FAQ zu den Wirksamkeitsanforderungen des Verbraucherwiderrufs und zu Folgen von unwirksamen Widerrufserklärungen nach neuer Rechtslage
Mit Inkrafttreten der Änderungen zum Widerrufsrecht des Verbrauchers im Fernabsatz wurden dessen Möglichkeiten zur wirksamen Erklärung des Widerrufs auf eine einheitliche Vorgehensweise beschränkt. Während nach bisherigem Recht für die Rückabwicklung eines Vertrags über die Lieferung von Waren die Annahmeverweigerung oder ein bloßes Zurücksenden der Ware ausreichend waren, ist fortan stets eine ausdrückliche Widerrufserklärung erforderlich. Allerdings ist zu erwarten, dass nicht alle Verbraucher die Neuregelungen einheitlich und rechtzeitig zur Kenntnis nehmen und somit auf bisher gängige Widerrufspraktiken zunächst weiterhin zurückgreifen werden.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Welche Anforderungen sind an eine wirksame Widerrufserklärung zu stellen?
- 2. Wie ist eine Warenrücksendung des Verbrauchers nach neuer Rechtslage konkret zu bewerten?
- 3. Wie verhält es sich, wenn der Verbraucher die Ware zusammen mit einer schriftlichen Widerrufserklärung zurücksendet?
- 4. Was, wenn der Verbraucher ohne weitere Erklärung die Annahme verweigert?
- 5. Stellt die Annahmeverweigerung dann einen wirksamen Widerruf dar, wenn der Verbraucher das verweigerte Paket mit dem Wort „Widerruf“ beschriftet?
- 6. Wer hat beim unwirksamen Verbraucherwiderruf die Versandkosten zu tragen?
Aus diesem Grunde hat die IT-Recht-Kanzlei die wesentlichen Wirksamkeitsanforderungen der Verbraucher-Widerrufserklärung zusammengetragen und in Form von FAQ Fragen zum Umgang mit unwirksamen Methoden einer rechtlichen Bewertung unterzogen.
Hinweis: der folgende Beitrag bezieht sich ausschließlich auf Fernabsatzverträge über die Lieferung von Waren
1. Welche Anforderungen sind an eine wirksame Widerrufserklärung zu stellen?
Nach §355 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB n.F. muss der Widerruf gegenüber dem Unternehmer als anderer Vertragspartei erklärt werden, wobei aus der Erklärung eindeutig hervorgehen muss, dass der Verbraucher den geschlossenen Vertrag widerrufen will.
An die konkrete Form der insofern zwingenden ausdrücklichen Erklärung sind dagegen jedoch keine weiteren Anforderungen gestellt. Insbesondere muss der Verbraucher seine Erklärung nicht mehr in Textform abgeben, sondern soll fortan auch per Telefonanruf widerrufen können.
Dem Verbraucher bleibt es ferner überlassen, ob er auf das vom Unternehmer verpflichtend bereitzustellende Musterwiderrufsformular zurückgreift oder seinem Begehr mit eigenen Worten Rechnung trägt.
Ausgeschlossen wird durch diese Änderung jedoch allenfalls die bisher stets mögliche konkludente Widerrufserklärung, die in Form einer Annahmeverweigerung oder einer kommentarlosen Rücksendung der bestellten Waren zulässig war. Auch ist zu beachten, dass nach explizitem Willen des Gesetzgebers nunmehr kein alternativ zum Widerruf bestehendes Rückgaberecht mit eigenen Voraussetzungen gewährt werden kann.
Achtung: eine vertragliche Einigung über die Zulässigkeit eines konkludenten Widerrufs bleibt von der gesetzlichen Neuregelung unberührt. Von den gesetzlichen verbraucherrechtlichen Bestimmungen darf nach wie vor stets zugunsten der Verbraucher in privatautonomer Weise abgewichen werden. Erklärt sich der Unternehmer insofern bereit, auch derartige Vorgehensweisen als Widerrufserklärung zu akzeptieren, muss er sich daran festhalten lassen.
Eine Angabe von Gründen durch den Verbraucher bleibt weiterhin nicht erforderlich, §355 Abs. 1 Satz 4 BGB.
