Monopolkommission fordert mehr Wettbewerb für Dienstleistungsbranchen
In ihrem diesjährigen Hauptgutachten empfiehlt die Monopolkommission http://www.monopolkommission.de der Bundesregierung, in den Dienstleistungsbranchen mehr Wettbewerb zu ermöglichen. So sollte die staatliche Wirtschaftspolitik mehr Zurückhaltung bei der Regulierung der Internet-Telefonie (Voice over IP) an den Tag legen.
„Dies vor allem, weil sich der Dienst in der Entwicklung befindet und gegenwärtig nicht absehbar ist, ob und welche der damit verbundenen Geschäftsmodelle nachhaltig existenzfähig sind. Die wesentliche Voraussetzung für die Nutzung von Voice over IP ist ein breitbandiger Internetzugang, der in Deutschland weiterhin vor allem über die digitale Anschlussleitung DSL bereitgestellt wird. Die von den Anschlussnetzbetreibern praktizierte Koppelung von DSL- und herkömmlichem Analog- oder ISDN-Anschluss behindert die Entwicklung der Internettelefonie und sollte überwunden werden”, fordert die Monopolkommission. Damit alternative Anbieter DSL-Anschlüsse unabhängig von der gemieteten Teilnehmeranschlussleitung anbieten könnten, soll die Deutsche Telekom dazu verpflichtet werden, einen so genannten Bitstrom-Zugang anzubieten. Um Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten der infrastrukturbasierten Anbieter herkömmlicher Festnetztelefonie zu vermeiden, müssten bei der Regulierung der Entgelte für den Bitstrom-Zugang auch die Kosten des Anschlussnetzes berücksichtigt werden. „Soweit Voice over IP als öffentlich zugänglicher Telefondienst zu qualifizieren ist, gilt die Verpflichtung zur Bereitstellung einer unentgeltlichen Notrufmöglichkeit. Soweit es technisch noch nicht möglich ist, dass Notrufe zugleich Informationen über den Standort des Anrufers übermitteln, sollte - um die Errichtung einer Marktzutrittsbarriere für die Internettelefonie zu vermeiden - auf diese Anforderung verzichtet werden”, heißt es im Hauptgutachten.
Handlungsbedarf sieht das Beratungsgremium auch in der Handwerksordnung. Mit seinem Beschluss vom 5. Dezember 2005 habe das Bundesverfassungsgericht grundsätzliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der bis 2003 geltenden Regelungen zum Meisterzwang geäußert. Die bestehende Verwaltungspraxis bei der Zulassung von selbständigen Handwerkern laufe seit Jahren konträr zu den Maßgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung, die eine großzügige Zulassung selbständiger Handwerksausübung ohne Meisterbrief einfordert. Der Beschluss des höchsten Gerichtes mache deutlich, dass der Meisterzwang eigentlich verfassungswidrig sei. „Die Konsequenz daraus wäre die Abschaffung der Meisterpflicht, wie dies von der Monopolkommission seit langem gefordert wird. Ansonsten ist eine Fortsetzung der bisherigen Praxis zu erwarten, nach welcher Ausnahmebewilligungen restriktiv gehandhabt und Handwerker ohne Meisterbrief unter dem Druck rigider ‚Schwarzarbeiterverfolgung’ ihrer etablierten Konkurrenten mit Hilfe von Handwerkskammern und Kreishandwerkerschaften vom Marktzutritt ferngehalten werden”, führt die Monopolkommission aus und fordert die gänzliche Abschaffung des Meisterzwangs als Voraussetzung für den Marktzugang im Handwerk. „Die Verhältnisse im Handwerksgewerbe rechtfertigen keine wirtschaftliche Sonderstellung und damit auch keine rechtlichen Ausnahmen innerhalb der Gewerbeordnung. Die Gefahrengeneigtheit in einzelnen Handwerken sowie die Ausbildungssicherung liefern ebenfalls keine hinreichende Begründung für eine Regulierung des Marktzutritts im Handwerk. Es spricht nach Auffassung der Monopolkommission jedoch nichts dagegen, die Meisterprüfung auf freiwilliger Basis als Qualitätssignal für die Öffentlichkeit und den handwerklichen Wettbewerb zuzulassen”.
Ein weiteres Sonderkapitel beschäftigt sich wettbewerbsbeschränkende Regelungen für Freie Berufe: Rechtsanwälte, Apotheker sowie freiberufliche Architekten und Ingenieure. Besonders kritisch sieht die Monopolkommission die Beschränkung des Preiswettbewerbs durch die Festsetzung von verbindlichen Mindestpreisen. Das betrifft besonders die Gebühren der Rechtsanwälte für das Auftreten vor Gericht sowie die Mindestsätze nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure. Die zur Rechtfertigung dieser Mindestpreise genannten Argumente sind nach Ansicht der Monopolkommission nicht überzeugend: „Mindestpreise sind kein geeignetes Mittel, um zum Beispiel die Qualität freiberuflicher Arbeit zu sichern oder den Zugang zum Rechtssystem zu gewährleisten. Zudem ist äußerst zweifelhaft, ob verbindliche Honorarordnungen europarechtlich zulässig sind. Die betroffenen Honorarordnungen sollten jedoch nicht abgeschafft werden, sondern als unverbindliche Referenztarife fortbestehen - sie würden nur noch insoweit gelten, wie bei der Auftragsvergabe nichts anderes vereinbart wurde”.
Auch bei einer Reihe von anderen Regelungen sieht die Monopolkommission Raum für mehr Wettbewerb. So sollte der Anwendungsbereich des Rechtsberatungsgesetzes auf einen Kernbereich reduziert werden. Diplom-Wirtschaftsjuristen sowie Juristen mit erstem Staatsexamen sind zur außergerichtlichen Rechtsberatung zuzulassen. Die Monopolkommission spricht sich ferner für eine Legalisierung von Erfolgshonoraren aus. „Die Regelungen für anwaltliche Kapitalgesellschaften sind zu liberalisieren. Insbesondere sollten vorbehaltlich flankierender Regelungen auch andere Personen als Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer Kapitalbeteiligungen an diesen Gesellschaften halten können”. Für Apotheker empfiehlt die Monopolkommission eine allgemeine Zulassung von Apothekenketten sowie die Aufhebung des Fremdbesitzverbotes. Weiterhin sollten Apotheken räumlich in andere Einzelhandelsgeschäfte integriert werden können. Bei einigen Arzneimitteln wäre zu überprüfen, ob sie weiterhin apothekenpflichtig sein müssen. Zudem macht die Monopolkommission Vorschläge, wie auch bei Apotheken mehr Preiswettbewerb ermöglicht werden kann. Nach Ansicht von Michael Müller, Wirtschaftssenator des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW) http://www.bvmwonline.de, zeige das Hauptgutachten sehr deutlich, wie überreguliert der Dienstleistungssektor in Deutschland sei.
Quelle: www.ne-na.de
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