Frage des Tages: Müssen dem Verbraucher die Versandkosten im Falle des Widerrufs erstattet werden?
Immer wieder werden wir im Rahmen unserer Beratungspraxis gefragt, ob der Händler dem Verbraucher im Versandhandel im Falle des Widerrufs auch die Versandkosten, also die Kosten der Hinsendung, erstatten muss. Die Händler können diese Rechtsfolge häufig insbesondere dann nicht nachvollziehen, wenn die Widerrufsware bereits versendet wurde, der Händler diesen Teil seiner vertraglichen Verpflichtung also bereits erfüllt hat. Zudem entstehen den Händlern hierdurch nicht unerhebliche Kosten, auf denen sie nicht sitzenbleiben möchten. Wir gehen der Frage im nachfolgenden Beitrag auf den Grund.
Inhaltsverzeichnis
Unterschiedliche Rechtsfolgen für Hin- und Rücksendekosten
Das Gesetz unterscheidet für den Fall des Widerrufs im Fernabsatz hinsichtlich der Rechtsfolgen zwischen den Kosten für die Hinsendung einerseits und den Kosten für die Rücksendung andererseits.
Während § 357 Abs. 6 BGB die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren grundsätzlich dem Verbraucher auferlegt, regelt § 357 Abs. 2 S. 1 BGB hinsichtlich der Kosten für die Hinsendung folgendes:
"Der Unternehmer muss auch etwaige Zahlungen des Verbrauchers für die Lieferung zurückgewähren."
Demnach muss der Unternehmer im Falle des Widerrufs grundsätzlich die bereits vom Verbraucher gezahlten Versandkosten erstatten.
Ausnahme bei Auswahl einer teureren Versandart
Etwas anderes gilt gemäß § 357 Abs. 2 S. 2 BGB aber für den Fall, dass der Verbraucher sich bei der Bestellung für eine andere Art der Lieferung als die vom Unternehmer angebotene günstigste Standardlieferung entschieden hat und hierdurch zusätzliche Kosten entstanden sind. Dies ist etwa der Fall, wenn der Verbraucher sich bei der Bestellung nicht für die günstigste angebotene Standardlieferung sondern für eine teurere Express-Lieferung entscheidet. In solchen Fällen soll der Händler nach dem Willen des Gesetzgebers nicht auch auf den Mehrkosten für die vom Verbraucher gewählte teurere Versandart sitzenbleiben. Seine Rückzahlungspflicht beschränkt sich in solchen Fällen auf die Kosten für die günstigste von ihm angebotene Standardlieferung, wobei es insoweit auf den Zeitpunkt der Bestellung durch den Verbraucher ankommt.
Sonderfall: Teil-Widerruf
In der Praxis kommt es zwischen Händler und Verbraucher häufig zu Streitigkeiten über die Frage, wer die Versandkosten zu tragen hat, wenn der Verbraucher seine Vertragserklärung nicht vollständig sondern nur hinsichtlich eines Teils seiner Bestellung widerruft. Dies gilt insbesondere für Fälle, in denen dem Verbraucher die Versandkosten aufgrund der Überschreitung eines bestimmten Bestellvolumens „erlassen“ wurden, wenn dieses Bestellvolumen aufgrund des Teil-Widerrufs nachträglich unterschritten wird.
In solchen Fällen geht der Händler in der Regel davon aus, dass der Vertrag mit dem Kunden entweder insgesamt Bestand haben wird oder dass der Kunde, sofern er bei der Bestellung als Verbraucher handelt, den Vertrag insgesamt widerrufen könnte. Im Falle des vollständigen Widerrufs gäbe es im Hinblick auf die Versandkosten keine Probleme bei der Rückabwicklung des Vertrages. Der Kunde müsste die erworbene Ware vollständig an den Händler zurückgeben und der Händler müsste den Kaufpreis vollständig zurückerstatten, sofern der Kunde die Ware nicht beschädigt oder über sein gesetzliches Prüfungsrecht hinaus genutzt hat. Versandkosen im Sinne von Hinsendekosten wurden weder berechnet noch bezahlt, so dass diese bei der Rückabwicklung nicht zu berücksichtigen sind.
