Domains: Rechtsschutz gegen unberechtigte Dispute-Einträge

Domains: Rechtsschutz gegen unberechtigte Dispute-Einträge
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von Bogdan Ril
14.05.2021 | Lesezeit: 5 min

Sogenannte Dispute-Einträge sind im Zusammenhang mit Domainstreitigkeiten ein effektives und einfaches Mittel, um sich vor Rechtsverletzungen durch eine rechtswidrige Domainnutzung zu schützen. Was ist jedoch, wenn der Eintrag selbst unberechtigt ist? In einer aktuellen Entscheidung vom 25.03.2021, AZ. 2 U 35/20 legt das OLG Braunschweig dar, dass auch betroffene Domaininhaber vor unberechtigten Einträgen Schutz genießen. Daher können sie von einem Dritten, der einen unberechtigten Dispute-Eintrag veranlasst hat, gemäß § 812 Abs. 1 BGB die Löschung des Eintrags verlangen.

Altes Leid: Streit um den Domainnamen

Im vorliegenden Fall hatte sich der Beklagte durch die Klägerin in seinen Rechten verletzt gefühlt, weil diese eine Domain genutzt hatte, die gleichlautend mit dem Nachnamen des Beklagten war. Der Beklagte war der Auffassung, dass ihm aufgrund seines Namens ein Recht an der Domain zustehen würde und erwirkte bei der DENIC einen Dispute-Eintrag zulasten der Klägerin.

Die Klägerin meinte allerdings, dass der Dispute-Eintrag zu Unrecht erfolgt sei. Daher erhob sie zunächst Klage beim LG Braunschweig, mit dem Ziel, den Eintrag löschen zu lassen und den Beklagten zur Unterlassung künftiger Dispute-Einträge zu Verpflichten.

Da das Gericht ihrem Antrag nicht stattgab, legte Sie Berufung vor dem OLG Braunschweig ein und bekam schließlich einen Löschungsanspruch zugesprochen.

Exkurs: Dispute-Eintrag - was ist das eigentlich?

Die DENIC stellt ein hilfreiches Rechtsinstrument zur Durchsetzung behaupteter Rechte zur Verfügung: den sog. Dispute-Eintrag. Ein solcher Eintrag ist bei der DENIC zunächst per Formular zu beantragen. Inhaltlich muss der Anspruchsteller nachweisen, dass ihm ein Recht an der Domain zukommen könnte, und dieses Recht gegenüber dem Domaininhaber geltend machen. Hält die DENIC den Antrag für schlüssig, so nimmt sie zu Gunsten des Anspruchstellers für die streitgegenständliche Domain einen Dispute-Eintrag vor.

Der Dispute-Eintrag gilt zunächst für ein Jahr. Die DENIC verlängert ihn jedoch, wenn der Dispute-Inhaber erneut ein Dispute-Antragsformular im Original einreicht und Unterlagen vorlegt, aus denen sich ergibt, dass die Auseinandersetzung mit dem Domaininhaber noch nicht abgeschlossen ist.

Der Dispute-Eintrag bewirkt vor allem, dass der Domaininhaber die Domain nicht mehr auf einen Dritten übertragen kann, und verhindert somit, dass er sich der Auseinandersetzung mit dem Anspruchsteller entzieht. Ein Übergang der Domain auf den Anspruchsteller bleibt aber weiterhin möglich. Außerdem gewährleistet der zu Gunsten des Anspruchstellers eingerichtete Dispute-Eintrag, dass dieser unmittelbar neuer Domaininhaber wird, wenn der bisherige Inhaber die Domain löscht. Das ist für den Anspruchsteller vor allem deshalb von Vorteil, weil nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung vom Domaininhaber nur die Löschung der Domain, nicht aber deren Übertragung verlangt werden kann.

Hat der Anspruchsteller also einen Dispute-Eintrag, braucht er vom Inhaber lediglich eine solche Löschung verlangen, und kann dank des Dispute-Eintrags sicher sein, danach selbst Domaininhaber zu werden. Zu diesem Zweck ist es erforderlich, im Dispute-Eintragsformular auch gleich die Person anzugeben, die in diesem Fall administrativer Ansprechpartner wird.

