„Prinzessin auf dem Kirschkern“ – wettbewerbsrechtliche Informationspflichten beim Online-Kauf
Urteil vom LG Bochum
Entscheidungsdatum: 21.01.2009
Aktenzeichen: 13 O 277/08
Leitsätze
Wird dem Smartphone-Nutzer „eindringlich vor Augen geführt, dass er die erforderlichen weiteren detaillierten Informationen über die Seite X erhält, reicht dies zur Erfüllung der Informationspflichten aus“. Ein Wettbewerbsverstoß ist folglich nicht gegeben.
Tenor
Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
Der Verfügungskläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Verfügungskläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Verfügungsbeklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Sicherheit kann auch durch eine unbedingte, unbefristete selbstschuldnerische Bürgschaft eines als Zoll- und Steuerbürgen zugelassenen Geldinstituts erbracht werden.
Tatbestand
Der Verfügungskläger verkauft unter seinem Online-Shop X. Kirschkerne, Kirschkernkissen und andere Wärmekissen im gesamten Bundesgebiet. Der Verfügungsbeklagte vertreibt als gewerblicher Verkäufer auf der Internetplattform F Kirschkernkissen und andere Wärmekissen.
Am 17.11.2008 stellte der Verfügungskläger fest, dass ein F-Angebot des Verfügungsbeklagten über 2er-Pack Kirschkernkissen mit der Artikel-Nr. X über die F-Portale X und X von den Benutzern erreichbar war, wobei die im ursprünglichen F-Angebot enthält eine Widerrufsbelehrung nicht angegeben war. Vielmehr war im unteren Bereich jeder Seite auf dem Handy angegeben:
"HINWEIS: Diese Seite stellt das Angebot nicht vollständig dar. Um das Angebot mit allen Details zu sehen, gehen Sie bitte zu X um sich vollständig zu informieren bevor Sie ein Gebot abgeben oder einen Artikel kaufen."
Auf S. 2 oben stand: "Versicherter Versand mit DPD, 6,90 €."
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Ausdrucke AST 1, Bl. 38 ff. d. A., verwiesen.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 17.11.2008 mahnte der Verfügungskläger den Verfügungsbeklagten ab und forderte zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf.
Der Verfügungskläger trägt vor: Beide Parteien seien sachlich und räumlich in dem gleichen Markt tätig. Die fehlende Belehrung über das Widerrufs- bzw. Rückgaberecht, fehlende Angaben zu Versandkosten und eine Angabe darüber, dass in den Preisen die Umsatzsteuer enthalten sei, stellten ein wettbewerbswidriges Verhalten gem. § 4 Nr. 11 UWG dar.
Der Verfügungskläger beantragt,
I. dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Verfügung aufzugeben,
es bei Meidung eines Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder der Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken im Zusammenhang mit dem Angebot von Waren an Verbraucher im Fernabsatz auf der Internethandelsplattform X und / oder X Kirschkernkissen und andere Wärmekissen anzubieten,
1. Ohne rechtzeitig vor Vertragsschluss klar und verständlich auf das Bestehen eines Widerrufs- bzw. Rückgaberechts, sowie die Bedingungen, Einzelheiten der Ausführung und die Rechtsfolgen des Widerrufs oder der Rückgabe hinzuweisen und /oder
2. ohne vor Einleiten des Bestellvorgangs anzugeben ob und gegebenenfalls in welcher Höhe Versandkosten für die angebotenen Preise anfallen und / oder
3. ohne anzugeben ob der genannte Preis die Mehrwertsteuer enthält,
wenn dies wie in Anlage ASt 1 ersichtlich geschieht.
Der Verfügungsbeklagte beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
Der Verfügungsbeklagte trägt vor: Beide Parteien seien sachlich und räumlich nicht in dem gleichen Markt tätig, da sie zwar gleiche Produkte bundesweit vertrieben, sich aber unterschiedlicher Vertriebswege bedienten. Während der Verfügungskläger seine Produkte über eine jedermann zugängliche Internetseite anbiete, bediene sich der Verfügungsbeklagte hierfür eines Shops des Auktionshauses F. Der Verfügungsbeklagte habe keine Kenntnis gehabt, dass auf den Websites X und X Angebote aus dem Portal F übernommen würden sowie davon, dass die Angebote lediglich verkürzt wiedergegeben würden. Auf S. 2 des Ausdrucks in Anlage ASt 1 seien die Versandkosten ausdrücklich mit 6,90 € angegeben. Aus technischen Gründen sei es nicht möglich, alle Angaben und Einzelheiten eines bei F eingestellten Angebots auf einer soft- und hardwaremäßig für Handys und Smartphones optimierten Seite wiederzugeben. Deshalb werde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Angebot nicht vollständig dargestellt sei und der Nutzer auf die F-Seite wechseln müsse, bevor er ein Gebot abgebe oder einen Artikel per Sofortkauf erwerben wolle. Wer dies nicht tue, verstoße bereits gegen F-Grundsätze.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Gründe
Die einstweilige Verfügung ist zurückzuweisen, weil dem Verfügungskläger kein Unterlassungsanspruch aus § 12 UWG zusteht und daher kein Verfügungsanspruch besteht.
Soweit der Verfügungskläger rügt, dass die Versandkosten nicht angegeben seien, ist dies unzutreffend, weil der Hinweis auf S. 2 des in Anlage ASt 1 ausgedruckten Angebots enthalten ist. Auf S. 2 ist ausdrücklich angegeben, dass der versicherte Versand mit DPD 6,90 € kostet. Dieser Hinweis ist ausreichend.
Soweit der Verfügungskläger rügt, dass Widerrufsbelehrung und Angabe, dass die Mehrwertsteuer enthalten ist, fehlen, handelt es sich zwar um Informationen, die nach 1 Abs. 2, Abs. 6 Preisangabenverordnung bzw. § 312 c Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB Info-V zu erteilen sind. Nach Auffassung der Kammer ist im Hinblick darauf, dass die technischen Kapazitäten bei den über die Portale X und X angesprochenen Handys und Smartphones begrenzter sind, nicht zu beanstanden, dass die Informationen nicht direkt auf dem Handy ausgegeben werden, sondern auf jeder Seite darauf hingewiesen wird, dass es sich nur um den Auszug eines Angebots handelt und das Angebot mit allen Details bei X eingesehen werden kann, verbunden mit der Aufforderung, sich über diese Seite vollständig zu informieren, bevor ein Gebot abgegeben oder ein Artikel gekauft wird. Insoweit ist die Situation nach Auffassung des Gerichts mit dem Erreichen der Informationen über einen Link vergleichbar. Dem Nutzer der Portale wird eindringlich vor Augen führt, dass er die erforderlichen weiteren detaillierten Informationen über die Seite X erhält. Dies reicht zur Erfüllung der Informationspflichten aus. Ein Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG scheidet daher aus.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 6, 711 ZPO.
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