Das Gesetz hat diesen Fall nicht geregelt. Mit der Frage, welche Rechtsfolgen bei dieser Konstellation in Betracht kommen, haben wir uns in diesem Beitrag umfassend auseinandergesetzt.
Fazit
Macht der Verbraucher im Fernabsatz von einem ihm zustehenden Widerrufsrecht Gebrauch, muss der Händler ihm neben dem Kaufpreis grundsätzlich auch die Kosten der Hinsendung erstatten, sofern diese vom Verbraucher bereits gezahlt wurden. Für den Fall, dass der Verbraucher sich bei der Bestellung für eine andere Art der Lieferung als die vom Unternehmer angebotene günstigste Standardlieferung entschieden hat und hierdurch zusätzliche Kosten entstanden sind, beschränkt sich die Rückzahlungspflicht des Händlers insoweit auf die Kosten für die zum Zeitpunkt der Bestellung günstigste von ihm angebotene Versandart.
Macht der Verbraucher nur hinsichtlich eines Teils der Bestellung von seinem Widerrufsrecht Gebrauch, kommt es auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an, da das Gesetz diesen Fall nicht geregelt hat.
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6 Kommentare
Ich habe grade ein Streit mit einer Firma.
In de AGBs wurde mitgeteilt, dass der HINversand auch bei Widerruf ich übernehmen muss.
Gesetzlich ist das jedoch anders geregelt.
Wer hat nun Recht, kann die Firma mit den AGBs drauf bestehen das ich die Versandkosten von 4,99€ übernehmen muss oder steht mir das recht zu, wie es der Gesetzesgeber bestimmt hat und der hinversand muss die Firma übernehmen?
Danke für jede Antwort
Warenwert ca. 24 €, Lieferung sollte versandkostenfrei erfolgen.
Post wollte ca. 8 € Zollgebühren, die bei Abschluss des Kaufvertrages nicht vereinbart wurden, daher nahm ich das Päckchen nicht an, weil ich in Kenntnis dessen nichts bestellt hätte.
Verkäufer zog eigenmächtig von der von Klarna an ihn überwiesenen Gesamtsumme eine Rücksendepauschale von 13,23 € ab, für die er keine Rechnung erstellte. Ich muss mich jetgzt mit dem Inkassobüro von Klarna herumschlagen, weil ich für die einseitig geänderten Vertragsbedingungen keine Verantwortung trage, aber die 13,23 € von mir gefordert werden.
Da der Verkäufer auf einen Widerruf pochte, erklärte ich diesen formlos. Die Folgen bin ich aber nicht bereit, zu tragen, da ich die Situation nicht verschuldete.
Ich hatte den Händler rechtzeitig kontaktiert, um ihm die Gelegenheit zu geben, die Zollgebühren zu übernehmen. Die Antwort erfolgte jedoch erst nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist durch die Post, weshalb diese das Päckchen retournierte.
Ich bin nicht die einzige Kundin dieses österreichischen Händlers spargut, der es so oder ähnlich ergangen ist.
Ich konnte im BGB nichts finden, was ich auf meinen Fall anwenden könnte.
Schadet der Umwelt und fördert keinerlei Umweltbewusstsein beim Verbraucher.
Wer als Händler noch kostenlosen Rückversand anbietet, müsste noch Umweltstrafen dazu bezahlen müssen!
Das Schlimme ist aber noch, wie man damit Händler betrügen kann!
Es ist einfach krank, wer solche Gesetzte einseitig entscheidet.
1. Lieferung (4,95€ mit DPD,DHL o.ä.)
2. kostenlose Lieferung mit Abholung im Geschäft / im Partnershop
Ich wähle "1" und mache innerhalb von 14 Tagen von meinem Widerrufsrecht gebrauch und sende die Ware zurück.
Bekomme ich die 4,95€ wieder oder kann der Händler dies verweigern mit der Begründung ich hätte es ja im Partnershop abholen können und das wäre ja "kostenlos" gewesen?