OLG Frankfurt a.M.: Abgemahnter Onlinehändler haftet auch für irreführende Alteinträge bei Google
Verstößt ein Händler gegen das Wettbewerbsrecht und wird daraufhin abgemahnt, ist er verpflichtet den Verstoß einzustellen und Sorge dafür zu tragen, dass sich ein gleichartiger Verstoß nicht widerholt. Was kann aber dabei vom Händler genau erwartet werden? Besteht die Pflicht auf Dritte, deren Handeln ihm wirtschaftlich zu Gute kommt, einzuwirken wenn diese den Verstoß eigenständig fortführen? In seinem rechtskräftigen Urteil vom 22.08.2019 (Az. 6 U 83/19), nimmt das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. Händler nun erstaunlich weit in die Pflicht.
Inhaltsverzeichnis
Der Sachverhalt
Die Antragsgegnerin bot auf ihrer Internetseite Stühle zum Verkauf an und warb dabei mit einer Herstellergarantie. Die Garantieerklärung verstieß dabei in mehrfacher Hinsicht gegen die Erfordernisse des § 479 BGB. Die Antragsgegnerin wurde diesbezüglich abgemahnt und gab daraufhin eine Unterlassungserklärung ab. Die Antragsgegnerin löschte im Zuge dessen alle Angaben zur Herstellergarantie auf Ihrer Seite. Sie unterließ es jedoch Google aufzufordern, die veralteten Informationen aus dem Cache der Suchmaschine zu löschen. Dies führte dazu, dass das Angebot der Antragsgegnerin in der Anzeige der Google-Snippets*, noch immer mit der fehlerhaften Herstellergarantie versehen war.
Hiergegen richtete sich eine gegen die Antragsgegnerin gerichtete Beschlussverfügung, die das Landgericht Frankfurt a.M. mit seinem Urteil vom 16.04.2019 aufrecht erhielt. Gegen dieses Urteil ging die Antragsgegnerin in Berufung.
*Ein Google Snippet (Ausschnitt/Schnipsel) wird von einer Suchmaschine automatisch aus dem Content der betreffenden Website generiert. Es gibt verschiedene Arten von Snippets, meist enthält ein Snippet jedoch die URL, eine Kurzzusammenfassung der Website und das Datum. Es können aber auch andere Informationen wie Preise oder Produktinformationen dargestellt werden. Das Snippet wird in Form eines Textsegments bei den Suchergebnissen von Google dargestellt.
Die Entscheidung
Die Berufung hatte keinen Erfolg. Das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. entschied in seinem Urteil vom 22.08.2019 (Az. 6 U 83/19), dass die Antragsgegnerin dazu verpflichtet war, bei Google zu beantragen, dass die veralteten Inforationen gelöscht werden. Die Antragsgegnerin sei auf Grund ihres schädlichen Vorverhaltens hierzu verpflichtet gewesen.
Das Oberlandesgerichtgericht sah es als eine Irrführung der Verbraucher an, dass die tatsächlich nicht vorhandene Herstellergarantie weiterhin über die Google-Suche zu sehen war (§ 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 UWG) .
Das Gericht befand, dass die Antragsgegnerin auch verantwortlich für diese Irreführung sei. Durch ihr vorheriges rechtswidriges Tun (in dem Fall der Verstoß gegen § 479 BGB) hätte sie eine sogenannte „Garantenpflicht“ inne, die zu Folge habe, dass sie auch für ein Unterlassen hafte.
Generell hafte ein Marktteilnehmer nur, wenn er eine eigene aktive Handlung vornimmt. Das Unterlassen könne jedoch dann einem positiven Tun gleichstehen, wenn für die Antragsgegnerin die Pflicht bestünde eine Irreführung der Verbraucher aktiv zu verhindern. Eine solche Pflicht könne sich in beispielsweise aus Gesetz, Vertrag oder einer vorherigen gefahrerhöhenden Handlung ergeben.
Für den konkreten Fall befand das Gericht, dass die vorangegangene unlautere Werbung mit der Herstellergarantie eine solch gefahrerhöhendes Verhalten dargestellt hätte. In der Folge sei sie dazu verpflichtet gewesen, nicht nur ihre eigene Homepage von den fehlerhaften Angaben zu befreien, sondern auch Google aktiv dazu aufzufordern, die Seite aus dem Suchindex und dem Cache zu entfernen. Über das Webmaster-Tool das Google zu solchen Zwecken bereit hält, wäre dies der Antragsgegnerin auch ohne weiteres möglich gewesen.
"Dieses Unterlassen der eigentlich notwenigen Handlung führt dazu, dass die Antragsgegnerin hier auch das von einem Dritten (Google) erstellten Snippet haftet, obwohl auf der verlinkten Seite der Antragsgegnerin zu diesem Zeitpunkt gar keine Werbung mit Herstellergarantie (mehr) auffindbar war."
Fazit
Dieses Urteil muss Händlern als Warnung dienen.
Wird berechtigterweise ein Verstoß gegen einschlägige Marktverhaltensregeln abgemahnt, ist der Händler nicht nur dazu gehalten, seine eigne Homepage rechtskonform anzupassen. Er muss vielmehr zusätzlich in Betracht ziehen, dass der Verstoß auch von Dritten, insbesondere den bekannten Suchmaschinen, fortgeführt wird. Dies kann beispielsweise der Fall sein, weil in den Zwischenspeichen der Suchmaschinen noch die alten Informationen verarbeitet werden.
Es liegt dem Urteil zufolge dann an dem Händler, sich umfassend darüber zu informieren, ob die Informationen mit denen die Suchmaschinen arbeiten auf dem neusten Stand sind und gegebenenfalls die Betreiber dazu aufzufordern, veraltete rechtswidrige Inhalte zu löschen.
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