Der Handel mit Kerzen: Kennzeichnungspflicht – oder nicht?
Alle Jahre wieder blüht vor allem in der Winterzeit der Handel mit Kerzen auf. Allerdings sind auch bei solchen Massenprodukten die Regelungen des Produktsicherheitsgesetzes (ProdSG) zu beachten, die sich für Kerzen aufgrund ihrer brandspezifischen Gefahr in besonderen Hinweiserfordernissen niederschlagen. Zwar verpflichtet dieses Gesetz maßgeblich nur Hersteller und Importeure, allerdings können Händler bei unterlassenen Hinweisen in den Haftungsverband mit einbezogen werden.
Inhaltsverzeichnis
I. Abmahnsichere Rechtstexte
Grundvoraussetzung für den abmahnsicheren Verkauf von Kerzen über das Internet ist zunächst einmal die Verwendung geeigneter Rechtstexte, wie:
- Impressum
- AGB & Kundeninformationen
- Widerrufsbelehrung
- Datenschutzerklärung
Tipp:
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II. Hintergrund
Kerzen sind heutzutage eine echte Massenware – und im wahrsten Sinne des Wortes „brandgefährlich“. Immer wieder findet ein romantisches „Candle light dinner“ oder ein gemütlicher Abend mit Adventskranz seinen Höhepunkt mit dem Anrücken der Feuerwehr – für die Verliebten bzw. Andächtigen ist es dann allerdings mit Romantik, Andacht, und manchmal auch dem Leben, vorbei.
III. Kennzeichnungspflichten
Um derlei unerwünschten Entwicklungen vorzubeugen, müssen Kerzen Warnhinweise tragen, welche die mit der Verwendung des Produktes einhergehenden Brandrisiken durch einen rücksichtsvollen Umgang zu minimieren bezwecken. Im Hinblick auf die konkrete Verantwortlichkeit für diese Hinweise besteht allerdings ein Gefälle zwischen Hersteller-/Importeur- und Händlerpflichten.
1.) Keine europäische Kerzen-Kennzeichnungsverordnung
Anders als Presseberichte aus dem Jahr 2015 vermuten ließen, ergeben sich die Hinweispflichten für Kerzen allerdings nicht aus einer spezifisch auf die Betriebsgefahren der Schmelzlichter abgestimmten europäischen Kennzeichnungsverordnung. Ein solcher Rechtsakt, der eine verbindliche sicherheitsrechtliche Kennzeichnung von Kerzen vorgibt, existiert bislang nicht. Insofern stützen sich diesbezügliche Presseberichte lediglich auf eine Ankündigung der EU-Kommission, mit den Mitgliedsstaaten bezüglich harmonisierter Sicherheitsanforderungen und Etikettierungspflichten für Kerzen in Sondierungsverhandlungen treten zu wollen, und einen entsprechend unterbereiteten Vorlagenentwurf.
Dieser wurde jedoch bisher nicht rechtsverbindlich verabschiedet, sodass eine Normung für Kerzen und diesbezügliche Informationspflichten auf europäischer Ebene bislang nicht existieren.
2.) Informationspflichten nach dem Produktsicherheitsgesetz (ProdSG)
Hinweiserfordernisse für Kerzen ergeben sich demgegenüber aber aus dem deutschen Produktsicherheitsgesetz (ProdSG), welches in § 6 Abs. 1 Gebrauchs- und Warnhinweispflichten für sicherheitsrelevante Verbraucherprodukte aufstellt.
Weil der Verwendung von Kerzen eine nicht unerhebliche Entzündungs- und Brandgefahr sowie das Risiko von Verletzungen gerade bei Kindern immanent ist, unterfallen Kerzen als sicherheitsrelevante Produkte grundsätzlich dem ProdSG. Allerdings obliegt die Kennzeichnung grundsätzlich nur den Herstellern und Importeuren. Für Händler besteht aber eine durch die Rechtsprechung begründete Prüfpflicht mit eigenständigem Haftungspotenzial.
a) Grundsätzlich keine eigenständige Kennzeichnungspflicht für Händler
Zu beachten ist allerdings, dass das ProdSG in § 6 Abs. 1 die primären sicherheitsrechtlichen Kennzeichnungspflichten grundsätzlich allein dem Hersteller bzw. derjenigen Person auferlegt, welche das Produkt erstmalig auf dem europäischen Binnenmarkt bereitzustellen gedenkt.
