OLG Hamm: Verkürzung der Gewährleistungsfrist bei B-Waren auf 1 Jahr ist wettbewerbswidrig

OLG Hamm: Verkürzung der Gewährleistungsfrist bei B-Waren auf 1 Jahr ist wettbewerbswidrig
09.03.2014 | Lesezeit: 3 min

Hinweis: Interessante weiterführende Informationen zum Thema hat die IT-Recht Kanzlei in ihrem Beitrag "Gewährleistung / Mängelhaftung" veröffentlicht.

Der Verkauf von B-Waren im elektronischen Geschäftsverkehr stellt sowohl für Online-Händler als auch für Verbraucher ein lukratives Geschäft dar. Über den Versandhandel sind erstere nämlich befähigt, ihre Waren zweiter Wahl wie z.B. Restposten, Artikel mit fehlender oder beschädigter Verpackung, Vorführware und eigene Versandretouren an Verbraucher abzusetzen. Letztere erhalten die Ware im Gegenzug zu einem besonders günstigen Preis.

Mit Urteil vom 16.01.2014 (Az. I-4 U 102/13) hat das OLG Hamm nun entschieden, dass beim Verkauf dieser B-Ware gegenüber Verbrauchern die gesetzliche Gewährleistungsfrist von 2 Jahren gelten muss diese nicht – wie bei Gebrauchtwaren- auf 1 Jahr reduziert werden kann.

Die gesetzlichen Gewährleistungsfristen im Überblick

Grundsätzlich kann der Verbraucher die gesetzliche Mängelhaftung des Verkäufers (Gewährleistung) binnen 2 Jahren ab erhalt der Ware in Anspruch nehmen, §438 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BGB.

Diese Frist kann nach §475 Abs. 2 BGB in den AGB des Verkäufers nicht wirksam abbedungen oder verkürzt werden. Eine Ausnahme sieht das Gesetz an gleicher Stelle lediglich beim Verkauf von Gebrauchtwaren vor, für den eine Verkürzung des Gewährleistungszeitraums auf 1 Jahr möglich ist.

Nicht betroffen von dieser Regelung ist lediglich der Anspruch des Verbrauchers auf Schadensersatz, den der Verkäufer stets wirksam ausschließen oder aber die Ansprüche des Käufers auf diesen beschränken kann, §475 Abs. 2 BGB.

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Die Entscheidung des Gerichts

Der Klage gegen einen Online-Händler lag eine Definition des Begriffs der B-Ware in dessen AGB zugrunde, welche einige Beispiele aufzählte, gleichermaßen aber die volle Funktionstüchtigkeit der jeweiligen Produkte versicherte. Darüber hinaus erfolgte der Hinweis auf eine verkürze Gewährleistungsfrist von einem Jahr in Anlehnung an den §10 der Händler-AGB, der eine solche für Gebrauchtwaren vorsah.

Das OLG Hamm sah in dieser Verkürzung einen unzulässigen und damit wettbewerbswidrigen Verstoß gegen §4 Nr. 11 UWG i.V.m. §275 BGB, indem es die Anwendbarkeit der Fristverkürzung für Gebrauchtwaren auf B-Waren verneinte.

Gebrauchtwaren, die in der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie als „second hand goods“ ausgewiesen wurden, seien als Waren zweiter Hand nicht mit Waren zweiter Wahl gleichzusetzen.

Erstere seien durch eine bereits erfolgte Benutzung nämlich bereits ihrem bestimmungsgemäßen Gebrauch zugeführt worden, während B-Waren als Waren zweiter Wahl lediglich zwecks der Vorführung aus ihrer Verpackung genommen worden seien oder bloß in Hinblick auf eine etwaig fehlende oder beschädigte Verpackung unvollständig seien.

Dies mache B-Waren jedoch nicht zu Gebrauchtwaren, bei denen eine verkürzte Gewährleistungsfrist deshalb gerechtfertigt sei, weil der Verbraucher sich bewusst auf ein höheres Mängelrisiko durch eine bereits erfolgte Benutzung einlasse. B-Waren indes müssten als Neuwaren gelten, da eine Produktpräsentation oder schlichte Mängel in der Verpackung deren Funktionsfähigkeit nicht beeinträchtigten.

Insofern müsste für B-Waren wie für Neuwaren die gesetzliche Gewährleistungsfrist von 2 Jahren gleichermaßen gelten.

Durch die unzulässige Verkürzung erachtete das OLG die Klausel in den AGB sodann als unwirksam und sah darin zudem einen Verstoß gegen §3 Abs. 2 UWG. Derartige Klauseln könnten nämlich unbeschadet ihrer Unwirksamkeit den Verbraucher davon abhalten, seine Gewährleistungsansprüche geltend zu machen, und seien demnach geeignet, den Verbraucher an einer für §3 Abs. 2 UWG relevanten informationsgeleiteten Entscheidung zu hindern.

Fazit

B-Ware und Gebrauchtware dürfen nicht gleichgesetzt werden, sodass beim Verkauf von Ware zweiter Wahl eine Verkürzung der Gewährleistungsfristen auf 1 Jahr eine wettbewerbswidrige Handlung darstellt. Die unzulässige Verkürzung birgt ein hohes Abmahnrisiko und sollte bei Möglichkeit vermieden oder behoben werden.

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