
Wer von einem Unternehmer unbestellte Waren zugesendet bekommt, muss diese nicht bezahlen oder zurücksenden. Weil dies nicht alle Verbraucher wissen, gibt es Unternehmer, die mit dieser Masche richtig Kasse machen und die Verbraucher zur Zahlung von Geld bewegen wollen. Das ist unlauter. Denn eine solche Praktik verstößt gegen die Schwarze Klausel Nr. 29 des UWG. Lesen dazu jetzt den 30. Teil der Serie der IT-Recht Kanzlei.
Inhaltsverzeichnis
Die Klausel
„Unzulässige geschäftliche Handlungen im Sinne des § 3 Abs. 3 sind…
Nr. 29: …die Aufforderung zur Bezahlung nicht bestellter Waren oder Dienstleistungen oder eine Aufforderung zur Rücksendung oder Aufbewahrung nicht bestellter Sachen, sofern es sich nicht um eine nach den Vorschriften über Vertragsabschlüsse im Fernabsatz zulässige Ersatzlieferung handelt;“
Wider dem psychischen Druck
Wer eine Ware erhält, obwohl er diese nicht bestellt hat, muss diese auch nicht bezahlen. Das ergibt sich aus § 241a BGB. Mit dieser Regelung sollen windige Geschäftsleute ausgebremst werden, die unbedarften Verbrauchern bestimmte Waren zusenden und einen Hinweis hinzufügen, wonach der Verbraucher bei Gefallen doch bitte den angegebenen Betrag überweisen oder bei Nichtgefallen die Ware an den Absender zurückschicken möge.
Hinter der Regelung des § 241a BGB steckt der Gedanke, dass kein Verbraucher ohne Veranlassung zu einer bestimmten Handlung gezwungen werden soll. Denn ein pflichtbewusster Verbraucher würde möglicherweise dazu neigen, das geforderte Geld zu bezahlen oder die Ware zurückzuschicken, weil er sich nicht sicher ist, ob er sich sonst rechtswidrig verhalten würde. Das soll verhindert werden.
Schutz des unwissenden Verbrauchers
Die Schwarze Klausel Nr. 29 stellt somit die wettbewerbsrechtliche Flanke zu § 241a BGB dar. Diese beiden Regelungen ergeben zusammengenommen folgendes Gesamtbild: einerseits ist nach § 241a BGB niemand zur Bezahlung oder Rückgabe von unbestellten Waren verpflichtet, andererseits ist es einem Unternehmer nach der Schwarzen Klausel Nr. 29 verboten, einen solchen Eindruck entstehen zu lassen, indem er den Verbraucher dazu auffordert.
Gäbe es eine solche wettbewerbsrechtliche Regelung nicht, würden viele Unternehmer den Verbrauchern suggerieren, sie müssten bezahlen. Da die Verbraucher oftmals gar nicht wissen, dass sie zur Begleichung einer solchen Zahlungsaufforderung gar nicht verpflichtet sind, hätte ein solches Geschäftsmodell wahrscheinlich recht viel Erfolg.
Die Waffen des UWG
Die Schwarze Klausel Nr. 29 stellt lediglich einen zusätzlichen Schutz des Verbrauchers dar. Im Einzelfall kann die Lieferung unbestellter Waren gegen weitere Vorschriften des UWG verstoßen. Etwa könnte darin eine Belästigung nach § 7 Absatz 1 UWG zu sehen sein. Oder es könnte sich um eine Irreführung des Verbrauchers handeln (§ 5 UWG) , wenn ihm suggeriert wird, dass er zur Zahlung verpflichtet ist, obwohl dies nicht stimmt.
Somit ist Klausel Nr. 29 nicht die einzige Vorschrift, die eine solche Fallkonstellation erfasst, jedoch ist sie die präziseste, denn ihr Wortlaut ist exakt hierauf ausgerichtet.
