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Brandenburg

Überlassung und Pflege von Standardsoftware über EVB-IT (Schwellenwert und Vertragsänderung)

Beschluss vom Vergabekammer Brandenburg

Entscheidungsdatum: 12.05.2009
Aktenzeichen: VK 33/08

Leitsätze

*- Die Anforderungen an die Genauigkeiten der Wertermittlung und der Dokumentation steigen, je mehr sich der Auftragswert dem Schwellenwert annähert.
*- Die Befragung mehrerer relevanter Marktteilnehmer stellt eine zulässige Möglichkeit für den Auftraggeber zur Ermittlung des Marktwertes einer zu beschaffenden Leistung dar und führt zu einer realistischen und nachvollziehbaren Prognose des geschätzten Auftragswertes.
*- Kommt der Auftraggeber seiner Verpflichtung zur ordnunggemäße Einschätzung des Schwellenwertes nicht nach, ist die Vergabekammer zur Bestimmung ihrer Zuständigkeit zur eigenständigen Wertermittlung verpflichtet und berechtigt. Sie kann sich dabei am angebotenen Kostenvolumen des preisgünstigsten Anbieters orientieren, aber auch die übrigen Angebotspreise berücksichtigen
*- Wesentliche Vertragsänderungen, die konkret geeignet sind, den Wettbewerb zu verfälschen und den Vertragspartner des öffentlichen Auftraggebers gegenüber anderen möglichen Dienstleistungserbringern zu bevorzugen, rechtfertigen die erneute Durchführung eines Vergabeverfahrens.

Tenor

1. Der Nachprüfungsantrag wird verworfen.

2. Die Antragstellerin trägt die Kosten (Gebühren und Auslagen) des Verfahrens.

3. Die Gebühr wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt und mit dem eingezahlten Kostenvorschuss verrechnet.

Gründe

I. Der Auftraggeber schrieb öffentlich nach VOL/A im Ausschreibungsblatt des Landes Brandenburg vom … 2007 die Lieferung einer Software zum Betrieb einer elektronischen Veröffentlichungsplattform aus. Laut Verdingungsunterlage sollten damit die elektronische Veröffentlichung von Vergabebekanntmachungen und Vorinformationen der Dienststellen des Landes und der Kommunen auf der Veröffentlichungsplattform unter …, die elektronische Weiterleitung der Veröffentlichungen an Veröffentlichungsportale des Bundes und der EU sowie eine gezielte Recherchemöglichkeit innerhalb der Bekanntmachungen ermöglicht werden. Änderungsvorschläge waren zugelassen. Der Angebotspreis war anzugeben für die Softwareüberlassung sowie für jährliche Service- und Pflegegebühren.

Zur Ermittlung des geschätzten Auftragswertes hatte der Auftraggeber zuvor drei am Markt tätige Unternehmen, die bereits derartige Produkte entwickelt hatten, hinsichtlich der zu erwartenden Einmalkosten befragt. Im Ergebnis bezifferte er diese mit etwa XX.XXX,XX bis XX.XXX,XX EUR, die Pflegekosten mit XX – XX % der Softwarelizenz, d.h. den geschätzten Auftragswert mit insgesamt etwa XX.XXX,XX bis XXX.XXX,XX EUR (Vermerk des Auftraggebers vom 21. März 2007).

Der Auftraggeber hatte dabei entschieden, den Funktionsumfang der Ausschreibung auf den Aufbau eines Veröffentlichungsportals zu beschränken. Diese Entscheidung begründete er damit, dass der Landesbetrieb … parallel zu den Überlegungen des Ministeriums … seit dem Jahr 2006 eine eVergabeplattformlösung zuzüglich eines Vergabemanagementsystems für den Baubereich anstrebe. Das Ministerium … habe insoweit auf eine Nachnutzung der Ausschreibungsergebnisse des Landesbetriebes gesetzt. Nachdem das Ausschreibungsverfahren Anfang 2007 durch die Vergabekammer des Landes Brandenburg aufgehoben worden sei, werde nunmehr eine erneute Ausschreibung vorbereitet. Insofern habe man sich darauf verständigt, die durch das Ministerium … auszuschreibenden Funktionalitäten auf die Bekanntmachung zu beschränken, da die durch den Landesbetrieb angestrebte Lösung mittlerweile als Standardsoftware erhältlich sei. Da ungewiss sei, wann das System eingeführt werde – mit einer landesweiten Nutzung des eVergabesystems könne frühestens Anfang 2009 gerechnet werden - solle durch die Ausschreibung des Ministeriums … die elektronische Bereitstellung der Vergabebekanntmachungen auf den Internetseiten des Landes sichergestellt werden (Vermerke des Auftraggebers vom 7. und 15. Juni 2007).

