Rechtliche Beurteilung der Vergabe der Frequenzen im 900 MHz-Bereich an E-Plus und O2 durch die Bundesnetzagentur
Im Frühjahr diesen Jahres (2006) teilte die deutsche Regulierungsbehörde für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen (BNetzA[1]) die so genannten E-GSM[2]-Frequenzen[3] um 900 MHz (E-GSM 900) den beiden jüngsten GSM-Netzbetreiber in Deutschland, E-Plus und O2 Germany, zu. Die beiden Netzbetreiber boten bis dahin ausschließlich GSM im Bereich 1800 MHz (GSM 1800) an. Nun erhielten sie jeweils 2 mal 5 MHz gepaarten Spektrums in den Bereichen 880 bis 890 und 925 bis 935 MHz, die zuvor ausschließlich militärisch genutzt worden sind. Im Gegenzug mussten sich die GSM-Anbieter verpflichten, die bisherige Nutzung des 1800-MHz-Spektrums im entsprechendem Umfang bis zum 31.01.2007 zu beenden.
Inhaltsverzeichnis
- Kapitel A: Einführung
- Kapitel B: Vorgeschichte der Entscheidung zur Frequenzzuteilung
- I. Fragestellungen, die sich aus der Art und Weise der Frequenzzuteilung ergeben
- Kapitel C: Problematik der Frequenzzuteilung ohne vorgeschaltetes Vergabeverfahren
- 1. Die E-GSM Frequenzzuteilung der BNetzA im Lichte des europäischen Gemeinschaftsrechts
- Kapitel D: Können die übergangenen Mitbewerber die Frequenzzuteilung rechtlich angreifen und ein neues Zuteilungsverfahren erzwingen?
Für die beiden GSM-Netzbetreiber E-Plus und O2 Germany bedeutete diese Frequenzzuteilung einen erheblichen wirtschaftlichen Vorteil. Mit E-GSM 900 können aufgrund der längeren Wellenlänge größere Reichweiten als mit GSM 1800 erzielt werden. Ein Mobilfunknetz kann so mit wesentlich weniger Sendestationen (Mobilfunkantennen) betrieben werden. Der Aufbau und insbesondere die Pflege eines im Frequenzbereich E-GSM 900 betriebenen Mobilfunknetzes ist daher insbesondere im Hinblick auf die Versorgung größerer, relativ dünn besiedelter Regionen in Deutschland, weitaus kostengünstiger als bei dem kurzwelligeren GSM-Pendant 1800 MHz.
Aus rechtlicher Sicht stellt sich diese Frequenzzuteilung als zumindest angreifbar dar. Immerhin lagen der BNetzA zum Zeitpunkt ihrer Frequenzzuteilung an E-Plus und O2 Germany auch andere zuteilungsreife Anträge Dritter vor, die ihr eigenes Interesse an dem Aufbau eines E-GSM Netzes geltend machten. Es hätte daher nahegelegen, dass die BNetzA ein Vergabeverfahren i.S.d. § 55 Nr. 9 Telekommunikationsgesetz (TKG) einleitet, in dem die sachlichen Interessen sämtlicher Frequenznachfrager in einem objektiven, transparenten, nichtdiskriminierenden und angemessenen Zuteilungsverfahren hätten berücksichtigt werden können. Die BNetzA hat sich jedoch gegen die Vorschaltung eines solchen Vergabeverfahrens i.S.d. § 55 Nr. 9 TKG entschieden und die begehrten GSM 900 Frequenzen direkt an E-Plus und O2 Germany zugeteilt.
Kapitel A: Einführung
Im Frühjahr diesen Jahres (2006) teilte die deutsche Regulierungsbehörde für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen (BNetzA [1] ) die so genannten E-GSM [2] Frequenzen [3] um 900 MHz (E-GSM 900) den beiden jüngsten GSM-Netzbetreiber in Deutschland, E-Plus und O2 Germany, zu. Die beiden Netzbetreiber boten bis dahin ausschließlich GSM im Bereich 1800 MHz (GSM 1800) an. Nun erhielten sie jeweils 2 mal 5 MHz gepaarten Spektrums in den Bereichen 880 bis 890 und 925 bis 935 MHz, die zuvor ausschließlich militärisch genutzt worden sind. Im Gegenzug mussten sich die GSM-Anbieter verpflichten, die bisherige Nutzung des 1800-MHz-Spektrums im entsprechendem Umfang bis zum 31.01.2007 zu beenden.
Für die beiden GSM-Netzbetreiber E-Plus und O2 Germany bedeutete diese Frequenzzuteilung einen erheblichen wirtschaftlichen Vorteil. Mit E-GSM 900 können aufgrund der längeren Wellenlänge größere Reichweiten als mit GSM 1800 erzielt werden. Ein Mobilfunknetz kann so mit wesentlich weniger Sendestationen (Mobilfunkantennen) betrieben werden. Der Aufbau und insbesondere die Pflege eines im Frequenzbereich E-GSM 900 betriebenen Mobilfunknetzes ist daher insbesondere im Hinblick auf die Versorgung größerer, relativ dünn besiedelter Regionen in Deutschland, weitaus kostengünstiger als bei dem kurzwelligeren GSM-Pendant 1800 MHz.
Aus rechtlicher Sicht stellt sich diese Frequenzzuteilung als zumindest angreifbar dar. Immerhin lagen der BNetzA zum Zeitpunkt ihrer Frequenzzuteilung an E-Plus und O2 Germany auch andere zuteilungsreife Anträge Dritter vor, die ihr eigenes Interesse an dem Aufbau eines E-GSM Netzes geltend machten. Es hätte daher nahegelegen, dass die BNetzA ein Vergabeverfahren i.S.d. § 55 Nr. 9 Telekommunikationsgesetz (TKG) einleitet, in dem die sachlichen Interessen sämtlicher Frequenznachfrager in einem objektiven, transparenten, nichtdiskriminierenden und angemessenen Zuteilungsverfahren hätten berücksichtigt werden können. Die BNetzA hat sich jedoch gegen die Vorschaltung eines solchen Vergabeverfahrens i.S.d. § 55 Nr. 9 TKG entschieden und die begehrten GSM 900 Frequenzen direkt an E-Plus und O2 Germany zugeteilt.
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[1] Rechtsnachfolgerin der RegTP.
[2] GSM steht für Global System for Mobile Communications und ist ein volldigitaler Mobilfunknetz-Standard, der hauptsächlich für Telefonie aber auch für leitungsvermittelte und paketvermittelte Datenübertragung sowie Kurzmitteilungen (Short Messages) genutzt wird.
