Französisches Recht: Erleichtert neuer Erlass vom 11. März 2015 die Onlinewerbung mit Preisreduktionen in Frankreich?

Frankreich hat in der EU mit die restriktivsten Regeln zur Werbung mit Preisreduktionen zum Schutz des Verbrauchers. Ein neuer Erlass vom 11. März 2015 kann zwar generell die Werbung mit Preisreduktionen etwas erleichtern, da nicht mehr bestimmte Vergleichspreise anzugeben sind. Allerdings bleibt das französische Recht in der Frage der Werbung mit Preisreduktionen rigide. Auch ist noch nicht abschließend geklärt, ob der Erlass vom 11. März 2015 auch für die Onlinewerbung gilt.
Inhaltsverzeichnis
- Rechtslage nach Inkrafttreten des neuen Erlasses vom 11. März 2015
- Rechtsunsicherheit, ob neuer Erlass überhaupt auf die Onlinewerbung mit Preisreduktionen eines Onlinehändlers anwendbar ist
- Sonderfall der Bestimmungen zum Schlussverkauf (soldes)
- Empfehlung der IT-Recht Kanzlei für den deutschen Onlinehändler, der in Frankreich Waren an Verbraucher mit Preisabschlägen vertreiben will
Rechtslage nach Inkrafttreten des neuen Erlasses vom 11. März 2015
Bis zum 11. März 2015 konnte ein Händler in seiner Werbung mit Preisreduktionen Vergleichspreise nicht frei bestimmen sondern war an folgende staatlich vorgeschriebene Vergleichspreise gebunden:
- Tiefster vom Händler angebotener Preis 30 Tage vor Beginn der Rabattaktion.
- Unverbindliche Preisempfehlung des Hersteller
- Letzte unverbindliche Preisempfehlung für ein Produkt, wenn das Produkt trotz Preisreduktion nicht verkauft wurde
Diese Rechtslage war nach dem Urteil des EuGH vom 10. Juli 2014 nicht mehr zu halten. Der EuGH befand, dass das in dieser Frage ähnliche belgische Recht, das ebenfalls zwingende Vergleichspreise bei Werbung mit Preisreduktionen gegenüber Verbrauchern vorsah, nicht mit Gemeinschaftsrecht vereinbar sei und dass nur die in der Anlage 1 zur Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken vom 11.5.2005 genannten Geschäftspraktiken als unlauter angesehen werden dürfen. Der französische Gesetzgeber war daher gezwungen, das französische Recht an das Urteil des EUGH anzupassen. Dieser Pflicht ist er mit dem Erlass vom 25. März, in Kraft getreten am 25. März 2015, nachgekommen .
Allerdings bleibt das französische Recht in der Frage der Werbung mit Preisreduktionen auch nach Inkrafttreten des o.g. Erlasses sehr restriktiv.
- Es muss bei Werbung mit Preisreduktionen ein Vergleichspreis genannt werden
- Der angegebene Vergleichspreis muss gerechtfertigt sein. Der Händler muss bei einer Kontrolle der Wettbewerbsbehörden den Vergleichspreis rechtfertigen können.
- Es wird in der französischen Kommentarliteratur kontrovers diskutiert, ob auch nach neuem Recht der Zeitraum genannt werden muss, für den die Preisreduktion gilt.
- Es darf sich nicht um eine verdeckte Schlussverkaufswerbung handeln (dazu unten).
- Es darf sich nicht um eine unlautere Geschäftspraxis handeln (Viele Beobachter fürchten, dass die französischen Wettbewerbsbehörden über das Argument der unlauteren Geschäftspraktiken (s. Article L120-1 ff code de la consommation, auf den sich der Erlass vom 11. März 2011 bezieht) faktisch die alte Rechtslage weiter zugrunde legen).