Die Antragstellerin beteiligte sich an der Ausschreibung ohne Beanstandungen gegenüber dem Auftraggeber. Die … GmbH nahm ebenfalls mit einem Hauptangebot sowie einem Änderungsvorschlag teil, und zwar der Möglichkeit, die Bekanntmachung effizient vorzubereiten, Verdingungsunterlagen elektronisch bereitzustellen, die erforderliche Bieterkommunikation elektronisch zu unterstützen und gegebenenfalls elektronische Angebote entgegen zu nehmen. Dieser Änderungsvorschlag wurde durch den Auftraggeber im Rahmen der Angebotswertung nicht berücksichtigt. Den Zuschlag erteilte er mit Schreiben vom 20. August 2007 auf das Angebot der … GmbH.

In Ziffer 14 des am 10. September 2007 abgeschlossenen EVB-IT Überlassungsvertrages Typ A wird dem Auftraggeber durch die … GmbH für die Dauer von 36 Monaten die Option eingeräumt, die Nutzung der Software gemäß dem mit ihrem Angebot abgegebenen Änderungsvorschlag zu den dort aufgeführten Konditionen für die Landesverwaltung und/oder Kommunalverwaltungen auszuweiten.

Im Ergebnis einer Besprechung am 5. Dezember 2007, an der u.a. Vertreter des Ministeriums …, des Ministeriums … und des Landesbetriebes teilnahmen, einigten sich die Beteiligten auf eine funktionale Erweiterung der Veröffentlichungsplattform zu einer eVergabelösung und deren landesweite Bereitstellung. Der ursprüngliche Ablauf der eVergabe-Ausschreibung des Landesbetriebes für den VOB-Bereich habe sich wegen der juristischen Prüfung der Ausschreibungsunterlagen um mehrere Monate verzögert. Mit der Veröffentlichung der Ausschreibung sei im Januar 2008, mit einer Einführung nicht vor Ende 2009 zu rechnen. Da der Vergabemarktplatz des
Ministeriums … alle benötigten Funktionalitäten im Hinblick auf die elektronische Bereitstellung von Verdingungsunterlagen und eVergaben enthalte und man auf eine schnelle Lösung für VOL-Ausschreibungen angewiesen sei, sei man übereingekommen, die vorhandene Lösung durch Lizenzerweiterung zu einer eVergabe-Lösung auszubauen. Das Ministerium … könne dadurch auch sicherstellen, dass der seitens der Wirtschaft und auch von Behörden mit hohem Ausschreibungsaufkommen geforderte Leistungsumfang der Plattform (elektronische Bereitstellung von Verdingungsunterlagen und e-Vergaben) vorhanden wäre. Man habe zwar nur eine eingeschränkte Nutzungslizenz des Vergabemarktplatzes erworben, dem Ministerium sei aber eine spätere Lizenzerweiterung auf die übrigen Module als Option eingeräumt worden. Unter Berücksichtigung eines zu erwartenden Nutzungszeitraumes von drei Jahren bleibe die Auftragssumme für die Funktionserweiterung unter dem Schwellenwert (Vermerke des Auftraggebers vom 6. und 10. Dezember 2007).

Mit E-Mail vom 10. Dezember 2007 nahm der Auftraggeber gegenüber der … GmbH die mit EVB-IT Überlassungsvertrag Typ A vom 10. September 2007 eingeräumte Erweiterungsoption zu den Bedingungen ihres Angebotes vom 23. Juli 2007 an. Die Ausnutzung der Option, die Veröffentlichungsplattform vollumfänglich im angebotenen Umfang in Anspruch zu nehmen, beinhaltete eine Erhöhung der einmaligen Lizenzkosten um etwa XX.XXX,XX EUR netto und eine Erhöhung der jährlichen Pflegekosten um etwa XX.XXX,XX EUR netto.