[3] Frequenzen sind, soweit es um ihre Nutzung für funktechnische Anwendungen geht, eine knappe Ressource, die insbesondere ein hohes Maß an Koordinierung bedürfen, um wechselseitige Störungen von Funksignalen auszuschließen. Die hiermit verbundenen staatlichen Aufgaben der technischen Regulierung werden von der BNetzA wahrgenommen.
Kapitel B: Vorgeschichte der Entscheidung zur Frequenzzuteilung
Zum besseren Verständnis der wirtschaftlichen Tragweite der Entscheidung zur Frequenzzuteilung soll kurz der deutsche Mobilfunkmarkt und die Position der BNetzA dargestellt werden.
„Traditionell” beherrscht in der Bundesrepublik Deutschland ein Oligopol von vier Netzbetreibern und einer Handvoll Service-Provider den deutschen Mobilfunkmarkt. Zwei der Netzbetreiber, nämlich T-Mobile und Vodafone (ehemals Mannesmann D2), betreiben ihre so genannten D-Netze bereits seit 1989 und werden im Folgenden der Einfachheit halber als „Gruppe 1” bezeichnet. Die beiden andern Netzbetreiber, E-Plus und O2, wurden erst später auf dem deutschen Mobilfunkmarkt aktiv. So war E-Plus im Jahre 1993 nach Mannesmann D2 der zweite private Anbieter im mobilen Telekommunikationsmarkt - dicht gefolgt von dem Anbieter O2, der im Jahr 1997 unter dem Namen Viag Interkom startete. Letztere beiden Netzbetreiber werden im Folgenden als „Gruppe 2” zusammengefasst.
Bis Anfang des Jahres 2006 war es ausschließlich der „Gruppe 1” vorbehalten geblieben, im sog. „D*[1]* -Netz” (900 MHz-Frequenzbereich) Mobilfunkdienstleistungen zu erbringen. Der „Gruppe 2” dagegen war dieses Angebot aus Gründen der Frequenzknappheit*[2]* verwehrt gewesen. Sie hatte sich vielmehr mit dem sog. „E*[3]* -Netz” (1800 MHz-Frequenzbereich) zu begnügen – zu ihrem Nachteil, denn das E-Netz weist im Vergleich mit dem D-Netz eine weitaus geringere Sendeleistung*[4]* auf und musste daher, um eine ähnlich weiträumige Abdeckung des Bundesgebietes zu erreichen, deutlich „engmaschiger” ( = höhere Anzahl von kostspieligen Funkstationen) geknüpft sein. Um gleichwertige Mobilfunkleistungen zu erbringen, hatte daher die „Gruppe 2” für Aufbau und Betrieb ihres Mobilfunknetzes wesentlich höhere Aufwendungen zu erbringen.*[5]*
Die Bundesnetzagentur vertrat daher durchaus mit guten Gründen die Ansicht*[6]* , dass zwischen „Gruppe 1” und „Gruppe 2” zu keinem Zeitpunkt eine ausgeglichene, weil chancengleiche Wettbewerbssituation bestanden hätte. [7]
Auf dieses „Ungleichgewicht der Kräfte” wiesen die Vertreter der „Gruppe 2” die Bundesnetzagentur auch immer wieder beharrlich hin. Dabei machten sie insbesondere als Argument geltend, dass die im D-Netz (900 MHz-Bereich) vorhandene Frequenzknappheit eine künstlich vom Staat geschaffene sei, da die Frequenzbereiche 880 bis 890 MHz und 925 bis 935 MHz*[8]* in den Frequenznutzungsteilplänen 226 und 227 ausschließlich für militärische Zwecke vorgesehen seien. Das Militär benutze diese Frequenzbereiche jedoch bereits seit Jahren nicht mehr. Faktisch würden diese also brach liegen und sollten endlich für eine zivile Nutzung freigegeben werden.
Tatsächlich beschloss das Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) im Frühjahr letzten Jahres (2005), auf eine weitere militärische Nutzung der Erweiterungsbänder im GSM-Bereich (E-GSM-Bänder) zu verzichten. Dementsprechend wurden die bereits erwähnten, einschlägigen Frequenznutzungsteilpläne 226 und 277 in einem förmlichen Verfahren*[9]* geändert und in den Einträgen 226 009 und 227 004 die militärische Nutzung – wie in vielen anderen europäischen Staaten – durch eine zivile Nutzung (für den digitalen zellularen Mobilfunk) nach dem Frequenznutzungsplan ersetzt.
Mit dieser Umwidmung der E-GSM Frequenzen für den Nutzungszweck „digitaler zellularer Mobilfunk” wurde auf einen Schlag ein Spektrum im Bereich von 880-890/925-935 MHz (10 MHz gepaart) frei. Diese Frequenzbänder teilte sodann die BNetzA, nach einer zuvor erfolgten Anhörung der Öffentlichkeit, der „Gruppe 2” zu – obwohl auch mehrere zuteilungsreife Anträge dritter Unternehmen zum Zeitpunkt der Frequenzzuteilung vorgelegen hatten. Die BNetzA entschied sich damit gegen ein Vergabeverfahren, wonach sie gemäß § 55 Nr. 9 TKG in dem hier vorliegenden Fall der Frequenzknappheit jedoch ermächtigt gewesen wäre.
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[1] Das D-Netz ist ein Mobilfunksystem im Bereich 900 MHz, das auf dem europäischen GSM-Standard basiert.
[2] Als Frequenzknappheit oder Frequenznot bezeichnet man ein klassisches Problem des Rundfunks, nämlich dass für Frequenzzuteilungen nicht in ausreichendem Umfang verfügbare Frequenzen vorhanden sind.
[3] Das E-Netz dagegen basiert auf dem GSM-Standard im 1.800 MHz-Bereich, der dem GSM-900 Standard identisch ist und sich im wesentlichen nur durch den verwendeten Frequenzbereich unterscheidet.
[4] Die maximale Sendeleistung innerhalb der E-Netze beträgt max 0,5 Watt = 500 mW.
[5] Schätzung gehen hier bis zu 300 Millionen Euro.