Die Botschaft, die von ihr ausgehen soll, ist somit unmissverständlich.
Unbestellt
Ein Wettbewerbsverstoß kann nur dann vorliegen, wenn es sich um eine unbestellte Ware oder Dienstleistung handelt. Unbestellt ist eine Ware dann, wenn über ihre Lieferung kein Vertrag geschlossen worden ist. Dies gilt grundsätzlich auch für solche Fallkonstellationen, in denen ein Unternehmer eine falsche Ware liefert, z.B. wenn eine CD von Michael Jackson bestellt, jedoch Hansi Hinterseer geliefert wird – Hansi’s CD ist dann nicht bestellt worden. Allerdings macht man hier eine Ausnahme, wenn der Unternehmer aus Versehen, also irrtümlich, ein falsches Produkt geliefert hat. Die Beweislast hierfür trägt der Unternehmer.
Eine Ausnahme gilt auch für solche Fälle, in denen der Unternehmer ein in Preis und Qualität absolut vergleichbares Produkt liefert (z.B. weil die ursprünglich bestellte Ware vergriffen ist) und die Verbraucher ausdrücklich darauf hinweist, dass sie zur Bezahlung nicht verpflichtet sind und die Kosten der Rücksendung nicht übernehmen müssen.
Aufforderung zur Bezahlung
Weiter müsste mit der Zusendung der unbestellten Ware eine Aufforderung zum Kauf dieser Ware verbunden sein. Ob diese Aufforderung ausdrücklich oder stillschweigend erfolgt, spielt keine Rolle. Beispielsweise würde eine Formulierung wie „Bitte überweisen Sie den Betrag in Höhe von 20,- Euro bis zum 10.01.2010 auf das nachstehende Konto“ vollkommen genügen – dann läge ein Wettbewerbsverstoß vor. Ebenso ausreichend wäre die Befügung eines bereits vorausgefüllten Überweisungsträgers, so dass sich der Verbraucher aufgefordert fühlen darf, den Geldbetrag zu überweisen.
Nicht ganz einig ist man sich in der Welt der Rechtsgelehrten, wie es sich verhält, wenn neben der Bitte um Zahlung gleichzeitig darüber informiert wird, dass der Verbraucher zur Zahlung des Betrags rechtlich nicht verpflichtet ist. Während die einen sagen, dass auf diese Weise dennoch ein psychisch-moralischer Druck gegenüber dem Verbraucher aufgebaut wird, so dass dieser sich insofern verpflichtet fühlt, zu zahlen, sind andere der Meinung, dass der Verbraucher in solchen Fällen weiß, dass er nicht bezahlen muss und deshalb der Tatbestand der Schwarzen Klausel nicht erfüllt sein kann.
Es ist schwierig zu sagen, welche Auffassung sich in Zukunft durchsetzen wird. Unbestritten ist jedenfalls, dass allein die Zusendung der Ware (oder die Erbringung der entsprechenden Dienstleistung) ohne eine damit einhergehende Zahlungsaufforderung den Tatbestand der Schwarzen Klausel Nr. 29 nicht erfüllt, so dass in solchen Fällen kein Wettbewerbsverstoß vorliegt.
Aufforderung zur Rücksendung oder Aufbewahrung
Falls ein Verbraucher dazu aufgefordert wird, die unbestellt zugesendete Ware (etwa bei Nichtgefallen oder Nichtbezahlung) zurückzuschicken oder wenigstens ordentlich aufzubewahren, so gilt hierfür das Gleiche, was auch bei der Aufforderung zur Bezahlung gilt: es kommt nicht darauf an, ob eine solche Aufforderung ausdrücklich oder stillschweigend, harsch oder freundlich erfolgt; relevant ist nur, ob bzw. dass es eine solche Aufforderung gibt.
Ersatzlieferung
Die Formulierung am Ende der Schwarzen Klausel über eine „Ersatzlieferung“ ist in der Praxis wohl kaum von Bedeutung und kann deshalb vernachlässigt werden.