Die Veröffentlichungsplattform … ist seit dem 1. Januar 2008 eingerichtet.

Mit E-Mail vom 19. August 2008 wurden die registrierten Nutzer über eine Nutzungserweiterung des Vergabemarktplatzes Brandenburg informiert. Dieser stehe künftig mit erweitertem Nutzungsumfang, nämlich der Möglichkeit, auch Verdingungsunterlagen einzusehen und herunter zu laden, zur Verfügung. Daneben könnten Vergabestellen auch die Übermittlung elektronischer Angebote zulassen. In diesen Fällen könnten die Bieter über das kostenfrei bereitgestellte „Bietertool“ ihre Angebote elektronisch abgeben. Bei Beschränkten Ausschreibungen und Freihändigen Vergaben könnten die Vergabestellen nunmehr auch direkt über den Vergabemarktplatz an dort registrierte Unternehmen herantreten.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 26. August 2008 rügte die Antragstellerin diese Vorgehensweise des Auftraggebers. Durch die Nutzungserweiterung werde der dem ursprünglichen Vergabeverfahren zugrunde liegende Leistungsumfang wesentlich erweitert. In ihren wirtschaftlichen Auswirkungen komme diese Erweiterung einer Neuvergabe gleich und unterliege daher dem Vergaberecht der §§ 97 ff. GWB. Die Leistungserweiterung sei daher im Wettbewerb zu vergeben. Anderenfalls liege eine unzulässige de-facto-Vergabe vor.

Der Auftraggeber wies die Rüge mit Schreiben vom 27. August 2008 zurück. Die Leistungen seien zwischenzeitlich vollständig erbracht und der Auftrag erfolgreich umgesetzt.

Die Antragstellerin hat sodann am 12. September 2008 bei der Vergabekammer des Landes Brandenburg mit auf den 9. September 2008 datiertem Schriftsatz einen Nachprüfungsantrag gestellt, mit dem sie das Vorgehen des Auftraggebers weiter beanstandet.

Sie trägt vor, es sei davon auszugehen, dass der Auftraggeber bereits zum Zeitpunkt der ursprünglichen Ausschreibung den Auftragswert mit dem Ziel der Umgehung vergaberechtlicher Bestimmungen nicht ordnungsgemäß geschätzt habe. Es sei bereits zweifelhaft, ob er den Auftragswert seinerzeit richtig geschätzt habe. Jedenfalls sei das nunmehr vergebene Leistungspaket von Anfang an Teil des ursprünglichen Auftrages gewesen; es stelle eine wesentliche Erweiterung des ursprünglichen Auftrages dar. Es sei davon auszugehen, dass bei der Berechnung des Schwellenwertes der Wert der ursprünglich ausgeschriebenen Leistung und der Wert der Leistungserweiterung berücksichtigt werden müssten, was zur Folge habe, dass der Schwellenwert überschritten sei. Der Vertragsschluss mit der … GmbH sei zudem nichtig, da die Antragstellerin nicht gemäß § 13 Abs. 6 VgV über die beabsichtigte Erteilung des Auftrages informiert worden sei.

Die Antragstellerin beantragt,

1. die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens gemäß § 107 ff. GWB,

2. festzustellen, dass die Antragstellerin durch die Vorgehensweise des Auftraggebers in ihren Rechten verletzt ist,

3. hilfsweise andere geeignete Maßnahmen zu treffen,

4. Akteneinsicht,

5. dem Auftraggeber die Kosten des Nachprüfungsverfahrens aufzugeben,

6. festzustellen, dass der Auftraggeber der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu erstatten hat,

7. festzustellen, dass für die Antragstellerin die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war.

