Fehler bei der Widerrufsbelehrung können zu langfristigem Widerrufsrecht führen

Fehler bei der Widerrufsbelehrung können zu langfristigem Widerrufsrecht führen
22.12.2023 | Lesezeit: 4 min

Verbrauchern steht bei kostenpflichtigen Verträgen, die online abgeschlossen werden, in der Regel ein Widerrufsrecht von 14 Tagen zu. Dies gilt aber nur, wenn der Händler den Verbraucher auch gesetzeskonform über das Widerrufsrecht belehrt. Fehler bei der Widerrufsbelehrung können unter Umständen dazu führen, dass der Verbraucher das Widerrufsrecht auch noch lange nach Ablauf der 2-Wochen-Frist ausüben kann. Wie sich dies vermeiden lässt, erläutern wir im folgenden Beitrag.

Vorvertragliche Informationspflicht

Gemäß Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB muss der Unternehmer den Verbraucher bei Bestehen eines gesetzlichen Widerrufsrechts über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts sowie das Muster-Widerrufsformular informieren.

Diese Informationen muss der Unternehmer dem Verbraucher gemäß Art. 246a § 4 EGBGB vor Abgabe von dessen Vertragserklärung in klarer und verständlicher Weise zur Verfügung stellen. Bei einem Fernabsatzvertrag muss der Unternehmer dem Verbraucher die Informationen in einer den benutzten Fernkommunikationsmitteln angepassten Weise zur Verfügung stellen.

Insoweit genügt etwa die transparente Darstellung der Widerrufsbelehrung nebst Widerrufsformular im HTML-Text auf der Website des Unternehmers, so dass der Verbraucher diese ohne größeren Suchaufwand zur Kenntnis nehmen kann. Dabei kann der Text der Widerrufsbelehrung ggf. auch mittels eines sprechenden Links im Header oder Footer der Website zugänglich gemacht werden.

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Nachvertragliche Informationspflicht

Bei Fernabsatzverträgen ist der Unternehmer gemäß § 312f Abs. 2 BGB verpflichtet, dem Verbraucher eine Bestätigung des Vertrags, in der der Vertragsinhalt wiedergegeben ist, innerhalb einer angemessenen Frist nach Vertragsschluss, spätestens jedoch bei der Lieferung der Ware oder bevor mit der Ausführung der Dienstleistung begonnen wird, auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung zu stellen.

Die Bestätigung muss u. a. auch die erforderlichen Informationen zum Widerrufsrecht enthalten, es sei denn, der Unternehmer hat dem Verbraucher diese Informationen bereits vor Vertragsschluss in Erfüllung seiner Informationspflichten auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung gestellt.

Die bloße Darstellung der Widerrufsbelehrung als HTML-Text auf der Website des Unternehmers genügt diesen Anforderungen nicht. Vielmehr muss der Unternehmer dem Verbraucher die Widerrufsbelehrung in einer Form bereitstellen, die vom Unternehmer nachträglich nicht mehr verändert werden kann. Hierzu eignen sich etwa die Bereitstellung der Widerrufsbelehrung als PDF-Datei oder die Darstellung der Widerrufsbelehrung im Volltext in einer E-Mail, welche dem Verbraucher nach seiner Bestellung übermittelt wird.

Kein Fristbeginn bei fehlerhafter Belehrung

Die Widerrufsfrist beginnt gemäß § 356 Abs. 3 BGB nicht, bevor der Unternehmer den Verbraucher entsprechend den Anforderungen des Artikels 246a § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 EGBGB unterrichtet hat. Fehlt es an einer gesetzeskonformen Widerrufsbelehrung, wird die Widerrufsfrist also nicht in Gang gesetzt, mit der Folge, dass auch ein Fristablauf nach 14 Tagen nicht in Betracht kommt.

Zwar bezieht sich die vorgenannte Vorschrift nur auf die vorvertragliche Informationspflicht gemäß Art. 246a § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 EGBGB. Allerdings wird man nach Systematik und Verbraucherschutzgedanke auf die Widerrufsbelehrung auf einem dauerhaften Datenträger abzustellen haben. Demnach beginnt die Widerrufsfrist nicht, solange der Verbraucher vom Unternehmer noch keine Widerrufsbelehrung auf einem dauerhaften Datenträger, etwa einem PDF-Dokument, erhalten hat.

Kein unbegrenzter Fristlauf

Allerdings hat der Gesetzgeber einem unbegrenzten Fristlauf in § 356 Abs. 3 Satz 2 BGB einen Riegel vorgeschoben. Danach erlischt das Widerrufsrecht spätestens zwölf Monate und 14 Tage nach dem in Absatz 2 oder § 355 Absatz 2 Satz 2 genannten Zeitpunkt. Bei Verträgen zur einmaligen Lieferung von Waren ist insoweit der Zeitpunkt maßgeblich, zu dem die letzte Ware aus der Bestellung des Verbrauchers geliefert wird. Vor vollständiger Lieferung der Ware beginnt die Widerrufsfrist in solchen Fällen also ohnehin nicht zu laufen.

Wurde der Verbraucher nicht gesetzeskonform über sein Widerrufsrecht belehrt, die Ware aber vollständig an ihn geliefert, erlischt das Widerrufsrecht demnach spätestens zwölf Monate und 14 Tage nach der Warenlieferung.

Heilung möglich

Wurde die Widerrufsfrist aufgrund einer mangelhaften Belehrung gemäß § 356 Abs. 3 BGB nicht in Gang gesetzt, kann der Unternehmer diesen Formmangel nachträglich heilen, indem er dem Verbraucher vor Ablauf der gesetzlich geregelten Maximalfrist eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung auf einem dauerhaften Datenträger zukommen lässt. In diesem Fall beginnt die 2-wöchige Widerrufsfrist ab dem Zeitpunkt des Zugangs der Belehrung beim Verbraucher, sofern die weiteren Voraussetzungen für den Beginn der Widerrufsfrist – wie etwa die vollständige Lieferung der Ware beim Verbrauchsgüterkauf – zu diesem Zeitpunkt bereits vorliegen.

Fazit

Eine formell oder inhaltlich mangelhafte Widerrufsbelehrung kann im Online-Handel mit Verbrauchern nicht nur zu Abmahnungen, sondern auch zu einer verlängerten Widerrufsmöglichkeit für den Verbraucher führen. Unternehmer, die auch kostenpflichtige Verträge mit Verbrauchern über das Internet abschließen, sollten daher auf eine rechtskonforme Widerrufsbelehrung achten. Dabei muss insbesondere zwischen vor- und nachvertraglichen Informationspflichten differenziert werden. Hierbei werden in der Praxis häufig Fehler gemacht.

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Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook.

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