Kosten für Bezahldienste auf Kunden umlegen: OLG Frankfurt hält Sofortüberweisung für zumutbare Zahlungsalternative
Ob ein Händler die Kosten für die Nutzung eines bestimmten Bezahldienstes vom Kunden zurückverlangen kann, hängt maßgeblich davon ab, ob dem Kunden eine gängige und zumutbare Zahlungsalternative kostenfrei zur Verfügung steht. In Folge eines Urteils des LG Frankfurt a.M. (Urteil v. 24.06.15 – Az. 2/6 O 458/14 – die IT-Recht Kanzlei berichtete) wurde der Bezahldienst „Sofortüberweisung“ bisher nicht als zumutbare kostenfreie Zahlungsalternative anerkannt. Grund für die Annahme, Sofortüberweisung sei für den Kunden unzumutbar war die Tatsache, dass der Sofort AG zur Ausführung der Überweisung PIN und TAN mitgeteilt werden muss.
Mit Urteil v. 24.8.2016 (Az. - 11 U 123/15) hat das OLG Frankfurt a.M. die Entscheidung des LG aufgehoben und Sofortüberweisung als zumutbare Zahlungsalternative eingestuft. Drüber hinaus hat sich das OLG zu den Kriterien geäußert, an denen die Zumutbarkeit eines Zahlungsmittels generell zu messen ist.
Hintergrund: Wann darf ein Online-Händler die Kosten für ein Bezahlsystem auf den Kunden umlegen?
Die Voraussetzungen, unter denen Händler die Kosten für die Nutzung von Bezahlsystemen auf ihre Kunden umlegen dürfen, regelt § 312a Abs. 4 BGB:
"(4) Eine Vereinbarung, durch die ein Verbraucher verpflichtet wird, ein Entgelt dafür zu zahlen, dass er für die Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten ein bestimmtes Zahlungsmittel nutzt, ist unwirksam, wenn
1. für den Verbraucher keine gängige und zumutbare unentgeltliche Zahlungsmöglichkeit besteht oder
2. das vereinbarte Entgelt über die Kosten hinausgeht, die dem Unternehmer durch die Nutzung des Zahlungsmittels entstehen."
Dafür, ob ein Händler die Kosten für eine für ihn besonders teure Zahlungsart vom Kunden zurückverlangen darf ist demnach entscheidend, ob dem Kunden andere Zahlungsalternativen, die gängig und zumutbar sind kostenfrei zur Verfügung gestellt werden. Ausführlicher dazu dieser Beitrag der IT-Recht Kanzlei.
Relevante Faktoren für die Zumutbarkeit: Mehraufwand, zeitliche Verzögerung sowie Sicherheit und Missbrauchsgefahr
In der Urteilsbegründung bestätigte das OLG Frankfurt die bisher in der Rechtsprechung vertretene Ansicht, dass die Zumutbarkeit eines Zahlungsmittels maßgeblich davon abhängt, ob dieses eine vor der Bezahlung auszuführende Tätigkeit des Kunden erfordert (z.B. Aufladen der Karte, Abschluss Kreditkartenvertrag, etc.).
Als entscheidende Faktoren identifizierte das OLG ferner, welcher Mehraufwand für die Zahlungsmöglichkeit betrieben werden muss und welche zeitlichen Verzögerungen für die Abwicklung des Vertrages durch dessen Nutzung entstehen. Außerdem stellte das Gericht fest, dass bei der Bewertung der Zumutbarkeit einer Zahlungsmethode auch deren Sicherheit und Missbrauchsgefahren relevant sind.
Abstrakte Gefahr des Datenmissbrauchst schließt Zumutbarkeit nicht aus
Das LG Frankfurt a.M. hatte bezüglich der Zumutbarkeit von Sofortüberweisung insbesondere die Gefahren eines sog. „man-in-the-middle“ Bezahlverfahrens beanstandet. Diese Zahlungsweise weist deshalb ein erhöhtes Sicherheitsrisiko auf, weil besonders sensible Bankingdaten wie PIN und TAN einem Dritten – in diesem Fall der Sofort AG – zu Verfügung gestellt werden müssen. Auch das OLG hielt diese Bezahlmethode nicht für vollständig unbedenklich, bezog aber die generellen Besonderheiten von Online-Käufen in seine Abwägung mit ein:
„Im Rahmen der am Einzelfall auszurichtenden Beurteilung der Zumutbarkeit ist zudem zu berücksichtigen, dass sich der Verbraucher im Online-Handel grundsätzlich anderen abstrakten Gefahren aussetzt als beim Bezug von Waren oder Leistungen im stationären Handel. Dies bezieht sich insbesondere auf die abstrakte Gefahr, dass die über das Internet eingegebenen Daten (auch etwa zu den Reisedaten, Personalien etc.) ausgespäht werden können. Möchte ein Verbraucher dieses Missbrauchsrisiko ausschalten, steht ihm die Möglichkeit der Nutzung des stationären Handels offen.“
Nach Ansicht des Gerichts schließt demnach allein die abstrakte Gefahr, dass ein Datenmissbrauch stattfinden könnte, die Zumutbarkeit einer Zahlungsmethode nicht aus. Konsumenten die online Einkaufen und Dienste beziehen, müssen zwangsläufig mehr Daten preisgeben als solche, die den stationären Handel nutzen. Die Teilnahme am Online-Handel bedeute insofern weniger Anonymität und begründet die Gefahr, dass preisgegebene Daten in die falschen Hände gelangen. Diese Missbrauchsgefahr ist dem Geschäftsmodell des Online-Handels immanent, wird vom online einkaufenden Kunden aber grundsätzlich akzeptiert. Dass diese Akzeptanz des Kunden auch in die Abwägung miteinbezogen werden muss, ob eine angebotene Zahlungsalternative zumutbar i.S.d. § 312a Abs. 4 BGB ist, ist überzeugend.
Sofortüberweisung sei als Zahlungsalternative sicher genug
Neben der abstrakten Datenmissbrauchsgefahr, die bei einem „man-in-the-middle“ Bezahlsystem immer besteht, besteht keine akute Gefahr für die Daten von Kunden, wenn sie Sofortüberweisung als Bezahlalternative nutzen - so das OLG Frankfurt. Die Sofort AG konnte im Verfahren vor dem OLG Frankfurt a.M. substantiiert vortragen, dass seit Einführung ihres Systems im Jahre 2005 im Rahmen der mehr als 100 Millionen Transaktionen kein Schadensfall durch Missbrauch von PIN und TAN zulasten des Bankkunden vorgefallen sei.
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1 Kommentar
An und für sich müsste die Bezahlmethode über Sofortüberweisung verboten werden, da nicht alle Kunden über ein solches Fachwissen verfügen. Das Gericht setzt aber noch einen drauf und legalisiert es, Anreize zu schaffen, ein solches System zu benutzen. Bei einer derartigen Inkompetenz bin ich auch wenig optimistisch, ob sich im Falle einer kompletten unbeabsichtigten Offenlegung der Daten von Sofortüberweisung das Gericht in seiner Entscheidung wiederlegt sehen würde.