[6] Vgl. nur das „GSM-Konzept” der BNetzA (veröffentlich unter www.bundesnetzagentur.de)
[7] Mit ihrer allgemeinen Aussage, „es bestehe auf dem deutschen Mobilfundmarkt kein chancengleicher Wettbewerb”, will die BNetzA keine Kritik an den bestehenden oligopolistischen Strukturen des deutschen Mobilfunkmarktes üben, sondern lediglich die Wettbewerbsbedingungen zwischen den Gruppen des Oligopols darstellen.
[8] In den Frequenzbereichen 880-890 / 925 – 935 MHz findet sich auslaufend bis 2008 noch eine Allgemeinzuteilung für die Frequenznutzung „Schnurlose Telekommunikation CT1+”. Die Nutzung genießt jedoch keinen Schutz gegenüber anderen Nutzungen in diesem Frequenzbereich und darf andere Nutzungen nicht stören.
[9] vgl. etwa § 5 der Frequenznutzungsplanaufstellungsverordnung.
I. Fragestellungen, die sich aus der Art und Weise der Frequenzzuteilung ergeben
Wie aufgezeigt hat bis zur Zuteilung der neuen GSM 900 Frequenzen kein chancengleicher Wettbewerb zwischen den beiden „Gruppen 1 und 2” bestanden. Dies wird auch von niemand bestritten. Es geht daher im folgenden auch nicht um die Frage der Wettbewerbssituation innerhalb des Mobilfunk-Oligopols, das von „Gruppe 1 und 2” gebildet wird. Es geht vielmehr darum, ob die BNetzA entgegen dem Interesse an einem offenen Mobilfunkmarkt bei ihrer Frequenzentscheidung Bewerbungen Dritter ausblenden und sich nur auf die Wiederherstellung einer chancengleichen Wettbewerbssituation innerhalb des Oligopols fokussieren darf.
Die anfangs skizzierten rechtlichen Bedenken an dem Zuteilungsverfahren können daher jetzt als folgende konkrete Fragestellungen aufgegriffen werden:
- Durften die E-GSM Frequenzen ohne vorgeschaltetes Vergabeverfahren i.S.d. § 55 Nr. 9 TKG an E-Plus und O2 Germany zugeteilt werden?
- Wenn nein, welche rechtlichen Konsequenzen hat das Fehlen eines solchen Vergabeverfahrens?
Und für die nicht zum Zuge gekommenen Drittbewerber die wichtigste Frage:
Können die übergangenen Mitbewerber die getroffene Entscheidung rechtlich angreifen und ein neues Zuteilungsverfahren erzwingen?
Kapitel C: Problematik der Frequenzzuteilung ohne vorgeschaltetes Vergabeverfahren
Sedes Materiae der Frequenzzuteilung durch die BNetzA ist § 55 Abs. 1 S.1 TKG. Demnach bedarf jede Frequenznutzung einer vorherigen Zuteilung der Frequenz durch die BNetzA, soweit durch das Gesetz nicht anders geregelt wurde. Eine solche Zuteilung ist für die Zwecke einer umfassenden staatlichen Frequenzplanung zwingend notwendig, um eine möglichst effiziente Nutzung des Frequenzspektrums zu erreichen. In den Fällen, bei denen von der Frequenznutzung funktechnische Störungen nicht ausgehen können, werden Frequenzen grundsätzlich im Rahmen der Allgemeingenehmigung zugeteilt*[1].* Bei Mobilfunkfrequenzen ist die Gefahr von funktechnischen Störungen dagegen evident und muss möglichst minimiert werden. In diesem Fall ist daher nach der Systematik des Art. 5 Abs. 2 der europäischen Genehmigungsrichtlinie*[2]* eine Frequenzzuteilung auch durch Einzelvergabe möglich. Bei einer Einzelvergabe ist wiederum § 55 Nr. 9 TKG einschlägig, der folgenden Wortlaut hat:
„Sind für Frequenzzuteilungen nicht in ausreichendem Umfang verfügbare Frequenzen vorhanden oder sind für bestimmte Frequenzen mehrere Anträge gestellt, kann die Regulierungsbehörde unbeschadet des Absatzes 5 anordnen, dass der Zuteilung der Frequenzen ein Vergabeverfahren auf Grund der von der Regulierungsbehörde festzulegenden Bedingungen nach § 61 voranzugehen hat. Vor der Entscheidung sind die betroffenen Kreise anzuhören.”
§ 55 Nr. 9 TKG ermächtigt demnach die BNetzA für den Fall, dass die Zahl der zu vergebenden Frequenzen aufgrund einer Knappheitssituation beschränkt ist („Frequenzknappheit”), die begehrten Frequenzen im Rahmen eines Versteigerungs- oder Auswahlverfahrens (vgl. § 61 I TKG) zu vergeben*[3].* § 55 Nr. 9 TKG legt dabei mit der Formulierung („kann…anordnen”) nahe, der BNetzA stünde hinsichtlich der Entscheidung über die Vorschaltung eines Vergabeverfahrens im Falle von Frequenzknappheiten ein Ermessen, also ein „Spielraum” für eine eigene Entscheidung zu.
Die obige Fragestellung kann daher weiter wie folgt konkretisiert werden: Ist in der hier gegebenen Ausgangssituation der Ermessenspielraum der BNetzA entgegen dem Wortlaut der Vorschrift so eingeengt, dass sie ein Vergabefahren vorschalten muss, wenn sie im Sinne des § 55 Nr. 9 TKG ermessensfehlerfrei handeln will?
Zur Klärung der Frage nach Ermessensspielräumen, die das TKG eröffnet, ist dabei terminologisch zwischen den Ermessenskategorien des „Entschließungsermessens” und des „Auswahlermessens” zu unterscheiden*[4].* Hinsichtlich des Regelungsgehaltes des § 55 Nr. 9 TKG bezieht sich das Entschließungsermessen auf die Entscheidung, ob die Behörde die begehrten Frequenzen außerhalb oder innerhalb eines Vergabeverfahrens zuteilt. Das Auswahlermessen dagegen betrifft die Entscheidung der Behörde, welche Vergabeverfahrensart sie im Rahmen der Durchführung der Vergabe wählen soll (vgl. dazu § 61 I TKG) . Gerade bei der Auslegung von Ermessensvorschriften im TKG erscheint jedoch generell ein gesundes Maß an Skepsis ratsam. So handhabte der Gesetzgeber die Zuweisung von Ermessensspielräumen an die Regulierungsbehörde besonders großzügig.
