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Arzneimittelwerbung: im Internet

21.07.2011, 17:25 Uhr | Lesezeit: 39 min
Arzneimittelwerbung: im Internet

Achtung: Der nachfolgende Beitrag ist mittlerweile veraltet!
Aktuellere Informationen erhalten Sie in unserem Beitrag zum Thema "Verkauf von Arzneimitteln / Homöopathika".

Der Online-Vertrieb von Arzneimitteln hat sich in jüngster Zeit rapide weiterentwickelt. Kein Wunder also, dass sich auch die Online-Werbung für Arzneimittel sehr verbreitet hat. Doch mit der zunehmenden Werbung für Arzneimittel im Internet, stellen sich auch viele rechtlichen Fragen hinsichtlich deren Konformität mit den gesetzlichen Regelungen. Die folgenden FAQ stellen die wichtigsten rechtlichen Fragen und Antworten hinsichtlich der Online-Werbung für Arzneimittel dar.

Folgende Gerichtsentscheidungen wurden (unter anderem) berücksichtigt:

Werbebanner für Apotheken

Erstes Thema: Allgemeines zur Arzneimittelwerbung

Frage: Welche Gesetze regeln die Arzneimittelwerbung?

Die Werbung für Arzneimittel wird auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene durch die Art. 86 ff. der Richtlinie 2001/83/EG aktualisiert durch die Richtlinie 2004/27/EG geregelt (im Folgenden „Richtlinie“).
Im deutschen Recht regelt dies das Heilmittelwerbegesetz (HWG).

Frage: Was ist ein Arzneimittel?

Das HWG verweist hinsichtlich des Arzneimittelbegriffs auf § 2 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 Arzneimittelgesetz (AMG).

§ 2 AMG
(1) Arzneimittel sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,
1. die zur Anwendung im oder am menschlichen oder tierischen Körper bestimmt sind
und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung
menschlicher oder tierischer Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind
oder
2. die im oder am menschlichen oder tierischen Körper angewendet oder einem Menschen
oder einem Tier verabreicht werden können, um entweder
a) die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder
metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen
oder
b) eine medizinische Diagnose zu erstellen.
(2) Als Arzneimittel gelten
1. Gegenstände, die ein Arzneimittel nach Absatz 1 enthalten oder auf die ein
Arzneimittel nach Absatz 1 aufgebracht ist und die dazu bestimmt sind, dauernd
oder vorübergehend mit dem menschlichen oder tierischen Körper in Berührung
gebracht zu werden.

Die Bestimmungen des § 2 AMG sind richtlinienkonform im Sinne des europarechtlichen Arzneimittelbegriffs der Richtlinie auszulegen (dieser Begriff deckt sich aber weitgehend mit dem Arzneimittelbegriff des § 2 AMG) .
Diese Richtlinie enthält zwei Definitionen des Arzneimittels: eine nach der „Bestimmung bzw. Bezeichnung“ und eine nach der „Funktion“. Um als Arzneimittel zu gelten, muss das Mittel nur eine der Definitionen erfüllen. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH sind die Definitionen zudem weit auszulegen (EuGH, Urteil vom 20.03.1986, Az. 35/85, Slg. 1986, 1207 ff., Rn. 26 – Tissier; EuGH BeckRS 2004, 77613 Rn. 23 - Monteil und Samanni; EuGH BeckRS 2004, 74146 Rn. 16 - Upjohn).

Bei der Abgrenzung zu Lebensmitteln ist auf die überwiegende Zweckbestimmung des Mittels, insbesondere auf dessen pharmakologische Wirkung, abzustellen (BGH, Urteil vom 11.07.2002, Az. I ZR 34/01).

Frage: Was ist Werbung?

Das HWG beinhaltet keine Legaldefinition der Werbung.

Art. 86 Abs. 1 der Richtlinie hingegen fasst unter den Begriff der Werbung

„alle Maßnahmen zur Information, zur Marktuntersuchung und zur Schaffung von Anreizen mit dem Ziel, die Verschreibung, die Abgabe, den Verkauf oder den Verbrauch von Arzneimitteln zu fördern“.

Nach allgemeiner Ansicht, ist der gemeinschaftsrechtliche Begriff der Werbung auch dem HWG zugrunde zu legen.
Daher fallen auch Veröffentlichungen im Internet in den Anwendungsbereich der Richtlinie, wenn mit ihnen ein Absatzinteresse verfolgt wird. „Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, ob es sich um anpreisende Präsentationen oder um sonstige produktbezogenen Angaben handelt“ (BGH  vom 16.07.2009, Az. I ZR 223/06). Somit fallen grds. auch einfache Artikelbeschreibungen unter den Begriff der Werbung, sofern sich hinter ihrer Nennung ein Absatzinteresse verbirgt (was bei Nennung durch Arzneimittelkonzerne oder Vertreiber wohl zu vermuten ist).

Art 86 Abs. 2 der Richtlinie sieht Ausnahmen des Anwendungsbereichs vor und nennt ausdrücklich die Etikettierung und die Packungsbeilage, sowie Angaben, die Verkaufskataloge und Preislisten betreffen.

„Verboten ist hingegen die  (…) Verbreitung von Informationen über ein Arzneimittel, die Gegenstand einer vom Hersteller vorgenommenen Auswahl oder Umgestaltung waren, die nur durch ein Werbeziel erklärbar ist“ (EuGH vom 05.05 2011, Az. C-316/09).

So dürften also, bei Veröffentlichung der Informationen der Packungsbeilage im Internet, nicht z.B. die Nebenwirkungen weggelassen werden.

Ausdrücklich aus dem Anwendungsbereich des HWG ausgenommen sind gemäß § 1 Abs. 6 die auf dem Bestellformular aufgeführten Angaben beim Online-Vertrieb, soweit diese für eine ordnungsgemäße Bestellung notwendig sind. Irgendwelche weitergehenden Werbeaussagen, die für die Bestellung nicht unbedingt notwendig sind, sind jedoch untersagt.

„Dafür reicht es nicht aus, auf jeder Seite, auf der für einen bestimmten Artikel geworben wird, einen Button „Warenkorb“ einzufügen, um die Seite als Bestellformular  auszuweisen und sich von jeglichen Pflichtangaben zu befreien“ vielmehr könne als Bestellformular nur diejenige Seite angesehen werden, „auf welcher der Käufer die Bestellung letztlich auslöst“ (OLG des Landes Sachsen-Anhalt vom 24.03.2006, Az. 10 U 58/05 (HS)).

Zweites Thema: Plichtangaben bei Internetwerbung für Arzneimittel

Frage: Welche Pflichtangaben sind bei der Bewerbung von Arzneimitteln im Internet zu nennen?

Welche Angaben in der Werbung von Arzneimitteln mitgeteilt werden müssen, bestimmt die Vorschrift des § 4 I HWG. Sinn und Zweck der in § 4 I HWG genannten Pflichtangaben besteht darin, den Verbraucher vollständig über bestimmte medizinisch-relevante Merkmale eines Arzneimittels und insbesondere über dessen Indikation und Wirkungsweise zu informieren und ihn dadurch in die Lage zu versetzen, sich über das jeweilige Präparat vor einem Kaufentschluss ein sachbezogenes Bild zu machen (BGH, Urt. v. 30.10.1997 - I ZR 185/95, GRUR 1998, 591 = WRP 1998, 502 - Monopräparate; BGHZ 140, 134, 141 - Hormonpräparate). Dies setzt voraus, dass die Werbung in dieser Hinsicht überhaupt Angaben enthält.

Bezüglich des Umfangs der mitzuteilenden Pflichtangaben ist zu unterscheiden, an wen sich die Werbung mit Arzneimitteln wendet (dies gilt auch für Werbung im Internet). Hiernach gilt folgendes:

1. In der Werbung gegenüber Angehörigen der sog. Fachkreise (=Angehörige der Heilberufe oder des Heilgewerbes, Einrichtungen, die der Gesundheit von Mensch oder Tier dienen, oder sonstige Personen, soweit sie mit Arzneimitteln, Medizinprodukten, Verfahren, Behandlungen, Gegenständen oder anderen Mitteln erlaubterweise Handel treiben oder sie in Ausübung ihres Berufes anwenden) sind die Pflichtangaben (= Langversion) gemäß § 4 I mitzuteilen, diese sind:

  • Name oder Firma und Sitz des pharmazeutischen Unternehmens
  • Bezeichnung des Arzneimittels (Sonderreglung in § 4 Ia HWG)
  • Zusammensetzung des Arzneimittels gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 d AMG,
  • Anwendungsgebiete,
  • Gegenanzeigen,
  • Nebenwirkungen,
  • Warnhinweise, soweit sie für die Kennzeichnung der Behältnisse und äußeren Umhüllungen vorgeschrieben sind,
  • bei Arzneimitteln, die nur auf ärztliche, zahnärztliche oder tierärztliche Verschreibung abgegeben werden dürfen, der Hinweis "Verschreibungspflichtig",
  • die Wartezeit bei Arzneimitteln, die zur Anwendung bei Tieren bestimmt sind, die der Gewinnung von Lebensmitteln dienen.
  • Bei einer Werbung für traditionelle pflanzliche Arzneimittel, die nach dem AMG registriert sind, muss folgender Hinweis mitgeteilt werden: "Traditionelles pflanzliches Arzneimittel zur Anwendung bei... (spezifiziertes Anwendungsgebiet/spezifizierte Anwendungsgebiete) ausschließlich auf Grund langjähriger Anwendung".

