In unserer Beratungspraxis werden wir immer wieder mit Fragen zum Unternehmerregress im Sinne des § 445a BGB konfrontiert. Oftmals sehen sich gewerbliche Verkäufer dabei Mängelansprüchen von Verbrauchern ausgesetzt und versuchen vergeblich, ihre in diesem Zusammenhang erlittenen Aufwendungen beim Lieferanten zu regulieren, der ihnen die Ware zuvor verkauft hatte. Dabei wird von den Lieferanten häufig das Argument vorgebracht, dass man aufgrund der in AGB geregelten Verjährungsverkürzung nicht für nach Eintritt der Verjährung aufgetretene Mängel an der Kaufsache einzustehen habe. Doch muss sich der Verkäufer tatsächlich damit abspeisen lassen? Und wie kann er ggf. hierauf reagieren? Im nachfolgenden Beitrag beschäftigen wir uns etwas genauer mit dieser Materie.
Inhaltsverzeichnis
1. Inhalt und Umfang des Unternehmerregresses
Nähere Einzelheiten zu Inhalt und Umfang des Unternehmerregresses haben wir hier dargestellt.
Der Unternehmerregress bei Verbrauchsgüterkäufen nach §§ 445a, 445b BGB soll verhindern, dass die Sachmängelhaftung des Letztverkäufers gegenüber dem Verbraucher im Ergebnis auf Kosten und damit zu Lasten des Letztverkäufers geht, obwohl die Kaufsache bereits mangelhaft war, als dieser – insoweit selbst als Käufer – sie von seinem Lieferanten bekommen hat.
In einem solchen Fall kann der Letztverkäufer seinen Lieferanten in Regress nehmen und somit in der Lieferkette gegenüber dem Lieferanten die gleichen Rechte geltend machen wie der Verbraucher gegenüber ihm, also:
- Nacherfüllung
- Rücktritt oder Minderung des Einkaufspreises vom Lieferanten sowie
- Schadensersatz
2. Ausschluss des Unternehmerregresses
Insbesondere in folgenden Fällen kann ein Unternehmerregress ausgeschlossen sein:
a) Gebrauchtware
Die hier dargestellten Grundsätze des Unternehmerregresses gelten nur im Falle des Verkaufs von Neuwaren, nicht jedoch bei Gebrauchtwaren. Demnach können sich Verkäufer von Gebrauchtwaren, zu denen beispielsweise auch überholte (refurbished) Artikel gehören, grundsätzlich nicht auf den Unternehmerregress berufen.
b) Verletzung der kaufmännischen Rügeobliegenheit
Stellt der Kauf von Waren ein Handelsgeschäft dar (dient der Kauf also beispielsweise dem Weiterverkauf – an andere Händler oder Verbraucher), so muss der Käufer – wenn er Kaufmann im Sinne des Handelsgesetzbuches ist – die Ware gemäß § 377 HGB unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern, nach der Ablieferung durch den Verkäufer untersuchen und etwaige Mängel sofort anzeigen. Unterlässt er dies, verliert er gegenüber dem Verkäufer seine Sachmängelrechte sowie die Regressmöglichkeiten.
c) Ausschluss durch vertragliche Vereinbarung
Durch eine wirksame AGB-Klausel oder eine sonstige individuelle Vertragsvereinbarung kann ein Lieferant die Regressansprüche seines Abnehmers grundsätzlich ausschließen.
Allerdings schränkt das Gesetz in § 478 Absatz 2 BGB die Möglichkeiten des Regressausschlusses ein. Demnach ist eine Abweichung von der gesetzlichen Regelung nur dann zulässig, wenn der jeweilige Abnehmer einen „gleichwertigen Ausgleich“ für den Ausschluss seiner Regressansprüche erhält. Ein solcher „gleichwertiger Ausgleich“ kann etwa in einer pauschalierten Abwicklung bzw. einem pauschalierten Ersatzanspruch für die Aufwendungen in Gewährleistungsfällen liegen. Daneben kann auch eine Beschränkung des Regressanspruchs auf einen angemessenen Höchstbetrag zulässig sein.
3. Verjährung der Regressansprüche
Die Aufwendungsersatzansprüche nach § 445a Absatz 1 BGB verjähren grundsätzlich gemäß § 445b Absatz 1 BGB innerhalb von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt der Lieferung der Kaufsache durch den Lieferanten an den Letztverkäufer (bzw. durch den Hersteller an den Lieferanten usw., je nachdem um welches Vertragsverhältnis es jeweils geht).