Beispiel
Ein kurzes Beispiel aus der Praxis soll zeigen, wann die Vorschrift Anwendung findet.
Bettina ist hoch erfreut, als eines Nachmittags der Paketzusteller bei ihr klingelt und ihr ein schönes Päckchen überreicht. Da Bettina keine Lieferung erwartet, hält sie es für ein Überraschungspaket einer Freundin.
Nach dem Öffnen des Päckchens bleibt die Freude zunächst bestehen, denn darin findet sie die DVD ihres Lieblingsfilms „Die Heirat meiner besten Freundin“. Als Bettina nach dem Absender schaut, ist sie irritiert. Das Päckchen stammt gar nicht von einer Freundin, sondern von einem ihr unbekannten Unternehmen, das der Ware zudem einen bereits vorausgefüllten Zahlschein (Überweisungsträger) beigelegt hat, mit dem sie 20 Euro überweisen soll. Darüber hinaus ist auch ein Rücksendeschein beigefügt, auf dem vermerkt ist: „Bei Nichtgefallen unbedingt zurück an die angegebene Adresse.“
Bettina weiß, dass sie die DVD auf keinen Fall bestellt hat. Sie ist sich jedoch unsicher, ob sie das Geld bezahlen muss oder die Ware zurücksenden soll.
Im Beispielfall liegt ein Verstoß gegen die Schwarze Klausel Nr. 29 des UWG vor.
Bettina hat die DVD nicht bestellt. Trotzdem wird sie mittels des beigelegten Zahlscheins dazu aufgefordert, den Geldbetrag zu überweisen bzw. die Ware bei Nichtgefallen zurückzusenden. Irrelevant für den Wettbewerbsverstoß ist, wie Bettina nun reagiert. Es ist daher vollkommen egal, ob sie die DVD behält, ohne zu bezahlen, ob sie das Geld tatsächlich bezahlt oder die DVD zurücksendet. Darauf kommt es gar nicht an.
Zivilrechtlich ist Bettina im Übrigen gar nicht dazu verpflichtet, die DVD zu bezahlen oder zurückzusenden. Sie darf sie ohne Weiteres behalten.
Fazit
Verbraucher sollten sich von unberechtigten und daher unlauteren Zahlungsaufforderungen im Zuge von Zusendungen unbestellter Waren nicht unter Druck setzen lassen. Die Verbraucher sitzen definitiv am längeren Hebel und sollten sich vielmehr darüber freuen, dass sie die Ware für sich behalten dürfen, ohne dafür bezahlen zu müssen.
Solide Rechtskenntnisse können sich manchmal richtig bezahlt machen!
In der nächsten Woche erfahren Sie mehr über Klausel Nr. 30, die letzte Vorschrift, die im Rahmen dieser Serie der IT-Recht Kanzlei besprochen wird!
Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook.
© mipan - Fotolia.com
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43 Kommentare
Im Rahmen einer Betreuung habe auch ich Probleme mit unbestellten Waren der Firma Primus Münzen. Der Lieferung liegt eine Rechnung bei und der Vermerk "zahlbar in 10 Tagen" !
Wie verhält es sich damit, daß man die Firma auffordert, falls etwa doch ein Abo abgeschlossen wurde (was ich nicht glaube, aber der Betreute kann sich physisch dazu nicht äußern), den Auftrag / die entsprechende Bestellung nachzuweisen ? Wie kann ich auf dem Nachweis bestehen ?
Ich habe bei Primus Münzen angerufen, angeblich hat der Betreute den Vertrag geschlossen, als er schon weder sprechen noch schreiben konnte. Ich habe die Firma per Mail aufgefordert, den Nachweis zu erbringen.