Der Auftraggeber beantragt,

1. den am 12. September 2008 gestellten Nachprüfungsantrag der Antragstellerin
als unzulässig zurückzuweisen,

2. den Antrag der Antragstellerin auf Akteneinsicht zurückzuweisen, soweit
er sich auf Unterlagen bezieht, die vom Auftraggeber entsprechend
der Anforderung der Kammer als geheimhaltungsbedürftig bezeichnet
worden sind,

3. der Antragstellerin die Kosten des Nachprüfungsverfahrens aufzugeben.

Er meint, der Nachprüfungsantrag sei wegen Unterschreitens des zum Zeitpunkt der
Ausschreibung maßgeblichen EU-Schwellenwertes von 211.000,00 EUR unzulässig.
Der Vergabebekanntmachung vom 25. Juni 2007 hätten mehrere unverbindliche
Preisanfragen zugrunde gelegen, die unterhalb der maßgeblichen Schwellenwertgrenze lagen. Ein Unterlaufen dieser Grenze zur bewussten Umgehung der maßgeblichen Vergabevorschriften sei nicht gegeben. Auch eine Sorgfaltspflichtverletzung bei der Kalkulation des Auftragswertes sei dem Auftraggeber angesichts der im Vorwege der Ausschreibung zur Markterkundung eingeholten Preisinformationen nicht vorzuwerfen.

Mit weiterem Schriftsatz vom 30. Oktober 2008 meint die Antragstellerin, ein eVergabeSystem könne unterhalb des Schwellenwertes nicht angeboten werden; es werde marktüblicherweise niemals unter dem Schwellenwert angeboten. Die Antragstellerin und andere Bieterfirmen hätten die eingeräumte Möglichkeit der Einreichung von Änderungs- bzw. Ergänzungsvorschlägen in ihren Unterlagen nicht gesehen oder nicht als Möglichkeit für Angaben zu einem eVergabeSystem erkannt. Ferner hätte der Auftraggeber nicht ohne weiteres von dem Änderungsvorschlag des bezuschlagten Angebotes der … GmbH Gebrauch machen und das „erweiterte Leistungsangebot“ annehmen dürfen. Dass lediglich die … GmbH habe erkennen können, dass nach einem eVergabeSystem gefragt worden sei, obwohl lediglich eine Vergabeplattform ausgeschrieben wurde, sei bedenklich.

Durch Verfügung der stellvertretenden Vorsitzenden der Kammer vom 14. Oktober 2008 wurde die Entscheidungsfrist nach § 113 Abs. 1 GWB bis zum 7. November 2008 verlängert.

Auf die Vergabeakten sowie die eingereichten Schriftsätze der Beteiligten wird ergänzend Bezug genommen.

II. Der Nachprüfungsantrag ist unzulässig. Die angerufene Vergabekammer ist für die im Streit befindliche Auftragsvergabe nicht zuständig, da der für die Zuständigkeit der Vergabekammer erforderliche Schwellenwert nicht erreicht ist.

Die Überschreitung des maßgeblichen Schwellenwertes ist eine Anwendungsvoraussetzung des vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens und daher von Amts wegen zu prüfen (Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschluss vom 30. März 2004 – 6 Verg 1/03). Nach § 100 Abs. 1 GWB ist der 4. Teil dieses Gesetzes nur für Aufträge anzuwenden, die die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegten Auftragswerte erreichen oder überschreiten.

Der seit dem 1. Januar 2008 für Liefer- und Dienstleistungsaufträge maßgebliche Schwellenwert von 206.000,00 EUR, §§ 100 Abs. 1, 127 Nr. 1 GWB i.V.m. Artikel 2 der VERORDNUNG (EG) Nr. 1422/2007 DER KOMMISSION vom 4. Dezember 2007, ist vorliegend nicht einschlägig, da das verfahrensgegenständliche Beschaffungsvorhaben zur Nutzungserweiterung der elektronischen Veröffentlichungsplattform bereits im Jahre 2007 eingeleitet wurde. Für öffentliche Liefer- und Dienstleistungsaufträge gemäß § 99 Abs. 2, 4 GWB beträgt der Schwellenwert daher nach § 2 Nr. 3 VgV in seiner zuletzt am 23. Oktober 2006 geänderten Fassung 211.000,00 EUR.