Allerdings verjähren die Regressansprüche gemäß § 445b Absatz 2 Satz 1 BGB in jedem Fall frühestens zwei Monate nach Erfüllung der Gewährleistungsansprüche des Verbrauchers durch den Letztverkäufer (sog. Ablaufhemmung). Mit dieser Zusatzregelung will das Gesetz verhindern, dass die Regressansprüche des Letztverkäufers bereits dann verjährt sind, wenn der Verbraucher die Kaufsache noch nicht einmal erhalten hat – etwa weil die Kaufsache recht lange bei einem Zwischenhändler gelagert worden ist.
Der Letztverkäufer soll nach der Erfüllung der Gewährleistungsansprüche des Verbrauchers noch – eben mindestens zwei Monate lang – genügend Zeit haben, die Regressansprüche gegenüber seinem Lieferanten geltend zu machen.
Die Ablaufhemmung endet aber spätestens 5 Jahre nach der Übergabe der Kaufsache an den Letztverkäufer durch den Lieferanten (Entsprechendes gilt für die anderen Teilnehmer in der Lieferkette). Verkauft der Letztverkäufer die Kaufsache somit erst später als fünf Jahre nach Lieferung durch seinen Lieferanten, so sind die Regressansprüche gegen den Lieferanten dennoch verjährt.
4. Abweichende Verjährungsregelungen in AGB des Lieferanten
Verwendet der Lieferant bei Vertragsschluss mit dem Verkäufer AGB, in denen die gesetzliche Verjährungsfrist für Mängelansprüche des Verkäufers ihm gegenüber verkürzt ist (beispielsweise auf 1 Jahr beim Verkauf von Neuware gegenüber Unternehmern), so kann er sich auf diese (an sich zulässige) Verjährungsfristverkürzung gegenüber dem Verkäufer nicht berufen, wenn dieser im Rahmen des Unternehmerregresses Ansprüche gegen den Lieferanten geltend macht. Dies gilt freilich nur in solchen Fällen, in denen ein Unternehmerregress nicht aus den oben genannten Gründen bereits von Vornherein ausgeschlossen ist.
Hat also in dem vorgenannten Beispiel der Verkäufer die vom Lieferanten gelieferte mangelhafte Ware an einen Verbraucher verkauft, der den Mangel erst nach Ablauf eines Jahres seit der Lieferung an sich, jedoch noch vor Ablauf der gesetzlichen Verjährungsfrist von 2 Jahren gegenüber dem Verkäufer rügt, so kann der Verkäufer die ihm hierdurch entstehenden Aufwendungen im Rahmen des Unternehmerregresses auch dann noch gegenüber dem Lieferanten geltend machen, wenn dieser seine Mängelhaftung gegenüber dem Verkäufer in AGB auf ein Jahr verkürzt hat.
5. Reaktion bei Zurückweisung durch den Lieferanten
Wendet sich der Verkäufer im Rahmen des Unternehmerregresses an den Lieferanten, da sein Käufer ihm gegenüber Mängelansprüche geltend gemacht hat, und weist der Lieferant die Forderung des Verkäufers als unberechtigt zurück, sollte der Verkäufer zunächst folgende Punkte prüfen:
- Ist die Mängelrüge seines Kunden berechtigt, liegt also tatsächlich ein Mangel vor oder ist dies nach dem Vortrag des Kunden zumindest wahrscheinlich?
- Lag der Mangel bereits bei Lieferung der Ware durch den Lieferanten vor oder ist dies nach dem Vortrag des Kunden zumindest wahrscheinlich?
- Ist der Unternehmerregress nach einem der unter Ziffer 2 genannten Gründe von Vornherein ausgeschlossen?
- Sind die Regressansprüche nach den unter Ziffer 3 genannten Grundsätzen bereits verjährt?
Wenn Ansprüche aus Unternehmerregress auch nach Prüfung der vorgenannten Punkte noch in Betracht kommen, kann sich der Verkäufer im nächsten Schritt außergerichtlich mit einem entsprechenden Anschreiben an den Lieferanten wenden, in dem er seine Ansprüche nochmals nachdrücklich geltend macht.
Ein entsprechendes Musterschreiben für den Fall, dass der Lieferant die Forderungen des Verkäufers wegen angeblicher Verjährung seiner Mängelrechte zurückweist, stellt die IT-Recht Kanzlei ihren Mandanten ab sofort bereit.
Sollten die außergerichtlichen Bemühungen des Verkäufers scheitern, kann dieser seine Ansprüche ggf. gerichtlich gegen den Lieferanten durchsetzen. Davor sollte allerdings unbedingt noch eine individuelle Rechtsberatung zur Abschätzung des Kostenrisikos durchgeführt werden.
Sie haben Fragen zum Thema Unternehmerregress? Wir beraten Sie gerne!
Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook.
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