Schleichwerbung auf Instagram: #ad reicht als Kennzeichnung von Werbung in der Regel nicht aus
Die Werbung mit den Meinungen reichweitenstarker Instagram-Stars ist mittlerweile ein fester Bestandteil der modernen Medienwelt. Mit der wachsenden Popularität des neuen Marketing-Tools geraten die „Influencer“ jedoch auch mehr und mehr in den Fokus von zur Abmahnung berechtigten Verbänden und Medienanstalten. Nun unterlag die Drogeriekette Rossmann mit einer Marketing-Kampagne vor dem OLG Celle, weil der bezahlte Post eines beauftragten Influencers nicht hinreichend als Werbung gekennzeichnet war.
Inhaltsverzeichnis
1. Der rechtliche Hintergrund des Verfahrens: Schleichwerbung auf Social-Kanälen
Die Werbung mit den Meinungen eines authentischen Vorbilds ist gerade deshalb so erfolgreich, da Verbraucher diesen gegenüber nicht so skeptisch sind wie gegenüber „echten“ Werbekampagnen. Diesen Vorteil von Influencer-Marketing gegenüber „klassischer“ Werbung haben viele „Meinungsmacher“ bislang ausgiebig für sich genutzt. Obwohl die Influencer häufig ein sattes Entgelt für eine Produktempfehlung oder einen Produkttest kassieren, wird der Werbecharakter des Posts schlichtweg nicht kommuniziert. Beim Verbraucher soll der Eindruck entstehen, es handele sich tatsächlich um die echte Meinung des Bloggers und nicht um einen gekauften Werbepost.
Diese „Verschleierungstaktik“ der Influencer verstößt jedoch gegen das Verbot von Schleichwerbung. Danach muss Werbung als solche gekennzeichnet sein. Der Verbraucher soll einschätzen können, ob es sich bei der Meinung des Influencers tatsächlich um eine „echte“ Meinung oder doch „nur“ um gesponserte Werbung handelt.
Das Gesetz schreibt die Kennzeichnungspflicht von Werbung an mehreren Stellen vor. Vor allem das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) verbietet Schleichwerbung (vgl. §§ 3, 5a Abs. 6; § 3 Abs. 3 UWG i. V. m. Nr. 11 des Anhangs zum UWG; § 3 Abs. 3 UWG i. V. m. Nr. 23 des Anhangs zum UWG) . Daneben ordnen § 6 Abs. 1 Nr. 1 Telemediengesetz (TMG) und §§ 7 Abs. 3 Satz 1, 58 Abs. 1 Rundfunkstaatsvertrag an, dass Werbung klar als solche erkennbar sein muss.
2. Der Fall: Influencer postet bezahlten Werbeslogan auf Instagram
Auslöser des Verfahrens vor dem OLG Celle war ein von der Drogeriekette Rossmann bezahltes Posting eines Influencers. Dieser hatte ein Foto mit dem folgenden Post auf seinem Instagramprofil veröffentlicht:
„An alle Sparfüchse: AUFGEPASST! NUR morgen gibt es in allen Filialen von #rossmann & im Online Shop 40% Rabatt auf Augen Make-Up! Viel Spaß beim Einkaufen! @mein_rossmann Eyes: R deL Y. Mascara & M. N. Y. The Rock Nudes Lidschatten Palette
#blackfriyay #ad #eyes #shopping #rabatt #40prozent”
Dem Verband Sozialer Wettbewerb e. V. war der Post ein Dorn im Auge. Er war der Auffassung, dass es sich bei dem Post um Werbung handele, die gemäß § 5a UWG, § 6 TMG und § 58 Rundfunkstaatsvertrag als solche zu kennzeichnen ist. Der Hashtag „#ad“ mache den kommerziellen Charakter des Posts dabei nicht hinreichend deutlich. Aufgrund des Verstoßes gegen das Verbot von Schleichwerbung mahnte der Verband Rossmann ab und forderte die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung.
Nachdem Rossmann diese offenbar nicht abgeben wollte, trafen sich beide Parteien zunächst vor dem LG Hannover. Dort konnte die Drogeriekette einen Erfolg verbuchen, denn nach Auffassung der Richter am LG Hannover mache der Hashtag „ad“ den Werbecharakter des Postings hinreichend deutlich (LG Hannover, Urteil vom 08.03.2017, 23 O 5/17).
3. OLG Celle: #ad am Ende des Beitrags genügt nicht als Kennzeichnung von Werbung
Das OLG Celle schloss sich in der vom Verband eingelegten Berufung der Auffassung des LG Hannovers nicht an. Es war der Ansicht, dass der kommerzielle Zweck des Posts nicht ausreichend kenntlich gemacht wurde (OLG Celle, Urteil vom 08.06.2017, 13 U 53/17).