2. In der Werbung gegenüber Laienpublikum (= außerhalb der Fachkreise) sind gemäß § 4 I, III S. 3 HWG folgende Pflichtangaben (= Kurzversion) mitzuteilen:

  • Bezeichnung des Arzneimittels (Sonderreglung in § 4 Ia HWG)
  • Anwendungsgebiete,
  • Warnhinweise, soweit sie für die Kennzeichnung der Behältnisse und äußeren Umhüllungen vorgeschrieben sind,
  • bei Arzneimitteln, die nur auf ärztliche, zahnärztliche oder tierärztliche Verschreibung abgegeben werden dürfen, der Hinweis "Verschreibungspflichtig",
  • die Wartezeit bei Arzneimitteln, die zur Anwendung bei Tieren bestimmt sind, die der Gewinnung von Lebensmitteln dienen.

Achtung: Bei einer Werbung gegenüber Laienpublikum (=außerhalb der Fachkreise) muss nach § 4 I, III S. 1 HWG zusätzlich der Hinweis

„Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“

erscheinen. Dieser Hinweis ist als Ausgleich für die bloße Kurzversion der Pflichtangaben gegenüber Laienpublikum zu sehen, denn das Laienpublikum soll bezüglich weiterer Fragen (z.B. zu Nebenwirkungen des Arzneimittels) darauf hingewiesen werden, dass ein Arzt oder Apotheker weitere Informationen erteilen kann.

Frage: Wie sind die Pflichtangaben im Internet darzustellen?

Die Pflichtangaben müssen (wie bei Online-Werbung sonst auch) von den übrigen Werbeaussagen deutlich abgesetzt, abgegrenzt und gut lesbar sein (§ 4 Abs. 4 HWG). Zugleich muss die Arzneimittelwerbung die Pflichtangaben gemäß § 4 Abs. 1 HWG "enhalten". Die Verwendung des Begriffs "enthalten" macht deutlich, daß die Pflichtangaben in unmittelbarem und engem Zusammenhang mit der übrigen Werbung stehen müssen (vgl. Beschluss des OLG Hamburg vom 03.05.2002, Az. 3 U 355/01):

Sinn und Zweck der Pflichtangaben ist es, daß diese dem Arzt unmittelbar im Zusammenhang mit der Werbung für ein Arzneimittel zur Kenntnis gelangen. Die Pflichtangaben müssen daher als sachlich informativer Teil der Gesamtwerbung erkannt werden. Sie müssen eindeutig und unmittelbar der übrigen Werbung für das jeweilige Arzneimittel zugeordnet werden können und dürfen kein losgelöstes kommunikatives Eigenleben entfalten (Doepner, Heilmittelwerbegesetz, 2. Auflage, § 4 Rn. 61; Gröning, Heilmittelwerbegesetz, § 4 Rn. 96). An der erforderlichen engen Verbindung zwischen den Pflichtangaben und der Werbung für die einzelnen Arzneimittel fehlt es hier.

Wie genau eine solche Zuordnung aussehen muss, hat das LG Ravensburg in seinem Urteil (vom 28.02.2011, Az. 1 O 131/10) präzisiert: So sei eine lose Nennung des Hinweise in der Fußzeile nicht ausreichend, vielmehr muss eine eindeutige Zuordnung, beispielsweise über einen Sternchenhinweis, erfolgen.

Ergo: Bei Werbung gegenüber Verbrauchern müssen die Pflichtanagaben ohne einen weiteren „Click“ wahrnehmbar sein. Denn das Ziel ist es, dass der Verbraucher die Pflichtangaben fast zwangsläufig wahrnimmt (OLG Köln vom 18.09.2009, Az. 6 U 49/09) und die Angaben schnell dem jeweiligen Medikament zuordnen kann (OLG München, vom 07.03.2002 Az. 29 U 5688/01).

An der erforderlichen engen Verbindung fehle es jedenfalls

- so das OLG Hamburg (Beschluss vom 03.05.2002, Az. 3 U 355/01), wenn der Adressat der Werbung drei Zwischenschritte (Anklicken) benötigt, um die Pflichtangaben für das einzelne Arzneimittel einsehen zu können:

Der Adressat der streitgegenständlichen klägerischen Internet-Werbung erreicht zunächst die Bewerbung der einzelnen klägerischen Arzneimittel (Anlage K 1). Wenn er die an der linken Seite der Website befindliche sogenannte "Navigationsbox" mit der Bezeichnung "Fachinfos" bzw. "Fachinformationen" anklickt, gelangt er nicht unmittelbar zu den Pflichtangaben der einzelnen beworbenen Arzneimittel. Statt dessen kommt er zunächst auf eine alphabetisch sortierte, mehrseitige Medikamentenliste (Anlage K 3). Erst wenn er aus dieser Übersicht das ihn interessierende Arzneimittel auswählt und nachfolgend anklickt, erhält er die entsprechenden Pflichtangaben im Sinne von § 4 HWG. Es sind mithin drei Zwischenschritte nötig, um die Pflichtangaben für das einzelne Arzneimittel einsehen zu können. Aufgrund des damit verbundenen Aufwandes besteht das Risiko, daß der Adressat der Werbung Informationen, die für seine Verordnungs- bzw. Kaufentscheidung maßgeblich sind, nicht erhält (BGH GRUR 1991, 859, 860 Leserichtung bei Pflichtangaben). Die Pflichtangaben stehen mithin nur in einem mittelbarem Zusammenhang mit der Bewerbung der Arzneimittel und sind deshalb nicht wie von § 4 Abs. 1 HWG verlangt in der Werbung "enthalten".

- so das OLG München (Urteil vom 07.03.2002, Az. 29 U 5688/01), wenn bei der Erreichbarkeit der Pflichtangaben via Link für den Werbeadressaten mehrere Schritte erforderlich sind, um zu den Pflichtangaben zu gelangen. Im streitgegenständlichen Fall bewarb der Beklagte Arzneimittel. Der jeweilige Werbetext erschien auf dem Bildschirm des Nutzers gemeinsam mit einer linken Spalte, in der sich ein Link „Fachinformationen” befand. Durch Anklicken dieses Links gelangte der Nutzer zu einer alphabetisch geordneten Liste der beworbenen Arzneimittel, durch Anklicken des jeweiligen Arzneimittels sodann zu den betreffenden Fachinformationen, die die Pflichtangaben gem. § 4 Abs. 1 HWG enthalten.

Hierzu das OLG München:

Dem Werbeadressaten wird durch die von der Beklagten vorgenommene Gestaltung ein zusätzlicher Aufwand und besonderer Einsatz abverlangt, um zu den Pflichtangaben zu gelangen; er muss zunächst den Link „Fachinformationen” anklicken, sodann aus einer alphabetischen Liste das betreffende Arzneimittel auswählen und schließlich dieses Arzneimittel anklicken. Damit bestehen die Gefahren, dass dem Werbeadressaten - entgegen der Intention des Gesetzgebers - wichtige Informationen für die Kaufentscheidung vorenthalten werden (vgl. BGH v. 7.6.1990 - I ZR 206/88, MDR 1990, 982 = GRUR 1991, 859 [860] - Leserichtung bei Pflichtangaben) und dass die Pflichtangaben ein kommunikatives Eigenleben entfalten.

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Frage: Fällt Internet-Werbung für Arzneimittel per se unter das Privileg der Werbung in "audiovisuellen Medien" (§ 4 Abs. 5 HWG)?

Das OLG Hamburg führte hierzu aus (Beschluss vom 03.05.2002, Az. 3 U 355/01):

Die Entstehungsgeschichte der Regelung zeigt, daß die werberechtliche Privilegierung zum einen solche Medien erfassen sollte, bei denen aus Raum- und Zeitgründen nur begrenzte Möglichkeiten der Wiedergabe der Pflichtangaben gegeben sind, und daß es sich zum anderen um solche Medien handeln sollte, bei denen der Adressat nicht in der Lage ist, die Pflichtangaben adäquat wahrzunehmen und zu verarbeiten. Die medienspezifische Erleichterung hinsichtlich der Pflichtangaben bezieht sich somit in erster Linie auf Hörfunk- und Fernsehwerbung. Internet-Werbung unterscheidet sich jedoch maßgeblich von diesen Werbeformen. Zum einen besteht keine räumliche und zeitliche Beschränkung seitens der Werbenden, zum anderen kann die Werbung von den Adressaten unbeschränkt lange betrachtet und gegebenenfalls auch gespeichert oder ausgedruckt werden.

Frage: Was gilt bei Werbung gegenüber Fachkreisen?

Bei Werbung gegenüber Fachkreisen ist strittig, ob die Erreichbarkeit der Pflichtangaben durch einen Link den gesetzlichen Anforderungen genügtUm also kein Haftungsrisiko einzugehen, empfiehlt es sich die Pflichtangaben unmittelbar nach der Werbeaussage zu platzieren.

Frage: Welche Ausnahmen zum Pflichtangabenerfordernis gibt es?