Dies hat zur Konsequenz, dass es im TKG nur so von Formulierungen wie „die BNetzA kann…verpflichten/anordnen etc..” wimmelt. Nicht selten jedoch mündet eine genauere Auslegung so mancher TKG-Ermessensvorschrift, gerade unter Einbeziehung ihres gemeinschaftsrechtlichen Hintergrunds*[5]* direkt in eine Umdeutung und zwar dergestalt, dass die Vorschrift restriktiv auszulegen ist, beispielsweise nur ein gebundenes Ermessen der Behörde vorliegt.
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[1] Schütz, Kommunikationsrecht, 2005, S. 23.
[2] Richtlinie 2002/20/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und – dienste (Genehmigungsrichtlinie), ABI. EG 2002 L 108, 21.
[3] Ch. Koenig/ S. Loetz/ A. Neumann, Telekommunikationsrecht, S. 182.
[4] Maurer, 12. Auflage, S. 124.
[5] Das TKG wurde ja gerade vor dem Hintergrund des im Jahre 2002 vollständig neu gefassten EG-Rechtsrahmens zur elektronischen Kommunikation neu reformiert.
1. Die E-GSM Frequenzzuteilung der BNetzA im Lichte des europäischen Gemeinschaftsrechts
Der Kodifizierungsansatz des TKG weicht teilweise von jenem des europäischen Richtlinienpakets*[1]* ab. Dies erklärt sich gerade vor dem Hintergrund der mitgliedsstaatlichen Pflicht zur Umsetzung durch die Einbettung in das deutsche Verwaltungsrecht. Umso dringender ist jedoch der Rückgriff auf die Richtlinien zur Erreichung einer EG-rechtskonformen Auslegung geboten*[2].* Eine zentrale Richtlinienvorschrift in bezug auf den Regelungsgegentand „Frequenzzuteilung durch die Mitgliedsstaaten” stellt Artikel 9 der europäischen Rahmenrichtlinie dar*[3].* Danach haben die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union zu gewährleisten, dass die Zuteilung und Zuweisung der Funkfrequenzen für elektronische Kommunikationsdienste durch die nationalen Regulierungsbehörden auf objektiven, transparenten und nichtdiskriminierenden Kriterien beruht. Die BNetzA hat diese, den Ermessensspielraum der Behörde einschränkenden, Kriterien bei der Vergabe von Frequenzen zu beachten. In die Begrifflichkeit des § 55 Nr. 9 TKG übersetzt bedeutet dies daher, dass die BNetzA bei der Vergabe von E-GSM 900 Frequenzen ohne vorgeschaltetes Vergabeverfahren nur ermessensfehlerfrei handelt, wenn sie diese Kriterien berücksichtigt.
[1] Das Richtlinienpaket besteht aus sechs Richtlinien und einer Entscheidung: der Rahmenrichtlinie (2002/21/EG), der Zugangsrichtlinie (2002/19/EG), der Genehmigungsrichtlinie ( 2002/20 EG), der Universaldienstrichtlinie (2002/22/EG), der Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation (2002/58/EG) und der Frequenzentscheidung (676/2002/EG).
[2] Ch. Koenig/ S. Loetz/ A. Neumann, Telekommunikationsrecht, S. 110.
[3] Richtlinie 2002/21 EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze- und dienste (Rahmenrichtlinie), ABI. EG 2002 L 108, 33.
a) „Transparentes Verfahren” als zu beachtendes Ermessenskriterium
(1) „Transparenz”
Unter dem Begriff „Transparenz” ist zu verstehen, dass eine klare, nachvollziehbare Frequenzzuteilung stattfindet und vorhersehbare Entscheidungskriterien angewandt werden. Der Bieter soll in die Lage versetzt werden, schon im Vornherein zu erkennen, worauf es in der konkreten Frequenzzuteilung ankommt und welche Chancen er bei einer etwaigen Teilnahme an dem betreffenden Verfahren hat. Damit soll er davor bewahrt werden, sich an Frequenzzuteilungen zu beteiligen, bei denen er keine Aussicht auf Erfolg hat.
(2) Vorgehen der BNetzA
Die BNetzA hat versucht, dem Transparenzgebot mit ihrem so genannten „GSM-Konzept” (auf der Webpräsenz der BNetzA veröffentlicht) sowie einer anschließenden Anhörung der Öffentlichkeit und Veröffentlichung der Bewilligungsbescheide an die „Gruppe 2” Genüge zu tun.
Das „GSM-Konzept” ist dabei eines von mehreren frequenzregulatorischen Konzepten der Behörde und beruht auf zwei Stufen: In einem ersten Schritt wird angekündigt, dass im Wege einer Frequenzverlagerung von Amts wegen ein Teil der bestehenden Nutzungen der E-Netze aus dem Bereich 1800 MHz in das sog. E-GSM Band und damit in den Frequenzbereich 900 MHz verlagert wird (mittlerweile bereits vollzogen, s.o.)*[1]*. In einem zweiten Schritt soll über die Vergabe dieses durch Nutzungsverlagerung frei werdenden Spektrums bei 1800 MHz entschieden werden.*[2]*
Das GSM-Konzept wurde mit Vfg. 31/2005[3] zur Anhörung gestellt und die Öffentlichkeit zur Stellungnahme bis zum 04.07.2005 aufgerufen. In der zur Kommentierung gestellten Fassung umfasste das GSM-Konzept acht Eckpunkte (wesentlicher Inhalt s.o.), wobei insgesamt 17 Stellungnahmen eingingen, die ausgewertet wurden und in einem am 15.11.2005*[3]* veröffentlichen neuen „GSM-Konzept” auch ausführlich kommentiert wurden. Die Bewertung der BNetzA ergab dabei, dass inhaltlich an den Eckpunkten festzuhalten sei.
Im Amtsblatt der Bundesnetzagentur (4/2006) wurden sodann die Bewilligungsbescheide an die „Gruppe 2” bekannt gegeben sowie auf der Internetpräsenz der BNetzA veröffentlicht.
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[1] vgl. Jahresbericht der BNetzA 2005.
[2] vgl. Jahresbericht der BNetzA 2005.
[3] ABI. Bundesnetzagentur 8/2005, S. 746 ff..
