Angebotsseite befindet sich folgender Hinweis zur Lieferfrist:

Lieferzeit: 3 – 5 Tage*

2) Der Sternchenhinweis wird im Footer der Angebotsseite wie folgt aufgelöst:

*Gilt für Lieferungen nach Deutschland und Österreich. Lieferzeiten für andere Länder siehe hier <Link zur Versandinfoseite>. Informationen zur Berechnung der Lieferfrist siehe hier <Link zur Versandinfoseite>.

3) Auf einer eigens vorgehaltenen Versandinfoseite des Online-Shops werden dann etwa im Rahmen einer Tabelle die (maximalen) Lieferfristen je nach Lieferland aufgelistet. Ferner könnte auf der Versandinfoseite des Online-Shops etwa wie folgt über die Berechnung der jeweiligen Lieferfrist informiert werden:

"Die Frist für die Lieferung beginnt bei Zahlung per Vorkasse am Tag nach Erteilung des Zahlungsauftrags an das überweisende Kreditinstitut bzw. bei anderen Zahlungsarten am Tag nach Vertragsschluss zu laufen und endet mit dem Ablauf des letzten Tages der Frist. Fällt der letzte Tag der Frist auf einen Samstag, Sonntag oder einen am Lieferort staatlich anerkannten allgemeinen Feiertag, so tritt an die Stelle eines solchen Tages der nächste Werktag.“

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Fazit

Es bleibt abzuwarten, ob und inwieweit sich der neue Art. 246a § 1 Nr. 7 EGBGB auf die Praxis auswirken wird. Die von uns vorgeschlagenen Lösungsansätze mögen zwar auf den ersten Blick etwas formalistisch anmuten. Allerdings wissen wir aus den Erfahrungen in der Vergangenheit, dass Formalismus noch nie ein Grund für den Gesetzgeber oder die Gerichte war, den Unternehmer von bestimmten Informationspflichten freizusprechen. Im Zweifel bleibt es eben wieder den Gerichten überlassen, Inhalt und Umfang der künftigen Informationspflicht des Art. 246a § 1 Nr. 7 EGBGB n. F. zu klären. Wir werden die Entwicklung aufmerksam beobachten und uns zu gegebener Zeit wieder hierzu zu Wort melden.

Sie haben Fragen zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie? Wir beraten Sie gerne!

Tipp: Fragen zum Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .


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2 Kommentare

J
Julian Roith 16.06.2014, 18:05 Uhr
Notwendiger zeitlicher Puffer wirkt unattraktiv auf potentielle Käufer
"Die Frist für die Lieferung beginnt bei Zahlung per Vorkasse am Tag nach Erteilung des Zahlungsauftrags an das überweisende Kreditinstitut"...ja, aber woher weiß ich, wann der Kunde den Zahlungsauftrag erteilt hat? Mir ist es schon selbst einige Male so ergangen, dass die Banklaufzeit deutlich länger war als üblich. Auch die Paketlaufzeiten sind z. B. vor Weihnachten teilweise abenteuerlich lang. Um als Verkäufer gänzlich abgesichert zu sein, müsste man also einen großzügigen zeitlichen Puffer einrechnen. Viele Kunden lesen das "Kleingedruckte" gar nicht genau und kennen oft Neuerungen des Gesetzgebers nicht, sie wollen nur am besten schon vorgestern ihre bestellten Waren geliefert bekommen. Was sieht für die meisten Kunden wohl attraktiver aus?
Alt: Lieferzeit 1-2 Tage nach Zahlungseingang
Neu: Lieferzeit 6-7 Tage nach Zahlung
Ich finde die neue Regelung für uns Verkäufer mehr als nachteilig, zumal wir bei der Dauer der Lieferfrist von Dritten abhängig sind (Bank, Zustelldienst).
A
Adrian Wackernah 13.06.2014, 10:28 Uhr
Schwierig wird es für Produkte, die erst angefertigt werden müssen
Ich sehe da für mich auch große Probleme, als das ich Produkte erst nach Bestellung bzw. Bezahlung für den Kunden anfertige. Und es gibt auch Unsicherheit bei den Zeiten für den Versand, der ja letztlich nicht in meiner Verantwortung liegt. Was ist, wenn der Versanddienstleister das Paket verliert und schleppend zustellt? Außerdem habe ich Produkte, die in verschiedenen Variationen bei mir gekauft werden können, wobei jede Variation durch ihre bauliche Größe unterschiedliche Versanddienstleister erfordert, die auch unterschiedlich schnell oder langsam ausliefern. Folge ich meinem Gedanken, käme ich vermutlich zu einer Matrixtabelle mit möglichen Lieferzeiten, die nicht nur fehleranfällig sein kann, sondern von niemandem mehr verstanden wird.

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