Keine „Rosinenpickerei“ bei Werbung mit Kundenmeinungen – auch negative Bewertungen müssen genannt werden!

Das OLG Düsseldorf hat entschieden, dass an Verbraucher gerichtete Werbung mit Bewertungen von anderen Verbrauchern auf Internetbewertungsportalen nur dann zulässig ist, wenn auch neutrale und negative Bewertungen ohne Vorbehalte veröffentlicht werden. Werden diese nicht aufgeführt, so stellt dies eine irreführende, beschönigende und somit wettbewerbswidrige Werbung mit Kundenäußerungen dar, (Urteil vom 04.03.2013, Az.: I – 20 U 55/12).
Nur positive Kundenbewertungen wurden sofort freigeschaltet, schlechtere Kundenbewertungen hingegen erst einmal zurückgehalten
Konkret ging es um eine Dentalhandelsgesellschaft, die auf ihrer Homepage eine Verlinkung zu dem Internetkundenbewertungsportal eKomi Ltd. unterhielt. Auf diesem Bewertungsprofil wurden jeweils Bewertungen und Kommentare veröffentlicht, die Verbraucher über die Produkte geschrieben hatten. Die beklagte Dentalhandelsgesellschaft warb für ihre Produkte mit diesen „garantiert echten Kundenmeinungen“. Problematisch war hierbei, dass nur solche Verbraucherbewertungen unverzüglich veröffentlicht wurden, die mit vier oder fünf Sternen bewertet wurden. Schlechtere Bewertungen wurden frühestens fünf Tage später auf das Bewertungsportal eingestellt. Dieses aber auch nur dann, wenn die Dentalhandelsgesellschaft auf ein Schlichtungsverfahren verzichtete. In diesem Verhalten sah die Wettbewerbszentrale ein wettbewerbswidriges Verhalten und klagte.
OLG Düsseldorf verlangt ungeschönte Veröffentlichung von Kundenbewertungen
Das OLG Düsseldorf schloss sich dieser Rechtsansicht an und sah in dieser Praxis eine „irreführende Werbung mit Kundenäußerungen“. Durch die Benachteiligung neutraler oder negativer Bewertungen würde ein übertriebenes positives Bild des bewerteten Unternehmens entstehen, welches unrealistisch sei. Auch die Existenz eines Schlichtungsverfahrens für neutrale oder negative Bewertungen würde „bewertungswillige“ Verbraucher davon abhalten, überhaupt eine Bewertung vorzunehmen. Weiterhin wurden vom Portal eKomi Bewertungen mit rechtswidrigen Inhalten, wie etwa Beleidigungen, die zweifelsohne negative Bewertungen darstellen, von vornherein gelöscht.
Fazit:
Dieser Fall zeigt, dass im Kern nachvollziehbare Interesse einer Firma, dass ihre Produkte in der Öffentlichkeit möglichst gut dargestellt werden. Dazu eignen sich die Bewertungen von anderen Verbrauchern sicherlich bestens, da Verbraucher ein erhöhtes Vertrauen in andere Verbraucherbewertungen haben. Die „Rosinenpickertaktik“ allerdings, bei der nur die guten Bewertungen genannt werden und schlechte gar nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen, stellt ohne Zweifel eine gewisse Irreführung des Verbrauchers dar.
Auch in diesem Fall hätte eine kompetente juristische Beratung im Vorfeld über die Wettbewerbswidrigkeit einer solchen Bewertungsstrategie aufklären und negative finanzielle Folgen verhindern können.
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2 Kommentare
Dort schreiben Sie das Sie mit ekomi kooperieren.
Aber bei diesen ganzen Abmahnungen samt Kanzleien wundert mich nichts mehr. Egal ob sie offensiv oder defenisv agieren - Recht ist anders - aber das wissen Sie sicherlich.
Was ist eine "schlechtere" Kundenbewertung? Ich wurde schon kritisiert und attackiert, als ich bei einer Buchbesprechung "nur" 4 Sterne (von 5 möglichen) vergab.
Was ist wenn keine "schlechteren" Kundenbewertung vorliegen? Das war bei mir als Verkäufer bei Booklooker der Fall. Ich hatte nur "sehr gut" und davon viele. Zu meiner Freude urteilte kurz nach diesem Gerichtsurteil ein Käufer mit "gut" und gab damit – endlich – eine "schlechtere" Kundenbewertung ab.
Auf den Umschlägen von Büchern liest man seit Jahrzehnten nur sehr gute Kundenmeinungen. Nie las ich: "Dieser Roman ist langweilig und ich warf ihn nach 50 Seiten in die Ecke". Die Rosinenpickerei ist da der Normalfall.
In der Werbung gibt es nur Rosinenpickerei. Oder las schon mal jemand: "Diese Seife fand XYZ stinkend" ? Wohl kaum.
Jeder aufgeklärte Verbraucher weiß, dass in der Werbung ausschließlich mit geschönten Slogans gearbeitet wird.Da werben sogar angebliche Kunden (die z.B. nie eine T-Aktie gekauft haben) für Produkte. Niemand stört das.
Im Internet wird plötzlich geurteilt, dass Jahrhunderte der ausschließlich geschönten angeblichen Kundenmeinungen nun vorbei sind.