Eine darüberhinausgehende selbstständige Etikettierungspflicht für die in der Vertriebskette nachgelagerten Händler kennt das Gesetz demgegenüber nicht.
Händler von Kerzen können demnach nicht verpflichtet werden, von Ihnen verkaufte Kerzen selbst zu kennzeichnen und mit den spezifischen Warnhinweisen zu versehen.
b) Händlerhaftung für unterlassene Produktkennzeichnung durch Hersteller und Importeure
Auch wenn Händler dem eindeutigen Wortlaut des § 6 Abs. 1 ProdSG nicht selbst in den Kreis der Kennzeichnungspflichtigen miteinbezogen werden, so sind sie nach § 6 Abs. 5 Satz 1 ProdSG jedoch gehalten, „ dazu beizutragen, dass nur sichere Verbraucherprodukte auf dem Markt bereitgestellt werden.“ Diese Verantwortlichkeit wird in § 6 Abs. 5 Satz 1 dahingehend konkretisiert, dass der Händler keine Verbraucherprodukte auf dem Markt bereitstellen darf, von denen er weiß oder auf Grund der ihm vorliegenden Informationen oder seiner Erfahrung wissen muss, dass es die maßgeblichen (dem Hersteller/Importeur) obliegenden Sicherheitshinweise nicht umsetzt.
Lange war umstritten, inwiefern der Händler aus Basis dieser Sorgfaltspflicht für Kennzeichnungsverstöße der Hersteller oder Importeure eigenständig haften kann.
Mit Urteil vom 12.01.2017 (Az.: I ZR 258/15) hat der BGH die Vorschrift jüngst im Sinne einer grundsätzlichen Prüfpflicht etabliert, deren Vernachlässigung eine wettbewerbsrechtliche Haftung für Kennzeichnungsverstöße auch des Händlers begründen kann.
Nach höchstrichterlicher Auffassung sind Kerzenhändler demnach verpflichtet, sorgfältig zu überprüfen, ob die von Ihnen angebotenen Kerzen mit den notwendigen Hinweisen nach § 6 Abs. 1 ProdSG versehen sind, und im Zweifel von einem Verkauf abzusehen, bis der Hersteller oder Importeur die erforderliche Kennzeichnung ordnungsgemäß nachgeholt hat.
Verkauft der Händler Kerzen, welche über die Hinweise nicht oder nur in unzulänglicher Weise verfügen, unter Missachtung seiner Prüfpflicht, macht er sich hierdurch eigenständig wettbewerbsrechtlich haftbar.
Zwar darf der Händler unterlassene und oder unvollständige Sicherheitshinweise für die Kerzen nicht selbstständig nachbessern oder anbringen, sondern muss sich hierfür stets an den Hersteller halten. Er muss im Zweifel aber spezifische Kenntnisse über den konkreten, notwendigen Inhalt und Umfang der Warnhinweise verfügen, um seinen Prüfpflichten rechtssicher nachzukommen.
c) Erforderliche Informationen nach § 6 Abs. 1 ProdSG
Weil der Händler in Ansehung seiner Prüfpflicht bezüglich der ordnungsgemäßen Sicherheitskennzeichnung durch Hersteller oder Importeure den Inhalt der erforderlichen Hinweise wird kennen müssen, um deren Vorhandensein rechtssicher zu beurteilen, sollen nachfolgend die wesentlichen Kennzeichnungsinhalte gemäß § 6 Abs. 1 ProdSG dargestellt werden.
aa) Sicherheitsinformationen
Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 ProdSG sind Hersteller und Importeure verpflichtet, dem Verbraucher Sicherheitsinformationen für einen möglichst risikofreien Gebrauch zur Verfügung zu stellen. Feste Anforderungen an den Inhalt und Umfang dieser Hinweise legt das ProdSG nicht fest, sondern zwingt vielmehr dazu, die Detailgenauigkeit der Informationen von den mit der Verwendung des Produktes einhergehenden konkreten Risiken abhängig zu machen.
