Onlinehandel in Großbritannien: Britische Regierung hat Entwurf eines neuen Verbraucherschutzgesetzes eingebracht

Onlinehandel in Großbritannien: Britische Regierung hat Entwurf eines neuen Verbraucherschutzgesetzes eingebracht
4 min
Beitrag vom: 17.07.2013

Am 13. Juni 2013 hat die britische Regierung im Parlament den Entwurf eines neuen Verbraucherschutzgesetzes eingebracht. Dieser lang erwartete Gesetzesentwurf führt das über verschiedene Einzelgesetze, Verordnungen und Gerichturteile verstreute britische Verbraucherschutzrecht zusammen. Die Stellung des Verbrauchers wird in mehreren Punkten gestärkt.

  • Es verstärkt und regelt jetzt einheitlich die Rechte des Verbrauchers bei Schlechterfüllung, Mängelhaftung und bei Gewährleistungsfragen.
  • Der Schutz des Verbrauchers bei unfairen Vertragsklauseln wird vereinheitlicht.
  • Es regelt neu die Rechte des Verbrauchers beim Kauf von digitalen Inhalten.
  • Die Kompetenz der Überwachungsbehörden bei Rechtsverstößen gegen Verbraucherrecht wird gestärkt.
  • Es führt ein einfacheres Beschwerdeverfahren zugunsten von Verbrauchern und kleinen und mittleren Unternehmen beim „Competition Appeal Tribunal“ im Fall von Wettbewerbsverstößen ein.

Die britische Regierung hat allerdings darauf verzichtet, die neue EU-Verbraucherschutzrichtlinie 2011/83/EU in Gänze in den Gesetzesentwurf zu inkorporieren. Die britische Regierung wird zur Implementierung dieser Richtlinie einen separaten Gesetzesentwurf einbringen.

Wichtige Punkte des Gesetzesentwurfes sind folgende:

Banner Unlimited Paket

1. Schlechterfüllung, Mängelhaftung und Gewährleistungsrecht

Bei Schlechterfüllung kann der Verbraucher nach dem Gesetzesentwurf die Ware innerhalb von 30 Tagen als mangelhaft zurückschicken und die Erstattung des Kaufpreises innerhalb von 30 Tagen nach Kauf erfolgen. (Unabhängig davon hat der Verbraucher ein Widerrufsrecht, das nach der neuen EU-Verbraucherschutzrichtlinie künftig 14 Tage beträgt, zurzeit in Großbritannien 7 Tage). Nach der Frist von 30 Tagen kann der Verbraucher nur noch Reparatur oder Ersatz fordern. Nach jetziger Gesetzeslage heißt es vage, dass der Verbraucher die fehlerhaft Ware innerhalb eines angemessenen Zeitraums zurückschicken kann. Der Verbraucher muss nur eine einmalige Reparatur akzeptieren. Der Verkäufer kann bei Gebrauch der Ware in den ersten 6 Monaten nur unter erschwerten Bedingungen einen Preisabzug fordern. Gefahrübergang tritt erst ein bei Inbesitznahme der Ware durch den Verbraucher. Die Übergabe der Ware an die Transportperson führt nicht zu einem Gefahrübergang. Die Verbraucherrechte im Fall der Schlechterfüllung bei Dienstleistungen werden gestärkt. Die Dienstleistung muss den Informationen des Verkäufers entsprechen (Der Verkäufer ist bereits jetzt zu solchen Informationen verpflichtet). Der Verbraucher kann eine Wiederholung der Dienstleistung verlangen. Wenn das nicht möglich ist, kann er Erstattung des Kaufpreises verlangen.

2. Unfaire Vertragsklauseln

Die bisher in zwei Gesetzen geregelte Rechtsmaterie zu unfairen Vertragsklauseln (Unfair Terms in Consumer Contract Regulations 1999 „UTCCRS“ und Unfair Contract Terms Act 1997 „UCTA“) wird jetzt zusammengeführt. Wichtig ist, dass die Haftung des Verkäufers bei fahrlässiger Körperverletzung oder im Todesfall nicht durch AGB ausgeschlossen werden kann. Der neue Gesetzesentwurf sieht darüber hinaus die Möglichkeit vor, dass andere AGB-Einschränkungen von Schadenersatzansprüchen als nicht angemessen angesehen werden können.

3. Kauf von digitalen Inhalten

Der Gesetzesentwurf führt hier neben Waren und Dienstleistungen eine neue Kategorie „Kauf von digitalen Inhalten“ ein. Damit sind Daten gemeint, die in digitaler Form zur Verfügung gestellt werden (einschließlich Software, Musik, Computerspiele und Apps). Es werden zwingende Verbraucherrechte eingeführt wie befriedigende Qualität, Eignung für den vorgesehenen Zweck, Entsprechung mit der gegebenen Information. Werden diese Rechte nicht erfüllt, so kann der Verbraucher wie im sonstigen Verbraucherkaufrecht Wiederholung der Leistung, Erstattung des Kaufpreises und Schadensersatz (z. B. bei Beschädigung des Kundencomputers durch die gekaufte Software) verlangen.

