Werbung mit Testergebnissen: Die wichtigsten Gerichtsentscheidungen
Deutsche Gerichte haben sich immer wieder mit der Frage auseinanderzusetzen, unter welchen Voraussetzungen eine Werbung mit Testergebnissen zulässig ist bzw. wann von einer Irreführung des Verbrauchers ausgegangen werden kann. Die IT-Recht Kanzlei stellt in ihrem aktuellen Beitrag die wichtigsten Gerichtsentscheidungen vor, die in dem Zusammenhang in den letzten Jahren ergangen sind.
Inhaltsverzeichnis
- I. Angabe der Fundstelle
- 1. Grundsätzliche Pflicht zur Fundstellenangabe
- 2. Einzelheiten zu der formalen Ausgestaltung der Fundstellenangabe
- 3. Einzelheiten zu der Inhaltlichen Ausgestaltung der Fundstellenangabe
- II. Pflicht zur Angabe des Rangs des Testergebnisses
- III. Einzelbewertung ungleich Gesamtbewertung
- IV. Mindestmaß an Aktualität
- V. Keine textlichen Veränderungen
- VI. Vorsicht bei Konsumenten-Umfragen
I. Angabe der Fundstelle
1. Grundsätzliche Pflicht zur Fundstellenangabe
Nach gefestigter Rechtsprechung handelt unlauter, wer im Rahmen geschäftlicher Handlungen mit der Wiedergabe von Testergebnissen wirbt, wenn dabei der Verbraucher nicht
- leicht und
- eindeutig
darauf hingewiesen wird, wo er nähere Angaben zu dem Test erhalten kann (BGH, Urteil vom 16.07.2009, Az.: I ZR 50/07; BGH, Urteil vom 21.03.1991, Az.: I ZR 151/89; LG Düsseldorf, Urteil vom 05.09.2018, Az.: 12 O 204/17). Das bedeutet: Der Werbende muss
- überhaupt eine Fundstelle angeben und
- die Fundstelle muss für den Verbraucher aufgrund der Gestaltung der Werbung auch leicht auffindbar sein.
2. Einzelheiten zu der formalen Ausgestaltung der Fundstellenangabe
In formaler Hinsicht bedeutet dies, dass die Fundstelle entweder bereits deutlich auf der ersten Bildschirmseite dieser Werbung angegeben wird oder ein deutlicher Sternchenhinweis den Verbraucher ohne weiteres zu der Fundstellenangabe führt. Fehlt es daran, liegt eine irreführende Werbung im Sinne des UWG dar, da die Herkunft derartiger Testergebnisse und Bewertungen für den Verbraucher maßgeblich ist, um eine zutreffende und informierte geschäftliche Entscheidung treffen zu können. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist dabei nicht zwingend erforderlich, einen klickbaren Link zur Testseite anzugeben. Ausreichend ist vielmehr die Angabe der Internetseite, auf der der Test einsehbar ist (vgl. BGH, Beschluss vom 08.12.2016, Az.: I ZR 88/16).
Bewirbt der Werbende auf einer Seite mehrere Produkte, muss er zudem deutlich machen, auf welches der abgebildeten Produkte sich das Testurteil bezieht (BGH, Urteil vom 05.02.2015, Az.: I ZR 136/13).
Als nicht ausreichend hat die Rechtsprechung folgende formale Ausgestaltungen erachtet:
- Die Informationen befinden sich zwar auf einer Unterseite der als Fundstelle genannten Internetseite, der Nutzer wird aber nicht bereits auf der Startseite zu dieser Unterseite durch einen entsprechenden Menüpunkt hingeführt (OLG Frankfurt, Beschluss vom 08.12.2017, Az.: I ZR 88/16)
- Der angegebene Link führt zu einer Internetpräsenz mit zahlreichen Unterkategorien, bei welcher der Verbraucher das beworbene Produkt erstmal unter dieser Informationsflut auf der Internetpräsenz suchen muss, um die Fundstelle des Testergebnisses in Erfahrung zu bringen (LG Duisburg, Urteil vom 02.05.2019, Az.: 4 O 219/18).
