Wie die anderen „freien Berufen“ auch, haben die Ärzte ihre eigene Leistung quasi als „Produkt“ an den Mann bzw. Patient zu bringen. Nachdem die Ärzteschaft in puncto Selbstdarstellung ohnehin schon arg gegängelt wird (vgl. nur Teile 1-3 dieser Serie ), stellt sich natürlich auch hier die Frage: darf ein Arzt seine Leistungen hemmungslos anpreisen, oder hat er sich auch hier den gängigen Vorstellungen der „Arzt-Werbung“ unterzuordnen?
Inhaltsverzeichnis
Im Folgenden werden beispielhaft zwei aktuelle Gerichtsentscheidungen besprochen, die sehr plakativ aufzeigen, welche juristischen Stolperfallen in der Werbung mit bestimmten Heilverfahren versteckt sind. Am Ende dieses Beitrages findet sich wie immer auch eine übersichtliche Handlungsanleitung zu diesem Thema.
Fach-fremder Federschmuck
„Meine Methoden darf ich auch beim Namen nennen“ – klingt logisch. Doch auch hier gilt: Nicht mit fremden Federn schmücken! Wohlklingende Bezeichnungen für die eigenen Therapieverfahren, die über das Fehlen eines Facharzttitels oder sonstiger akademischer Qualifikationen „hinweghelfen“ könnten, sind zumeist als unlautere Irreführung der Patienten i.S.d. §§ 3, 5 UWG zu werten und somit verboten.
Diese Erfahrung machte z.B. eine Heilpraktikerin, die in ihrer Praxis „Psychotherapie“ und „Traumatherapie“ anbot. Beide Bezeichnungen wurden ihr gerichtlich untersagt, da die Ähnlichkeit u.a. zum Begriff „Psychotherapeut“ zu groß sei und so der Patient einen falschen Eindruck über die Qualifikation seines Gegenübers gewinnen könnte.
Das Landgericht Oldenburg führte hierzu aus (Urteil vom 25.09.2008, Az. 15 O 1295/08):
„Unlauter gem. § 3 UWG handelt unter anderem, wer irreführend wirbt, § 5 UWG. Bei der Beurteilung dieser Frage sind alle Bestandteile der Werbung zu berücksichtigen, insbesondere die Merkmale der angebotenen Dienstleistung, die geschäftlichen Verhältnisse des Werbenden, sowie seine besondere persönliche Befähigung, § 5 Abs. 2 UWG.
Aufgrund der Klangähnlichkeit des gewählten Wortes „Psychotherapie“ mit dem Begriffe des Psychotherapeuten besteht für den angesprochenen Personenkreis eine Verwechslungsgefahr. Beide Bezeichnungen beinhalten sowohl den Begriff „Psycho“ als auch den Begriff „Therapeut bzw. Therapie“. Sie werden in enger sprachlicher Verbundenheit genutzt. […]
Gleiches gilt für den Begriff der Traumatherapie. Die Traumaptherapie ist ein eigenständiger Zweig der [psychologischen] Therapiearten. Die Verwendung dieses Begriffs im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit vermittelt dem unbefangenen Verbraucher ebenfalls den Eindruck, dass die Beklagte In diesem Bereich eine Ausbildung im Rahmen eines Hochschuldstudiums absolviert hat. […]“
Auch wenn sich in diesem Fall eine Nicht-Akademikerin mit akademischen „Federn“ geschmückt hat, so lässt sich daraus auch direkt ableiten, dass Ärzte sich nicht einfach mit bunten Therapiebezeichnungen eine nicht vorhandene Fachkunde attestieren können. Es gilt: sobald eine Bezeichnung für Therapieverfahren (z.B. „kardiologische Therapie“, „Notfall-Therapie“ o.ä.) einer bestehenden fachärztlichen oder ähnlichen Qualifikation zu nahe kommt (hier: Kardiologie, Fachkunde Notfallmedizin etc.), die der Verwender jedoch nicht vorweisen kann, ist eine unlautere Irreführung der Patienten anzunehmen – die Bezeichnung darf dann selbstverständlich nicht in der Außendarstellung genutzt werden.