1. Werbung in audiovisuellen Medien

Eine Ausnahme von dem Erfordernis der Pflichtangaben stellt die Werbung in audiovisuellen Medien dar. Wenn die Werbung also im Fernsehen oder im Radio erfolgt, muss lediglich der Hinweis „Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“ erscheinen (§ 4 Abs. 5 HWG).

Gleiches gilt laut dem BGH auch bei Werbung im Internet, wenn sie in Form von Videoclips in bewegten Bildern dargestellt wird. Dafür genügt jedoch nicht, dass nach und nach verschiedene Texte  (oder auch Bilder) eingeblendet werden - selbst wenn die Texte animiert sind. Solch eine Werbung sei einer Werbung in Printmedien gleichzustellen und müsse demnach die Pflichtangaben enthalten (BGH vom 29.04.2010 – Az. I ZR 202/07):

Denn dieser Umstand ändert nichts daran, dass die Möglichkeit der Wiedergabe der Pflichtangaben hier - anders als bei klassischen audiovisuellen Medien wie etwa beim Rundfunk oder beim Fernsehen - durch das Werbemedium weder zeitlich noch räumlich beschränkt ist.

2. Erinnerungswerbung

Das Pflichtangabenerfordernis gilt nicht bei Erinnerungswerbung (§ 4 Abs. 6 HWG). Mit einer solchen Werbung sollen Kunden angesprochen werden, die das Mittel bereits kennen und deren weitere Unterrichtung daher entbehrlich erscheint (BGHZ 140, 134, 141 - Hormonpräparate; 180, 355 Tz. 33 - Festbetragsfestsetzung). Andere Kunden, denen das Präparat nicht bekannt ist, können durch eine solche Werbung nicht fehlgeleitet werden.

Eine Erinnerungswerbung liegt nach dem Wortlaut der Vorschrift vor, wenn ausschließlich mit der Bezeichnung eines Arzneimittels oder zusätzlich mit dem Namen, der Firma, der Marke des pharmazeutischen Unternehmens oder dem Hinweis "Wirkstoff:" geworben wird. Diese Aufzählung ist laut BGH nicht abschließend (vgl. Urteil vom 29.04.2010, Az. I ZR 202/07). Zusätzliche Angaben führen nur dann aus dem Anwendungsbereich des § 4 Nr. 6 HWG heraus, wenn sie einen in medizinischer Hinsicht relevanten Inhalt aufweisen - z.B. Anwendungsgebiete, Indikationsgebiete, Hinweis auf Vergleichsstudien, Wirkungshinweise (vgl. BGH, Urt. v. 9.6.1982 - I ZR 87/80, GRUR 1982, 684, 685 - Arzneimittel-Preisangaben; Urt. v. 15.5.1997 - I ZR 10/95, GRUR 1997, 761, 765 = WRP 1997, 940 - Politikerschelte; BGH GRUR 1998, 591 - Monopräparate). Dagegen sind weitere Angaben, die diese Voraussetzung nicht erfüllen, wie insbesondere solche über Packungsgrößen, Mengen und Preise im Rahmen einer Erinnerungswerbung zulässig (vgl. BGH GRUR 1982, 684, 685 - Arzneimittel-Preisangaben; OLG Köln GRUR-RR 2008, 445; OLG Hamburg MD 2008, 468, 471; OLG Stuttgart MD 2009, 974, 979; Fezer/Reinhart, UWG, 2. Aufl., § 4-S4 Rdn. 489; Gerstberger/Reinhart in Gröning, Heilmittelwerberecht, 3. Aktualisierungs-Lfg. Juni 2009, § 4 HWG Rdn. 106).

Ein Beispiel hierfür ist, der dem OLG Hamburg vorgelegener Fall, in dem eine Apothekeninhaberin auf ihrer Internetseite verschiedene Artikel unter der Rubrik „Für Ihre Reise“ anbot. Dort hieß es u.a. „Aspirin Effect 10 Beutel“. Nach dem OLG lag hier eine Erinnerungswerbung vor, da

„ausschließlich mit der Arzneimittelbezeichnung geworben wurde“.

Gleiches solle gelten, wenn nur mit dem Hinweis „Wirkstoff: …“ geworben werde (OLG Hamburg vom 16.04.2007, Az. 3 U 22/07).

Drittes Thema: Arzneimittelpreisbindung / Gutscheine

Frage: Wo ist die Arzneimittelpreisbindung geregelt und welchen Zweck verfolgt sie?

Hierzu der BGH (Urteil vom 09.09.2010, Az. I ZR 98/08):

"Nach § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3 AMG ist für die verschreibungspflichtigen (Fertig-)Arzneimittel und die zwar nicht verschreibungs-, aber apothekenpflichtigen (Fertig-)Arzneimittel , die zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben werden, ein einheitlicher Apothekenabgabepreis zu gewährleisten. Die Einzelheiten regelt die auf der Grundlage des § 78 Abs. 1 AMG ergangene Arzneimittelpreisverordnung. Diese legt für verschreibungspflichtige Arzneimittel in § 2 die Preisspannen des Großhandels bei der Abgabe im Wiederverkauf an Apotheken und in § 3 die Preisspannen der Apotheken bei der Abgabe im Wiederverkauf jeweils zwingend fest (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 4 AMPreisV).

Die Bestimmung des § 78 Abs. 3 Satz 1 AMG stellt die Rechtslage insoweit zusammenfassend klar, als danach ein einheitlicher Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers für alle Arzneimittel zu gewährleisten ist, soweit für diese verbindliche Preise und Preisspannen durch die Arzneimittelpreisverordnung bestimmt sind. Erst hierdurch ergibt sich in Verbindung mit den Handelszuschlägen, die die Arzneimittelpreisverordnung festlegt, ein einheitlicher, bei der Abgabe an den Endverbraucher verbindlicher Apothekenabgabepreis. Diese Regelungen sollen insbesondere gewährleisten, dass die im öffentlichen Interesse gebotene flächendeckende und gleichmäßige Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sichergestellt ist)"

Frage: Wann wird gegen die Arzneimittelpreisbindung verstoßen - Beispiele?

Ein Verstoß gegen die arzneimittelrechtliche Preisbindung liegt nicht nur dann vor, wenn der Apotheker ein preisgebundenes Arzneimittel zu einem anderen als dem nach der Arzneimittelpreisverordnung zu berechnenden Preis abgibt. Die Bestimmungen der Arzneimittelpreisverordnung werden vielmehr auch dann verletzt, wenn für das preisgebundene Arzneimittel zwar der korrekte Preis angesetzt wird, dem Kunden aber gekoppelt mit dem Erwerb des Arzneimittels Vorteile gewährt werden, die den Erwerb für ihn wirtschaftlich günstiger erscheinen lassen als in einer anderen Apotheke.

Beispiel Nr. 1 -  Ausgabe von auf einen bestimmten Geldbetrag lautenden Einkaufsgutschein bei Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel ("Bonus-Taler").

Der Apotheker gibt bei der Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel auf einen bestimmten Geldbetrag lautende Einkaufsgutscheine aus, die bei einem weiteren Einkauf aus dem sonstigen Apothekensortiment eingelöst werden können. Diese Werbemaßnahme zielt ungeachtet des Umstands, dass der wirtschaftliche Wert des Einkaufsgutscheins erst bei einem "Zweitgeschäft" realisiert werden kann, gerade darauf ab, sich gegenüber anderen Apotheken einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen, der durch die Arzneimittelpreisbindung verhindert werden soll. Bei der Gwwährung von "APO-Talern" im Wert von 1,5 Euro pro verschreibungspflichtigem Arzneimittel auf eingesandten Rezepten sei auch die arzneimittel(preis)rechtliche Eingrifsschwelle überschritten:

Von einer offensichtlichen und eindeutigen Nichtüberschreitung der wettbewerbsrechtlichen Spürbarkeitsschwelle wegen bloßen Vorliegens einer geringwertigen Kleinigkeit kann nicht ausgegangen werden. Zwar liegen 1,50 EUR pro Arzneimittel bei bloßer Betrachtung des Wertes im skizzierten betragsmäßigen "Graubereich", die unter (2) genannten weiteren Kriterien können dies aber nicht eindeutig zu Gunsten des Antragstellers unter die Eingriffsschwelle korrigieren, sondern sprechen vielmehr sogar sämtlich für das Gegenteil: Zum einen handelt es sich um einen einem Barrabatt nicht unähnlichen Einkaufsgutschein, der auf einen bestimmten Euro-Betrag lautet, zum anderen war der Kundenkreis, den die Versandapotheke des Antragstellers mit dem im Internet beworbenen Bonusmodell erreichen wollte, nicht auf einen bestimmten lokalen Bereich beschränkt.

