Werbung für antibakterielle Kleidung: Abmahnungen kursieren – zurecht?
Vor allem bei Sportbekleidung legen Verbraucher Wert auf hohe Hygienestandards. Schlechte Gerüche und Rückstände infolge der körperlichen Betätigung sollen in und auf den Textilien bestmöglich neutralisiert werden. Den Bedürfnissen der Verbraucher folgend werden Sportbekleidungsartikel oft mit antibakteriellen Eigenschaften angeboten sowie beworben – und in letzter Zeit zunehmend mit Abmahnungen gesühnt. Ein gefundenes Fressen für Abmahner oder eine vom geltenden Recht gedeckte Werbeaussage?
Inhaltsverzeichnis
I. Abmahnungen in Bezug auf „antibakterielle Kleidung“
Derzeit kursieren diverse Abmahnungen, in denen die werbende Hervorhebung einer „antibakteriellen Wirkung“ in Online-Textilangeboten als irreführend gerügt wird.
Nach Auffassung des abmahnenden Anwalts sei eine antibakterielle Wirkung bei Textilien überhaupt nur dann möglich, wenn das jeweilige Textilprodukt zuvor mit einem Biozid oder vergleichbaren schädlingsbekämpfenden Chemikalien behandelt wurde.
Fehle aber in den gegenständlichen Angeboten Angaben über den eingesetzten Biozid-Wirkung und zu seiner Zulassung sowie gesetzlich für Biozide vorgesehene Warnhinweise, sei ausgeschlossen, dass ein Biozid verwendet worden sei.
Deshalb sei die Behauptung einer antibakteriellen Wirkung für die Bekleidung irreführend nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG.
Zur Fundierung dieser Rechtsauffassung wird ein scheinbar in der Sache vergleichbares Urteil des LG Düsseldorf vom 30.05.2007 (Az. 34 O 35/07) angeführt.
II. Biozidbehandlung für antibakterielle Wirkung zwingend erforderlich?
Nach Ansicht des Abmahners ist eine Behandlung von Textilien mit Bioziden zwingende Voraussetzungen dafür, dass diese überhaupt antibakteriell wirken können.
Der Stand der Technik ist allerdings ein anderer. Es existiert nämlich das Verfahren der sog. „antimikrobiellen Ausrüstung“, bei welchem einem Textilprodukt Silberfäden, Silberionen oder auch spezielle Algenfasern beigesetzt werden, die auf Bakterien und Pilze auf natürliche Weise vermehrungshemmend wirkend.
„Antimikrobiell“ beschreibt eine neutralisierende Wirkung nicht nur gegen Bakterien, sondern auch gegen Pilze, und umfasst mithin die antibakterielle“ Eigenschaft.
Ist ein Bekleidungsstück dem Verfahren der antimikrobiellen Ausrüstung unterzogen worden, ist es nach hier vertretener Ansicht zulässig, dieses mit einer antibakteriellen Wirkung zu bewerben, auch wenn es nicht mit einem Biozid behandelt wurde.
Bei Textilien können nach derzeitigem Stand der Technik bakterien- und pilzvermehrungshemmende Wirkungen auch ohne den Einsatz von Bioziden erreicht werden.
Wurde ein Textilprodukt antimikrobiell ausgerüstet, dürfte die Werbung mit einer antibakteriellen Wirkung, da zutreffend, wettbewerbsrechtlich zulässig sein.
III. Weitere Schwachstellen der Abmahnungen
Selbst aber, wenn eine solche Behandlung unterblieben ist, leidet die Abmahnung an zwei entscheidenden Schwachstellen:
Einerseits ist auf die Behandlung eines Textils mit Bioziden entgegen der Auffassung der Abmahner nicht zwangsweise hinzuweisen. Insbesondere sind Angaben über die Wirkung und Zualssung ebenso wie die gesetzliche Biozid-Kennzeichnung entbehrlich, weil Gegenstand der Werbung kein Biozid-, sondern ein Textilprodukt ist.
Andererseits ist das als „rechtliche Stützte“ zitierte Urteil des LG Düsseldorf zur Substantiierung der Rechtsauffassung des Abmahners nicht geeignet. Streitgegenständliches Erzeugnis im Verfahren vor dem LG Düsseldorf war nämlich eine Seife und kein Textilerzeugnis.
IV. Fazit: Antibakteriell auch ohne Biozid
Die Auffassung des Abmahners, nur eine Biozidbehandlung könne Textilien eine antibakterielle Wirkung verleihen, ist wissenschaftlich nicht haltbar.
Es sind nämlich verschiedene Verfahren der sog. „antimikrobiellen“ (antifungalen und antibakteriellen) Ausrüstung bekannt, welche auf natürliche Weise vermehrungshemmend gegen Bakterien und Pilze wirken.
Ist für das in Rede stehende Textilerzeugnis eine solche Behandlung nachweisbar angewendet worden, spricht viel für eine Zurückweisbarkeit der Abmahnungen als unbegründet.
Nicht zulässig und irreführend ist es aber freilich, eine antibakterielle Wirkung von Bekleidungsstücken zu behaupten, ohne dass eine solche über ein gesondertes Verfahren herbeigeführt wurde.
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