2. Wie ist eine Warenrücksendung des Verbrauchers nach neuer Rechtslage konkret zu bewerten?
Sendet der Verbraucher die erhaltene Ware – wie nach bisheriger Praxis zulässig – kommentarlos zurück, mangelt es fortan an einer ausdrücklichen Widerrufserklärung, die elementare Voraussetzung für de Wirksamkeit des Widerrufs ist. Unabhängig davon, ob die Rücksendung inner- oder außerhalb der gesetzlichen Widerrufsfrist (regelmäßig 14 Tage nach Eingang der (letzten) Ware beim Verbraucher) erfolgt, ist der Verbraucherwiderruf in diesem Falle nicht wirksam erklärt worden und kann gegenüber dem Unternehmer keiner Pflichten zum Tätigwerden begründen. Insofern ist es nämlich die Pflicht des Verbrauchers, von der neuen Widerrufsbelehrung und den darin aufgeführten neuen Widerrufsbedingungen Kenntnis zu nehmen und nicht auf veraltete Praktiken zurückzugreifen.
Erst dann also, wenn dem Unternehmer auch eine ausdrückliche Widerrufserklärung zugeht, ist er zur Rückabwicklung des Vertrages nach den gesetzlichen Vorgaben verpflichtet.
3. Wie verhält es sich, wenn der Verbraucher die Ware zusammen mit einer schriftlichen Widerrufserklärung zurücksendet?
Geht die Widerrufserklärung dem Unternehmer zusammen mit der Retoure zu, ist der Widerruf grundsätzlich wirksam erklärt worden, sofern die Erklärung eindeutig den Willen des Verbrauchers wiedergibt.
Lediglich die Möglichkeit der kommentarlosen Rücksendung soll durch die neuen Regelungen abgeschafft werden. An die zeitliche Rangordnung von Widerrufserklärung und Rücksendung stellt das Gesetz jedoch keine Anforderungen, sodass auch ein simultaner Zugang möglich ist.
Geht die Ware indes kommentarlos zeitlich vor der Widerrufserklärung zu, kommt es für die Wirksamkeit des Widerrufs darauf an, ob die Erklärung noch innerhalb der Widerrufsfrist abgegeben wurde. Auch orientieren sich an der Widerrufserklärung stets die Rückabwicklungsfristen von Verbraucher (14 Tage ab Absenden) und Unternehmer (14 Tage nach Eingang).
4. Was, wenn der Verbraucher ohne weitere Erklärung die Annahme verweigert?
Auch die bloße Annahmeverweigerung der Bestellung genügt den Anforderungen an einen wirksamen Widerruf nicht mehr, da der Verbraucher eine eindeutige Erklärung abgeben muss. Es liegt insofern ein zunächst unwirksamer Widerruf vor, der aber dadurch geheilt werden und beidseitige Rechtspflichten auslösen kann, dass der Verbraucher innerhalb der Widerrufsfrist seinen Widerruf noch ausdrücklich erklärt.
5. Stellt die Annahmeverweigerung dann einen wirksamen Widerruf dar, wenn der Verbraucher das verweigerte Paket mit dem Wort „Widerruf“ beschriftet?
Nach Ansicht der IT-Recht-Kanzlei reicht dies für einen wirksamen Widerruf nicht aus, weil das Erfordernis einer ausdrücklichen Widerrufserklärung nicht eingehalten wird.
Zum einen nämlich muss – in Anlehnung an das gesetzlich festgelegte Musterformular – die Erklärung gewisse Angaben wie das Datum und die Ausweisung des widerrufenen Artikels enthalten. Zum anderen aber muss aus der Erklärung eindeutig die Identität des Verbrauchers hervorgehen, der insofern eine rechtsverbindliche Willensäußerung tätigt. Da diesem Erfordernis regelmäßig nur mit einer individuellen Signatur oder einem vergleichbaren elektronischen Bekenntnis (etwa im Falle des Online-Widerrufs die Betätigung eines Bestätigungsbuttons) Rechnung getragen wird, lässt das bloße Wort „Widerruf“ nicht ausreichend erkennen, von wem der Widerruf getätigt wurde.
Gleichermaßen muss der Unternehmer den Verbraucher sowohl bei Beginn des Bestellvorgangs als auch nach dessen Abschluss umfangreich über seine Widerrufsmöglichkeiten belehren und das Musterformular bereitstellen, sodass es nur billig wäre, eine Kenntnisnahme der zulässigen Widerrufsoptionen durch den Verbraucher vorauszusetzen und ihm keine abweichenden Vorgehensweisen zu ermöglichen.