Hinweis: Das Problem des Führens im Ausland erworbener, in Deutschland aber nicht anerkannter akademischer Titel wird in Teil 2 dieser Serie ausführlich behandelt.
Ein Risiko mit Nebenwirkungen: „Marktgeschrei“ für Therapieverfahren
Ebenfalls schädlich für den Verwender ist eine allzu positive Bewertung der eigenen Therapiemöglichkeiten – vor allem dann, wenn diese nicht wissenschaftlich nachweisbar sind. An dieser Stelle sei noch einmal auf den Abschnitt „Werbeverbote für Ärzte“ des Teils 1 unserer Serie verwiesen. Wie dort auch nachzulesen ist, regelt § 3 HWG folgendes:
„Unzulässig ist eine irreführende Werbung. Eine Irreführung liegt insbesondere dann vor,
1. wenn […] Verfahren, Behandlungen […] oder anderen Mitteln eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen beigelegt werden, die sie nicht haben,
2. wenn fälschlich der Eindruck erweckt wird, dass
a) ein Erfolg mit Sicherheit erwartet werden kann,
b) bei bestimmungsgemäßem oder längerem Gebrauch keine schädlichen Wirkungen eintreten […]“
Mit anderen Worten: Heilverfahren dürfen schon von vornherein weit weniger attraktiv dargestellt werden als z.B. Reinigungsmittel. Ein recht eindrucksvolles Beispiel für völlig verfehlte Werbung liefert ein Urteil des OLG Koblenz (24.10.2006, Az. 4 U 1768/05), in dem über die Zulässigkeit folgender Werbung für die „Quanten-Therapie“ (eine Art Magnetfeldtherapie) zu entscheiden war:
Verbessern Sie Ihre Lebens-Qualität:
Die Quanten-Therapie – neue Energie für Geist und Körper!
Erwiesene Erfolge bei Migräne, Sportverletzungen, Gelenkschmerzen, Rheuma, Bluthochdruck, Allergien, chronischen Krankheiten, Erkrankungen des Nervensystems u.v.m.
Schmerzfrei – einfach ohne Risiko!
Die Quanten-Therapie – Energie für neuen Schwung!
Stärkung des Herz-Kreislaufsystems, Vorbeugung gegen Thrombose, Blutdruckregulierung, Verbesserung der Blutwerte, Verminderung von Atembeschwerden und Asthmaanfällen, Verbesserung der Knochenheilung, positive Wirkung bei Osteoporose, Verbesserung von Stoffwechsel und Verdauungssystem, […]
Schmerzlinderung vor und nach chirurgischen Eingriffen
Unterstützung der Wundheilung […]
Schon ein Vergleich mit dem oben zitierten § 3 HWG sollte Klarheit darüber schaffen, dass diese Art von „Marktgeschrei“ in der Medizin schlichtweg verboten ist. Des Weiteren führten die Richter aus:
„Dass entgegen den vorgenannten Beiträgen die Magnetfeldtherapie gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis entspricht, hat die Beklagte nicht dargetan und nicht unter Beweis gestellt. Sie hat einige Abhandlungen und mehrere Studien vorgelegt, die vielfältige positive Wirkungen der Magnetfeldtherapie beschreiben, so die ‚Übersicht: Magnetfeldtherapie‘ und verschiedene Internetinformationen zu diesem Thema […]. Diese Beiträge besagen aber nicht, dass die Magnetfeldtherapie bzw. die ‚Quanten-Therapie‘ in der medizinischen Wissenschaft allgemein oder ganz überwiegend anerkannt wird. […]
Ungeachtet der in der Fachliteratur an der Magnetfeldtherapie geübten Kritik stellt die Beklagte mit den streitgegenständlichen Werbebehauptungen dieses Verfahren ohne jegliche Einschränkung als wirksam gegen die unterschiedlichsten Erkrankungen und Beschwerden dar.“
Hier wurde vom 4. Zivilsenat des OLG Koblenz noch einmal deutlich herausgestellt, dass einer bestimmten Therapie oder Methode in der Außendarstellung ihre Wirksamkeit nur dann beigelegt werden darf, wenn diese Wirksamkeit in der Medizin auch tatsächlich überwiegend anerkannt ist. Einzelne Gutachten oder sonstige Veröffentlichungen in der Fachliteratur genügen folglich nicht, um einer Methode ihre Wirksamkeit zu attestieren.
