LG Berlin extrem: Unternehmens-Slogan in Double Opt-In-Mail = Werbung und damit unzulässig!
Newsletter sind in juristischer Hinsicht ein heißes Eisen, an dem sich regelmäßig viele Händler die Finger verbrennen. Es gilt nach wie vor der Grundsatz, dass es für den Versand von E-Mail-Werbung einer Einwilligung bedarf. Während schlichte Double-Opt-In-Mails zur Bestätigung einer Anmeldung grds. nicht zu beanstanden sind, stellen derartige E-Mails mit werblichen Inhalt ein Problem dar. Das LG Berlin sieht in einer aktuellen Entscheidung bereits eine unzulässige Werbung vorliegen, wenn in der Double-Opt-In-Mail lediglich ein Unternehmens-Slogan aufgenommen wird. Wie diese Entscheidung einzuordnen ist, erfahren Sie in unserem Beitrag!
Inhaltsverzeichnis
Was ist geschehen?
Ein Unternehmer erhielt an seine geschäftlich genutzte E-Mail-Adresse eine E-Mail, in der ein anderes Unternehmen ihn zur Bestätigung der Anmeldung zu einem Newsletter aufforderte. Diese (Double Opt-In)-Mail war folgendermaßen gestaltet:
"UNTERNEHMENSBEZEICHNUNG
SLOGAN
(…)
Vielen Dank für deine Anmeldung zu unserem UNTERNEHMENSBEZEICHNUNG Newsletter!
(…)
Newsletter-Registrierung bestätigen"
Der Knackpunkt war hier, dass sich der angesprochene Unternehmer nie mit seiner E-Mail-Adresse zum Erhalt dieses Newsletters angemeldet oder in anderer Weise registriert hat. Er hatte somit nie in den Erhalt von Werbe-Mails eingewilligt, wie es in der Regel vonnöten ist. Sollte seine E-Mail-Adresse tatsächlich angegeben worden sein, sei dieser Eintrag jedenfalls ohne sein Zutun und ohne sein Einverständnis in die Newsletter-Datenbank gelangt.
Der betroffene Unternehmer sah die Double Opt-In-Mail zudem als Werbung und nicht als bloße Aufforderung zur Bestätigung einer etwaigen Registrierung (also schlichte Double Opt-In-Mail) an. Der Werbecharakter folge aus der Tatsache, dass die E-Mail neben der Möglichkeit zur Betätigung des Bestätigungs-Links durch den Slogan auch „einen relevanten Werbeanteil“ besitze und somit als Werbung zu klassifizieren sei. Der Unternehmer beantragte sodann beim LG Berlin den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den hinter der E-Mail stehenden Händler.
Beschluss des LG Berlin
Das LG Berlin erließ die einstweilige Verfügung (Beschluss vom 03.08.2020, Az.: 16 O 349/20) antragsgemäß und untersagte dem hinter der E-Mail stehenden Händler, an den Antragsteller insbesondere zur Aufnahme eines geschäftlichen Kontakts Werbeschreiben per E-Mail zu senden bzw. senden zu lassen, ohne dass der Antragsteller vorher ausdrücklich in die Versendung eingewilligt hat.
Der Unterlassungsanspruch folge aus §§ 1004, 823 BGB unter dem Gesichtspunkt eines Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. In der unerwünschten E-Mail mit werblichem Charakter liege eine Belästigung, der bereits Eingriffsqualität zukomme. Der werbende Charakter trete - wenn nicht allein schon durch den Unternehmensnamen - zumindest durch den Slogan in der Unterzeile (siehe oben) in Erscheinung.
E-Mails mit werbendem Inhalt seien ohne vorheriges Einverständnis des Empfängers grundsätzlich rechtswidrig. Für das Eingreifen des Ausnahmetatbestands nach § 7 Abs. 3 UWG bestünden keine Anhaltspunkte, sodass es bei der Rechtswidrigkeit bleibe.
Grundsätzliches zur Zulässigkeit von Newslettern
Im Bereich des Newsletter-Versands gilt der Grundsatz, dass Newsletter nur mit Einwilligung des jeweiligen Empfängers verschickt werden dürfen (sog. Opt-In-Verfahren). Ohne eine solche Einwilligung ist die elektronische Post eine „unzumutbare Belästigung“ und damit eine wettbewerbswidrige Handlung im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG.
Doch der Grundsatz gilt nicht immer: Hat der Empfänger keine ausdrückliche Einwilligung erteilt, muss der elektronische Versand von Werbung nicht zwangsläufig unzulässig sein. Denn das Wettbewerbsrecht enthält in § 7 Abs. 3 UWG eine Ausnahmeregelung. Danach ist eine Einwilligung des Kunden bzw. Empfängers in bestimmten Fällen entbehrlich. Sowohl der Grundsatz als auch die Ausnahme nach § 7 Abs. 3 UWG setzen jedoch voraus, dass es sich um eine Werbung handelt.
Was ist E-Mail-Werbung?