Beispiel Nr. 2 - Ausgabe so genannter "Family-Taler" für den Erwerb von verschreibungspflichtigen, preisgebundenen Arzneimitteln bei geltwertem Prämiensystem.

in Verstoß gegen die arzneimittelrechtliche Preisbindung ist nicht nur beispielsweise bei der Gewährung eines Rabatts erfüllt, sondern auch bei der Ausgabe so genannter "Family-Taler" für den Erwerb von verschreibungspflichtigen, preisgebundenen Arzneimitteln, wenn der Kunde dafür im Rahmen eines Prämiensystems einen geldwerten Vorteil erhält - so das OLG Frankfurt (Urteil vom 20.10.2005, Az. 6 U 201/04):

"Die Ausgabe von „Family-Talern“, um die es im vorliegenden Fall geht, stellt demgegenüber einen relevanten Eingriff in den Preiswettbewerb dar, da sie aus der Sicht des Kunden die von ihm beim Kauf eines preisgebundenen Arzneimittels zu erbringende Gegenleistung im wirtschaftlichen Ergebnis verringert. Das hier praktizierte Prämiensystem lädt zum Kalkulieren ein. Es führt den Kunden vor die Frage, warum er die benötigten preisgebundenen Arzneimittel in einer anderen Apotheke kaufen sollte, wenn er durch regelmäßige Einkäufe in einer Apotheke, die „Family-Taler" ausgibt, beispielsweise die halbjährlich anfallenden Kosten für einen Reifenwechsel oder die Kosten für einen Ölwechsel sparen kann. Der mit einem „Family-Taler" verbundene finanzielle Vorteil mag bescheiden sein. Er kann anhand des Prämienangebots in der Anlage K 1 in etwa auf einen Euro geschätzt werden, wobei es auf den für den Kunden relevanten Verkaufspreis und nicht auf den Händlereinkaufspreis ankommt. Gleichwohl handelt es sich um einen greifbaren Vorteil, der dem Kunden eine berechenbare Ersparnis einbringt. Ein Apotheker, der bei der Abgabe preisgebundener Arzneimittel seinen Kunden einen derartigen Vorteil einräumt, begibt sich auf das ihm in diesem Bereich durch die AMPreisV verschlossene Gebiet des Preiswettbewerbs.

Die eben dargestellte Differenzierung steht mit anderen Preisbindungsregelungen in Einklang. So ist etwa gemäß § 7 Abs. 4 BuchpreisbindungsG die Abgabe geringwertiger Sachbeigaben zulässig. Für unzulässig werden aber neben Payback-Systemen auch Bonuspunkt-Systeme gehalten, die eine Verrechnung der Punkte mit dem Kaufpreis von Büchern oder anderen Waren ermöglichen (vgl. Franzen/Wallenfels/Russ, Preisbindungsgesetz, 4. Auflage, § 7 Rdnr. 10)."

Beispiel - Nr.3 - Bei Einsendung eines Rezepts über verschreibungspflichtige Arzneimitel wird ein Rezeptbonus gewährt , der bei der nächsten Bestellung freiverkäuflicher Apothekenartikel mit dem Kaufpreis verrecht wird.

  • Kein Verstoß gegeben, so das OLG Rostock (Urteil vom 04.05.2005 - 2 U 54/04) und das OLG Naumburg (Urteil vom 26.08.2005 - 10 U 16/05). Begründung: Die Preisbindung werde nicht unterlaufen, weil auf das gesetzlich festgelegte Preisgefüge nicht unmittelbar eingewirkt werde.
  • Verstoß gegeben, so das OLG Frankfurt (Urteil vom 20.10.2005, Az. 6 U 201/04) und das OLG Köln (Beschluss vom 20.09.2005 - 6 W 112/05 - Bl. 252 ff. d.A.). Begründung: So werde aus der Sicht des Verbrauchers schon beim Erstkauf, also beim Erwerb des preisgebundenen Arzneimittels, eine Ersparnis erzielt, weil der Kunde durch den Erstkauf neben dem Arzneimittel einen geldgleich bzw. geldähnlich einsetzbaren Wert erhält.
  • Verstoß gegeben, so das OVG Lüneburg (Beschluss vom 08.07.2011, Az. 13 ME 95/11): "Diese Werbemaßnahme zielt ungeachtet des Umstands, dass der wirtschaftliche Wert des Bonus erst bei einem "Zweitgeschäft" realisiert werden kann, gerade darauf ab, sich gegenüber anderen Apotheken einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen, der durch die Arzneimittelpreisbindung verhindert werden soll."

Beispiel Nr. 4 - Einkaufsgutschein im Wert von 5 € für jedes im Wege des Versandes eingelöste Rezept für verschreibungspflichtige Arzneimittel ("UNSER DANKESCHÖN FÜR SIE").

Ein über einen bestimmten Geldbetrag lautender Gutschein stellt einen Verstoß gegen die arzneimittelrechtliche Preisbindung dar, so der BGH mit Urteil vom 09.09.2010, Az. I ZR 193/07. Abweichendes kann allenfalls dann gelten, wenn der Gutscheinseinlösung wesentliche Hindernisse entgegenstehen (OLG Oldenburg, WRP 2006, 913, 916) oder die Vorteile nicht allein für den Erwerb des preisgebundenen Arzneimittels, sondern auch aus anderem Anlass gewährt werden, etwa weil der Kunde beim Erwerb Unannehmlichkeiten in Kauf nehmen muss (OLG Hamburg, GRUR-RR 2007, 403, 404).

Bei einem Einkaufsgutschein im Wert von 5 € für jedes im Wege des Versandes eingelöste Rezept für verschreibungspflichtige Arzneimittel handele es auch nicht mehr um eine geringwertige Kleinigkeit im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Fall 2 HWG, so der BGH (vgl. Urteil vom 09.09.2010, Az. I ZR 193/07).

Beispiel Nr. 5 - den gesetzlich Krankenversicherten wird die Zahlung der Rezeptgebühr bei der Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel erspart.

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat sich in seinem Beschluss vom 22. März 2011 - 13 LA 157/09 - erneut mit der Frage befasst, ob eine deutsche (Versand-)Apotheke den gesetzlich Krankenversicherten die Zahlung der Rezeptgebühr bei der Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel ersparen darf.

Der Senat hatte dies bereits in zwei Eilverfahren verneint [% Urteil id="5322" text="(Beschluss vom 20. Juni 2008 - 13 ME 61/08" %]-, vgl. dazu Pressemitteilung vom 27. Juni 2008; Beschluss vom 16. Oktober 2008 - 13 ME 162/08 -, vgl. dazu Pressemitteilung vom 20. Oktober 2008). Nunmehr hat er seine Auffassung bekräftigt, dass ein Verstoß gegen die gesetzliche Arzneimittelpreisbindung immer schon dann vorliegt, wenn eine Apotheke dem Versicherten bzw. Kunden gekoppelt mit dem Erwerb des Arzneimittels Vorteile gewährt, die den dortigen Erwerb für ihn wirtschaftlich günstiger erscheinen lassen, als in einer anderen Apotheke. Dies gilt gerade auch dann, wenn die gegen die Preisbindung verstoßende Vorteilsgewährung zugleich mit einem Verstoß gegen die sozialversicherungsrechtlichen Zuzahlungsregelungen verbunden ist.

Der Kläger betreibt eine Versandapotheke. Er hat Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung über deren Krankenkassen "Zuzahlungsgutscheine" zukommen lassen und diese bei einer späteren Bestellung von verschreibungs- und damit zuzahlungspflichtigen Medikamenten eingelöst. Dadurch hat er seinen Kunden die Eigenbeteiligung ersparen wollen. Gegenüber den Krankenkassen hat er so abgerechnet, als wäre die Rezeptgebühr vereinnahmt worden. Die Apothekerkammer hat diese Vorgehensweise untersagt. Das Verwaltungsgericht Osnabrück hat die dagegen gerichtete Klage mit Urteil vom 29. September 2009 - 6 A 271/07 - abgewiesen. Mit der nunmehr erfolgten Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung ist das Urteil rechtskräftig geworden.

Frage: Ist jeder Verstoß gegen die arzneimittelrechtliche Preisbindung auch gleich abmahnbar?

Nein, ein Verstoß gegen die arzneimittelrechtliche Preisbindung ist dann nicht geeignet, die Interessen von Mitbewerbern und sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen, wenn die für eine entsprechende Heilmittelwerbung nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 3, 4 und 5 HWG (s. hierzu weiter unten) bestehenden Grenzen eingehalten sind.

Viertes Thema: Preisangabenverordnung / Werbung mit Preisen

Frage: Muss bei Arzneimitteln der Grundpreis angegeben werden?

Es kommt darauf an, ob die Arzneimittel verschreibungspflichtig sind. So sind die Vorschriften der Preisangabenverordnung und damit auch die Pflicht zur Grundpreisangabe gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 PAngV nicht auf Waren und Leistungen anzuwenden, soweit für sie auf Grund von Rechtsvorschriften eine Werbung untersagt ist.

Diese Bestimmung bezieht sich auch auf die Vorschriften des Heilmittelwerbegesetzes (HWG). Nach dem HWG besteht für verschreibungspflichtige Arzneimittel ein Publikumswerbeverbot, § 10 HWG. Es besteht damit für verschreibungspflichtige Arzneimittel keine Pflicht zur Grundpreisangabe.

Frage: Darf im Zusammenhang mit dem Verkauf von Arzneimitteln mit der UVP geworben werden?

Wer im Internet Medikamente und andere apothekenpflichtige Waren anbietet und dabei den Endpreis unter Angabe einer unverbindlichen Preisempfehlung (UVP) bewirbt, setzt sich einem juristischen Risiko aus: Neuerdings wird diese Vorgehensweise als irreführend im Sinne von § 5 UWG angesehen und abgemahnt.