Die oben dargestellte Anpreisung einer Methode als „einfach ohne Risiko“ verstößt ohnehin gegen § 3 Satz 2 Nr. 2 lit. b HWG (vgl. oben), wenn keine entsprechenden Langzeitstudien vorliegen.
Handlungsanweisung zum Thema „Darstellung von Therapien & Methoden“
- Vermeiden Sie Bezeichnungen ihrer Therapiemöglichkeiten, die beim Patienten Irrtümer bzgl. Ihrer fachlichen Qualifikation erwecken könnten. Vermeiden sie generell Verwechslungen mit anerkannten Facharzttiteln und ähnlichen Qualifikationen (sofern diese nicht vorliegen).
- Legen Sie Ihren Therapiemöglichkeiten keine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen bei, die diese nicht haben.
- Geben Sie keine Heilungsgarantien ab. Seien Sie ehrlich bzgl. Nebenwirkungen.
- Seien Sie sparsam und vorsichtig mit der Anpreisung besonderer Therapien bezüglich ihrer Wirksamkeit. Eine Therapie darf auch nur dann als „anerkannt“ o.ä. angepriesen werden, wenn ihre Wirksamkeit tatsächlich in der Medizin ganz überwiegend anerkannt ist.
- Werben Sie in diesem Zusammenhang auch nicht mit Gutachten, Zeugnissen, wissenschaftlichen oder fachlichen Veröffentlichungen oder mit Hinweisen darauf.
- Vermeiden Sie generell den Hinweis, Ihre Therapie wäre ärztlich, zahnärztlich, oder anderweitig fachlich empfohlen oder geprüft.
- Nutzen Sie Fachausdrücke nur dann, wenn sie allgemein genutzt und für den Laien verständlich sind.
- Wenn Sie alternative Therapiemöglichkeiten anbieten, werben Sie nie mit Gleichwertigkeit oder gar Überlegenheit ihrer Therapie.
Fazit
Der ärztliche Beruf wird nicht einfacher – vor allem dann, wenn die Patienten auch noch selbst „angelockt“ werden müssen. Wenn Sie jedoch die oben zusammengestellten Informationen und vor allem unsere Handlungsanleitung beherzigen, sind Sie zumindest juristisch auf der sicheren Seite.
Für viele interessante Einzelthemen aus dem Komplex „ärztliches Werberecht“ werden wir im weiteren Verlauf dieser Serie noch weitere Handlungsanweisungen sowie aktuelle Fallbeispiele und Urteile zusammenstellen.
Sollten Sie über eine eigene Online-Präsenz nachdenken, so gilt zu beachten, dass allein in der rechtssicheren Gestaltung einer „normalen“ kommerziellen Homepage schon dutzende Stolpersteine versteckt sind – und vor allem, dass Konkurrenten und Verbraucherschützer beständig darauf lauern, Verstöße mit einer anwaltlichen Abmahnung zu ahnden. Denken Sie bei solchen Unternehmungen daran, dass auch ein Jurist gelegentlich zum Konsiliar taugt.
Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook.
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3 Kommentare
Profiteure sind auf jeden Fall die Abmahnvereine.