Ob zur Bestimmung des Auftragswertes allein auf den Wert der Funktionserweiterung der Veröffentlichungsplattform zuzüglich Pflegekosten abzustellen ist oder der Wert der Lieferung einer Software zum Betrieb einer elektronischen Veröffentlichungsplattform zuzüglich Pflegekosten einzubeziehen ist, kann dahinstehen, da selbst in letzterem Fall der maßgebliche Schwellenwert nicht erreicht ist. Anhaltspunkte dafür, dass der Auftraggeber den Wert des Auftrages in der Absicht geschätzt oder aufgeteilt hat, ihn der Anwendung des Vergaberechts zu entziehen, § 3 Nr. 2 VgV, sind ebenfalls nicht ersichtlich.

Der Auftragswert der Funktionserweiterung übersteigt den maßgeblichen Schwellenwert nicht.

Die Funktionserweiterung der elektronischen Veröffentlichungsplattform … ist einer selbstständigen Ermittlung des Schwellenwertes zugänglich, da es sich insoweit um die erneute Vergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrages i.S.v. § 99 Abs. 4 GWB handelt.

Für die Einordnung der Vertragsänderung als erneute Vergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrages kommt es darauf an, ob diese als wesentlich zu bewerten ist. Nur wesentliche Vertragsänderungen, die konkret geeignet sind, den Wettbewerb zu verfälschen und den Vertragspartner des öffentlichen Auftraggebers gegenüber anderen möglichen Dienstleistungserbringern zu bevorzugen, rechtfertigen die erneute Durchführung eines Vergabeverfahrens. Eine Konkretisierung des Begriffes der wesentlichen Vertragsänderung wurde in der nationalen Rechtsprechung bisher dahingehend vorgenommen, dass eine solche dann vorliegen soll, sofern die wesentlichen Vertragsbestandteile, insbesondere die Hauptleistungspflichten eines Vertragsverhältnisses wie der Preis, die vertragstypische Leistungspflicht oder die Vertragsdauer von der Änderung betroffen sind (so u.a. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12. Januar 2004 – Verg 71/03; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 8. Mai 2002 – Verg 8-15/01; VK Lüneburg, Beschluss vom 10. März 2005 – VgK-04/2005). Der EuGH hat in seiner Entscheidung vom 19. Juni 2008 - Rs.C-454/06 - zu der Frage Stellung genommen, unter welchen Voraussetzungen Vertragsänderungen und - verlängerungen als öffentliche Aufträge dem Vergaberecht unterfallen. Er stellt dabei ebenfalls auf die Wesentlichkeit der Änderung und deren Wettbewerbsrelevanz ab. Solche Änderungen, die bereits in dem ursprünglich abgeschlossenen Vertrag vorgesehen sind und dann eintreten, wenn einer der Vertragspartner (insbesondere der Auftraggeber) von dem diesbezüglichen Recht Gebrauch macht, bedürfen danach nicht der erneuten Ausschreibung (EuGH, a.a.O., Kulartz/Duikers, Ausschreibungspflicht bei Vertragsänderungen, VergabeR 2008, 728, 733). Allerdings darf eine solche Regelung nicht ihrerseits zur Umgehung des Vergaberechts führen. Die vergaberechtliche Unzulässigkeit wird dann erreicht sein, wenn sie einen Umfang annimmt, der die Identität des Auftragsgegenstandes nicht mehr wahrt (Kulartz/Duikers, a.a.O., S. 736).

Im vorliegenden Fall sind die vertragstypischen Leistungspflichten des Auftragnehmers verändert – es handelt sich nicht mehr um eine reine Veröffentlichungsplattform. Die Leistungserweiterung ermöglicht für potentielle Bieter nicht mehr nur die Sichtung von Vergabebekanntmachungen und Vorinformationen, sondern darüber hinaus die aktive Beteiligung an öffentlichen Ausschreibungen durch das Herunterladen von Verdingungsunterlagen oder die Übermittlung von Angeboten in elektronischer Form. Die ursprünglich nachgefragte Veröffentlichungsplattform verändert sich zu einer Vergabeplattform mit weit reichenden Nutzungsmöglichkeiten sowohl aufseiten (potentieller) Bieter als auch aufseiten der Vergabestellen. Durch die Funktionserweiterung der Veröffentlichungsplattform erhöht sich zudem die Vergütung für den Auftragnehmer über den Nutzungszeitraum um nahezu das Doppelte. Auch im Verhältnis zum geschätzten Auftragswert für das Einrichten und die Pflege einer Veröffentlichungsplattform stellt sich die Erhöhung der Vergütung für die Funktionserweiterung als nicht nur unerheblich dar.