4. Sanktion bei Rechtsverstößen gegen Verbraucherschutzrecht

Die Rechte der Überwachungsbehörden (Competition and Markets Authority, Trading Standards) bei Verstößen gegen Verbraucherschutzrecht werden gestärkt. Die entsprechenden Vorschriften sind wegen ihrer Reichweite beim britischen Handel umstritten.

5. Erleichterte Beschwerde wegen Wettbewerbswidrigkeit beim „Competition Appeal Tribunal“

Dies ist eine sehr interessante Rechtsentwicklung. Zurzeit werden Onlinehändler wegen Wettbewerbsverstößen in Großbritannien kaum belangt. Der Gesetzesentwurf gibt kleinen und mittelgroßen Onlinehändlern ein erleichtertes Beschwerderecht bei Wettbewerbsverstößen gegen Mitbewerber. Es bleibt hier abzuwarten, wie in diesem Punkt das weitere Gesetzgebungsverfahren ausfallen wird.

6. Auswirkungen des Gesetzesentwurfes auf die Geschäfte von deutschen Onlinehändlern in Großbritannien

In der EU kann sich der Verbraucher in der Regel auf sein Heimatrecht und die Zuständigkeit seiner Gerichte berufen. So können sich britische Verbraucher auf ihre britischen Verbraucherschutzrechte auch gegenüber EU-Onlinehändlern berufen, die keine Niederlassung in Großbritannien haben.

Die IT-Recht Kanzlei hat auf diesen in der EU maßgebenden Rechtgrundsatz zur Rechtswahl und zur Gerichtsbarkeit schon mehrmals hingewiesen. Sie hat daher in ihren britischen AGB für ihre Mandanten klargestellt, dass britisches Recht und britische Gerichte maßgebend sind. Der deutsche Onlinehändler, der Geschäfte in Großbritannien betreibt, wird sich daher mit diesem Gesetzesentwurf auseinandersetzen müssen. Der Gesetzesentwurf ist kein Gesetz und wird noch das normale Gesetzgebungsverfahren durchlaufen. Mit einem Inkrafttreten des Verbraucherschutzgesetzes ist Anfang 2014 zu rechnen. Es ist allerdings davon auszugehen, dass die Kernaussagen des Gesetzesentwurfes beibehalten werden.

Die IT-Recht Kanzlei wird über das weitere Gesetzgebungsverfahren und den Inhalt des späteren Gesetzes berichten. Sie wird die Aussagen des künftigen britischen Verbraucherschutzgesetzes analysieren und ihre AGB für den Onlinehandel in Großbritannien gegebenenfalls an die neue Rechtslage anpassen.

Tipp: Fragen zum Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .

Bildquelle: © Natis - Fotolia.com

Link kopieren

Als PDF exportieren

Drucken

|

Per E-Mail verschicken

Zum Facebook-Account der Kanzlei

Zum Instagram-Account der Kanzlei

0 Kommentare

Beiträge zum Thema

Rechtsbehelfe des britischen Verbrauchers gegen deutsche Online-Händler
(08.10.2024, 07:47 Uhr)
Rechtsbehelfe des britischen Verbrauchers gegen deutsche Online-Händler
Verbraucherschutz im UK: CMA soll mehr Macht erhalten
(12.01.2024, 13:51 Uhr)
Verbraucherschutz im UK: CMA soll mehr Macht erhalten
Informationspflichten zur alternativen Streitbeilegung nach UK-Recht
(13.12.2023, 11:39 Uhr)
Informationspflichten zur alternativen Streitbeilegung nach UK-Recht
Online-Verträge mit britischen Kunden nach dem Brexit
(14.05.2021, 15:12 Uhr)
Online-Verträge mit britischen Kunden nach dem Brexit
Brexit 2021: Auswirkungen für deutsche Online-Händler mit UK-Vertrieb
(10.01.2021, 14:47 Uhr)
Brexit 2021: Auswirkungen für deutsche Online-Händler mit UK-Vertrieb
Brexit: Auswirkungen für Vertrieb von Waren nach Großbritannien?
(25.03.2020, 12:14 Uhr)
Brexit: Auswirkungen für Vertrieb von Waren nach Großbritannien?
Kommentar
verfassen
Ihre Meinung zu unserem Beitrag.
* mit Sternchen gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder
Vielen Dank für Ihren Kommentar

Wir werden diesen nach einer kurzen Prüfung
so schnell wie möglich freigeben.

Ihre IT-Recht Kanzlei
Vielen Dank!

Ihr Kommentar konnte nicht gespeichert werden!

Bitte versuchen Sie es zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal.

Ihre IT-Recht Kanzlei
Vielen Dank!

Fragen oder Anregungen?

Kontaktieren Sie uns:
IT-Recht Kanzlei
Kanzlei Keller-Stoltenhoff, Keller
Alter Messeplatz 2
Tel.: +49 (0)89 / 130 1433-0
Fax: +49 (0)89 / 130 1433-60
E-Mail: info@it-recht-kanzlei.de
© 2004-2025 · IT-Recht Kanzlei