Hintergrund

Unverbindliche Preisempfehlungen (UVP) werden in der Regel vom Hersteller ausgesprochen – bei Arzneimitteln findet eine solche Empfehlung jedoch meist gerade nicht statt. Vielmehr gilt hier die Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV), in der die Preisbildung für rezeptpflichtige Medikamente gesetzlich festgelegt wird. Die tatsächlichen Endpreise sind in der sogenannten Lauer-Taxe (ADBA-Artikelstamm bzw. „Große Deutsche Spezialitätentaxe“) zentral hinterlegt.

Wettbewerbsrechtliche Problematik

Diese „Apothekenpreise“ sind also keineswegs vom Hersteller empfohlen, und innerhalb des Anwendungsrahmens der AMPreisV auch keineswegs unverbindlich. Die Angabe einer UVP ist folglich falsch – und Werbeformeln wie

Jurazepam – nur € 12,11 (UVP: € 15,99)

verstoßen – trotz Fehlens böser Absichten – bei entsprechender Auslegung gegen das Irreführungsverbot aus § 5 UWG, da der Endverbraucher (dem ja die Lauer-Taxe üblicherweise nicht geläufig ist) durch diese Werbung von falschen Tatsachen hinsichtlich der Preisbildung von Medikamenten ausgehen könnte.

Eine Rechtsprechung zu dieser Thematik existiert bislang nicht; gleichwohl wird in der pharmazeutischen Fachpresse bereits vor drohenden Abmahnungen gewarnt (vgl. z.B. DAZ). Diese Gefahr ist auch als durchaus ernst einzustufen, da gerade im Internet Abmahn-Sportler leichtes Spiel beim Auffinden fehlerhafter Angebote haben; es ist also durchaus damit zu rechnen, dass in nächster Zeit die Websites (und vor allem Webshops) von Apotheken gezielt nach „UVP“-Angeboten durchsucht werden.

Kommentar

Das Werberecht der Heilberufe gehört mit zu den kompliziertesten juristischen Materien – und hier findet sich ein Fall, in dem die entscheidende Norm aus dem „normalen“ Werberecht stammt. Den Tarif der Lauer-Taxe als „UVP“ auszuweisen erscheint ja auf den ersten Blick sogar naheliegend – dennoch ist diese Angabe wettbewerbswidrig und somit ein Risiko.

Abhilfe könnte hier durch eine abgeänderte Werbeformel geschaffen werden, z.B.

Jurazepam – nur € 12,11 (Abgabepreis nach Lauer-Taxe: € 15,99)

oder schlicht

Jurazepam – nur € 12,11.

Fünftes Thema: Verbotene Zugaben und Rabatte bei Arzneimitteln nach § 7 HWG

Frage: Was regelt § 7 HWG?

Gemäß § 7 HWG sind Verkaufsförderungsmaßnahmen in Form von geldwerten Vergünstigungen, die der Werbende seinen Kunden im Zusammenhang mit dem Verkauf von Arzneimitteln gewähren will, grundsätzlich verboten. Der Zweck der in § 7 HWG enthaltenen Regelung besteht vor allem darin, dass Verbraucher bei der Entscheidung, ob und welche Heilmittel sie in Anspruch nehmen, nicht durch die Aussicht auf Zugaben und Werbegaben unsachlich beeinflusst werden sollen (BGH, Urteil vom 6. Juli 2006 - I ZR 145/03).

Nur in den Grenzen des allgemeinen Preisrechts sind Barrabatte bei apothekenpflichtigen Arzneimitteln erlaubt (vgl. § 7 I 1 Nr. 2 HWG). Die Werbung mit sonstigen Zuwendunden ist verboten, es sei denn, es handelt sich um geringwertigige Kleinigkeiten oder einen anderen der enumerativ aufgezählten Ausnahmefälle ( § 7 I 1 Nr. 1, 3 -5 HWG).

Frage: Gilt das in § 7 HWG enthaltene Verkaufsförderungsverbot auch bei bloßer allgemeiner Unternehmenswerbung?

Nein, Voraussetzung ist, daß überhaupt für Arzneimittel geworben wird (§ 1 Abs. 1 HWG). Wie der BGH bereits wiederholt ausgesprochen hat, unterfällt den Bestimmungen des HWG nicht schlechthin jede Pharmawerbung. Einbezogen in den Geltungsbereich des Heilmittelwerbegesetzes ist die produktbezogene Werbung (Produkt-, Absatzwerbung), nicht aber die allgemeine Firmenwerbung (Unternehmens-, Imagewerbung), die ohne Bezugnahme auf bestimmte Präparate für Ansehen und Leistungsfähigkeit des Unternehmens allgemein wirbt, obwohl auch sie - mittelbar - den Absatz der Produkte des Unternehmens fördern kann und soll, wie umgekehrt die Produktwerbung immer auch Firmenwerbung ist (BGH, Urt. v. 17.6.1992 - I ZR 221/90, GRUR 1992, 873 = WRP 1993, 473 - Pharma-Werbespot m.w.N.).

Der BGH (Urteil vom 26.03.2009, Az. I ZR 99/07) hierzu:

"In den Geltungsbereich des Heilmittelwerbegesetzes einbezogen ist allein die produktbezogene Werbung (Produkt- und Absatzwerbung), nicht dagegen die allgemeine Firmenwerbung (Unternehmens- und Imagewerbung), die ohne Bezugnahme auf bestimmte Produkte für das Ansehen und die Leistungsfähigkeit des Unternehmens allgemein wirbt (vgl. BGH, Urt. v. 17.6.1992 - I ZR 221/90, GRUR 1992, 873 = WRP 1993, 473 - Pharma-Werbespot; Urt. v. 15.12.1994 - I ZR 154/92, GRUR 1995, 223 = WRP 1995, 310 - Pharma-Hörfunkwerbung; Urt. v. 31.10.2002 - I ZR 60/00, GRUR 2003, 353, 355 = WRP 2003, 505 - Klinik mit Belegärzten).

Die Beantwortung der für die Anwendbarkeit des Heilmittelwerbegesetzes entscheidenden Frage, ob die zu beurteilende Werbung Absatz- oder Firmenwerbung ist, hängt danach maßgeblich davon ab, ob nach dem Gesamterscheinungsbild der Werbung die Darstellung des Unternehmens oder aber die Anpreisung bestimmter oder zumindest individualisierbarer Produkte im Vordergrund steht (BGH GRUR 1992, 873 - Pharma-Werbespot; GRUR 1995, 223 - Pharma-Hörfunkwerbung; GRUR 2003, 353, 355 f. - Klinik mit Belegärzten). Diese Grundsätze gelten insbesondere auch für die in § 7 HWG geregelte Werbung mit Werbegaben (vgl. BGH, Urt. v. 21.6.1990 - I ZR 240/88, GRUR 1990, 1041, 1042 = WRP 1991, 90 - Fortbildungskassetten; Urt. v. 4.7.2002 - I ZR 38/00, GRUR 2002, 1088, 1091 = WRP 2002, 1269 - Zugabenbündel, m.w.N.). Die Bestimmung des § 7 HWG ist daher nur dann anwendbar, wenn gewährte Werbegaben sich aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs als Werbung für konkrete Heilmittel darstellen (Gröning, Heilmittelwerberecht, Bd. 1, 1. Ergänzungslieferung Dezember 2003, § 7 HWG Rdn. 11 m.w.N.)."

Frage: Liegt eine allgemeine Unternehmenswerbung vor, wenn sich die Verkaufsförderungsmaßnahme auf das gesamte Produktsortiment bezieht?

Falsch sei, so der BGH, die Rechtsauffassung, nach der eine produktbezogene Werbung nur bei Zuwendungen für einzelne oder abgegrenzte Teile des Sortiments vorliege, Zuwendungen auf alle Produkte des Gesamtsortiments dagegen als unternehmensbezogene Werbung einzustufen seien. Diese Auffassung vernachlässige den Zeck der Regelung des § 7 HWG:

Dieser besteht vor allem darin, durch eine weitgehende Eindämmung der Wertreklame im Bereich der Heilmittel der abstrakten Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung zu begegnen, die von einer Werbung mit unentgeltlichen Zuwendungen ausgehen kann (vgl. BGH, Urt. v. 30.1.2003 - I ZR 142/00, GRUR 2003, 624 = WRP 2003, 886 - Kleidersack, m.w.N.). Das Berufungsgericht hat im Blick auf diesen Zweck mit Recht darauf hingewiesen, dass es keinen überzeugenden Grund gibt, den vom Gesetzgeber im Bereich der Heilmittelwerbung als grundsätzlich unerwünscht angesehenen Anreiz einer Wertreklame gerade dann hinzunehmen, wenn diese Form der Reklame für eine besonders große Zahl von Heilmitteln eingesetzt wird; denn die Eignung einer Zuwendung, den Absatz eines Heilmittels unsachlich zu beeinflussen, hängt nicht davon ab, ob die Zuwendung allein für genau benannte Heilmittel, eine nicht näher eingegrenzte Vielzahl von Heilmitteln oder sogar für das gesamte, neben Heilmitteln auch andere Produkte umfassende Sortiment angekündigt und gewährt wird.

