Rechtliche Hürden im grenzüberschreitenden innergemeinschaftlichen Onlinehandel

Nach wie vor kann der deutsche Onlinehändler nicht unbesehen nach deutschem Standard Waren und Dienstleistungen innerhalb der EU vertreiben. Die Verbraucherrechterichtlinie 2011/843 hat zwar viele Rechtsfragen harmonisiert. Es bestehen aber weiterhin in den verschiedenen EU-Staaten nationalrechtliche Besonderheiten, die beachtet werden müssen. Wenn Sie an diesen Besonderheiten interessiert sind, dann lesen Sie den folgenden Beitrag
Inhaltsverzeichnis
- 1. Welche Onlinehändler sind vor allem von nationalrechtlichen Besonderheiten betroffen?
- 2. Identität des Verkäufers (Impressum)
- 3. Datenschutzerklärung
- 4. Verwendete Sprache
- 5. Zustandekommen eines Vertrages, Geltung der AGB
- 6. Widerrufsrecht
- 7. Lieferzeit, Versand- und Preisangaben
- 8. Gewährleistungsrecht
1. Welche Onlinehändler sind vor allem von nationalrechtlichen Besonderheiten betroffen?
Nationalrechtliche Besonderheiten sind weniger strikt von dem deutschen Onlinehändler zu beachten, der in erster Linie seine Produkte in Deutschland vertreibt, der aber auf seiner deutschsprachigen Webseite auch den Vertrieb an Verbraucher in andere EU- Lieferstaaten anbietet. Das Risiko einer Sanktion ist für solche Händler relativ gering. Anders als in Deutschland werden in den übrigen EU-Ländern Verstöße in erster Linie nicht durch Abmahnungen von Mitbewerbern sondern durch Sanktionen der jeweiligen nationalen Wettbewerbsbehörden geahndet. Diese Wettbewerbsbehörden konzentrieren sich nach bisheriger Erfahrung der IT-Recht Kanzlei auf Onlineshops, die ihre Waren und Dienstleistungen über eine Niederlassung abwickeln oder ihre Webseite in der jeweiligen Landessprache gestalten.
Die folgenden Ausführungen richten sich daher in erster Linie an Onlinehändler, die für das Zielland eine Webseite in der jeweiligen Nationalsprache vorhalten oder ihre Waren und Dienstleistungen über eine Niederlassung im Lieferstaat vertreiben. Die IT-Recht Kanzlei bietet ihren Mandanten, die grenzüberschreitend tätig sind, an das jeweilige Zielland angepasste Rechtstexte an, die bequem in die Internetpräsenz konfiguriert werden können.
2. Identität des Verkäufers (Impressum)
Im Rahmen der EU-weit geltenden vorvertraglichen Informationspflichten muss der Onlinehändler Angaben zu seiner Identität machen.
Für den Onlinehändler, der direkt Waren oder Dienstleistungen in andere EU-Staaten vertreibt, reicht es aus, wenn er sein Impressum nach deutschen Standard einsetzt. Der Onlinehändler, der über eine Niederlassung im Lieferstaat verfügt, muss das Impressum seiner Niederlassung nach jeweiligem nationalem Recht benutzen. In wichtigen EU-Lieferstaaten wie Frankreich oder Spanien sind die Anforderungen an das Impressum strenger als in Deutschland.
3. Datenschutzerklärung
Auch die Datenschutzerklärung ist innerhalb der EU Pflicht.
Ob der Onlinehändler seine Datenschutzerklärung nach deutschem Recht oder nach nationalem Recht des Lieferstaates benutzen kann, hängt wie beim Impressum davon ab, ob er den Vertrieb im jeweiligen Lieferstaat über eine Niederlassung abwickelt. Das heißt: Der Onlinehändler ohne Niederlassung kann seine Datenschutzerklärung nach deutschem Recht benutzen. Der Onlinehändler mit Niederlassung mit Niederlassung im jeweiligen Lieferstaat muss seine Datenschutzerklärung nach dem Recht des Lieferstaates gestalten und ist in den meisten EU-Staaten gezwungen, seine Kundendatei bei der jeweiligen nationalen Datenschutzkommission zu registrieren.