Der Auftraggeber ist grundsätzlich zur Beurteilung der Überschreitung des EUSchwellenwertes verpflichtet, den Vertragswert zu schätzen. Nach § 3 Abs. 1 VgV ist bei der Schätzung des Auftragswertes von der geschätzten Gesamtvergütung für die vorgesehene Leistung auszugehen. Maßgebend ist dabei die Perspektive eines potentiellen Bieters (EuGH, Urteil vom 18. Januar 2007 – C-220/05). Bei der Gesamtvergütung handelt es sich um den Verkehrs- oder Marktwert, zu dem eine bestimmte Leistung zum maßgebenden Zeitpunkt eingekauft werden kann. Der geschätzte Auftragswert muss auf einer pflichtgemäßen und sorgfältigen Prüfung der Marktlage beruhen. Sie soll den Marktwert widerspiegeln. Die Schätzung des Auftraggebers muss eine realistische, seriöse und nachvollziehbare Prognose sein. Ein so geschätzter Auftragswert ist jener Wert, den ein umsichtiger und fachkundiger öffentlicher Auftraggeber nach sorgfältiger Prüfung des relevanten Marktsegmentes und im Einklang mit den Erfordernissen betriebswirtschaftlicher Finanzplanung veranschlagen würde (Heiermann/Zeiss/Kullack/Blaufuß, juris Praxiskommentar Vergaberecht, 2. A., § 3 VgV, Rn. 7 ff.). Die Anforderungen an die Genauigkeiten der Wertermittlung und der Dokumentation steigen, je mehr sich der Auftragswert dem Schwellenwert annähert. Wegen der Bedeutung des Schwellenwertes ist es erforderlich, dass die Vergabestelle die ordnungsgemäße Ermittlung des geschätzten Auftragswertes in einem Aktenvermerk festhält (OLG Celle, Beschluss vom 12. Juli 2007 – 13 Verg 6/07; OLG Rostock, Beschluss vom 20. September 2006 – 17 Verg 8/06).

Der Auftraggeber hat eine diesen Erfordernissen entsprechende Schätzung des Auftragswertes bezüglich der Leistungserweiterung nicht vorgenommen. Kommt er seiner Verpflichtung nicht nach, ist die Vergabekammer zur Bestimmung ihrer Zuständigkeit zur eigenständigen Wertermittlung verpflichtet und berechtigt. Sie kann sich dabei am angebotenen Kostenvolumen des preisgünstigsten Anbieters orientieren, aber auch die übrigen Angebotspreise berücksichtigen (OLG Celle, a.a.O.; VK Hessen, Beschluss vom 27. April 2007 – 69d-VK-11/2007). Im vorliegenden Fall liegen keine Angebote Dritter für das verfahrensgegenständliche Beschaffungsvorhaben vor. Als Grundlage für die Bestimmung des Schwellenwertes ist daher nur die mit der … GmbH geschlossene Vereinbarung geeignet. Dieser Wert, der unter Berücksichtigung einer Nutzungsdauer von drei Jahren bei etwa XX.XXX,XX EUR netto liegt, übersteigt den maßgeblichen Schwellenwert nicht. Dies wird auch durch die Antragstellerin nicht behauptet. Sie meint vielmehr, bei der Berechnung des Schwellenwertes für die verfahrensgegenständliche Auftragsvergabe sei neben dem Wert der Leistungserweiterung auch der Wert der ursprünglich ausgeschriebenen Leistung, den der Auftraggeber nicht ordnungsgemäß und im Übrigen entgegen § 3 Nr. 2 VgV geschätzt habe, zu berücksichtigen.