Das OLG Celle führt in den Entscheidungsgründen zunächst aus, dass hinsichtlich dessen, wie der kommerzielle Zweck einer geschäftlichen Handlung kenntlich zu machen ist, auf die Umstände des Einzelfalls und des verwendeten Kommunikationsmittels abzustellen ist. Der Hinweis müsse jedenfalls so deutlich erfolgen, dass aus Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds der angesprochenen oder betroffenen Verbraucherkreise kein Zweifel am Vorliegen eines kommerziellen Zwecks besteht. Entscheidend ist also, ob die Instagram-Nutzer, die durch den Post angesprochen werden (sollen), den Werbecharakter des Postings erkennen können. Dieser muss auf den ersten Blick hervortreten.
a. Grundsätzliche Eignung von „#ad“ zur Kennzeichnung von Werbung
Das OLG Celle hält den Hashtag „ad“ – jedenfalls im vorliegenden Fall – für keine derart hinreichende Kennzeichnung. Die Richter lassen dabei jedoch ausdrücklich offen, ob der Hashtag „ad“ grundsätzlich geeignet ist, einen Post als Werbung zu kennzeichnen. Das Gericht entscheidet dazu:
„Der Senat lässt offen, ob die von der Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten unter anderem empfohlene Verwendung des Hashtags "#ad" grundsätzlich geeignet ist, einen Beitrag bei I. oder ähnlichen sozialen Medien als Werbung zu kennzeichnen. Das Ergebnis der von dem Verfügungskläger als Anlage BB 1 vorgelegten Meinungsumfrage könnte Zweifel wecken, ob das Hashtag "#ad" ausreichend bekannt ist, um aus der Sicht eines durchschnittlichen Verbrauchers als eindeutiger Hinweis auf Werbung verstanden zu werden. Der Senat verkennt allerdings nicht, dass aus der Meinungsumfrage nicht erkennbar ist, welcher Teil der Befragten I. oder ähnliche soziale Medien überhaupt nutzt; diejenigen Personen, die nach Behauptung des Verfügungsklägers in erster Linie Zielgruppe der streitgegenständlichen Werbung sind, Kinder und Jugendliche ab 13 Jahren, sind bei der Umfrage nicht berücksichtigt worden.“
b. #ad am Ende des Beitrags genügt nicht der Kennzeichnungspflicht
Im zugrundeliegenden Streitfall befand sich der Hashtag jedoch am Ende des Beitrags und dort an zweiter Stelle von insgesamt sechs Hashtags. Dies wertet das Gericht als keine hinreichende Kennzeichnung des Werbecharakters. So sei bereits zweifelhaft, ob Hashtags, die am Ende eines Beitrags stehen, überhaupt zur Kenntnis genommen werden oder ob sich der Leser des Beitrags auf den eigentlichen Text beschränkt. Jedenfalls – so die Richter am OLG Celle – wird die überwiegende Zahl der Leser des Beitrags sich nicht beim ersten Betrachten der Seite die hier vorhandene Vielzahl an Hashtags ansehen und deshalb auf das Hashtag "#ad" nicht aufmerksam werden.
Auch die farbliche Gestaltung der Hashtags erlaube keine andere Beurteilung. Aus den Gründen:
„Eine andere Beurteilung ergibt sich nicht daraus, dass die Hashtags farblich gegenüber dem übrigen Text abgesetzt sind. Denn diese farbliche Hervorhebung erleichtert es dem Leser eines Beitrags gerade in einem Fall wie dem vorliegenden, bei dem sich eine Vielzahl von Hashtags am Ende des Beitrags befindet, das Lesen des Beitrags am Ende des eigentlichen Textes zu beenden und die Hashtags deshalb nicht zur Kenntnis zu nehmen.“
c. Kennzeichnung des Posts nicht entbehrlich
Das OLG Celle stellt schließlich fest, dass die Kennzeichnung des Werbecharakters des Postings auch nicht entbehrlich ist, weil sich der kommerzielle Zweck unmittelbar aus den Umständen ergibt.
Eine Kennzeichnung des kommerziellen Zwecks sei nur dann entbehrlich, wenn dieser auf den ersten Blick und ohne jeden Zweifel erkennbar ist. Es genüge nicht, wenn der durchschnittliche Leser erst nach einer analysierenden Lektüre des Beitrags dessen werbliche Wirkung erkennt.
Das OLG Celle führt dazu an, dass sich der kommerzielle Zweck des Beitrags weder aus den professionell gestalteten Fotos noch aus den im Posting verwendeten werblichen Begriffen „Sparfüchse“, „@mein_rossmann“, „blackfriday“, „shopping“, „rabatt“, „40prozent“ ergebe. So gebe es auf dem Profil des Influencers weitere Beiträge mit qualitativ hochwertigen, professionell gestalteten Bildern. Hinsichtlich der im Post verwendeten Begriffe stellte das OLG fest, dass sich der werbliche Charakter anhand dieser erst erschließe, wenn ein Leser den Text des Beitrags einschließlich der Hashtags am Ende vollständig und sinnentnehmend gelesen hat. Das genüge für die erforderliche Erkennbarkeit "auf den ersten Blick" jedoch nicht.
4. Empfehlung der IT-Recht Kanzlei
Erhält der Influencer für seine „Meinung“ eine wirtschaftliche Zuwendung, muss sich der Werbecharakter aus dem jeweiligen Post klar ergeben. Wer rechtlich auf Nummer sicher gehen möchte, sollte den gesponserten Post mit dem Hinweis „Werbung“, „Anzeige“ oder „unterstützt durch Produktplatzierung“ versehen.
Tipp: Die IT-Recht Kanzlei bietet Rechtstexte (AGB, Widerrufsbelehrung, Datenschutzerklärung und Impressum) für den Warenverkauf via Instagram an - und das schon ab 9,90 EUR monatlich.
Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook.
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2 Kommentare
ich poste Produktbilder meines eigenen kleinen Betriebes.
Dabei handelt es sich um Handmade Schmuck.
Muss ich Werbung in eigener Sache auch kennzeichnen ?
Viele Grüße
Nicole
Vielen Dank vorab.
Freundliche Grüße
Sara Wolf