4. Verwendete Sprache
Die Webseite und die verwendeten Rechtstexte des Onlinehändlers, der sich auf die Märkte in verschiedenen EU-Staaten konzentrieren will, sollte in der jeweiligen Landessprache gehalten sei, schon um Kunden im Zielland ansprechen zu können. In wichtigen EU-Staaten wie Italien oder Frankreich ist dies sogar gesetzlich vorgeschrieben.
5. Zustandekommen eines Vertrages, Geltung der AGB
Hier gibt es erhebliche Unterschiede innerhalb der EU. So wird die Präsentation der Ware im Onlineshop des Händlers in Italien und Frankreich bereits als verbindliches Vertragsangebot des Händlers angesehen. In Deutschland und anderen EU-Staaten wie GB gilt die Präsentation der Ware im Onlineshop lediglich als unverbindliche Einladung an den Verbraucher, mit seiner Bestellung ein Vertragsangebot vorzulegen. Dies hat erhebliche Bedeutung für die Frage der Bindung des Händlers. In einigen Staaten wie den Niederlanden muss der Kunde die Geltung der AGB für seinen Kauf ausdrücklich bestätigen.
6. Widerrufsrecht
Die Belehrung über das Widerrufsrecht ist einer der Bereiche, die durch die Verbraucherrechterichtlinie weitgehend harmonisiert wurden. Der Text der Verbraucherrechterichtlinie zur Widerrufsbelehrung ist aber durch die verschiedenen nationalstaatlichen Umsetzungsgesetze mit kleinen Unterschieden in innerstaatliches Recht umgesetzt worden. Dies trifft zum Beispiel für Frankreich aber auch für GB zu. Es ist empfehlenswert, den jeweiligen verbindlichen nationalen Rechtstext zu nutzen, um mögliche Nachfragen der jeweiligen nationalen Wettbewerbsbehörden zu vermeiden. Im Übrigen hat sich in den verschiedenen EU-Staaten eine unterschiedliche Praxis der Platzierung der Widerrufsbelehrung herausgebildet. In manchen Staaten findet sich die Widerrufsbelehrung in den AGB (GB, Italien und Polen), in anderen Staaten wird wie in Deutschland die Widerrufsbelehrung in einem gesonderten Text aufgenommen. Die deutsche Praxis der Platzierung ist durchaus zulässig und lässt eine einfache und schnelle Information zu.
7. Lieferzeit, Versand- und Preisangaben
In der Sache hat hier die Verbraucherrechterichtlinie gleiche vorvertragliche Informationspflichten geregelt. In den einzelnen EU-Staaten haben sich allerdings hinsichtlich der Platzierung der Angaben zu Lieferzeit, Versandkosten und Endpreis (einschließlich Mehrwertsteuer) auf der Webseite und in den AGB verschiedene nationalstaatliche Besonderheiten herausgebildet. Die deutsche Praxis der Platzierung kann aber durchaus auch in anderen EU-Staaten verwendet werden
8. Gewährleistungsrecht
Hier bestehen nach wie vor in den einzelnen EU-Staaten die größten Unterschiede, was die Informationspflichten und die sachliche Ausgestaltung des Gewährleistungsrechts angeht. Einige Unterschiede sollen hier beispielhaft genannt werden. So muss z.B. nach französischem Recht in den AGB selbst über das gesetzliche Gewährleistungsrecht informiert werden. Die Vermutungsfrist für das Bestehen eines Mangels nach Empfang der Ware reicht von 6 Monaten (Deutschland) bis zu zwei Jahre (Frankreich). Es gibt unterschiedliche Gewährleistungsansprüche wegen verstecktem Mangel (Frankreich, Belgien) und nach gesetzlichem Gewährleistungsrecht. In Italien sind Gewährleistungsansprüche ausgeschlossen, wenn der Mangel nicht innerhalb von 2 Monaten gegenüber dem Verkäufer geltend gemacht wird. In einigen EU-Staaten gibt es eine verkürzte Gewährleistungsfrist bei gebrauchter Ware (Deutschland), andere Länder wie GB kennen keinen Unterschied zwischen Neuware und gebrauchter Ware. In GB verjähren Gewährleistungsansprüche erst 6 Jahre nach Lieferung der Ware (in Deutschland Verjährung 2 Jahre nach Lieferung der Ware).
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