Ab dem 13.06.2014: Wer trägt das Risiko von Beschädigungen und Verlust bei der Rücksendung von Waren nach dem Widerruf?
Geht nach dem Widerruf eines Verbrauchers bei der Rücksendung der Ware zum Verkäufer etwas schief, etwa weil die Ware beschädigt wird oder verloren geht, stellt sich die Frage: wer trägt den Schaden? Muss der Verbraucher Wertersatz zahlen oder hat am Ende der Händler den Schaden? Die IT-Recht Kanzlei gibt einen Überblick über die Vorschriften zur Gefahrtragung nach altem und neuem Verbraucherwiderrufsrecht.
Inhaltsverzeichnis
I.Einer muss verlieren
Ein Verbraucher bestellt bei einem Online-Versand einen Fußball. Nachdem er den Ball zugeschickt bekommen hat, macht er von seinem Fernabsatzwiderrufsrecht Gebrauch. Wie mit dem Händler vereinbart, sendet der Verbraucher das Päckchen auf dem Postweg zurück an den Verkäufer. Dort kommt es allerdings nie an, da es – unerklärlicherweise und unauffindbar – unterwegs verlorengegangen ist…
Muss nun der Verbraucher Wert- oder Schadensersatz für den Verlust zahlen? Ändert sich daran etwas mit Inkrafttreten der Gesetzesnovelle zum Verbraucherwiderrufsrecht zum 13. Juni 2014?
II. Die Gefahrtragung beim Rückversand nach altem Recht
Nach der bis zum 13. Juni 2014 geltenden Rechtslage (also nur noch bei Altfällen) trug der Händler als Unternehmer gemäß § 357 Absatz 2 Satz 2 BGB alte Fassung bei Widerruf und Rückgabe die Kosten und die Gefahr der Rücksendung der Ware.
1. Keine Wertersatzpflicht des Verbrauchers
Ging die Ware also auf dem Postweg verloren oder wurde sie dabei beschädigt, hatte der Verkäufer Pech gehabt – Wert- oder Schadensersatz musste der Verbraucher in diesen Fällen nicht zahlen.
Allerdings trug der Verbraucher die Beweislast dafür, dass er die Ware überhaupt zurückgesendet hatte. Dementsprechend sollten Verbraucher die entsprechenden Einlieferungsbelege bis zur vollständigen Rückabwicklung des Kaufvertrags gut aufbewahren.
2. Der Verkäufer trug die Beweislast
Kam die Ware beschädigt beim Verkäufer an, so stellte sich die Frage, ob sie vom Verbraucher beschädigt worden war oder tatsächlich erst auf dem Versandweg Schaden genommen hatte. Die Beweislast dafür, dass es sich nicht um einen Transportschaden handelte, sondern der Verbraucher den Gegenstand beschädigt hatte, trug der Verkäufer. Diesem konnte der Nachweis jedoch nur dann gelingen, wenn die Ware keine typischen Transportschäden aufwies, sondern Schäden hatte, die stark auf eine unsachgemäße Handhabung durch den Verbraucher hindeuteten.
3. Der Verbraucher musste die Ware ordentlich verpacken
Für die Rücksendung musste der Verbraucher die Ware in geeigneter Weise verpacken. Der Verkäufer musste von Gesetzes wegen nur typische Transportrisiken tragen. War die Ware also deswegen beschädigt, weil der Verbraucher sie nicht ordnungsgemäß verpackt hatte, so musste der Händler dies nicht hinnehmen. Geschirr sollte beispielsweise nicht ohne zusätzliche, schützende Umverpackung und zudem nicht lose verschickt werden.
Als Faustformel galt: geeignet war eine Verpackung dann, wenn sie dieselbe Beschaffenheit aufwies wie bei der Hinsendung.
4. Abweichende Gefahrtragung beim Speditionsversand
Besonderheiten galten beim Speditionsversand, also etwa bei der Rücksendung von Kühlschränken, Waschmaschinen, Klavieren oder Möbeln zum Verkäufer, bei denen kein Paketversand möglich war. In diesen Fällen musste der Verbraucher die Ware nicht selbst an den Verkäufer zurückschicken, sondern vielmehr musste der Verkäufer den Rücktransport per Spedition organisieren. Es handelte sich um eine sog. Holschuld des Verbrauchers, das bedeutete der Verkäufer musste die Sache selbst bzw. per Spedition beim Verbraucher abholen (lassen).