Daher: Auch wenn sich Verkaufsförderungsmaßnahmen nicht auf einzelne, sondern für alle beim Werbenden erhältlichen Medizinprodukte und sonstigen Erzeugnisse beziehen, stehen die Zuwendungen (bzw. Prämien/ Rabatte etc.) in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Absatz dieser Produkte.

Anders formuliert: Keine Rolle spielt, ob die Zuwendung für

  • ausdrücklich genannte Medizinprodukte,
  • für eine nicht näher eingegrenzte Vielzahl solcher Produkte oder
  • für das gesamte Sortiment einschließlich der Medizinprodukte erfolgt.

Entscheidend ist allein, dass die Zuwendung an den Absatz eines Arzneimittels gekoppelt ist, da dies zu einer unsachlichen Beeinflussung führen kann, die die Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG verhindern soll (so der BGH, Urteil vom 26.03.2009, Az. I ZR 99/07).

Frage: Steht die Nichtnennung des Produktnamens einer produktbezogenen Werbung für Arzneimittel zwingend entgegen?

Nein, dies ist etwa dann nicht der Fall, wenn die Werbung den erforderlichen (mittelbaren) Produktbezug enthält, wenn etwa die angesprochenen Verkehrskreise auf Grund sonstiger Umstände, wie etwa der Angabe der Indikationsgebiete oder ihrer eigenen Marktkenntnisse, der in Rede stehenden Darstellung entnehmen, es solle für bestimmte – wenn auch namentlich nicht genannte – Arzneimittel geworben werden (vgl. BGH GRUR 1995, 223 – Pharma-Hörfunkwerbung, juris-Tz. 18 m.w.N.).

Frage: Die Arzneimittelpreisbindung und die Möglichkeit der Gewährung von Zuwendungen/Werbegaben → wie passt das zusammen?

Hierzu der BGH (Urteil vom 09.09.2010, Az. I ZR 98/08):

"Die Bestimmungen der § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3, Abs. 3 Satz 1 AMG, § 1 Abs. 1 und 4, § 3 AMPreisV sind neben § 7 HWG anwendbar. Die beiden Regelungsbereiche weisen unterschiedliche Zielsetzungen auf (...). Der Zweck der in § 7 HWG enthaltenen Regelung besteht vor allem darin, dass Verbraucher bei der Entscheidung, ob und welche Heilmittel sie in Anspruch nehmen, nicht durch die Aussicht auf Zugaben und Werbegaben unsachlich beeinflusst werden sollen (...). Er unterscheidet sich daher erheblich von den Zwecken, die mit der arzneimittelpreisrechtlichen Regelung verfolgt werden.

Die Bestimmungen der § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3, Abs. 3 Satz 1 AMG, § 1 Abs. 1 und 4, § 3 AMPreisV sind nach ihrem Zweck dazu bestimmt, den (Preis-)Wettbewerb unter den Apotheken zu regeln (..). Sie stellen damit Marktverhaltensregelungen i.S. des § 4 Nr. 11 UWG dar."

Frage: Was ist eine geringwertige Kleinigkeit i.S.d. § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fall 2 HWG?

Nach dem Sinn und Zweck der Regelung fallen unter diesen Begriff allein Gegenstände von so geringem Wert, dass eine relevante unsachliche Beeinflussung der Werbeadressaten als ausgeschlossen erscheint. Als geringwertige Kleinigkeiten sind daher nur kleinere Zugaben anzusehen, die sich als Ausdruck allgemeiner Kundenfreundlichkeit darstellen.

In folgenden Fällen ging der BGH von einer geringwertigen Kleinigkeit aus:

  • Punktesammelsystems: Präsenzapotheke, bei der ein Punkt pro verschreibungspflichtigem Medikament ausgegeben wurde und bei Erreichen von zehn Punkten eine Gutschrift in Höhe von 10,00 EUR oder eine Erstattung der Praxisgebühr erfolgen sollte. (vgl. Urteil des BGH vom 09.09.2010, Az. I ZR 98/08).
  • Apotheke gibt laut Kundenprospekt sog. E-Taler aus. Diese können gegen Prämien eingetauscht werden. Ein einzelner E-Taler hat einen Wert i.H.v. 0,40 €. Der BGH ist der Meinung, dass eine Werbegabe mit einem Wert von rund 0,40 € oder auch 0,50 € die Wertgrenze nicht überschreitet, also von einer geringwertigen Kleinigkeit ausgegangen werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 09.09.2010, Az. I ZR 125/08).

In folgenden Fällen ging der BGH nicht mehr vom Vorliegen einer geringwertigen Kleinigkeit aus:

Frage: Was gilt bei einem Wert einer Werbegabe von mehr als 1,00 EUR pro Arzneimittel und weniger als 2,50 EUR pro Arzneimittel?

Nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verbleibt derzeit ein "ungeklärter Graubereich" bei einem Wert einer Werbegabe von mehr als 1,00 EUR pro Arzneimittel und weniger als 2,50 EUR pro Arzneimittel. Das OVG Lüneburg (Beschluss vom 08.07.2011, Az. 13 ME 95/11) weist in diesem Zusammenhang zurecht darauf hin, dass zum Teil auch gänzlich unterschiedliche Kundenbindungssysteme betroffen sein können:

"Die Wertgrenzen können deshalb nach Ansicht des Senats auch nicht etwa "starr" in der Art und Weise herangezogen werden, dass unabhängig von der Art des Bonusmodells und der Bandbreite des Einsatzes bei einem Wert von unter 1,00 EUR pro Arzneimittel stets von einer fehlenden Spürbarkeit auszugehen wäre."

Mit folgenden Überlegungen führt das OVG Lüneburg die BGH-Rechtsprechung zur Spürbarkeitsschwelle fort:

  • "So ist nach Auffassung des Senats wegen der Nähe zu einem Barrabatt der nicht die Spürbarkeitsschwelle überschreitende Wert bei einer pro Arzneimittel gewährten Werbegabe bei einem auf einen bestimmten aufgedruckten Geldbetrag lautenden Einkaufsgutschein niedriger anzusetzen als bei einem Punktesammelsystem, bei dem der Kunde erst viel später und nicht sogleich bei einem weiteren Geschäft in der Apotheke oder bei einem Kooperationspartner den Gegenwert zurückerhalten kann. M. a. W. handelt es sich bei einer sächlichen Werbegabe (z. B. Taschentücher) eher noch um eine geringwertige Kleinigkeit als bei der Aushändigung eines gleichermaßen werthaltigen, aber "barrabattäquivalenten" Gutscheins."
  • "Je eher die Auswirkungen eines Kundenbindungssystems den lokalen Bereich verlassen und je mehr das Geschäftsmodell auf eine landes- bzw. bundesweite Kundengewinnung abzielt, desto niedriger ist die Spürbarkeitsschwelle bzw. die Eingriffsschwelle bei § 69 Abs. 1 Satz 1 AMG anzusetzen."

Hinweis : Das OVG Lüneburg (Beschluss vom 08.07.2011, Az. 13 ME 95/11) ist der Ansicht, dass auch bereits ein Rezeptbonus iH.v. 1,50 EUR pro Arzneimittel jedenfalls dann die Eingriffsschelle überschreiten kann, wenn

- der Rezeptbonus, der auf einen bestimmten Euro-Betrag lautet, einem Barrabatt nicht unähnlich ist und

- der Kundenkreis, den die Versandapotheke mit dem im Internet beworbenen Bonusmodell erreichen möchte, nicht auf einen bestimmten lokalen Bereich beschränkt.

Frage: Ist Werbung für ein nicht verschreibungspflichtiges Arzneimittel in einer Fachzeitschrift mit einem Gewinnspiel zulässig?

Hierzu das LG Köln (Urteil vom 22.04.2010, Az. 31 O 728/09):

§ 11 Nr. 13 HWG steht der Anwendung von § 7 Abs. 1 HWG im Zusammenhang mit Preisausschreiben nicht entgegen. Gemäß § 11 Nr. 13 HWG darf außerhalb der Fachkreise für Arzneimittel, Verfahren, Behandlungen, Gegenstände oder andere Mittel nicht geworben werden mit Preisausschreiben, Verlosungen oder anderen Verfahren, deren Ergebnis vom Zufall abhängig ist. Hieraus folgt jedoch nicht im Wege eines Umkehrschlusses, dass derartige Werbemaßnahmen gegenüber Fachkreisen grundsätzlich erlaubt sein sollen und demgemäß nicht als Werbegaben im Sinne von § 7 Abs.1 HWG angesehen werden können (vgl. OLG Hamburg, GRUR 1979, 726, 727; LG Berlin Magazindienst 2008, 404 ff.). Als Werbegabe kommen sie nur dann nicht in Betracht, wenn im Einzelfall der Gewinn eine im Wert entsprechende fachliche Leistung erfordert, da eine Werbegabe begrifflich wenn nicht Unentgeltlichkeit, so doch jedenfalls das Fehlen einer annähernd wertgleichen Gegenleistung voraussetzt (Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, § 7 HWG, Rn. 13).

