E-Commerce in Frankreich: Französisches Widerrufsrecht

E-Commerce in Frankreich:  Französisches Widerrufsrecht
3 min
Beitrag vom: 04.11.2015

Das Widerrufsrecht bei Online-Verträgen ist in der Europäischen Gemeinschaft zwar weitgehend durch die Verbraucherrechterichtlinie 2011/83 harmonisiert worden. Dies gilt für Frankreich allerdings nicht für alle Details. Es ist daher für den deutschen Onlinehändler, der Waren in Frankreich vertreibt, nützlich, die genaue Rechtslage in Frankreich zu kennen.

Die Mindestwiderrufsfrist von 14 Tagen, einfache Widerrufserklärung oder Erklärung per Musterwiderrufserklärung, Ausnahmen vom Widerrufsrecht sind durch EU-Recht voll harmonisiert.

Interessant ist dagegen die Regelung von bestimmten Einzelfragen:

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Erklärung des Widerrufs

Der Verbraucher hat die Beweislast für die Erklärung des Widerrufs (Art. L. 121-21-2 Code de Consommation). Er kann den Widerruf auch per E-Mail übermitteln entweder mit einer einfachen Widerrufserklärung oder durch Ausfüllen der Musterwiderrufserklärung. Der Onlinehändler ist verpflichtet, den Eingang der E-Mail zu bestätigen. Die Rückübersendung der Widerrufsware wird nicht ausreichen (bestritten, aber wohl vorherrschende Meinung). Eine Widerrufserklärung per Telefon ist möglich, wird aber im Streitfall schwer zu beweisen sein. Im Ergebnis wird der Verbraucher auf eine postalische Übermittlung der Widerrufserklärung per Einschreiben nicht verzichten können, wenn er den Widerruf gegenüber dem Onlinehändler beweisen will.

Rückübersendung der Widerrufsware

Der Onlinehändler kann darum bitten, dass der Verbraucher die Ware in der Originalverpackung zurückschickt und eine Paketnummer des Onlinehändlers benutzt. Dies sind aber keine zwingenden Voraussetzungen für die Rückübersendung der Ware

Rückerstattung des Kaufpreises

Der Onlinehändler muss den vollen Kaufpreis und die Versandkosten innerhalb von 14 Tagen nach dem Tag der Widerrufserklärung erstatten. Der Onlinehändler muss allerdings nicht die Rücksendekosten tragen. Es ist dem Onlinehändler nicht erlaubt, ein Nutzungsentgelt für die Nutzung der Ware während der Widerrufsfrist zu verlangen (Art. 121-21-7 Code de Consommation). Er kann diese Zurückerstattung bis zum Empfang der Widerrufsware oder des Beweises der Rückübersendung der Ware verweigern.

Der Onlinehändler kann Wertersatz für die Wertminderung der Widerrufsware verlangen, wenn diese Wertminderung durch einen Gebrauch der Ware verursacht wurde, der für die Feststellung der Funktionsfähigkeit und der wesentlichen Merkmale der Ware nicht notwendig war (Art. L. 121- 21-3 Code de Consommation). Diese Gesetzbestimmung kann zu erheblichen Auslegungsschwierigkeiten führen. Zu der Frage des Begriffs der Wertminderung der Widerrufsware gibt es – so weit zu sehen - noch keine Rechtsprechung.

Verzugszinsen bei nicht fristgerechter Rückerstattung des Kaufpreises

Falls der Onlinehändler den Kaufpreis nicht fristgerecht rückerstattet, werden ihm per Gesetz Verzugszinsen auferlegt. Diese Verzugszinsen nach Ablauf der Rückerstattungsfrist sind nach verschiedenen Zeiträumen gestaffelt (Art. L. 121-21-4)

Zahlung innerhalb von 10 Tagen Gesetzlicher Zinssatz von 4,29 %
Zahlung nach 10 bis 20 Tagen Zinssatz von 5%
Zahlung nach 20 bis 30 Tagen Zinssatz von 10%
Zahlung nach 20 bis 60 Tagen Zinssatz von 20%
Zahlung nach 60 bis 90 Tagen Zinssatz von 50%

Für jeden weiteren Monat zusätzliche Steigerung des Zinssatzes bis zur Höhe des Kaufpreises

Zusätzlich kann gegen den Onlinehändler eine Geldbuße bis zu 1500 Euro verhängt werden.

Der Onlinehändler sollte sich daher bei Vertrieb von Waren in Frankreich nicht auf eine Verzögerungsstrategie im Rahmen seiner Rückerstattungspflicht zu Lasten des Verbrauchers einlassen. Dies kann ihn sehr teuer kommen.

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