Hinweis: Der gänzlich fehlenden Fundstellenangabe ist die nicht ausreichend deutlich lesbare gleichzusetzen, denn auch diese erfüllt nicht den verfolgten Zweck, die leichte und eindeutige Nachprüfbarkeit der Angaben über Testurteile zu gewährleisten (vgl. KG Berlin, Urteil vom 11.02.2011, Az.: 5 W 17/11; OLG Hamburg Beschluss vom 24.01.2012, Az. 5 W 161/11, KG Berlin, Urteil vom 14.09.1993, Az.: 5 U 5035/93; OLG Celle, Urteil vom 24.02.2011; 13 U 172/10; OLG Stuttgart Urteil vom 07.04.2011, Az.: 2 U 170/11; OLG Bamberg, Urteil vom 27.07.2011, Az.: 3 U 81/11; Brandenburgisches OLG, Urteil vom 18.06.2013, Az.: 6 U 119/12; LG Köln, Urteil vom 29.10.2019, Az.: 33 O 55/19). Dies erfordert grundsätzlich Lesbarkeit für den normalsichtigen Betrachter ohne besondere Konzentration und Anstrengung. Im Regelfall ist diese Voraussetzung nach der Rechtsprechung nur bei Verwendung einer Schrift erfüllt, deren Größe 6-Punkt nicht unterschreitet (so OLG Stuttgart Urteil vom 07.04.2011, Az.: 2 U 170/11; OLG Bamberg, Urteil vom 19.03.2014, Az.: 3 U 206/13; LG Köln, Urteil vom 29.10.2019, Az.: 33 O 55/19). Im Einzelfall kann auch ein unter 6-Punkt liegender Schriftgrad zulässig sein, wenn Besonderheiten der grafischen Gestaltung bestehen, die die in der geringen Schriftgröße begründete Lesbarkeitserschwernis durch ausgleichende optische Effekte wettmachen (dazu OLG Köln, Urteil vom 15.07.2011, Az.: 6 U 59/11; LG Köln, Urteil vom 29.10.2019, Az.: 33 O 55/19).
3. Einzelheiten zu der Inhaltlichen Ausgestaltung der Fundstellenangabe
Grundsätzlich muss es dem Verbraucher durch die Angabe der Fundstelle möglich sein, die genauen Kriterien des Tests und die Rangfolge der getesteten Produkte einzusehen. Dies erfordert die
- eindeutige und
- zugängliche Angabe
der Fundstelle, um dem Verbraucher eine einfache Möglichkeit zu eröffnen, den Test selbst zur Kenntnis zu nehmen.
Dafür muss die den Test verantwortende Organisation unmittelbar in der Werbung angegeben werden (OLG Düsseldorf, Urteil vom 07.02.2019, Az.: 20 U 101/18). Denn: Die Angabe der Testorganisation ist für den Verbraucher wesentlich. Daraus kann der Verbraucher erkennen, ob es sich um einen unparteiischen Test einer als seriös anerkannten neutralen Organisation oder lediglich um einen "Auftragstest" des Herstellers durch eine nahestehende Organisation handelt. Auch kann der Verbraucher aus der Testorganisation im Groben erkennen, unter welchen Gesichtspunkten der Test stattgefunden hat.
Nicht ausreichend ist, wenn der Werbende lediglich allgemein den Namen des Unternehmens nennt, das den Test durchgeführt hat, selbst wenn der Verbraucher die Fundstelle mithilfe einer Onlinesuche etwa über Google einfach selbst ermitteln kann. Denn eine Überprüfbarkeit der Testsiegerwerbung und damit auch die Möglichkeit für den Verbraucher selbst festzustellen, was Inhalt des Tests war, sind nur dann anzunehmen, wenn der Verbraucher ohne weitere Zwischenschritte zu der Fundstelle gelangen kann. Ihm soll die Suche nach der Fundstelle erspart bleiben (OLG Köln, Urteil vom 07.04.2017, Az.: 6 U 135/16).
Ist das Testurteil in einer Fachzeitschrift veröffentlicht, ist zudem erforderlich, dass in der Werbung Monat und Jahr der Erstveröffentlichung angegeben werden (vgl. dazu bereits BGH, Urteil vom 21.03.1991, Az.: I ZR 151/89; Hanseatisches OLG Hamburg, Urteil vom 15.01.2007, Az.: 3 U 240/06; LG Duisburg, Urteil vom 24.01.2014, Az.: 22 O 54/13).
Nennt der Werbende eine Fundstelle aus einer Publikation, die im Buch- und Zeitschriftenhandel nicht ohne weiteres erhältlich ist, sind zusätzliche Angaben dazu erforderlich, wie die Publikation bezogen oder eingesehen werden kann. Es reicht insbesondere nicht aus, dass der Verbraucher mit Hilfe von Recherchen in der Datenbank der Deutschen Nationalbibliothek die Kontaktdaten des Verlags ermitteln kann (OLG Frankfurt, Urteil vom 31.03.2016, Az.: 6 U 51/15).
