BGH: „Sofortüberweisung“ als einziges unentgeltliches Zahlungsmittel ist unzumutbar
In seinem Urteil vom 18.07.2017 (Az.: KZR 39/16) stärkt der BGH Verbraucherrechte. Der Senat entschied, dass die „Sofortüberweisung“ als einzige unentgeltliche Bezahlmethode nicht zumutbar sei, da diese für den Verbraucher zu viele Risiken berge.
Inhaltsverzeichnis
Sachverhalt
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen klagte gegen die DB Vertrieb GmbH, welche auf ihrer Internetseite unter anderem Flugreisen anbot, die Kunden nur durch die sogenannte „Sofortüberweisung“ ohne zusätzliche Gebühren bezahlen konnten. Für die Bezahlung mit Kreditkarte wurde eine zusätzliche Gebühr von 12, 90 Euro gefordert.
Wenn der Kunde die Option „Sofortüberweisung“ nutzten wollte, erfolgte die Zahlung an die Beklagte unter Zwischenschaltung der S. GmbH. Dazu musste der Verbraucher seine Kontozugangsdaten, inklusive des personalisierten Sicherheitsmerkmals (PIN) und des Authentifizierungsinstruments (TAN), in die Eingabemaske der S. GmbH eingeben.
Die S. GmbH fragte anschließend bei der kontoführenden Bank die Validität der eingegebenen Daten, den aktuellen Kontostand, sowie den Kreditrahmen für den Dispokredit ab.
Entscheidung des BGH
Die Buchung von Flugreisen durch Verbraucher über das Portal der Beklagten stelle einen Verbrauchervertrag im Sinne von § 312 BGB dar.
Somit sei der § 312a Abs. 4 Nr. 1 BGB auf diesen anwendbar.
Nach § 312a Abs. 4 Nr. 1 BGB ist eine Vereinbarung unwirksam, durch die ein Verbraucher verpflichtet wird, ein Entgelt dafür zu zahlen, dass er zur Bezahlung ein bestimmtes Zahlungsmittel nutzt, wenn für ihn keine gängige und zumutbare unentgeltliche Zahlungsmöglichkeit besteht.
Der BGH entschied nun, dass das Anbieten der „Sofortüberweisung“ als einziges unentgeltliches Zahlungsmittel gegen den § 312a Abs. 4 Nr. 1 BGB verstoße, da es nicht zumutbar sei.
Ob die „Sofortüberweisung“ ein gängiges Zahlungsmittel ist, ließ der BGH hier offen.
Der Begriff der Zumutbarkeit ist in § 312a Abs. 4 Nr. 1 BGB nicht definiert.
Aus dem Sinn und Zweck der Regelung ergebe sich aber, dass sich die Unzumutbarkeit aus besonderen Umständen, wie einem den Verbrauchern entstehenden Mehraufwand, eintretenden Verzögerungen und ihrer Bedeutung im Lichte des Vertragszwecks, sowie Sicherheitsaspekten ergeben könne.
Durch die Zwischenschaltung der S. GmbH würden die Verbraucher im vorliegenden Fall einem zu hohen Risiko ausgesetzt, da sie mit einem nicht beteiligten Dritten in vertragliche Beziehungen treten und diesem hochsensible Finanzdaten sowie weitere vertrauliche Informationen übermitteln müssten.
Überdies verlange die Beklagte sogar ein vertragswidriges Verhalten von ihren Kunden.
Nach den Online-Banking-Bedingungen der meisten kontoführenden Banken in Deutschland sei die Weitergabe von PIN und TAN an Dritte – also auch an die hier zwischengeschaltete S GmbH – nämlich untersagt.
Durch die Eingabe der geschützten Daten auf der Seite der S. GmbH verstoße der Kunde nun gegen die Geschäftsbedingungen seiner Bank und verhalte sich vertragswidrig. Da die Geschäftsbedingungen der jeweiligen Bank für den Kunden einsehbar seien, hafte er nun für den durch seine vertragswidrige Handlung entstandenen Schaden in vollem Umfang.
Auswirkung für die Praxis
Der BGH beendet somit den seit 2015 andauernden Streit um die „Zumutbarkeit“ von unentgeltlichen Zahlungsmitteln im Online-Verkehr und bestätigt das LG-Urteil vom 24.06.2015.
Zwar darf die „Sofortüberweisung“ weiterhin als Zahlungsmittel im Online-Verkehr angeboten werden, da es jedem Verbraucher freistehe sich den oben genannten Risiken auszusetzen; allerdings darf es nicht die einzige unentgeltliche Zahlungsmethode sein.
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© vege - Fotolia.com
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1 Kommentar
Was denkt der "Bundesverband der Verbraucherzentralen" damit erreicht zu haben? Dass die Händler die horrenden Gebühren von PayPal und AmazonPay auf ihre Kappe nehmen?
Der Onlinehandel wäre "ehrlicher", wenn die Kosten der Zahlungssysteme dem Kunden klar und transparent dargestellt werden würden/müssten.
Damit noch mehr Schwachsinns-Chaos ausbricht, will der "Gesetzgeber" nun ab 2018 gänzlich untersagen, dass solche Kosten weitergegeben werden dürfen.
Fakt ist: Die Gebühren fallen an und werden auf irgendeine Art und Weise an den Kunden weitergereicht - egal, wie man das Kind dann nennt.