Ratsame Informationen, die beim Verkauf von Kerzen bereitgestellt werden sollten und deren Umfang der Vorgabe des ProdSG in jedem Fall genügt, sind allerdings in der Europäischen Norm DIN EN 15494 aufgeführt und können in Form von Piktogrammen und Begleittexten in folgendem beispielhaften Format bereitgestellt werden:

Hinweis: die Verwendung von Hinweisen sowohl in deutscher als auch in englischer Sprache ist nach dem ProdSG nicht erforderlich, kann aber dann ratsam sein, wenn die Kerze in mehrere europäische Länder vertrieben werden soll.
Festzuhalten ist zwar, dass die Befolgung der DIN EN-Norm für Hersteller und Importeure nicht verpflichtend ist, weil sie einen bloßen Industriestandard festlegt, dem keine Gesetzesqualität zukommt. Dennoch ist die Verwendung der in der Norm enthaltenen Sicherheitsinformationen für Hersteller und Importeure zu empfehlen, weil sie zum einen die ordnungsgemäße Umsetzung der Kennzeichnungspflicht nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 ProdSG gewährleistet und zum anderen das Informationsbedürfnis der Verbraucher abschließend befriedigt.
Regelmäßig bedienen sich Hersteller und Importeure einer Hinweistabelle nach obigem Muster, wobei die Anzahl der Piktogramme und der begleitenden Erklärungen je nach Art der Kerze abweichen kann.
Für die ordnungsgemäße Informationserteilung genügt z.B. ein Beileger zur Kerze, diese Informationen müssen nicht auf der Verpackung selbst angebracht werden (dies ist aus einem Rückschluss aus den Vorschriften der § 6 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 ProdSG zu folgern, da nur diese auf der Verpackung selbst anzubringen sind).
bb) Hersteller- bzw. Importeurkontaktdaten
Zusätzlich zu dem Sicherheitsetikett sind Hersteller und Importeure nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 ProdSG verpflichtet, Ihren Namen und Ihre Kontaktanschrift anzugeben, um dem Verbraucher bei eintretenden Sicherheitsrisiken oder bei Rückfragen eine unmittelbare Kontaktaufnahme zu ermöglichen.
IV. Fazit
Kerzen müssen aufgrund der mit ihrer Verwendung verbundenen brandspezifischen Gefahren Sicherheits- und Kontakthinweise nach dem Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) tragen, wobei der Umfang der ersteren sich sinnvoll am Maßstab der Europäischen Norm DIN EN 15494 bestimmen lässt.
Zwar treffen die primären Etikettierungspflichten auf dem Produkt selbst nur Hersteller und Importeure, weil § 6 Abs. 1 ProdSG Händler gerade aus dem Kreis der Pflichtigen ausklammert.
Nach jüngster Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf Grundlage des § 6 Abs. 5 ProdSG haben Händler allerdings eine Prüfpflicht bezogen auf die ordnungsgemäße Umsetzung der Hinweispflichten und können, wenn sie vom Hersteller/Importeur nicht oder nicht hinreichend gekennzeichnete Kerzen verkaufen, aus einer eigenständigen Wettbewerbsrechtsverletzung haften.
Aus diesem Grunde ist auch für Händler eine Kenntnis des Inhalts und Umfangs der Pflichthinweise unabdingbar. Nur hierdurch kann eine hinreichende und rechtssichere Befolgung ihrer Prüfpflichten sichergestellt werden.
Bei weiteren Fragen zu den sicherheitsrechtlichen Hinweisanforderungen im Kerzenverkauf oder dem Pflichtprogramm des Produktsicherheitsgesetzes steht Ihnen die IT-Recht Kanzlei gerne persönlich zur Verfügung.
Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook.
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Besucherkommentare
Frage zum Piktogramm und den entsprechenden Sätzen der Warnhinweise im Bericht
23.03.2019, 22:57 UhrKommentar von Antje Irina Kaminski