Es ist zwar ein Rücksendeetikett in der Lieferung, aber ich habe die Firma informiert, daß sie die Ware zurück erhalten wenn sie mir eine Stornierung der Rechnung zukommen lassen. Allerdings bedeutet eine Rücksendung Arbeit für mich und ich sehe nicht ein, daß Firmen, die unbestellt Waren schicken auch noch belohnt werden, indem man die Ware zurück schickt. Wie ich hier gelesen habe werde ich nichts zurück senden. Aber ich möchte mich auch nicht mit Mahnungen, Inkassofirmen oder Ähnlichem herumschlagen müssen, ich habe mit der Betreuung schon genug Arbeit.
In dem Brief stand:
"Sehr geehrte Damen und Herren,
für den Ausgleich Ihrer fälligen Beträge haben Sie uns ein SEPA-Lastschriftmandat erteilt.
Die Abbuchung konnte nicht ausgeführt werden, da Ihre Bankdaten leider unvollständig sind. Deshalb haben wir Ihr SEPA-Lastschriftmandat gesperrt und bitten Sie, Ihre offenen Beträge schnellstmöglichst mit Angabe des Verwendungszwecks auf unser Konto zu überweisen.
Commerzbank
Iban: DE42***************300 (Die * habe ichabsichtlich hinzugefügt)
BIC: COBADEFFXXX
Vielen Dank
Freundliche Grüße aus Augsburg
Kundenbuchhaltung
Weltbild GmbH & Co. KG"
Und unten rechts nochmal diverse Daten.
Was mich stutzig macht: Kein Betreff, kein Verwendungszweck, kein angeblich offener Betrag. Ich habe zudem noch nie bei Weltbild bestellt, geschweige denn einen Account/Login dort. Einerseits frage ich mich, ob ich überhaupt damit zur Polizei gehen kann, weil ich nicht weiß, ob die was unternehmen können. Oder wollen. Je nachdem. Aber Weltbild selbst habe ich über den Kundenservice auch schon per E-Mail angeschrieben.
Da kam bislang aber noch nichts zurück.
Da ich bei Weltbild kein Login habe, fand ich die ganze Sache sehr komisch. ich habe kontakt mit Weltbild per E-Mail aufgenommen, die ganze Sache geschildert und als Antwort bekamt ich das:
"vielen Dank für Ihre Nachricht bezüglich unserer Zahlungsaufforderung. Es tut uns sehr leid, dass Sie das Opfer eines ebay-Betruges geworden sind. Der Verkäufer, dem Sie den Kaufpreis bezahlt haben, war niemals im Besitz der Ware. Erst nach Erhalt des Geldes hat die Person mit Ihren Daten den Artikel in unserem Onlineshop auf Rechnung bestellt. Dabei wurde eine falsche E-Mail-Adresse verwendet, so dass Sie keine Informationen von uns erhalten konnten. Wir empfehlen Ihnen, soweit das noch möglich ist, sich an ebay zu wenden und dort den Käuferschutz in Anspruch zu nehmen. Sofern Sie die Zahlung über PayPal getätigt haben, sollten Sie den Betrug auch dort melden und eine Rückerstattung fordern. Da der Eigentumsvorbehalt bei uns liegt, müssen wir leider auf die Rückgabe oder Bezahlung der Ware bestehen. Seien Sie versichert, dass es uns fern liegt, Ihnen weitere Unannehmlichkeiten zu bereiten, aber auch wir werden durch diese Betrugsfälle massiv geschädigt. Bitte geben Sie uns Bescheid, ob wir Ihnen einen Rücksendeschein zukommen lassen sollen.
Wir warten auf Ihre Rückmeldung und wünschen Ihnen einen schönen Tag"
ich möchte also bei der Polizei eine Anzeige erstatten, da brauche ich die Lieferadresse und mehr Informationen über die Ware.. rufe ich bei der Hotline Weltbild an.. kam aber nix, denn ausgerechnet jetzt sind die IT Systeme ausgefallen..
ich finde die ganze Sache sehr komisch...