Der Begriff der Werbung umfasst nach der Rechtsprechung nach dem allgemeinen Sprachgebrauch alle Maßnahmen eines Unternehmens, die auf die Förderung des Absatzes seiner Produkte oder Dienstleistungen gerichtet sind. Damit ist außer der unmittelbar produktbezogenen Werbung auch die mittelbare Absatzförderung - beispielsweise in Form der Imagewerbung - erfasst. Werbung ist deshalb jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern.
Ein ähnlicher Fall lag bereits dem BGH (Urt. v. 10.07.2018, Az. VI ZR 225/17) vor. Hier hatte ein Händler den Versand einer Rechnung per E-Mail mit einer Kundezufriedenheitsumfrage verknüpft. Der BGH stellte hier fest, dass in der Übersendung einer Rechnung selbst noch keine Werbung zu sehen sei. Dies habe aber nicht zur Folge, dass die in der E-Mail enthaltene Bitte um Abgabe einer positiven Bewertung von vornherein keine (Direkt-)Werbung darstellen könnte. Die elektronische Post des Händlers werde vielmehr in zweifacher Hinsicht - nämlich für die nicht zu beanstandende Übersendung der Rechnung und zusätzlich für Zwecke der Werbung - genutzt. Die Rechnungsübersendung nehme somit den Charakter der Werbung an.
Vor dem Hintergrund dieser BGH-Rechtsprechung stellt sich die Frage, ob es sich bei dem Verfahren vor dem LG Berlin auch um eine „Zweckentfremdung“ einer Double Opt-In-Mail (zur Bestätigung einer Registrierung) durch die Ausschmücken mit Werbeaussagen handelt und somit der Double Opt-In-Mail ein werblicher Charakter zukommt.
TIPP: Weitere Informationen zum Thema E-Mail-Marketing in Zeiten der DSGVO haben wir in diesem Leitfaden zusammengetragen!
Slogan in Double Opt-In-Mail = Werbecharakter?
Die Beurteilung der Zulässigkeit von ohne Einwilligung empfangenen Double Opt-In-Mails hängt somit von der Frage ab, ob die E-Mail „Werbung“ im Sinne des § 7 UWG enthält oder nicht. Nach der oben genannten Definition der Rechtsprechung ist der Werbebegriff weit zu verstehen und erfasst letztlich jede Äußerung, die mittelbar oder unmittelbar der Absatzförderung dient, sodass schon ein Link zur eigenen Website als Werbung eingestuft werden kann (Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, 4. Aufl. 2019, UWG § 7 Rn. 42).
Diese weite Auslegung des Werbebegriffs ist jedoch im Einzefall einzuschränken, wie die juristische Literatur sowie vereinzelte Gerichte deutlich machen. Das AG Frankfurt a. M. (Urt. v. 02.10.2017, Az. 29 C 1860/17 (81)) sah beispielsweise in der bloßen Verwendung eines Firmenlogos in einer E-Mail keine Werbung, denn es fehle die Absicht, die Förderung des Absatzes der eigenen Produkte oder Dienstleistungen zu erreichen. Weiter wären nach der weiten Auslegung des Werbebegriffs auch Claims oder Firmenschlagworte als Werbung einzuordnen, was jedenfalls dann nicht erfolgen dürfe, wenn der Nutzer dies erkennbar nicht wünsche (Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, 4. Aufl. 2019, UWG § 7 Rn. 44).
Folglich wird teilweise vertreten, den Werbebegriff einschränkend auszulegen. Vom Begriff der Werbung sollen somit nur solche Maßnahmen erfasst sein, die unmittelbar auf eine Förderung des Absatzes gerichtet sind. Vor diesem Hintergrund erscheint es sehr fraglich, ob die streitgegenständliche Gestaltung der Double Opt-In-Mail durch Platzierung eines Slogans als Werbung im Sinne des § 7 UWG einzustufen ist. Sofern ein solcher Slogan nicht aktiv zum Kauf auffordert („Kaufen Sie bei uns!“; „Jetzt kaufen!“ o.ä.), dürfte das Merkmal der unmittelbaren Absatzförderung nicht erfüllt sein.
Hinweis: Eine Bestätigungsmail muss frei von Werbung sein, andernfalls stellt die Bestätigungsmail zweifelsfrei Spam dar. Weitere Informationen können Sie hier erfahren.
Fazit
Wie wir vor Kurzem beleuchtet haben, vertritt das LG Berlin in einem anderen Beschluss die „interessante“ Auffassung, dass auch eine Bestätigungs-Mail (OHNE werblichen Inhalt) im Rahmen des Double-Opt-In-Verfahrens, für die keine Einwilligung vorliegt, unter das Verbot des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG fallen soll. Die IT-Recht Kanzlei bezweifelt auch hier, dass sich diese Ansicht in der Rechtsprechung verfestigen wird.
Online-Händler agieren am sichersten, wenn ihre Double-Opt-In-Bestätigungsmails zur Bestätigung einer Newsletteranmeldung so schlicht wie möglich gestaltet werden. Der Verzicht auf alle Angaben, die auch nur mittelbar als Werbung eingestuft werden könnten, ist immer noch die sicherste Vorgehensweise. Doch auch die Einbindung von Slogans kann im Einzefall zulässig sein, bedarf jedoch juristischer Beurteilung, um teure Abmahnungen zu vermeiden.
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