Soviel muss sein: BGH zur Zulässigkeit eines Kaufangebots unter Nennung der Marke des Herstellers
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 12.3.2015 – I ZR 147/13 – Tuning) hat entschieden, dass es den Anbietern von Tuningmaßnahmen eines Kraftfahrzeuges grundsätzlich nicht verwehrt werden kann, im Angebot der von ihnen umgebauten Fahrzeuge die Marke des Herstellers des Fahrzeuges zu nennen, das durch die Tuningmaßnahme verändert worden ist.
Inhaltsverzeichnis
1. Der Fall
Die Klägerin stellt den bekannten Porsche-Personenkraftwagen her und ist Inhaberin diverser ihren Fahrzeugmodellen entsprechenden Wortmarken („911“, „Carrera“, „Cayman“, „Cayenne“). Die Beklagte modifiziert Fahrzeuge durch nachträglichen Umbau („Tuning“) und veräußert diese anschließend unter der für sie als Marke geschützten Bezeichnung „Techart“ über verschiedene Internetverkaufsportale. Unter den „getunten“ Fahrzeugen befinden sich unteranderem auch Fahrzeuge des Herstellers Porsche, welche in den Internetportalen unter der Rubrik „Porsche“ zum Kauf angeboten werden. Dabei werden die Fahrzeuge in den Angeboten mit der Hersteller- und Modellbezeichnung der Klägerin sowie dem Zusatz „ mit Techart-Umbau“ aufgeführt und in der Fahrzeugbeschreibung die konkreten Umbaumaßnahmen angegeben.
Die Klägerin sieht in den Angeboten der Beklagten eine Verletzung ihrer Wort-Bild-Marke „Porsche“, da durch das „Tuning“ erheblich in die Eigenart des Fahrzeuges eingegriffen werde und durch die in den Angeboten verwendeten Bezeichnung nicht ausreichend erklärt werde, dass die Fahrzeuge in ihrer veränderten Beschaffenheit der Beklagten zuzurechnen sei. Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Unterlassung des Anbietens und der Veräußerung unter der von der Beklagten gewählten Bezeichnung, sofern die Fahrzeuge ohne Zustimmung der Klägerin durch die jeweilige Techart-Tuiningkomponenten verändert worden ist.
2. Die Entscheidung
In erster Instanz hatte die Klage Erfolg. Im Berufungsverfahren wurde das erstinstanzliche Urteil verändert und die Klage abgewiesen. Der Bundesgerichtshof hat die Revision gegen das Berufungsurteil abgewiesen.
Ansprüche der Klägerin nach § 14 Abs. 2 MarkenG bestehen nicht. Unabhängig davon, ob durch die Verwendung der Wortmarke „Porsche“ überhaupt ein markenmäßiger Gebrauch im Sinne des § 14 MarkenG vorliegt, bewegt sich die Verwendung der Bezeichnung „Porsche“ im Rahmen des nach § 23 Nr. 2 MarkenG Zulässigen. Danach ist der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung nicht dazu berechtigt, einem Dritten die Benutzung eines mit der Marke oder der geschäftlichen Bezeichnung identisches oder ihr ähnliches Zeichens als Angabe über Merkmale oder Eigenschaften von Waren oder Dienstleistungen im geschäftlichen Verkehr zu untersagen, sofern die Benutzung nicht gegen die guten Sitten verstößt. Eingehalten werden sollen danach die anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel. Der Markenverwender hat die berechtigten Interessen des Markeninhabers zu berücksichtigen und muss alles tun, um eine unlautere Beeinträchtigung dieser Interessen zu vermeiden, sodass ein unverfälschter Wettbewerb gewährleistet werden kann.
