Neue Rechtsprechung: zur Frage, ob ein Arbeitgeber auf private E-Mails des Beschäftigten zugreifen und diese als Beweismittel verwenden darf.

Neue Rechtsprechung: zur Frage, ob ein Arbeitgeber auf private E-Mails des Beschäftigten zugreifen und diese als Beweismittel verwenden darf.
Stand: 01.09.2010 3 min

Die Auswertung des privaten E-Mail-Verkehrs zu Beweisgründen unterliegt - so das Landgericht Niedersachsen - weder einem Verwendungs- noch einem Verwertungsverbot.

In einer aktuellen Entscheidung des Landgerichts Niedersachen vom[ 31.05.2010 (12 SA 875/09)](http://www.db-lag.niedersachsen.de/Entscheidung.asp?Ind=07000200900087512%20SA) geht das Gericht auf die umstrittene Frage ein, ob ein Arbeitgeber auf private E-Mails des Beschäftigten zugreifen und diese als Beweismittel verwenden darf.

Im vorliegenden Fall wurde der Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber außerordentlich gekündigt, da der Arbeitnehmer in einer exzessiven Art private E-Mails schrieb. Nach Auffassung des Gerichts war die Kündigung rechtmäßig.

Wie bereits im 7. Teil der Serie „E-Mail-Archivierung und IT-Richtlinie“ beschrieben, ist umstritten, ob der Arbeitgeber auf private E-Mails zugreifen darf. Des Weiteren ist umstritten, ob der Arbeitgeber die privaten E-Mails im Prozess als Beweismittel vorlegen darf.

Dazu hat das Gericht in seiner Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Kündigung Stellung genommen. Es entschied, dass die Auswertung des privaten E-Mail-Verkehrs zu Beweisgründen weder einem Verwendungs- noch einem Verwertungsverbot unterliege. Eine solche Annahme verstoße gegen Grundprinzipien des deutschen Zivil- und des Arbeitsgerichtsverfahrens. Vielmehr sei durch eine Abwägung der widerstreitigen Interessen der Parteien über die Rechtmäßigkeit des Einbringens der E-Mails in das Gerichtsverfahren zu entscheiden.

Auf der Interessensseite des Arbeitnehmers steht dessen Allgemeines Persönlichkeitsrecht gemäß Art.2 Abs.1 i.V.m. Art.1 Abs.1 GG. Auf der anderen Seite des Arbeitgebers steht das Interesse an einer Missbrauchs- und Verhaltenskontrolle. Im vorliegenden Falle gab es keine mildere Mittel, um das Fehlverhalten des Arbeitnehmers zu belegen. Des Weiteren war das Vertrauen des Arbeitgebers zum Arbeitnehmer durch dessen exzessiven E-Mail-Verkehr zu privaten Zwecken stark beeinträchtig. Daher musste der Arbeitnehmer die Verwertung der E-Mails im Prozess trotz der Persönlichkeitsverletzung hinnehmen.

Dieses Urteil zeigt, dass Arbeitgeber trotz des hohen Schutzes der Arbeitnehmer, insbesondere ihrer Daten und Telekommunikation, nicht ganz schutzlos gestellt sind.

Nach Auffassung der IT-Recht Kanzlei gilt das Fernmeldegeheimnis, wenn der Arbeitgeber die private Nutzung der Telekommunikationsmittel (E-Mail, Internet, Telefon) über die betriebliche Infrastruktur zulässt. Aber auch bei einem Verbot der privaten Nutzung ist im Falle einer offensichtlich als privat gekennzeichneten E-Mail, ein Zugriff des Arbeitgebers grundsätzlich nicht zulässig. In beiden Fällen muss es zugunsten des Arbeitgebers Ausnahmen geben, welche aber dann an enge Voraussetzungen geknüpft sein müssen. So kann unserer Auffassung, bei Vorliegen konkreter Verdachtsmomente, ein Zugriff zu einer Missbrauchs- und Verhaltenskontrolle rechtmäßig sein. Mehr Informationen zu diesem Themenkomplex finden Sie in unserer Serie „E-Mail-Archivierung und IT-Richtlinie“.

Ferner ist in der oben genannten Entscheidung bemerkenswert, dass das Gericht im vorliegenden Fall eine außerordentliche Kündigung als zulässig erkennt. Denn bei Fehlverhalten ist im Regelfall eine Abmahnung des Arbeitnehmers zwingend erforderlich, bevor er bei weiterem Fehlverhalten ordentlich gekündigt werden darf. Nur in wenigen Ausnahmefällen bedarf es dieser Abmahnung nicht und der Arbeitgeber kann sofort außerordentlich kündigen. Im vorliegenden Fall war die private E-Mailnutzung derart exzessiv, dass der Arbeitnehmer nach Feststellung des Gerichts, seiner Arbeitsleistung an einigen Tagen nicht mehr nachkommen konnte. Deshalb war auch eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt.

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