LG Köln: Kein Vertragsstrafanspruch gegen „Asset-Käufer“
„Versprochen ist versprochen und wird auch nicht gebrochen“: Das gilt natürlich auch für Unterlassungsverträge mit Vertragsstrafenbewehrung. Aber was geschieht mit möglichen Vertragsstrafeansprüchen, wenn auf Seiten des Verpflichteten ein Asset-Deal zum Unternehmenswechsel geführt hat? Das LG Köln urteilte nun, es bleibt nicht automatisch ein Vertragsstrafanspruch gegen das erwerbende Unternehmen bestehen.
I. Der Sachverhalt: Vertragsstrafe vs. Asset-Deal
Bei dem Kläger handelt es sich um einen Biologen, dessen Diplomarbeit an der Universität Köln im Jahr 2007 eine Fotodokumentation eines Xenopus-Embryos enthielt.
Die Beklagte ist Entwicklerin von wissenschaftlichen Methoden, sowie von Laborgeräten, welche über die DFN GmbH in Deutschland vertrieben werden. Im Jahr 2020 übernahm die Beklagte per Asset Deal beträchtliche Vermögenswerte der Firma J AG. Darunter fiel unter anderem die Geräteproduktion inklusive der dazugehörigen Geräte und Schutzrechte der J. Darüber hinaus eignete sich die Beklagte sowohl die Webseite „j.com“, als auch InsituPro (automatisierte Insitu-Hybridisierungs-und Immunhistochemie System) an. Im Nachgang wurde die Firma J vollständig in die Firma IC U AG (ihre Muttergesellschaft) aufgenommen.
Einige Jahre (2010er Jahre) bevor wesentliche Vermögenswerte der Firma J an die Beklagte übergingen, übernahm Firma J die Firma B, die gemeinsam mit der oben erwähnten Universität an der Entwicklung des Geräts „InsituPro“ beteiligt waren.
Zur Vorgeschichte: Im Jahr 2014 mahnte der Kläger die damalige Firma J ab. Diese hatten ohne dessen Zustimmung mit seinem Lichtbild „Xenopus-Embryos“ sowohl auf ihrer Webseite, als auch in verschiedenen Marketingprospekten geworben. Daraufhin verpflichtete sich die Firma J zur Unterlassung der Verwendung dieses Lichtbilds auf ihrer Webseite j.com, sowie auf ihren Marketingbroschüren. Sollte die Verwendung seitens der Firma J nicht unterlassen werden, stünde dem Kläger gegen die Firma J eine angemessene Vertragsstrafe zu. Aufgrund der schuldhaften Zuwiderhandlung der Firma J würde die Höhe der Strafe in das Ermessen des Klägers gestellt.
Nachdem die Beklagte wesentliche Vermögenswerte der Firma J übernommen hatte, entdeckte der Kläger Ende 2020 ein Youtube-Video, das für einige Sekunden die Fotodokumentation eines Xenopus-Embryos zeigte. Das besagte Youtube-Video war auf der Webseite der Beklagten eingebettet.
Daraufhin mahnte der Kläger die Beklagte ab und forderte diese zur Zahlung einer Vertragsstrafe auf. Darüber hinaus begehrte der Kläger von der Beklagten die Bilddatei zu entfernen, sowie ihm Auskunft über Dauer, Beginn, Häufigkeit, Art und Weise der Lichtbildnutzung und die jeweils verwendete Auflösung und Bildgröße zu erteilen.
II. Das Urteil: Die persönliche Schuld
Das LG Köln entschied u.a. mit Urteil vom 26.09.2022 (Az: 14 O 225/21):
Es besteht kein Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe.
Der im Jahr 2014 geschlossene Unterlassungsvertrag und das hieraus resultierende Versprechen einer Vertragsstrafe verpflichte die Beklagte nicht. Die Beklagte sei bereits nicht personenidentisch mit der Firma J, die sich durch den Unterlassungsvertrag verpflichtet habe.
Zwar könne ein Unterlassungsanspruch und damit auch das Versprechen einer Vertragsstrafe auf einen Rechtsnachfolger (bspw. durch einen Asset Deal) übergehen, jedoch könne es sich auch um eine rein persönliche Schuld des Verpflichteten handeln. Im vorliegenden Fall handle es sich um eine rein persönliche Schuld, die die Beklagte nicht übernommen habe, denn der Kläger hätte einer Schuldübernahme zustimmen müssen. Deshalb sei die Beklagte nicht Gesamtrechtsnachfolgerin der Firma J. geworden.
Ein Anspruch zur Zahlung einer Vertragsstrafe folge auch nicht aus dem Urheberrecht. Die in Betracht kommende urheberrechtliche Norm beziehe sich auf die Übertragung von Nutzungsrechten durch einen abgeleiteten Rechtsinhaber an einen Dritten. Jedoch betraf das Versprechen einer Vertragsstrafe durch die Firma J die gegenteilige „zukünftige Nichtnutzung des Lichtbildes“ und nicht die „Übertragung von Nutzungsrechten“.
Darüber hinaus hafte ein Unterlassungsversprechen einem Lichtbild nicht derart an, dass durch die bloße Übergabe von Lichtbildern eine Haftungserstreckung der Vertragsstrafe auf andere Personen erfolge.
III. Fazit: Wiegen in falscher Sicherheit…
Trotz Übernahme wesentlicher Vermögenswerte einer Firma wird ein „Asset-Käufer“ nicht unmittelbar zur Zahlung einer Vertragsstrafe verpflichtet, die die übernommene Firma versprochen hatte. Zwar kann die Schuld durch den „Asset-Käufer“ übernommen werden, jedoch müsse dazu der „Gegenpart“ der Übertragung zustimmen. Das erwerbende Unternehmen, also der „Asset-Käufer“ haftet weder durch urheberrechtliche Vorschriften noch durch die Vorschriften der Schuldübernahme. Alleine der Erwerb bestimmter Rechtspositionen eines Unternehmens, das sich zuvor gegenüber einem Urheber zur Unterlassung der Verwendung eines bestimmten Lichtbildes verpflichtet hat, begründet noch keinen Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe.
Jedoch bedeutet dies nicht, dass der Urheber leer ausgehen muss: Ihm kann gegen den „Asset-Käufer“ ggf. ein Schadensersatzanspruch zustehen, wenn dessen Verschulden festgestellt wird.
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