II. Pflicht zur Angabe des Rangs des Testergebnisses
Eine Pflicht, neben dem eigenen Testurteil auch die Ergebnisse der Konkurrenzprodukte zu veröffentlichen, besteht grundsätzlich nicht (vgl. dazu Hanseatisches OLG Hamburg, Urteil vom 23.05.2019, Az.: 3 U 75/18). Etwas anderes kann sich dabei jedoch ergeben, wenn das bewerte Produkt des Testwerbenden im Vergleich zu den anderen Produkten unterdurchschnittlich abgeschnitten hat.
Der Bundesgerichtshof entschied dazu bereits im Jahr 1982, dass die Angabe "Test Gut" für ein von der Stiftung Warentest mit "gut" bezeichnetes Erzeugnis irreführend ist, wenn das Erzeugnis mit dieser Note unter dem Noten-Durchschnitt der getesteten Waren geblieben ist und der Werbende die Zahl und die Noten der besser beurteilten Erzeugnisse nicht angibt. In dem zugrundeliegenden Sachverhalt war eine Spiegelreflexkamera mit dem Testurteil „gut“ (Note: 2,373) bewertet worden und lag damit unter dem Notendurchschnitt von 1,59 (vgl. BGH, Urteil vom 11.03.1982, Az.: I ZR 71/80). Das bedeutet: Durch die isolierte Werbung mit dem Testurteil „gut“ darf nicht ein falscher Eindruck vom Abschneiden des Produkts im Vergleich zu Konkurrenzprodukten erzeugt werden.
Die Verpflichtung zur Kenntlichmachung des Rangs des Testergebnisses besteht auch dann, wenn das erzielte Testergebnis gerade noch über der Durchschnittsnote für alle Testkandidaten liegt (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 25.10.2012, Az.: 6 U 186/11).
Achtung: Wurde einem Produkt das Prädikat „Testsieger“ der Stiftung Warentest verliehen, genügt ausnahmsweise die Nennung des Worts „Testsieger“. In diesem Fall muss der Werbende nicht zusätzlich darüber informieren, ob er sich das Prädikat mit anderen Wettbewerbern teilen musste oder wie groß der Abstand zu den Produkten der Wettbewerber ist (BGH, Urteil vom 13.02.2003, Az.: I ZR 41/00; OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.09.2015, Az.: 15 U 24/15).
III. Einzelbewertung ungleich Gesamtbewertung
Ist ein Produkt in lediglich einer Bewertungskategorie als Sieger hervorgegangen, darf es nicht als „Sieger in der Stiftung Warentest“ angepriesen werden. Denn: Sieger in der Stiftung Warentest kann nur ein Produkt sein, dass die beste Gesamtbenotung in der Kategorie "Test-Qualitätsurteil" und nicht lediglich eine Bestnote in Bezug auf eines der zahlreichen Bewertungskriterien erhalten hat (vgl. LG Bielefeld, Urteil vom 14.04.2011, Az. 12 O 16/11).
Ebenfalls wettbewerbswidrig und damit abmahnbar ist die Werbung mit “1. Platz, Bestes Möbelhaus”, wenn sich der Test lediglich auf die Service-Qualität der Möbelhäuser bezogen hat (OLG Brandenburg, Urteil vom 26.06.2012, Az.: 6 U 34/11).
Als irreführend stuft die Rechtsprechung auch die Angabe von Einzelnoten ein, wenn der rechnerische Durchschnitt dieser nicht das Gesamturteil wiedergibt (OLG Frankfurt, Urteil vom 20.09.2018, Az.: 6 U 127/17). In dem zugrundeliegenden Streitfall hatte der Werbende auf seiner Internetseite eine tabellarische Auflistung der Einzelkriterien des Tests der Stiftung Warentest veröffentlicht. Zwar entsprach diese Aufstellung der Beurteilung der Stiftung Warentest. Nicht erwähnt wurde in der Werbung allerdings das Gesamturteil (ausreichend, 4,2). Dieses spiegelte nicht allein den rechnerischen Notendurchschnitt wider. Vielmehr wurde durch die Auflistung suggeriert, die Matratze habe „im Schnitt“ mindestens ein „befriedigend“ erhalten.
Achtung: Ausnahmsweise kann die Werbung mit dem Testergebnis eines Einzelmerkmals allerdings zulässig sein. So stufte das OLG Celle die Bewerbung von einer Kaffeemaschine mit dem Ergebnis „Stiftung Warentest sehr gut für Kaffeearoma“ als zulässig ein, da sich aus der Werbung unübersehbar ergibt, dass sich das Testergebnis auf das Kaffeearoma bezieht (vgl. OLG Celle, Urteil vom 19.05.2005, Az.: 13 U 22/05). Dies ist zumindest dann der Fall, wenn die Werbeaussage nicht mittelbar einen falschen Eindruck erweckt, indem sie etwa ein eher durchschnittliches oder gar schlechtes Gesamturteil verschleiert. Denn in dem zugrundeliegenden Streitfall war die Maschine mit dem Gesamturteil „gut“ als Testsieger hervorgegangen und das Kaffeearoma war mit einem Anteil von 35 % am Gesamturteil das gewichtigste getestete Einzelmerkmal.