Verändert ein Dritter eine mit der Marke des Herstellers versehene Ware nach ihrem Inverkehrbringen und bietet diese nach wie vor mit der Marke des Herstellers versehene Ware zum Verkauf an, liegt ein Verstoß gegen die guten Sitten jedenfalls dann nicht vor, wenn der Dritte die Ware zusätzlich mit einer eigenen Marke versieht und dem Verkehr deutlich wird, dass die ursprüngliche Herstellerbezeichnung ein fremdes Zeichen ist, dass lediglich die Ware in ihrem ursprünglichem Zustand kennzeichnet. Durch das Anbringen der Marke des Dritten und die damit einhergehende Gegenüberstellung der beiden Marken, wird auf die Veränderung der Ware explizit hingewiesen. Nach der Lebenserfahrung wird damit ausgeschlossen, dass der Verkehr die ursprüngliche Herstellermarke als Mittel der Kennzeichnung der in Verkehr gebrachten veränderten Ware ansieht. Eines ausdrücklichen Hinweises darauf, dass die genannte Marke des Herstellers nur die Herkunft des Ursprungsproduktes bezeichnet und der Hersteller mit den Produktveränderungen nichts zu tun hat, bedarf es dabei nicht. Ausreichend ist vielmehr, dass sich dies aus den konkreten Umständen ergibt. Hierdurch wird ausreichend sichergestellt, dass die Herkunftsfunktion der Marke des Herstellers nicht in unlauterer Weise beeinträchtigt wird.
Die herkunftshinweisende Funktion der Marke des Herstellers wird auch nicht dadurch beeinträchtigt, dass nicht jede an der Ware vorgenommene Veränderung im Detail angegeben wird. Auch wenn die ursprünglichen und im Nachhinein veränderten Warenbestandteile in optischer und technischer Hinsicht in einer Wechselbeziehung zueinander stehen und ein Gesamtprodukt darstellen, wodurch eine klare Abgrenzung zum Ausgangsprodukt für den Verkehr nicht mehr möglich ist, kann dem Dritten nicht zugemutet werden, jegliche Änderung des Ursprungsproduktes im Angebot der von ihnen veränderten Ware im Detail anzugeben. Dies würde das Anbieten von Leistungen und Waren und insbesondere eine im Verkehr angemessene Präsentation der Waren in unzumutbarer Weise erschweren.
Im Streitfall ist im Angebot der Beklagten keine unlautere Beeinträchtigung der Interessen des Markeninhabers „Porsche“ zu sehen. Der Beklagten kann es als Anbieterin von „getunten“‘ Fahrzeugen nicht verwehrt werden, im Angebot die Marke des Herstellers zu nennen. Durch die Bezeichnung der angebotenen Fahrzeuge mit dem Zusatz „mit Techart-Umbauten“ ist deutlich erkennbar, dass mit der Marke des Herstellers nur das Fahrzeug in seiner Gestalt und mit seinen Eigenschaften beschrieben wird, wie sie bei erstmaligen Inverkehrbringen gegeben war. Durch diese im Angebot verwendete Zusatzbezeichnung wird eindeutig darauf hingewiesen, dass am Ursprungsprodukt Umbauten vorgenommen worden sind und allein die Beklagte für diese Umbauten verantwortlich ist. Auch ist dem angesprochenen Publikum in aller Regel bekannt, dass es von den Kraftfahrzeugherstellern unabhängige Unternehmen gibt, die nach Auslieferung eines Serienfahrzeuges dies umbauen und anschließend im „getunten Zustand“ auf dem Markt anbieten. Insbesondere liegt die Annahme fern, der angesprochene Verbraucher gehe davon aus, dass die Umbaumaßnahmen von dem Hersteller des Ursprungsproduktes „Porsche“ selbst vorgenommen worden sind.
3. Das Fazit
Den Anbietern von Tuning-Maßnahmen an Kraftfahrzeugen kann im Interesse des freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs nicht verwehrt werden, im Angebot der von ihnen umgebauten Kraftfahrzeuge die Marke des Herstellers zu nennen. Ihnen ist dabei ein gewisser Spielraum zur angemessenen Präsentation ihrer Leistungen zuzugestehen, sodass ein expliziter Hinweis darauf, dass die genannte Herstellermarke nur die Herkunft des Ursprungsproduktes bezeichnet und der Hersteller an den Umbaumaßnahmen nicht beteiligt ist, nicht erforderlich ist. Sofern jedenfalls durch die Angaben der Beklagten der Umstand der Produktveränderung selbst und ihr Umfang in ausreichendem Maße deutlich erkennbar sind, stellt das Anbieten von veränderten Waren unter Nennung der Marke des Herstellers keine unlautere Handlung dar.
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