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Achtung: Keine voreiligen Dispute-Einträge

Anders als die Erstinstanz gewährte das OLG Braunschweig der Klägerin einen Anspruch auf Löschung des Eintrags nach § 812 Abs. 1 S. 1 2. Alt. BGB. Nach der Vorschrift kann derjenige, auf dessen Kosten der Anspruchsgegner etwas ohne rechtlichen Grund erlangt hat, Herausgabe verlangen.

Zum einen stellte nach Ansicht des Gerichts der Dispute-Eintrag zugunsten des Beklagten eine vermögenswerte, vorteilhafte Rechtposition für ihn dar. Denn nach den Domainbedingungen der DENIC hat ein solcher Eintrag zur Folge, dass die betroffene Domain zwar grundsätzlich vom Domaininhaber genutzt, jedoch nicht mehr auf einen Dritten übertragen werden kann.

Zudem bewirkt der DISPUTE-Eintrag, dass, sobald die Domain durch den Domaininhaber freigegeben wird, der Inhaber des DISPUTE-Eintrags nachrückt und unmittelbar zum neuen Inhaber der Domain wird. Vor diesem Hintergrund sichert sich der Beklagte mit dem DISPUTE-Eintrag nicht nur die Priorität gegenüber etwaigen weiteren Gleichnamigen, sondern bewirkt für sich auch einen Domainerwerb, sofern die Domain freigegeben wird. Diese für den Beklagten vorteilhafte und vermögensrechtlich verwertbare Rechtsposition ähnelt einer Anwartschaft auf die Domainregistrierung und stellt ein „Etwas“ im Sinne des § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB dar.

Gleichzeitig bedeutet die mangelnde Übertragbarkeit der Domain infolge des Dispute-Eintrags auch, dass der Beklagte die Rechtsposition – nämlich die Priorität – auf Kosten der Beklagten erlangt hat, „weil diese die uneingeschränkte wirtschaftliche Verwertbarkeit der Domain verliert“.

Einen Rechtsgrund für die Erlangung hat das Gericht nicht gesehen. Denn entgegen seiner Ansicht stehen dem Beklagten keinerlei Rechte gegenüber der Klägerin in Bezug auf die streitige Domain zu. Insbesondere das Namensrecht aus § 12 BGB, auf das der Beklagte den Dispute-Eintrag stützte, kommt als Rechtsgrund nicht Betracht. Dies würde nämlich voraussetzen, dass ihm tatsächlich ein namens- oder kennzeichenrechtlicher Unterlassungs- oder Löschungsanspruch gegen die Klägerin als Domaininhaberin zusteht, was jedoch hier gerade nicht der Fall war.

Einen Anspruch aus § 823 Abs. 1 i. V. m. § 1004 Abs. 1 BGB analog, gerichtet auf Unterlassung künftiger Dispute-Einträge lehnte das OLG Braunschweig hingegen ab, weil die Klägerin durch den Dispute-Eintrag in keinem sog. absoluten Rechte verletzt worden ist:

"Durch die Registrierung des Domainnamens erwirbt der Inhaber der Internetadresse weder Eigentum am Domainnamen selbst noch ein sonstiges absolutes Recht, das ähnlich der Inhaberschaft an einem Immaterialgüterrecht verdinglicht wäre."

Fazit: Drum prüfe....

Ein Dispute-Eintrag ist grundsätzlich nur dann sinnvoll, wenn man durch eine Domainnutzung tatsächlich in seinen Rechten verletzt wird. Daher sollte man, bevor man einen entsprechenden Antrag bei der DENIC stellt, seine Rechte sorgfältig prüfen.
Auf der anderen Seite bedeutet die Entscheidung des OLG Braunschweig, dass betroffene Domaininhaber nicht jedem Dispute-Eintrag schutzlos ausgeliefert sind. Es macht also Sinn, sich gegen unberechtigte Einträge zu wehren, um die Verwertbarkeit seiner Domain zu schützen.

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