IV. Mindestmaß an Aktualität
Eine zulässige Werbung mit einem Testurteil verlangt ein Mindestmaß an Aktualität. Denn: Der angesprochene Verbraucher geht regelmäßig von einem Test bei aktueller Marktlage aus. Eine Werbung mit älteren Testergebnissen ist nach gefestigter Rechtsprechung jedoch im Einzelfall zulässig, wenn
- der Zeitpunkt der Testveröffentlichung erkennbar gemacht wird
- die angebotenen Waren den seinerzeit geprüften gleich sind
- technisch nicht durch neue Entwicklungen überholt sind und
- für solche Waren keine neueren Prüfungsergebnisse vorliegen (vgl. dazu BGH, Urteil vom 02.05.1985, Az.: I ZR 200/83, BGH, Urteil vom 15.08.2013, Az.: I ZR 197/12).
Auf Grundlage dieser Rechtsprechung stufte die Rechtsprechung die Werbung mit einem Testurteil für ein Sonnenschutzmittel als unzulässig ein, wenn sich das angewandte Prüfverfahren erheblich geändert hat. In dem zugrundeliegenden Streitfall warb ein Händler mit einem Testergebnis für ein Sonnenschutzmittel, obwohl sich die Kriterien der Stiftung Warentest für die Beurteilung solcher Produkte maßgeblich geändert hatte (vgl. dazu Hanseatisches OLG Hamburg, Beschluss vom 10.10.2008, Az.: 3 W 134/08).
Ebenfalls irreführend ist es Nachfolgemodelle mit einem Prüfsiegel zu bewerben, wenn tatsächlich nicht die beworbenen Modelle, sondern die jeweiligen Vorgängermodelle (die nicht identisch sind mit dem Nachfolgemodellen) getestet bzw. geprüft worden sind (OLG Koblenz, Urteil vom 27.03.2013, Az.: 9 U 1097/12).
Als zulässig stufte die Rechtsprechung folgende Werbung mit älteren Testergebnissen ein:
- Der Werbende bezeichnet die betreffende Ware (hier: Matratzen) in der Werbung als „Restposten“.
- Zwischenzeitlich sind zwar neuere Testergebnisse zur selben Warengattung veröffentlicht worden, diese beziehen sich jedoch auf ein anderes Preissegment (dazu OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 04.09.2003, Az.: 6 U 174/02).
- Die "Testsieger"-Werbung für ein in seiner stofflichen Zusammensetzung gegenüber den Testbedingungen unverändertes Waschmittel, das sich jedoch in einer anderen, über eher schlechtere Umwelteigenschaften verfügender Verpackung befindet (OLG Köln, Urteil vom 23.02.2011, Az.: 6 U 159/10).
V. Keine textlichen Veränderungen
Das Testergebnis sollte nicht mit eigenen Worten geschönt werden. Denn: Nach der Rechtsprechung ist eine Werbung, mit der der Werbende das Testergebnis nicht in der wörtlich verliehenen Form nutzt, sondern mit eigenen Worten umschreibt, irreführend, wenn der Werbende die Aussage des Testergebnisses zu seinen Gunsten verändert (Hanseatisches OLG Hamburg, Urteil vom 17.06.2013, Az.: 3 U 142/12; BGH, Urteil vom 24.01.2019, Az.: I ZR 200/17).
VI. Vorsicht bei Konsumenten-Umfragen
Problematisch ist die Werbung mit subjektiv behafteten „Konsumenten-Umfragen“ von Verbrauchern. Grundsätzlich werde von einer werblich herausgestellten Aussage erwartet, dass diese einer Erwähnung wert sei, so das OLG Köln (Urteil vom 10.12.2010, Az. 6 U 112/10). Dies sei bei einer Konsumenten-Umfrage aber nur dann der Fall, wenn diese seriös abgelaufen sind und das Ergebnis repräsentativ ist. Ein subjektiver Einschlag schade dabei nicht, wenn das subjektive Element in der Werbung entsprechend gekennzeichnet wird und ausschließlich auf Produkteigenschaften beruht.
Ebenfalls als zulässig erachtet die Rechtsprechung die Werbung mit einer eigens in Auftrag gegebenen Kundenumfrage, solange dies in der Werbung kenntlich gemacht wird (OLG Bremen, Urteil vom 27.08.2010, Az.: 2 U 62/10).
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