OLG Celle: Nachprüfungsantrag erfordert einen vorherigen Hinweis auf die 15-Tages-Frist in der Bekanntmachung
Der Vergabesenat des Oberlandesgerichts Celle hatte mit Beschluss vom 04.03.2010 entschieden (Az.:13 Verg 1/10), dass die Rechtsbehelfsfrist des § 107 Abs.3 Nr.4 GWB nur dann gilt, wenn der Auftraggeber bereits in der Bekanntmachung auf diese Frist hingewiesen hat. Der maßgebliche Fristbeginn der 15-Tages-Frist zur Erhebung eines Nachprüfungsantrags ist die eindeutige Zurückweisung der Rüge des Bieters durch den Auftraggeber.
Inhaltsverzeichnis
I. Was war im konkreten Fall passiert?
Im entschiedenen Fall schrieb die Vergabestelle die Beschaffung elektronischer Fahrscheindrucker im offenen VOL-Verfahren aus. Die im EU-Amtblatt veröffentlichte Bekanntmachung ließ einen Hinweis auf die 15-Tages-Frist zur Erhebung eines Nachprüfungsantrags entgegen § 107 Abs.3 Nr.4 GWB (der über § 17a Nr.1 VOL/A i.V.m. Ziffer VI. 4. 2. Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 1564/2005 zur Anwendung kommt) vermissen. Die Frist des § 107 Abs.3 Nr.4 GWB beginnt nur zu laufen, wenn die Rüge eines Bieters eindeutig zurückgewiesen wurde. Die Vergabestelle wies im laufenden Vergabeverfahren mehrere Rügen eines Bieters zurück, wobei die Vergabestelle in dieser Zurückweisung den Schlusssatz verwendete „Für Rückfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung“. Der zurückgewiesene Bieter suchte nach über sechs Wochen seit Zugang der Zurückweisung gerichtlichen Schutz im Rahmen eines Nachprüfungsantrags vor der Vergabekammer Celle. Die Vergabekammer wies den Antrag des Bieters durch Beschluss zurück, die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde war Gegenstand der Entscheidung des OLG Celle.
II. Die Entscheidung des OLG Celle
Das Gericht stellte in seiner Entscheidung klar, dass die 15-Tages-Frist in § 107 Abs.3 Nr.4 GWB eine Rechtsbehelfsfrist darstellt, obwohl diese Norm als Präklusionsvorschrift ausgestaltet sei. Maßgebend für die Beurteilung sei jedoch, dass einem Nachprüfungsantrag zwingend eine zurückgewiesene Rüge voranzugehen hat, so dass die Frist zwischen Zugang der Zurückweisung und Erhebung eines Nachprüfungsantrags als echte Rechtsbehelfsfrist zu qualifizieren ist. Sinn und Zweck dieser Rechtsbehelfsfrist sei es, frühzeitig Klarheit über die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens zu schaffen. Nach § 17a Nr.1 VOL/A i.V.m. Ziffer VI. 4. 2. Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 1564/2005 der Kommission vom 7. September 2005 zur Einführung von Standardformularen für die Veröffentlichung von Vergabebekanntmachungen im Rahmen von Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge gemäß der Richtlinie 2004/17/EG und der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 257 vom 1. Oktober 2005) ist der Auftraggeber verpflichtet, genaue Angaben zu den von den Bietern zu beachtenden Fristen für die Einlegung von Rechtsbehelfen zu machen oder eine Stelle zu benennen, bei der Auskünfte über die Einlegung von Rechtsbehelfen erhältlich ist (Ziffer VI. 4. 4. Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 1564/2005 der Kommission vom 7. September 2005). Da im zu entscheidenden Fall weder ein Hinweis auf die Rechtsbehelfsfrist in der Bekanntmachung enthalten war, noch eine Stelle benannt wurde, bei der Auskünfte über die Einlegung von Rechtsbehelfen erfragt werden konnten, konnte die Vorschrift des § 107 Abs.3 Nr.4 GWB in der Folge keine Präklusionswirkung zeitigen.
Das OLG Celle musste sich mit dem Schlusssatz „Für Rückfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung“ des Zurückweisungsschriftsatzes der Vergabestelle nicht weiter auseinandersetzen, da die fehlende Präklusionswirkung des § 107 Abs.3 Nr.4 GWB einer Entscheidung des Gerichts schon nicht entgegen stand. Das Gericht deutete aber darauf hin, dass die Formulierung des Schlusssatzes einer Präklusionswirkung entgegenstehen kann, da nicht ausgeschlossen werden könne, dass ein Bieter die Höflichkeitsfloskel so versteht, dass die Auftraggeberin zwar grundsätzlich an ihrer Entscheidung festhalten möchte, einer gegenteiligen Entscheidung, nach nochmaliger Erörterung der Sachlage, aber offen gegenüberstehe. Die Zurückweisung der Rüge des Bieters hat nach § 107 Abs.3 Nr.4 GWB aber gerade eindeutig zu erfolgen und darf Zweifel an der Endgültigkeit der Entscheidung nicht aufkommen lassen. Den Auftraggebern ist aufgrund dieser Rechtsprechung dringend anzuraten, in Zurückweisungen zu vorgenannter oder einer ähnlichen Schlussklausel Abstand zu nehmen.
Tipp: Fragen zum Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .
© Falko Matte - Fotolia.com
Link kopieren
Als PDF exportieren
Per E-Mail verschicken
Zum Facebook-Account der Kanzlei
Zum Instagram-Account der Kanzlei
1 Kommentar
Die Bekanntmachungen werden mit solchen Urteilen immer mehr überfrachtet.