Von einer fachlichen Leistung könne jedenfalls dann nicht ausgegangen werden, wenn die an dem Gewinnspiel teilnehmenden Personen lediglich den daneben stehenden Werbetext lesen müssen, um die Fragen beantworten zu können. So übrigens auch die Rechtsauffassung des OLG Köln (als Berufungsinstanz), vgl. Urteil vom 10.12.2010, Az. I-6 U 85, 6 U 85/10.

Sechstes Thema: Irreführende Werbung

Frage: Wann liegt eine irreführende Werbung bei Arzneimitteln typischerweise vor?

Eine Irreführung liegt typischerweise dann vor (vgl. § 3 HWG), wenn

1. Arzneimitteln eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen beigelegt werden, die sie nicht haben,

2. fälschlich der Eindruck erweckt wird, daß

  • ein Erfolg mit Sicherheit erwartet werden kann,
  • bei bestimmungsgemäßem oder längerem Gebrauch keine schädlichen Wirkungen eintreten,
  • die Werbung nicht zu Zwecken des Wettbewerbs veranstaltet wird,

3. unwahre oder zur Täuschung geeignete Angaben

  • über die Zusammensetzung oder Beschaffenheit von Arzneimitteln, Medizinprodukten, Gegenständen oder anderen Mitteln oder über die Art und Weise der Verfahren oder Behandlungen oder
  • über die Person, Vorbildung, Befähigung oder Erfolge des Herstellers, Erfinders oder der für sie tätigen oder tätig gewesenen Personen

gemacht werden.

Siebstes Thema: Werbeverbote für verschreibungspflichtige Arzneimittel

Verschreibungspflichtige Arzneimittel sowie Arzneimittel, die Schlaflosigkeit oder psychische Störungen beseitigen oder die Stimmungslage beeinflussen sollen, dürfen gegenüber Verbrauchern überhaupt nicht beworben werden (§ 10 Abs. 1 und 2 HWG).

Frage: Gegenüber wem ist Werbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel nur gestattet?

Das Verbot des § 10 Abs. HWG greift bei Absatzwerbung, wenn also für verschreibungspflichtige Arzneimittel geworben wird.Eine Bewerbung solcher Arzneimittel ist gemäß § 10 I HWG nur gestattet gegenüber

  • Ärzten
  • Zahnärzten
  • Tierärzten
  • Apothekern sowie
  • Personen, die mit diesen Arzneimitteln erlaubterweise Handel treiben (z.B. pharmazeutische Unternehmer und pharmazeutische Großhändler).

Nicht gestattet ist somit die Bewerbung verschreibungspflichtiger Arzneimittel etwa gegenüber

  • Drogerien,
  • Reformhäusern,
  • Angehörige der Heilhilfs- und Pflegeberufe,
  • Heilpraktiker,
  • Dentisten,
  • Landwirten, Tierzüchter und andere Personen, die beruflich mit Tieren zu tun haben (vgl. Hans-Georg-Riegger, Heimitttelwerberecht, 2009, S. 161),
  • Pflegekräfte (vgl. Urteil des LG Erfurt vom 02.08.2007, Az. 2 HK O 125/07).

Eine Werbung für ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel iSd § 10 Abs. 1 HWG liegt von vornherein nicht vor bei einer reinen Unternehmens- bzw. Imagewerbung eines Unternehmens oder einen allgemeinen Vertrauenswerbung (s. dazu Doepner, HWG, 2. Aufl., § 1 Rn. 18 und Ring, in: Bülow/Ring, HWG 3. Aufl, § 10 Rn. 4), was insbesondere bei einer Eigendarstellung auf einer Homepage im Internet zu gelten hat (vgl. für Ärzte BGH WRP 2004, 221, 223 – Ärztewerbung im Internet).

Achtes Thema Sonstige Werbeverbote

Frage: Gibt es noch andere Formen der Werbeverbote?

1. Verbot der Werbung in der Packungsbeilage, § 4a HWG

Unzulässig ist es gemäß § 4a HWG, in der Packungsbeilage eines Arzneimittels für andere Arzneimittel oder andere Mittel zu werben. Welche Packungsbeilagen überhaupt zulässig sind, regelt nicht das HWG, sondern das Arzneimittelgesetz (vgl. § 11 AMG) .

Hierzu Hans-Georg Riegger, Heilmittelwerberecht, 2009, S. 105:

"§4a Abs. 1 HWG setzt die Vorgabe in Artikel 62 der RL 2001/83/EG in das deutsche Recht um, wonach Angaben in der Packungsbeilage nicht zulässig sind, wenn sie Werbecharakter haben können. Deshalb darf § 4a Abs. 1 HWG, wenn dort von "anderen Arzneimitteln" die Rede ist, nicht zu der Annahme verleiten, dass für das Präparat der Packungsbeilage sehr wohl geworben werden dürfe. Die Bestimmung ist richtlinienkonform in der Weise auszulegen, dass jegliche Werbung in der Packungsbeilage untersagt ist, sei dies Werbung für das betreffende Arzneimittel, für andere Arzneimittel oder für andere Produkte unabhängig vopn ihrer rechtlichen Einordnung (Medizinprodukte, andere Mittel, Verfahren, Behandlungen und Gegenstände im Sinne von § 1 Abs.1 Nr. 1a, Nr. 2 HWG).

Die Vorschrift des § 4a Abs.1 HWG ist vor dem Hintergrund des § 11 Abs. 1 Satz 5 AMG zu lesen. Wenn § 4a Abs. 1 HWG die Werbung für andere Arzneimittel in der Packungsbeilage unteragt, bedeutet das, dass die nach § 11 Abs. 1 Satz 5 AMG allein zulässigen weiteren Angaben ihrerseits keinen Werbecharakter haben dürfen."

2. Verbot der zusätzlichen Packungsbeilage ("Broschüre"; "Gebrauchsinformation")

Auch ist es nicht zulässig, etwa eine Broschüre oder ein Beiblatt mit werblichen Zusatzangaben dem Arzneimittel beizufügen. Der BGH führt in dem Zusammenhang aus (vgl. Urteil vom 05.04.2001, Az. I ZR 78/00):

"Das Berufungsgericht ist mit Recht auch von einem weiten Begriff der Packungsbeilage - in dem Sinn, daß darunter alles zu verstehen ist, was der Packung beiliegt - ausgegangen (a.A. OLG Hamburg PharmaR 2000, 323 = OLG-Rep. 2000, 365; zust. Doepner, HWG, 2. Aufl., § 4a Rdn. 2). Daß nur diese Auslegung dem Gesetz entspricht, ergibt sich aus der Regelung des § 11 Abs. 5 Satz 2 AMG. Danach müssen die nach § 11 Abs. 1 Satz 5 AMG nur insoweit, als sie mit der Verwendung des Arzneimittels in Zusammenhang stehen, für die gesundheitliche Aufklärung wichtig sind und den Angaben nach § 11a AMG nicht widersprechen, zulässigen weiteren Informationen von den Pflichtangaben nach § 11 Abs. 1 bis 4 AMG deutlich abgesetzt und abgegrenzt sein. Das kann insbesondere dadurch erfolgen, daß diese weiteren Informationen auf einem dem Arzneimittel beigefügten gesonderten Blatt gegeben werden (Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, 3. Aufl., § 11 AMG Rdn. 16).

Außerdem hat die gegenteilige Auffassung zur Folge, daß die restriktive Regelung über die Zulässigkeit fakultativer Angaben in der Packungsbeilage durch die Beifügung von gesonderten Werbeblättern, Patientenbroschüren usw. umgangen werden könnte (Doepner aaO § 4a Rdn. 6). Das aber widerspricht dem Fünften Erwägungsgrund der Richtlinie 92/27/EWG. Die dort geforderte Verständlichkeit der Informationen leidet, wenn den Arzneimittelpackungen neben der die Pflichtangaben enthaltenden Packungsbeilage zudem Werbeblätter, Patientenbroschüren und dergleichen beigegeben werden könnten."

3. Homöopathische Arzneimittel

Für homöopathische Arzneimittel, die nach dem Arzneimittelgesetz registriert oder von der Registrierung freigestellt sind, darf mit der Angabe von Anwendungsgebieten nicht geworben werden, vgl. § 5 HWG.