Im Vorfeld der Ausschreibung zur Lieferung einer Software zum Betrieb einer elektronischen Veröffentlichungsplattform hatte der Auftraggeber den Auftragswert jedoch entsprechend den o.g. Anforderungen ordnungsgemäß geschätzt, und zwar mit ca. XX.XXX,XX EUR bis XXX.XXX,XX EUR (Einmalkosten und marktübliche Pflegekosten). Er hatte sich im Rahmen der Erkundung des Marktes mit drei Unternehmen in Verbindung gesetzt, die bereits Produkte am Markt anbieten und bei diesen das voraussichtliche Auftragsvolumen für den Betrieb und die Pflege einer Veröffentlichungsplattform abgefragt. Die Befragung mehrerer relevanter Marktteilnehmer stellt eine zulässige Möglichkeit für den Auftraggeber zur Ermittlung des Marktwertes einer zu beschaffenden Leistung dar und führt zu einer realistischen und nachvollziehbaren Prognose des geschätzten Auftragswertes.

Anhaltspunkte dafür, dass der Auftraggeber den Auftragswert bewusst in dieser Größenordnung und damit unterhalb der Grenze der Schwellenwerte für die europaweite Ausschreibung geschätzt hat, sind ebenfalls nicht ersichtlich. Dass der Angebotspreis der Antragstellerin für den Betrieb und die Pflege einer Veröffentlichungsplattform über dem Schwellenwert lag, führt weder zu der Annahme, dass die Schätzung des Auftraggebers nicht ordnungsgemäß erfolgt, noch dazu, dass der Schwellenwert für die verfahrensgegenständliche Beschaffung überschritten ist.

Es ist entgegen der Annahme der Antragstellerin auch nicht ersichtlich, dass die vorgenommene Leistungserweiterung bereits von Anfang an Teil des ursprünglichen Auftrages des Auftraggebers sein sollte und er den Wert des beabsichtigten Auftrages in der Absicht geschätzt oder aufgeteilt hat, ihn der Anwendung des Vergaberechts zu entziehen, § 3 Nr. 2 VgV.

Wie der Auftraggeber in der Vergabeakte dargelegt hat, erfolgte die Begrenzung der Ausschreibung auf die Beschaffung einer Software zum Betrieb und Pflege einer Veröffentlichungsplattform zur Vermeidung einer Parallelbeschaffung.

§ 8 des Gesetzes über Ziele und Vorgaben zur Modernisierung der Landesverwaltung vom 10. Juli 2003 (VerwModG) sieht die Reform des Beschaffungswesens durch Einrichten einer Zentralstelle und Serviceeinrichtung für das Beschaffungswesen nach VOL – insbesondere der elektronischen Beschaffung – für die Landes- und Kommunalverwaltung bis zum 1. Januar 2005 vor. Gemäß Beschluss der Landesregierung zur zentralen Beschaffung vom 27. September 2005 ist das Ministerium … mit der Einrichtung einer Zentralstelle und Serviceeinrichtung für das Beschaffungswesen und dem Aufbau einer elektronischen Beschaffungs- und Vergabeplattform beauftragt, die die bisherige Veröffentlichung in Papierform über das Ausschreibungsblatt … – Lizenzablauf 31. Dezember 2007 – ablösen soll.

Der Landesbetrieb … beabsichtigt bereits seit dem Jahr 2006 eine eVergabelösung für den Baubereich. Dass diese Ausschreibungsergebnisse auch für den Bereich der VOL genutzt und damit unwirtschaftliche Parallelbeschaffungen vermieden werden sollten, ist vergaberechtlich nicht zu beanstanden. Dennoch lag die Verantwortung für die Reform des Beschaffungswesens für den Bereich der VOL in der Verantwortung des Ministeriums …, sodass es plausibel erscheint, wenn das Ministerium seiner Veröffentlichungspflicht nach Ablauf der Lizenz zum 31. Dezember 2007 für das Ausschreibungsblatt … durch die Beschaffung einer Lizenz für den Betrieb einer Veröffentlichungsplattform nachgekommen und hinsichtlich der erweiterten Möglichkeiten der eVergabe die Zuständigkeit des Landesbetriebes … erhalten geblieben ist. Dass sich der Auftraggeber aufgrund einer weiteren Verzögerung des Vergabeverfahrens aufseiten des Landesbetriebes … gehalten sah, für einen Übergangszeitraum im Einklang mit den Forderungen aus Wirtschaft und Verwaltung die Funktionalitäten der Veröffentlichungsplattform zu erweitern, ist ebenfalls nachvollziehbar.

