Vergaberecht: Vergabeausschuss des deutschen Anwaltsvereines fordert Rechtsschutz auch unterhalb der Schwellenwerte
Der Deutsche Anwaltsverein (DAV) hat durch seinen Vergaberechtsausschuss in einer Initiativstellungnahme am 12.April 2010 konkrete Vorschläge zur Einführung eines effektiven Rechtsschutzes auch unterhalb der europarechtlich vorgegebenen Schwellenwerte erarbeitet. Die vorgeschlagenen Regelungen ergänzen den vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) um Vorschriften, die den Bietern Rechtsschutz auch unterhalb der Schwellenwerte gewähren.
Der DAV ist der Auffassung, dass der gegenwärtige Rechtsschutz im unterschwelligen Bereich nicht ausreiche und von manchen Zufälligkeiten und Unberechenbarkeiten geprägt sei. Insbesondere sei er nur auf sekundäre Ansprüche, wie Schadensersatz wegen entgangenen Gewinns, beschränkt (Sekundärrechtsschutz). Wegen der fehlenden Verpflichtung des Auftraggebers eine Vorabinformation zu erteilen, hätten die Bietern aber praktisch keine Möglichkeiten, einen Zuschlag zu verhindern (Primärrechtsschutz).
Die für das Verfügungsverfahren geltenden Verfahrensvorschriften der ZPO insbesondere zur Darlegungs- und Beweislast und den zulässigen Beweismitteln (Glaubhaftmachung) seien zudem nicht in jeder Hinsicht geeignet, eine effiziente Nachprüfung der Vergabe öffentlicher Aufträge zu gewährleisten. Auch sei das Nachprüfungsverfahren vor den Vergabekammern und Oberlandesgerichten in der Praxis erprobt.
Eine Aufspaltung des Vergaberechtsschutzes durch Verweisung unterschwelliger Vergaben auf den allgemeinen Zivilrechtsweg oder den Verwaltungsrechtsweg ist aus Sicht des DAV daher nicht zu begrüßen.
Fazit
Vergaberechtsschutz steht stets im Spannungsverhältnis zwischen dem öffentlichen Interesse an einer zügigen Durchführung von Beschaffungsvorhaben und den privaten Interessen des erfolglosen Bieters an einem effektiven Rechtsschutz. Zu beachten ist auch das Interesse des erfolgreichen Bieters an einem raschen Vertragsschluss sowie das Ziel der Gewährleistung rechtmäßigen Handelns der beschaffenden Verwaltung. Diesen konträren Interessen wird die die zurzeit praktizierte Zweiteilung des Vergaberechts gerecht. Will man den Rechtsschutz nun auch auf die unterschwelligen Vergaben ausdehnen, bedeutet dies einen weiteren zusätzlichen Aufwand der Vergabestellen, der in keinem Verhältnis zu dem Wert der Beschaffung steht. Die Auftraggeberseite wird sich daher vehement gegen den Vorschlag des DAV zu Wehr setzten
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