6. Wer hat beim unwirksamen Verbraucherwiderruf die Versandkosten zu tragen?
Nach neuem Widerrufsrecht ist der Unternehmer grundsätzlich weiterhin verpflichtet, die Hinsendekosten zu erstatten, §357 Abs. 2 BGB. Dies gilt allerdings nur in dem Umfang, in dem der Verbraucher die vom Unternehmer angebotene Standardlieferung wählt. Für Kosten, die durch eine vom Verbraucher begehrte besondere Versandweise entstehen, muss der Unternehmer nicht aufkommen.
Allerdings fallen die Retourkosten nunmehr prinzipiell dem Verbraucher zur Last, wenn der Unternehmer auf die Kostentragungspflicht in der Widerrufsbelehrung hinweist und sich nicht ausdrücklich bereiterklärt hat, auch diese zu übernehmen, §357 Abs. 6 BGB.
Widerruft der Verbraucher nun in einer unzulässigen und damit unwirksamen Weise (etwa durch Annahmeverweigerung oder bloße Warenrücksendung), ist der Unternehmer grundsätzlich nicht gehalten, auf das Widerrufsbegehren einzugehen. Insbesondere kann er nicht zur Kaufpreis- und Versandkostenerstattung (regelmäßig nur Hinsendekosten, weil der Verbraucher per lege die Rücksendekosten zu tragen hat) verpflichtet werden.
Allerdings kann der Verbraucher seine Widerrufserklärung innerhalb der Widerrufsfrist noch nachholen.
a. Bei fristgerechter Nachholung der Widerrufserklärung
Die Erstattung schuldet der Unternehmer ungeachtet des unwirksamen Widerrufsversuchs durch Annahmeverweigerung oder Rücksendung dann, wenn der Verbraucher seinen Widerruf innerhalb der 14-tägigen Widerrufsfrist noch ausdrücklich erklärt. Dies gilt auch für die Rücksendekosten, wenn er sich dazu bereit erklärt hat, diese ebenfalls zu übernehmen.
Wichtig: Verweigert der Verbraucher die Annahme oder sendet die Ware kommentarlos zurück und widerruft später innerhalb der Frist per Erklärung, hat er seiner Pflicht zur Rückgewähr des Empfangenen damit rückwirkend Rechnung getragen. Weder ändert die zeitliche Vorverlagerung der Rücksendung etwas an der gesetzlich normierten Versandkostentragung noch wird dem Verbraucher insofern der Widerruf gänzlich verwehrt. Vielmehr muss bei diesem Szenario nun der Unternehmer innerhalb von 14 Tagen nach Eingang der Erklärung dem Verbraucher das Geleistete (Kaufpreis und Hinsendekosten) erstatten.
b. Bei unterbliebener fristgerechter Widerrufserklärung
Versäumt der Verbraucher indes nach der kommentarlosen Warenrücksendung oder Annahmeverweigerung die fristgerechte Abgabe der Widerrufserklärung, so hat er nie wirksam widerrufen und mithin keinerlei Ansprüche auf Versandkosten- oder Kaufpreiserstattung. Selbst für den Fall, dass der Unternehmer beim Widerruf auch die Retourenkosten übernimmt, gilt nichts anderes. Widerruft der Verbraucher innerhalb der Frist nicht wirksam, greifen sowohl gesetzliche Kostentragungsregeln als auch davon zu Gunsten des Verbrauchers abweichende Bedingungen nicht.
Verlangt der Verbraucher nach Verwirkung seines Widerrufsrechts die als verweigerte oder kommentarlos zurückgesendete Ware vom Unternehmer wieder heraus, so kann der Unternehmer die Hinsendekosten erneut in Rechnung stellen.
Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook.
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13 Kommentare
Ist ein solcher oder ähnlicher Zusatz rechtlich gültig?
Danke für Ihre Antwort!
Regine Nurejew
Wann beginnt denn eigentlich die Widerrufsfrist zu laufen, wenn der Kunde die Paketannahme verweigert oder aber das nicht zugestellte Paket nicht in der Postfiliale abholt? Dort wird es in der Regel eine Woche gelagert bis es zurück an den Verkäufer gesandt wird.
2.
Kann der Verkäufer dann neben den Hinsendekosten auch die Retourkosten (z.b. DHL berechnet 4 EUR für die Rücksendung) vom ursprünglichen Kaufpreis abziehen?