(3) Fazit:
Man wird nicht umhin können festzustellen, dass die Frequenzzuteilung der 900er Bänder transparent abgelaufen ist. Transparenter wird man die Entscheidung, sich gegen ein Vergabeverfahren auszusprechen, kaum gestalten können.
b) „Objektive, da nichtdiskriminierende Frequenzzuteilung” als zu beachtendes Ermessenskriterium
(1) „Nichtdiskriminierung”
Artikel 9 der europäischen Rahmenrichtlinie besagt, dass die Zuteilung und Zuweisung der Funkfrequenzen für elektronische Kommunikationsdienste nichtdiskriminierend zu erfolgen hat. Dieses Kriterium erlangt in zweifacher Hinsicht Bedeutung:
- Zunächst einmal ist darunter das Verbot direkter Schlechterstellungen aufgrund der Staatsangehörigkeit zu verstehen[1]. EU-Ausländer dürfen also nicht schlechter behandelt werden, als Bürger des betreffenden Mitgliedsstaates.
- Die Rolle, die der jeweilige Mitgliedstaat bei der Frequenzzuteilung im Mobilfunkbereich einnimmt, rechtfertigt jedoch, das Kriterium der „Nichtdiskriminierung” auch noch in einem anderen, nämlich in einem rein vergaberechtlichen Sinne zu verstehen.
Dies erklärt sich aus Folgendem: Wie oben bereits schon mehrfach erwähnt, ist der technisch nutzbare Bereich elektromagnetischer Wellen („Frequenzen”) begrenzt. Folgerichtig stellen demnach Frequenzen ein knappes „Gut” dar. Dies hat wiederum zur Konsequenz, dass es rein faktisch nur wenige „Privilegierte” geben kann, die sich entsprechender Sondergebrauchsrechte erfreuen können. Der jeweilige Mitgliedsstaat befindet sich hier nun in der höchst komfortablen Lage selber entscheiden zu dürfen, wer zu diesem höchst exklusiven (und gewinnträchtigen) Club der „Privilegierten” gehören soll und wer nicht. Dem Grunde nach kommt daher dem Staat eine ähnliche Stellung zu, wie er sie auch bei der klassischen Auftragsproblematik im Vergaberecht einnimmt. Hier wie dort vergibt der Staat „exklusive Rechte” - einmal in Form von Frequenzzuteilungen, das andere Mal in Form des Privilegs, für ihn bestimmte Leistungen (z.B. Beschaffung) erbringen zu dürfen. Hier wie dort besteht daher die Gefahr, dass der Staat mit der Vergabe von wirtschaftlich knappen Gütern (Frequenzen / Aufträge) die Verfolgung allgemeiner politischer Zielsetzungen verbindet und im Ergebnis bestimmte Unternehmen bzw. Unternehmensgruppen subventioniert.
Es liegt daher nahe, bei der Auslegung des in Artikel 9 Rahmenrichtlinie enthaltene Kriterium der „Nichtdiskriminierung” auch analog die Grundsätze des Vergaberechts mit einzubeziehen. Der Staat hat demnach die Vergabe „exklusiver Rechte” durch ein objektives, für jedermann nachvollziehbares Verfahren zu regeln und darf eben nicht willkürlich, also nach eigenen Gesetzmäßigkeiten („Gutdünken”) oder politischem Kalkül vorgehen.
Zu prüfen ist demnach im Folgenden, ob die Frequenzzuteilung der E-GSM Bänder durch die BNetzA tatsächlich auf einem nichtdiskriminierenden (weil chancengleichen) Verfahren beruht.
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[1] Noch, Vergaberecht Kompakt, S.14.
(2) Beruht die Frequenzzuteilung der E-GSM Bänder durch die BNetzA auf einem nichtdiskriminierenden (weil chancengleichen) Verfahren?
(a) Problem der zuverlässigen Ermittlung des Interessentenkreises
Die BNetzA rechtfertigt ihre direkte Frequenzzuteilung an E-Plus und O2 unter anderem mit dem Argument, dass ein ernsthaftes Interesse eines Dritten an dem Aufbau eines eigenen E-GSM Netzes nicht erkennbar gewesen sei[1]. Dieses Argument ist aus folgenden Gründen nicht stichhaltig:
- Tatsächlich war zum Zeitpunkt der Frequenzzuteilung der Kreis der potenziellen „Neueinsteiger in den Mobilfunkmarkt” noch gar nicht bestimmbar. Zwar ging der Frequenzzuteilung an die „Gruppe 2” eine Anhörung der Öffentlichkeit voraus – diese stellt jedoch gerade kein taugliches Mittel dar, den Interessentenkreis im konkreten Fall zuverlässig zu identifizieren. Dessen Ermittlung kann nur im Rahmen eines Vergabeverfahrens möglich sein und zwar schon aus dem ganz einfachen Grund, dass (im Gegensatz zu einer öffentlichen Anhörung) nur ein solches Verfahren den Teilnehmern auch die Chance einer Zuteilung der begehrten Frequenzen bietet. Zwar ist es durchaus wahrscheinlich, dass sich im Rahmen der Anhörung ein Großteil der Interessenten an dem frei gewordenen Frequenzbereich zu Wort gemeldet hat. Es ist aber ebenso wahrscheinlich, dass sich viele potenzielle Bieter einer Stellungnahme z.B. aus Ressourcenmangel (Zeit/Geld), Desinformation oder Resignation enthalten haben[2].
- Hinsichtlich der durch die Behörde bezweifelten „Ernsthaftigkeit” ist folgendes anzumerken: Würde man die Einschätzung, ob von einem ernsthaften (und an den Frequenzregulierungszielen des § 52 Abs. 1 TKG ausgerichteten) Interesse der Nachfrager auszugehen sei, der Regulierungsbehörde überlassen, würde dies fundamentalen Vergaberechtsgrundsätzen widersprechen. Danach kann die „Ernsthaftigkeit” eines jeden „Bieters” eben nur im Rahmen eines durch objektive Kriterien geprägten Verfahrens ermittelt werden. Ein solches Ermittlungsverahren kann nicht durch die einseitige Entscheidung der Behörde ersetzt werden.
Zwischenergebnis: Nach der hier vertretenen Ansicht muss Artikel 9 der europäischen Rahmenrichtlinie auch in einen vergaberechtlichen Kontext gestellt werden. Demnach kann nur in einem an objektiven Kriterien gebundenem Bieterverfahren, welches den Bewerbern die Chance der Zuteilung der Frequenzen einräumt, ein ernsthaftes Interesse eines Dritten ermittelt werden. Nur ein solches Ermittlungsverfahren kann daher als nicht diskriminierendes Verfahren i.S.d. Rahmenrichtlinie bewertet werden.