Rechtsunsicherheit, ob neuer Erlass überhaupt auf die Onlinewerbung mit Preisreduktionen eines Onlinehändlers anwendbar ist
Noch nicht entschieden ist überdies, ob der neue Erlass überhaupt für den Onlinevertrieb von Waren in Frankreich gilt. Gemäß dem Wortlaut des Artikels 2 gilt der Erlass nur für einen Geschäftsbetrieb oder eine gewerbliche Niederlassung („établissement commercial“) und nicht ausdrücklich auch für einen Onlineshop („site de vente à distance“). Ein neuer Durchführungserlass (circulaire d’application de l’arrêté) soll - so ist zu hoffen - auch die Frage der Anwendung des Erlasses vom 11. März 2015 auf den Onlinevertrieb von Waren klären. Bis dahin wird ein Onlinehändler, der mit Preisreduktionen wirbt, mit einer gewissen Rechtsunsicherheit leben müssen.
Sonderfall der Bestimmungen zum Schlussverkauf (soldes)
Die Regelungen zum Schlussverkauf (soldes) sind in Frankreich äußerst strikt. Eine Werbung mit Schlussverkauf ist nur für bestimmte Zeiträume gültig (Winterschlussverkauf vom 7. Januar bis 17. Februar, und Sommerschlussverkauf 24. Juni bis 4. August). Als Schlussverkäufe werden gem. Article L310-3 code de commerce alle Verkäufe gewertet, die durch Werbemaßnahmen begleitet oder vorbereitet werden und die mittels von Preisreduktionen auf eine Lagerräumung für bestimmte Zeiträume abzielen. Die für den Schlussverkauf beworbenen Artikelpreise müssen bereits einen Monat vor Beginn des Schlussverkaufs gelten. Der Gebrauch des Begriffes „Schlussverkauf“ (soldes) darf nur für den im Code de commerce geregelten Winter- und Sommerschlussverkauf benutzt werden. Die französischen Wettbewerbsbehörden haben einen gewissen Spielraum bei der Entscheidung, ob eine bestimmte Werbeaktion als verdeckte Schlussverkaufswerbung anzusehen ist.
Empfehlung der IT-Recht Kanzlei für den deutschen Onlinehändler, der in Frankreich Waren an Verbraucher mit Preisabschlägen vertreiben will
Der deutsche Onlinehändler, der über eine auf Frankreich ausgerichtete Internetpräsenz Waren in Frankreich an Verbraucher vertreibt, unterliegt dem französischen Wettbewerbsrecht. Wie dargelegt, bleibt das französische Recht zum Thema Werbung mit Preisreduktionen kompliziert. Es ist nicht abzusehen, wann die bestehenden Rechtsunsicherheiten geklärt sein werden.
Die IT-Recht Kanzlei empfiehlt daher, vorerst noch bei Werbung mit Preisreduktionen die alte Rechtslage zu beachten und bei einer derartigen Werbung als Vergleichspreis entweder die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers oder den tiefsten Preis anzusetzen, den der Onlinehändler 30 Tage vor Beginn der Preisreduktion für einen identischen Artikel verlangt hat. Es sollte bei Rabattaktion der genaue Zeitraum einer solchen Aktion genannt werden.
Onlinehändler sollten vorsichtig mit dem Begriff „Schlussverkauf“ (soldes) umgehen. Der Begriff des Schlussverkaufs kann von den französischen Wettbehörden zum Schaden des Onlinehändlers ziemlich weit gefasst werden (s. oben). Es wird in Erinnerung gerufen, dass in Frankreich das Instrument der Abmahnung durch Wettbewerber nur eine geringe Rolle spielt. Wesentlich wichtiger sind daher für den Onlinehändler Maßnahmen der französischen Wettbewerbsbehörden, die auch auf Grund des Winks eines Konkurrenten empfindliche Geldbußen aussprechen können.
Die IT-Recht Kanzlei ist gerne bereit, Mandanten in Zweifelfällen zum französischen Recht der Werbung mit Preisreduktionen zu beraten.
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