Kam der Händler dem Rücknahmeverlangen des Verbrauchers nicht (fristgemäß) nach, geriet er ggf. nach den gesetzlichen Vorschriften in Annahmeverzug. Gemäß § 300 BGB haftete der Verbraucher dann nur noch für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Wurde die Ware in der Zeit des Annahmeverzugs also beim Verbraucher beschädigt, ohne dass den Verbraucher dabei ein größeres Verschulden traf, erhielt der Verkäufer keinen Wert- oder Schadensersatz.
III. Die Gefahrtragung beim Rückversand nach neuem Recht
Mit Inkrafttreten der Gesetzesnovelle zum Verbraucherwiderrufsrecht zum 13. Juni 2014 wurde u. a. § 357 Absatz 2 Satz 2 BGB alte Fassung vollständig geändert. Das Widerrufsfolgenrecht, das bislang zu großen Teilen parallel zum gesetzlichen Rücktrittsfolgenrecht lief, ist vollständig überarbeitet worden. § 357 BGB enthält nun ein vollkommen eigenständiges Rückabwicklungsregimes für das Widerrufsrecht.
Dabei blieb die Regelung zur Gefahrtragung bei der Rücksendung allerdings erhalten. Eine zu § 357 Absatz 2 Satz 2 BGB alte Fassung wortgleiche Vorschrift ist nun in § 355 Absatz 3 Satz 4 BGB geregelt, so dass sich rechtlich nichts ändern wird. Der Händler muss das Risiko der Beschädigung oder des Verlusts der Ware von Gesetzes wegen zwingend auch dann tragen, wenn nach seinen AGB und der Widerrufsbelehrung der Verbraucher die Rücksendekosten tragen muss. In der Praxis kann dies für den Unternehmer den Nachteil haben, dass im Falle der Beschädigung oder des Verlusts der Ware auf dem Transportweg nur der Verbraucher eine entsprechende Schadensanzeige oder einen Nachforschungsauftrag beim Paketdienstleister stellen kann, da der Verbraucher dann in der Regel der Vertragspartner des Paketdienstleisters ist. Der Händler müsste dann also häufig dem Verbraucher hinterherlaufen, um den Schaden ersetzt zu bekommen. Händler können das Problem aber dadurch umgehen, dass sie trotz der vereinbarten Kostentragung durch den Verbraucher zunächst selbst die Rücksendung in Auftrag geben und bezahlen, und die dadurch entstehenden Kosten vom zurückzuerstattenden Kaufpreis abziehen.
Darüber hinaus enthält § 357 BGB nun eine – wie § 357 Absatz 10 BGB zeigt – abschließende Regelung von Fällen, in denen der Verbraucher Wertersatz im Rahmen des Widerrufs leisten muss. Eine Wertersatzpflicht im Falle der Beschädigung oder des Verlusts der Ware im Zuge deren Rücksendung ist darin jedoch gerade nicht geregelt.
IV.Fazit
Geht bei der Rücksendung der Ware zum Verkäufer nach dem Widerruf des Verbrauchers etwas schief, etwa weil die Ware verloren geht oder beschädigt wird, so trägt hierfür der Verkäufer das Risiko. Er hat also Pech und bleibt auf seinem finanziellen Schaden sitzen, wenn ihm keine Ansprüche gegen den Paketdiensleister zustehen sollten.
Anders sieht es nur dann aus, wenn der Verbraucher die Ware nicht in geeigneter Art und Weise verpackt hat und sie deshalb beim Rückversand beschädigt worden ist. In diesem Fall muss der Verbraucher für den Schaden aufkommen. Allerdings muss dies der Verkäufer dem Verbraucher nachweisen.
Bei Problemen, Rückfragen und weiteren Fragen zu diesem Thema hilft Ihnen das Team der IT-Recht Kanzlei selbstverständlich gerne auch persönlich und im Einzelfall weiter.
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