Vergaberecht: Sind Subunternehmer bereits bei Angebotsabgabe bekannt zu geben?
Zur Frage, ob ein Bieter seinen Subunternehmer bereits im Vergabeverfahren nennen muss, war die bisherige Rechtsprechungspraxis der Vergabekammern und -senate äußerst streng. Gab ein Bieter den Namen seines Subunternehmers falsch oder gar nicht an, obwohl er zur Namensnennung aufgefordert worden war, wurde er ausgeschlossen.
Der BGH hat nun mit seiner Entscheidung vom 10.6.2008 - X ZR 78/07 Zweifel an dieser Praxis geschürt
1. Gegenstand der Entscheidung
Eine Vergabestelle hatte in den Ausschreibungsbestimmungen gefordert, den Umfang der Nachunternehmerleistungen anzugeben. Die Benennung der dafür vorgesehenen Unternehmen wurde nicht verlangt. Es wurde aber gefordert, dass Nachunternehmer "auf Verlangen" zu benennen seien. Auf einem auszufüllenden Formblatt wurden aber auch die Namen der Subunternehmer aufgeführt. Ein Bieter hatte die Formulierung dahingehend verstanden, dass er diese Rubrik zunächst gar nicht ausfüllen müsse, sondern die besondere Aufforderung zur Bekanntgabe der Nachunternehmer abwarten und dementsprechend auch nicht verpflichtet sei, bereits im Vergabeverfahren Nachunternehmer angeben zu müssen. Die Vergabestelle schloss den Bieter daraufhin aus und vergab den Auftrag an einen anderen Bieter. Sie ging davon aus, die Benennung des Subunternehmers verbindlich und eindeutig gefordert zu haben. Der ausgeschlossene Bieter klagte auf Schadensersatz, weil der Zuschlag an den anderen Bieter rechtswidrig sei. Er forderte entgangenen Gewinn. Der BGH gab ihm in letzter Instanz mit der Begründung Recht, die Verdingungsunterlagen seinen mehrdeutig. Zweifel gingen zu Lasten des öffentlichen Auftraggebers
Es sei Sache des öffentlichen Auftraggebers, auf eine eindeutige und transparente Vorformulierung der von den Bietern verlangten, für die Vergabeentscheidung relevanten Erklärungen zu achten. Der Bieter hätte daher davon ausgehen können, dass der Auftraggeber sich vorbehalten wolle, dass die ausführenden Nachunternehmer zu gegebener Zeit nach Angebotseröffnung gegebenenfalls genannt würden.
2. Allgemeine Ausführungen des BGH zu Pflicht der Benennung des Subunternehmers im Vergabeverfahren
Diese Ausführungen es BGH bewegten sich im Rahmen der üblichen Vergaberechtsprechungspraxis. Der BGH ging aber weiter und stellte sodann fest, dass dieses Auslegungsergebnis auch den beiderseitigen Interessen entspreche. Er stellte fest:
„… Den Bietern ist es zuzumuten, schon in diesem Stadium des Vergabeverfahrens [Angebotseröffnung] Auskunft darüber zu geben, ob für bestimmte Leistungsteile eine Subunternehmereinschaltung vorgesehen ist. Anders kann es sich verhalten, wenn sie schon bei der Angebotsabgabe verbindlich mitteilen müssen, welche Subunternehmer sie bei der Ausführung einschalten wollen.
Um dazu wahrheitsgemäße Erklärungen abzugeben, müssten sich alle Ausschreibungsteilnehmer die Ausführung der fraglichen Leistungen von den jeweils ins Auge gefassten Nachunternehmern bindend zusagen lassen. Eine solche Handhabung kann die Bieter insgesamt in Anbetracht des Umstands, dass der Zuschlag naturgemäß nur auf ein Angebot ergeht, in einem Maße belasten, das in der Regel nicht in einem angemessenen Verhältnis zu den Vorteilen dieser Vorgehensweise für die Vergabestellen steht. Sie ersparen sich damit lediglich den zusätzlichen organisatorischen und zeitlichen Aufwand, zu gegebener Zeit nach Angebotseröffnung von einem engeren Kreis der Bieter - etwa von denjenigen, deren Angebote in die engere Wahl gelangt sind (§ 25 Nr. 3 Abs. 3 Satz 1 VOB/A) - die gegebenenfalls vorgesehenen Nachunternehmer zu erfragen. Zusätzlich ist zu bedenken, dass sich das Risiko der Auftraggeber, lukrative Angebote wegen unvollständiger Abgabe von geforderten Erklärungen ausschließen zu müssen, nach den Beobachtungen des Senats mit der steigenden Zahl dieser vorgesehenen Erklärungen und außerdem dann erhöht, wenn die Abgabe verbindlich zum frühest möglichen Zeitpunkt, also mit dem Angebot vor dem Eröffnungstermin verlangt wird.“
Fazit
Die Ausführungen des BGH geben Rätsel auf. Sie wurden lediglich zur Begründung einer vom BGH getroffenen Auslegung der Verdingungsunterlagen angestellt. Offen bleibt, ob der Entscheidungsbegründung zu entnehmen ist, dass es nun grundsätzlich als vergaberechtswidrig anzusehen ist, wenn im Vergabeverfahren bereits die Benennung der Subunternehmer verbindlich vorgeschrieben wird.
Von der Hand zu weisen sind die Betrachtungen des BGH nicht. Es ist tatsächlich für viele Bieter kaum möglich, sich bereits bei Abgabe eines Angebotes zur z.B. zur Realisierung eines komplexen und zeitaufwändigen IT-Systems, die Hilfe von Subunternehmern zu sichern, die sich damit auch zeitlich im Vorfeld binden müssen. Es ist ja nicht abzusehen, ob es überhaupt zum Vertragsabschluss kommen wird.
Eine Vergabestelle, die möglichst viele verwertbare Angebote erhalten will, sollte daher die Nennung der Subunternehmer nur als Möglichkeit vorgeben und angeben, dass diese spätestens nach Zuschlagserteilung zu nennen sind. Die Eignung der potenziellen Subunternehmer kann aber verbindlich vorgeschrieben werden.
Das Vergabehandbuch des Bundes hat die Anforderungen an die Nachunternehmererklärung bereits zum 01.Juli 2008 berücksichtigt. Das neue Formblatt EFB 235 EG verpflichtet zur konkreten Benennung der Nachunternehmer einschließlich Verfügbarkeitsnachweis (in Formblatt EFB 236 EG abgefragt) erst auf Verlangen der Vergabestelle.
Die Verdingungsunterlagen sollten einen Passus enthalten, dass der Auftraggeber berechtigt ist, vom Vertrag zurückzutreten, wenn die zur Vertragserfüllung eingesetzten Subunternehmer die vereinbarten Eignungskriterien nicht erfüllen.
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