Was geschehen ist ist geschehen: Der BGH zur Auslegung von Unterlassungserklärungen und Vertragsstrafe für vergangenes Handeln
Der BGH hat entschieden (Urteil vom 21.10.2010 (Az. III ZR 17/ 10) , dass eine Vertragsstrafe aus einem Unterlassungsvertrag nicht für den Fall gelten soll, dass der Unterlassungsschuldner seine Pflichten in der Vergangenheit nicht ordnungsgemäß erfüllt hat.
Inhaltsverzeichnis
Fall
Der Beklagte betreibt eine Personalvermittlung. Der Kläger wollte einen Berufswechsel durchführen und meldete sich zu diesem Zweck bei mehreren Personalvermittlungsagenturen, u.a. auch bei der Beklagten. Er übersandte der Beklagten seine Unterlagen in elektronischer Form, darunter auch Angaben zum Jahreseinkommen und seinen früheren Arbeitgebern. Die Beklagte veröffentlichte diese Angaben ohne die Zustimmung des Klägers.
Sie wollte zwar die persönlichen Daten entfernen, übersah jedoch, dass die Kopfzeile der übermittelten Daten den Namen des Klägers beinhalten, so dass eine Identifizierung problemlos möglich war. Als der Kläger dies bemerkte forderte er die Beklagte dazu auf, sämtliche Daten mit seinen persönlichen Angaben aus dem Internet zu entfernen. Weiter forderte er die Klägerin auf, eine Verpflichtungs- und Unterlassungserklärung abzugeben. Diese Erklärung wurde nachträglich unter eine Vertragsstrafe gesetzt. Dadurch verpflichtete sich die Beklagte zur Zahlung einer bestimmten Summe im Falle der Zuwiderhandlung.
Die Beklagte bemühte sich um die Entfernung der persönlichen Daten aus der Suchmaschine „google“. Der Kläger stellte in einigen Tagen jedoch fest, dass seine persönlichen Daten trotzdem sichtbar sind, wenn man seinen Namen in eine andere Suchmaschinen angibt.
Der Kläger ist der Ansicht, der Beklagte hat gegen die Vereinbarung verstoßen und somit die Vertragsstrafe verwirkt. Er fordert den Beklagten zur Zahlung der vereinbarten Vertragsstrafe auf.
Das LG gab dem Begehren statt. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des LG blieb ohne Erfolg. Mit der zugelassenen Revision zum BGH verlangte die Beklagte Abweisung der Zahlungspflicht.
Entscheidung
Der BGH gab dem Begehren der Beklagten statt und entschied, dass die Beklagte nicht zur Zahlung der Vertragsstrafe verpflichtet ist. Nach der Auslegung der Erklärung ist der BGH zum Entschluss gekommen, dass die Vertragsstrafe nur für die zukünftige Unterlassung vereinbart wurde und nicht für den Fall verwirkt ist, dass die Beklagte die Daten der Klägerin nicht ordnungsgemäß entfernt hat. Insoweit sprach sich der BGH gegen die Auffassung des OLG aus.
Nach Ansicht der Richter am OLG galt die Vertragsstrafe auch für die Entfernung der Daten und nicht nur für die Unterlassungserklärung. Begründet wurde es damit, dass es für den Kläger besonders wichtig war, dass seine Daten nicht mehr im Internet lesbar sind.
Der BGH dagegen war der gegensätzlichen Meinung. Nach Ansicht des BGH betraf die Vertragsstrafe nur die Unterlassungserklärung. Zwar hat sich die Beklagte auch dazu verpflichtet, sämtliche persönlichen Daten aus dem Internet herauszunehmen. Die Vertragsstrafe betraf allerdings nur die zukünftige Unterlassung der weiteren Verwendung. Begründet hat der BGH es damit, dass bereits der äußere Eindruck der Vereinbarung dafür spricht, die Vertragsstrafe gelte nur für die Unterlassungserklärung, denn nur insoweit wird darauf Bezug genommen.
Außerdem gingen die Parteien bei der Vereinbarung der Vertragsstrafe davon aus, dass eine Entfernung der persönlichen Daten erfolgreich abgeschlossen ist, die Vertragsstrafe dagegen einen präventiven Effekt haben sollte.
Fazit
Willenserklärungen sind auslegungsbedürftig. Stets muss nach §§ 133, 157 BGB der wirkliche Wille der Parteien ermittelt werden aus der Perspektive eines unbeteiligten Dritten. Dabei sind die Besonderheiten des Einzelfalls zu berücksichtigen. Vorgesagtes gilt natürlich auch für die Auslegung einer Unterlassungserklärung und kann auf Grund und Höhe einer Vertragsstrafe Auswirkungen haben.
Also aufgepasst bei Formulierung solcher Erklärungen: Hier kann ein scharfes Schwert schnell stumpf werden.
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