4. Beschränkungen der Heilmittelwerbung gegenüber Verbrauchern

Gemäß0 § 11 HWG darf außerhalb der Fachkreise für Arzneimittel, Verfahren, Behandlungen, Gegenstände oder andere Mittel nicht geworben werden

1. mit Gutachten, Zeugnissen, wissenschaftlichen oder fachlichen Veröffentlichungen sowie mit Hinweisen darauf,

2. mit Angaben, daß das Arzneimittel, das Verfahren, die Behandlung, der Gegenstand oder das andere Mittel ärztlich, zahnärztlich, tierärztlich oder anderweitig fachlich empfohlen oder geprüft ist oder angewendet wird,

3. mit der Wiedergabe von Krankengeschichten sowie mit Hinweisen darauf,

4. mit der bildlichen Darstellung von Personen in der Berufskleidung oder bei der Ausübung der Tätigkeit von Angehörigen der Heilberufe, des Heilgewerbes oder des Arzneimittelhandels,

5. mit der bildlichen Darstellung

  • von Veränderungen des menschlichen Körpers oder seiner Teile durch Krankheiten, Leiden oder Körperschäden,
  • der Wirkung eines Arzneimittels, eines Verfahrens, einer Behandlung, eines Gegenstandes oder eines anderen Mittels durch vergleichende Darstellung des Körperzustandes oder des Aussehens vor und nach der Anwendung,
  • des Wirkungsvorganges eines Arzneimittels, eines Verfahrens, einer Behandlung, eines Gegenstandes oder eines anderen Mittels am menschlichen Körper oder an seinen Teilen,

6. mit fremd- oder fachsprachlichen Bezeichnungen, soweit sie nicht in den allgemeinen deutschen Sprachgebrauch eingegangen sind,

7. mit einer Werbeaussage, die geeignet ist, Angstgefühle hervorzurufen oder auszunutzen,

8. durch Werbevorträge, mit denen ein Feilbieten oder eine Entgegennahme von Anschriften verbunden ist,

9. mit Veröffentlichungen, deren Werbezweck mißverständlich oder nicht deutlich erkennbar ist,

10. mit Veröffentlichungen, die dazu anleiten, bestimmte Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden beim Menschen selbst zu erkennen und mit den in der Werbung bezeichneten Arzneimitteln, Gegenständen, Verfahren, Behandlungen oder anderen Mitteln zu behandeln, sowie mit entsprechenden Anleitungen in audiovisuellen Medien,

11. mit Äußerungen Dritter, insbesondere mit Dank-, Anerkennungs- oder Empfehlungsschreiben, oder mit Hinweisen auf solche Äußerungen,

12. mit Werbemaßnahmen, die sich ausschließlich oder überwiegend an Kinder unter 14 Jahren richten,

13. mit Preisausschreiben, Verlosungen oder anderen Verfahren, deren Ergebnis vom Zufall abhängig ist,

14. durch die Abgabe von Mustern oder Proben von Arzneimitteln oder durch Gutscheine dafür,

15. durch die nicht verlangte Abgabe von Mustern oder Proben von anderen Mitteln oder Gegenständen oder durch Gutscheine dafür.

Zudem darf gemäß § 11 II HWG außerhalb der Fachkreise für Arzneimittel zur Anwendung bei Menschen nicht mit Angaben geworben werden, die nahe legen, dass die Wirkung des Arzneimittels einem anderen Arzneimittel oder einer anderen Behandlung entspricht oder überlegen ist.

5. Bestimmte Leiden

§ 12 HWG verweist auf eine Liste von Krankheiten und Leiden, auf die sich die Werbung nicht beziehen darf, z.B. Suchtkrankheiten außer Nikotinabhängigkeit, bösartige Neubildungen etc.

Neuntes Thema: Kostenlose pharmazeutische Beratung

Frage: Dürfen Online-Apotheken zum Zwecke pharmazeutischer Beratung eine Telefon-Hotline einsetzen, welche über die im Festnetz normalerweise entstehenden Gebühren verursacht?

Nein, dies ist nicht zulässig, so das OLG Stuttgart (Urteil v. 17.02.2011, Az.: 2 U 65/109:

"Die Einrichtung einer Telefonberatung, die für den Patienten mit Kosten in Form von Telefonentgelten verbunden ist, die über die im Festnetz normalerweise entstehenden hinausgehen, ist mit der Beratungspflicht in §§ 20, 17 ApBetrO unvereinbar. (...)

Zur Abgabe von Arzneimitteln gehört nach dem Willen des Gesetz- und Verordnungsgebers auch die Beratung des Patienten.

(3.1) § 20 Abs. 1 ApBetrO verpflichtet den Apotheker zur Information und Beratung. Beides dient der Arzneimittelsicherheit und der Volksgesundheit und damit dem Schutz überragend wichtiger Rechtsgüter.

Zwar zeigt die vom Gesetzgeber eröffnete Möglichkeit, Arzneimittel im Wege des Versandhandels zu beziehen, dass die Pflicht zur persönlichen Beratung keine zwingende Voraussetzung jeder Arzneiabgabe ist. Wenn Arzneimittel per Post, Telefon oder Internet bestellt werden können, kann der Apothekenbetriebsordnung nicht mehr die Absicht entnommen werden, sie wolle den Kunden stets zu einem persönlichen und zudem direkten Kontakt mit dem Apotheker zwingen, um ihm die Besonderheit der Ware Arzneimittel deutlich zu machen und ihn persönlich mit dem Beratungsangebot zu konfrontieren (BVerwGE 123, 236 = NVwZ 2005, 1198; BVerwG, aaO., Tz. 20 f.). Mit der Einführung des Versandhandels hat der Gesetzgeber deshalb bewusst die Inanspruchnahme der Beratung durch den Apotheker in die freie Entscheidung des Patienten gestellt (BVerwGE 131, 1 = NVwZ 2008, 1238). Die Beratung kann im Versandhandel via Telefon erfolgen (§ 17 Abs. 2 a Satz 1 Nr. 7 ApBetrO).

(3.2) Damit hat der Gesetzgeber eine Ausnahme von der für Präsenzapotheken bestehenden Beratungspflicht geschaffen. Deren Zweck besteht darin, den tatsächlichen Besonderheiten des Versandhandels mit Medikamenten Rechnung zu tragen. Bei der Auslegung der Sonderbestimmung ist jedoch der Zweck der Beratungspflicht zu beachten. Denn der Gesetzgeber hat Versandapotheken von dieser Pflicht nicht freigestellt und damit zu erkennen gegeben, dass auch diese gehalten sind, durch Information und Beratung Arzneimittelsicherheit und Volksgesundheit zu dienen. Vor diesem Hintergrund ist die Abweichung in § 17 Abs. 2 a Satz 1 Nr. 7 ApBetrO zu verstehen.

(3.3) Der Gesetzgeber hat es der freien Entscheidung des Kunden anheimgestellt, ob er die Beratung der Versandapotheke in Anspruch nehmen will oder nicht. Aus Sicht der Apotheke entfällt bei einer Versandapotheke die Pflicht zur Eigeninitiative auf Beratung, nicht aber das Recht des Kunden (Patienten), beraten zu werden.

In zeitlicher Hinsicht hat der Verordnungsgeber zu erkennen gegeben, dass die Versandapotheke nicht täglich rund um die Uhr die Beratung gewährleisten muss. Diese Beschränkungen nimmt der Kunde (Patient) hin, wenn er sich entscheidet, sich einer Versandapotheke zuzuwenden. Eine jederzeitige Erreichbarkeit ist für ihn, der die Versanddauer in Kauf nimmt, nicht von entscheidender Bedeutung (eine Grenzziehung braucht der Senat vorliegend nicht vorzunehmen), und auch dass eine persönliche Beratung nicht möglich ist, nimmt er um der Vorteile, die er dadurch zu erlangen hofft, offensichtlich in Kauf.

(4) Die Versandapotheke darf aber keinerlei Hürden aufrichten, die geeignet sein könnten, den Kunden (Patienten) davon abzuhalten, sich den Rat einzuholen, den er einholen möchte. Obgleich der Wortlaut der Norm nichts über die Zulässigkeit von Sondertarifen für telefonische Beratung aussagt, ist es nach dem Zweck der Ausnahme und der Beratungspflicht unzulässig, die Beratung an solche zu knüpfen. Und auch der Gleichheitsgrundsatz des Art 3 Abs. 1 GG gebietet diese Auslegung.

(4.1) Schon der Zweck der Beratungspflicht, die Gewährleistung der Arzneimittelsicherheit und der damit verbundene Schutz der Volksgesundheit, gebietet eine enge Auslegung des § 17 Abs. 2a Nr. 7 ApBetrO dahin, dass alle Vorgaben unzulässig sind, welche die Entscheidungsfreiheit des Kunden (Patienten), sich beraten zu lassen, unmittelbar oder mittelbar zu beschränken geeignet sein könnten."

Zehntes Thema: Sanktionen

Frage: Welche Sanktionen sind beim Verstoß gegen das HWG zu erwarten?

Wer gegen das Verbot der irreführenden Werbung verstößt (§ 3 HWG), wird gemäß § 14 HWG mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft und begeht bei bloßer Fahrlässigkeit gemäß § 15 Abs. 2 eine Ordnungswidrigkeit.

Gemäß § 15 HWG begeht derjenige, der gegen §§ 3a, 5-13 HWG verstößt eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße von bis zu 50.000 € geahndet werden kann.

Die Verletzung der Bestimmungen des HWG indizieren die Sittenwidrigkeit der Wettbewerbshandlung im Sinne der §§ 1 und 3 des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) und somit liegt in diesen Fällen auch ein Verstoß gegen §§ 1 und 3 UWG vor (BGH GRUR 1988, 70-71 und BGH GRUR 2001, 176).

1. Sonderfall: Prospektwerbung für eine Online-Apotheke

Wirbt eine Online-Apotheke für ihr Angebot mit Hilfe eines Prospekts, so muss dieser den Anforderungen an § 5 Abs. 2 Nr. 2 UWG gerecht werden und neben der Anschrift auch eine explizite Identitätsangabe des Apothekeninhabers enthalten. Nicht ausreichend ist der Name der Apotheke, so das LG Ravensburg (Urteil vom 28.02.2011, Az. 1 O 131/10).

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