Durch die im Jahre 2005 durch das Militär freigegebenen E-GSM Bänder, hätte sich der BNetzA die Möglichkeit eröffnet, mittels eines Vergabeverfahrens i.S.d. § 55 Nr. 9 TKG das in Deutschland „traditionell” (s.o.) bestehende Oligopol im Bereich des Mobilfunks aufzubrechen. Die Regulierungsbehörde entschied sich dagegen für die direkte Frequenzzuweisung an die „Gruppe 2” und schnitt dadurch ganze Interessentengruppen von der Vergabe der „hoheitlichen exklusiven Rechte” im obigen Sinne ab – zumindest was den Frequenzbereich 900 MHz anbelangt. Im klassischen Regelungsbereich des Vergaberechts, nämlich der Auftragsvergabe, wäre ein solches Vorgehen von vornherein als rechtswidrig zu bezeichnen, da eine Diskriminierung Dritter kaum offensichtlicher sein kann.
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[1] vgl. „GSM-Konzept” der BNetzA.
[2] Es ist auch schon nicht nachvollziehbar, wie die Behörde überhaupt zu ihrer Einschätzung gekommen sein will - zumindest nicht im Rahmen eines transparenten Verfahrens.
(b) Die in § 2 TKG normierten Regulierungsziele sowie die gesetzlichen Zielen der Frequenzordnung gemäß § 52 Abs. 1 TKG als besonderer Ausnahmetatbestand
Nun macht die BNetzA geltend, dass sie sich bei ihrer Frequenzentscheidung in erster Linie an vergabefremden Aspekten, nämlich insbesondere die in § 2 TKG normierten Regulierungsziele sowie die gesetzlichen Zielen der Frequenzordnung gemäß § 52 Abs. 1 TKG gebunden gefühlt habe*[1].*
„Vergabefremde Kriterien” gehören prinzipiell nicht zu den vom EuGH als abschließend bezeichneten Zuschlagskriterien des preislich oder wirtschaftlich günstigsten Angebotes. In den letzten Jahren hat es jedoch einige Relativierungen von Seiten der Europäischen Kommission und Urteilen des EuGH gegeben, aus denen man eine zumindest eingeschränkte Zulässigkeit vergabefremder Gesichtspunkte bei der Auftragsvergabe ablesen kann*[2].* All diese Kriterien stellen jedoch grundsätzlich einen Fremdkörper im Vergaberecht dar und müssen daher im Einzelfall hinsichtlich ihrer Europa- und allgemeinen Rechtskonformität sehr genau geprüft werden*[3].*
Die in diesem Zusammenhang von der BNetzA herangezogenen Argumente sind daher in der Hinsicht zu untersuchen, ob aufgrund überragender „vergabefremder Kriterien” ein Ermessensfehler der BNetzA mit der Entscheidung gegen ein vorgeschaltetes Vergabeverfahren nicht vorgelegen hat - trotz erfolgter Verletzung des allgemeinen Diskriminierungsverbots nach Europäischem Gemeinschaftsrechts und vergaberechtlichen Grundprinzipien (s.o.).
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[1] vgl. „GSM-Konzept” der BNetzA.
[2] Noch, Vergaberecht Kompakt, S. 346.
[3] Noch, Vergaberecht Kompakt, S. 346.
(i) Erstes Argument der Bundesnetzagentur[1] Vorrang der Sicherstellung eines chancengleichen Wettbewerbs
Die BNetzA behauptet, die Regulierungsziele der Sicherstellung chancengleichen Wettbewerbs genössen Vorrang gegenüber möglichen Interessen Dritter an einem Marktzutritt als Netzbetreiber. Schließlich führe die Zuteilung an die „Gruppe 2” zu einer weitestgehenden Bereinigung wettbewerbsverzerrender regulatorischer Rahmenbedingungen im System der Netzbetreiber. Die BNetzA habe in dem Sinne zu gewährleisten, dass sich die Telekommunikationsmärkte selbstständig im Wettbewerb entwickeln könnten. Hierzu sei erforderlich, dass keine regulatorischen Hemmnisse gesetzt oder fortgeführt würden, die zu einer Störung des Wettbewerbs führen könnten. Erst durch eine vergleichbare Frequenzausstattung der bestehenden Wettbewerber, würden die Voraussetzungen für chancengleichen Wettbewerb geschaffen.
Bewertung: Es mutet ein wenig merkwürdig an, dass sich gerade die BNetzA hinsichtlich ihrer Frequenzentscheidung des Arguments des „chancengleichen Wettbewerbs” zu eigen macht, zu dessen Sicherstellung sie sich gem. § 2 Abs. 2 Nr. 2 TKG verpflichtet sieht.
Zwar mag ihre Frequenzpolitik dazu führen, dass sich der Wettbewerb zwischen den vier großen Oligopolisten mittelfristig entspannen wird. „Wettbewerb” i.S.d. § 2 II Nr. 2 TKG sollte jedoch nicht mit dem internen wettbewerblichen Beziehungsgeflecht der „Gruppe 1” und „Gruppe 2” verwechselt werden, die allesamt finanziell sehr einträchtige Geschäfte auf dem Gebiet des deutschen Mobilfunkmarktes tätigen.
Tatsächlicher „Wettbewerb”, im Sinne eines offenen Marktes und des weiteren Ausbaus eines Infrastrukturwettbewerbs durch einen fünften Netzanbieter, wurde dagegen nicht geschaffen. Ein solcher Ausbau entspräche aber der im Telekommunikationsbereich bestehenden Zielsetzung, die Bildung von Mono- wie auch Oligopolen nach Möglichkeit zu verhindern, den entsprechenden Markt weiter zu liberalisieren und durch die Zulassung privater Netzbetreiber mehr Wettbewerb zu ermöglichen*[2].* Zielsetzung einer jeden TKG-Regulierungspolitik sollte also sein, ein Marktergebnis mit möglichst kostenorientierten Preisen und einer Vielfalt an Diensten anzustreben, wobei nachhaltiger Wettbewerb in aller Regel nur bei infrastrukturbasiertem Wettbewerb möglich sein wird.
Zweites Argument der Bundesnetzagentur[3]: Markteintritt eines neuen GSM-Netbetreibers beseitigt nicht die beschränkte Anzahl von GSM-Netzbetreibern
Die BNetzA wendet weiterhin ein, dass eine Bereitstellung des E-GSM Spektrums für den Einstieg eines weiteren GSM-Netzbetreibers als wettbewerbsförderndes Mittel zwar grundsätzlich in Betracht komme. Gegen eine derartige Vorgehensweise spreche jedoch in diesem Fall, dass auch der Markteintritt eines neuen GSM-Netzbetreibers nicht zu einer Beseitigung der grundsätzlich beschränkten Anzahl von GSM-Netzbetreiben führen könne.