Vor diesem Hintergrund kann nicht angenommen werden, dass der Auftraggeber eine Manipulation der Auftragswerte mit dem Ziel der Umgehung vergaberechtlicher Bestimmungen vorgenommen hat. Damit ist auch die Frage, ob die zwischen dem Auftraggeber und der … GmbH geschlossene Vereinbarung gemäß § 13 Abs. 6 VgV nichtig ist, nicht erheblich. § 13 Abs. 6 VgV gilt nur für öffentliche Aufträge, deren geschätzte Auftragswerte die in § 2 VgV geregelten Schwellenwerte erreichen oder übersteigen. Der Kammer ist es unter diesen Umständen verwehrt, in die materielle Nachprüfung einzutreten. Die Entscheidung konnte nach § 112 Abs. 1 Satz 3 GWB ohne mündliche Verhandlungergehen.

III. Der Antrag auf Akteneinsicht durch die Antragstellerin gemäß § 111 Abs. 1 GWB ist abzulehnen. Das Akteneinsichtsrecht ist nur in dem Umfang gegeben, in dem es zur Durchsetzung der Rechte der Antragstellerin aus § 97 Abs. 7 GWB erforderlich ist. Das ist bei einem unzulässigen Nachprüfungsantrag nicht der Fall (VK Brandenburg, Beschluss vom 19. März 2003, VK 5/03; Beschluss vom 25. Februar 2005, VK 4/05).

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter die Kosten zu tragen, soweit er im Verfahren unterliegt.

Die Vergabekammer hält die Festsetzung der Mindestgebühr von 2.500,00 EUR gemäß § 128 Abs. 2 Satz 2 GWB bei Abwägung des Aufwandes einerseits und der wirtschaftlichen Bedeutung des dem Vergabeverfahren zugrunde liegenden Auftrages für die Antragstellerin andererseits für angemessen, zumal keine Beiladung erfolgt ist und eine mündliche Verhandlung nicht stattgefunden hat.

V. Gegen die Entscheidung der Vergabekammer ist die sofortige Beschwerde zulässig. Sie ist schriftlich innerhalb einer Frist von zwei Wochen, die mit der Zustellung der Entscheidung beginnt, beim Brandenburgischen Oberlandesgericht, Gertrud-Piter- Platz 11, 14770 Brandenburg, einzulegen.

Die sofortige Beschwerde ist zugleich mit ihrer Einlegung zu begründen. Die Beschwerdebegründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung der Vergabekammer angefochten und eine abweichende Entscheidung beantragt wird, und die Tatsachen und Beweismittel angeben, auf die sich die Beschwerde stützt.

Die Beschwerdeschrift muss durch einen Rechtsanwalt unterschrieben sein. Dies gilt nicht für Beschwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts (§ 117 Abs. 3 GWB).

Mit der Einlegung der Beschwerde sind die anderen Beteiligten des Verfahrens vor der Vergabekammer vom Beschwerdeführer durch Übermittlung einer Ausfertigung der Beschwerdeschrift zu unterrichten (§ 117 Abs. 4 GWB).

Die sofortige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung gegenüber der Entscheidung der Vergabekammer. Die aufschiebende Wirkung entfällt zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist. Hat die Vergabekammer den Antrag auf Nachprüfung abgelehnt, so kann das Beschwerdegericht auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung bis zur Entscheidung über die Beschwerde verlängern (§ 118 Abs. 1 GWB).

Gemäß § 6 Abs. 1 der Geschäftsordnung der Vergabekammern des Landes Brandenburg vom 30. Juni 1999, AAnz. S. 898 ist die Unterzeichnung des Beschlusses durch den ehrenamtlichen Beisitzer nicht erforderlich.

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