Bewertung: Dieses Argument der BNetzA hätte auch vom Oligopol der jetzigen Netzbetreiber selbst stammen können („Das Boot ist schon voll”). Natürlich bleibt es auch bei Markteintritt eines fünften GSM-Netzbetreibers auf Grund knapper Frequenzen bei einem Markt, der von einer beschränkten Anzahl von GSM-Netzbetreiben geprägt ist. Insofern ist die Aussage der BNetzA trivial. Gerade bei einer grundsätzlich beschränkten Anzahl von Marktteilnehmern ist im Sinne eines offenen Marktes aber die grundsätzliche Chance eines Markteintrittes durch einen Dritten wichtig, um den für Oligopole oder Kartelle anfälligen Mobilfunkmarkt aufzubrechen. Nur das Offenhalten dieses Marktes und das Offenhalten eines Marktzutritts sorgt für Wettbewerb. Die Begründung der BNetzA kann daher jedenfalls nicht dafür herhalten, einem Neueinsteiger, der ein berechtigtes eigenes Interesse an dem Aufbau eines E-GSM Netzes hat, grundsätzlich den Markteintritt zu verweigern. Die Frequenzvergabe sollte im Gegenteil in einer Art und Weise erfolgen, dass im Rahmen des Möglichen eine möglichst kompetitive Marktstruktur („Infrastrukturwettbewerb”) entsteht.
(iii) Drittes Argument der Bundesnetzagentur[4]: Vorhandene Frequenzausstattung nicht ausreichend für mehr Wettbewerb
Die BNetzA begründet ihre Entscheidung weiterhin damit, es stünde mit den E-GSM Frequenzen auch nur eine Frequenzausstattung von 2 mal 10 MHZ zur Verfügung. Diese Ausstattung sei deutlich geringer als die der bestehenden Mobilfunknetzbetreiber, so dass für einen neu in den Markt tretenden Netzbetreiber die Voraussetzungen für einen chancengleichen Wettbewerb gegenüber den existierenden GSM-Netzbetreibern nicht sichergestellt werden könnten. Vielmehr müsste sich ein Neueinsteiger in den Markt bis auf Weiteres mit gepaarten zehn MHz ausharren und sich mit dieser Frequenzausstattung im Wettbewerb gegen die bestehenden GSM-Netzbetreiber behaupten.
Bewertung: Auch dieses Argument verfängt nicht, da es letztlich zur Konsequenz hat, dass aufgrund einer möglichen (nun unterstellten) strukturell bedingten Schlechterstellung eines Neueinsteigers, gleich ganz darauf verzichtet wird, das Oligopol einem erweiterten Infrastrukturwettbewerb auszusetzen. Darüber hinaus ist dem Argument der BNetzA noch aus folgenden Gründen nicht zu folgen:
- In regulatorischer Hinsicht: Laut Frequenzverlagerungsbescheid an die „Gruppe 2”[5], erhielten beide Unternehmen jeweils 2 mal 5 MHz gepaarten Spektrums in den Bereichen 880 bis 890 und 925 bis 935 MHz. Denkbar wäre jedenfalls gleichsam gewesen, den gesamten (!) frei gewordenen Frequenzbereich (der durch gute Ausbreitungseigenschaften gekennzeichnet ist) im Rahmen eines Vergabeverfahrens einem dritten Interessenten zuzuteilen. Zudem laufen die Rechte an den genutzten Frequenzen der D-Netzbetreibern am 31. Dezember 2009 aus, so dass spätestens zu diesem Zeitpunkt die anfangs strukturell bedingte Schlechterstellung eines Neueinsteigers weiter ausgeglichen hätte werden können. Um an dieser Stelle gleich möglichen Missverständnissen vorzubeugen: Es geht nicht darum, dass der Verfasser sich anmaßen möchte, der BNetzA Ratschläge hinsichtlich einer „besseren” Frequenzpolitik zu geben. Jedoch soll durch die vorstehenden Ausführungen aufgezeigt werden, dass es regulatorisch durchaus möglich gewesen wäre, einen Neueinsteiger in frequenztechnischer Hinsicht ausreichend für den Wettbewerb auszurüsten.
- In betriebswirtschaftlicher Hinsicht: Genauso wenig wie es dem Verfasser zusteht, der BNetzA in ihrer Frequenzpolitik hereinzureden, steht es wiederum der Regulierungsbehörde zu, eigene betriebswirtschaftliche Erwägungen an die Stelle der jeweilig interessierten Unternehmen zu setzen. Darüber hinaus gilt, dass selbst wenn ein Neueinsteiger sich über Jahre hinweg ausschließlich mit dem frei gewordenen E-GSM Bänder hätte begnügen müssen, es doch keineswegs selbstverständlich ist, dass er nicht ebenso gute Geschäfte machen könnte wie die übrigen Netzanbieter. So wird noch in langer Sicht das Angebot der GSM-Dienstleistungen von UMTS-Diensten unterscheidbar sein und damit eine Zukunft haben. In diesem Zusammenhang wäre beispielsweise das Konzept eines möglichen Neueinsteigers denkbar gewesen, der sich ausschließlich auf Basisanwendungen (Telefonie, SMS) im Verbund mit potenten Reselern (Discountgeschäfte etc.) spezialisiert hätte.
Viertes Argument der Bundesnetzagentur[6]: Die 1800er Bänder werden durch ein Vergabeverfahren zugewiesen.
Zuletzt führt die BNetzA an, dass die vorgenommene Frequenzentscheidung nicht wirklich folgenschwer sei, da die durch Verzicht des BMVg verfügbar gewordenen zusätzlichen Frequenzkapazitäten dem Markt, nach erfolgter Verlagerung bestehender GSM-Frequenznutzungen in die 900er-Bänder, als frei gewordenes Spektrum bei 1800 MHz offen, transparent und diskriminierungsfrei zur Verfügung gestellt werden würden.
Bewertung: Dieses Argument ist, gerade vor dem Hintergrund der obigen Argumentation der BNetzA („Vorhandene Frequenzausstattung nicht ausreichend für mehr Wettbewerb”), in keiner Weise mehr nachvollziehbar. Wenn bereits die Frequenzzuweisung der E-GSM Frequenzen (im 900 MHz Bereich) von Beginn an eine Diskriminierung des Neueinsteigers gegenüber dem Oligopol darstellen soll – wieso sollte sich das bei einer Zuteilung des frei gewordenen 1800 MHz Spektrums ändern? Gerade im letzteren Fall wird doch der Neueinsteiger im Hinblick auf die schlechteren Ausbreitungseigenschaften der Frequenzen zusätzlich benachteiligt.
Zudem: Die BNetzA argumentiert, dass (zumindest) das frei gewordene Spektrum bei 1800 MHz transparent und diskriminierungsfrei zur Verfügung gestellt werden soll*[7].* Allein daraus lässt sich jedoch keinesfalls die Annahme herleiten, dass der Staat aus diesem Grund berechtigt sei, die 900er Bänder nun eben nicht in einem transparenten und diskriminierungsfreien Verfahren zuzuteilen. Tatsächlich hat der Staat prinzipiell alle (!) "exklusiven Rechte" in einem fairen Vergabeverfahren zu vergeben, soweit er nicht tatsächlich gewichtige sachfremde Vergabeaspekte für sich anführen kann. Dies wäre etwa dann denkbar, wenn die Vergabe von Frequenzen überragenden TKG-Regulierungszielen zuwiderlaufen würde. Nur, derlei TKG-Regulierungsziele wird die BNetzA im Falle der frei gewordenen 900er Bänder für sich nicht in Anspruch nehmen können. Schließlich bezweckt das TKG ja gerade die Sicherstellung eines chancengleichen Wettbewerbs und die Förderung nachhaltig wettbewerbsorientierter Märkte der Telekommunikation im Bereich der Telekommunikationsdienste und –netze, vgl. § 2 II Nr.2 TKG. Darunter wird man jedoch wohl kaum die Zementierung eines bereits seit Jahren bestehenden Oligopols verstehen können.
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vgl. „GSM-Konzept” der BNetzA.
[1] vgl. Prof. Dr. Hubertus Gersdorf, Telekommunikationsrechtskript, S. 26.
[2] vgl. Prof. Dr. Hubertus Gersdorf, Telekommunikationsrechtskript, S. 26.
[3] vgl. „GSM-Konzept” der BNetzA.
[4] vgl. „GSM-Konzept” der BNetzA.
[5] Die beiden Frequenzbescheide sind unter http://www.bundesnetzagentur.de abrufbar.
[6] vgl. „GSM-Konzept” der BNetzA.
[7] vgl. „GSM-Konzept” der BNetzA.
2. Fazit:
Der Ermessenspielraum der BNetzA, ein Vergabeverfahren hinsichtlich der Entscheidung über die Lizenzvergabe durchzuführen oder nicht, ist im Hinblick auf die strengen Prüfkriterien des Europäischen Gemeinschaftsrechts zum Diskriminierungsverbot und nach allgemeinen Vergabegrundsätzen letztlich auf Null geschrumpft. Die Behörde kann daher nur ermessensfehlerfrei handeln, wenn sie ein solches Verfahren vorschaltet. Die BNetzA hat in dem Fall lediglich gem. § 55 Nr.9 TKG ein Auswahlermessen, für welche der beiden in § 61 I TKG erwähnten Vergabeverfahren (Versteigerung i.S.d. § 61 V TKG oder Ausschreibung i.S.d. § 61 VI TKG) sie sich entscheidet.
Mit der freien Vergabe ESM 900 Frequenz an E-Plus und O2 Germany ohne vorgeschaltetes Vergabe- oder Versteigerungsverfahren hat die BNetzA daher im Ergebnis ermessenfehlerhaft gehandelt. Die von der BNetzA geltend gemachten Einwendungen, sie habe sich bei ihrer Entscheidung, die Frequenzen frei - ohne Vergaberfahren - zu vergeben, an die in § 2 TKG normierten Regulierungsziele sowie die gesetzlichen Zielen der Frequenzordnung gemäß § 52 Abs. 1 TKG gebunden gefühlt, können nicht durchdringen. Die BNetzA übersieht, dass der Gesetzgeber nicht die interne Chancengleichheit innerhalb eines bestehenden Oligopols, sondern auch bei beschränkter Marktteilnehmerzahl einen offenen Markt und den prinzipiellen Marktzugang neuer Bewerber zum Nutzen des Verbrauchers schützen will.
Da der Marktzugang beschränkt ist und der Staat den Zugang zu diesem Markt bestimmt, kann nur ein an objektiven Kriterien orientiertes Vergabeverfahren die Chancengleichheit von Bewerbern und damit die Situation eines prinzipiell offenen Martkes zum Nutzen der Verbraucher sichern. Die BNetzA blendet zu Unrecht die Möglichkeit der Vergabe an Dritte aus, favorisiert einseitig ein bestehendes Oligopol und zementiert mit ihrer Entscheidung bestehende oligopolistische Strukutren zu Lasten des Verbrauchers. Das TKG ist jedoch kein Gesetz zur Förderung eines Marktoligopols.
Kapitel D: Können die übergangenen Mitbewerber die Frequenzzuteilung rechtlich angreifen und ein neues Zuteilungsverfahren erzwingen?
Die Zuteilung der so genannten E-GSM-Frequenzen um 900 MHz (E-GSM 900) an die „Gruppe 2” war ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig erfolgt. Gegen die Zuteilungsentscheidung der BNetzA ist damit prinzipiell der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet. Im Folgenden soll auf einige Punkte eingegangen werden, die bei Beschreitung des Klagewegs zu beachten wären:
1. Problem: Klageart
Die Anfang diesen Jahres erfolgte Frequenzzuteilung der BNetzA beinhaltet letztendlich eine Maßnahme, durch die die Konkurrenzsituation zwischen der „Gruppe 2” und anderer übergangener Interessenten beeinflusst worden ist. Vorliegend käme demnach die sog. Konkurrentenklage in Betracht, welche zur Zeit in der verwaltungsgerichtlichen Praxis einen recht hohen Stellenwert einnimmt. Hierbei klagt zwar in der Regel das private Unternehmen unmittelbar gegen die öffentliche Hand. Mittelbar wendet es sich jedoch gegen einen mit ihm im Wettbewerb stehenden Dritten.
Folgende drei Typen der Konkurrentenklagen kämen (vereinfachend) in Betracht:
- Offensive Konkurrentenklage: Bei der offensiven oder positiven Konkurrentenklage wird eine Begünstigung durch die öffentliche Hand begehrt, ohne die des Wettbewerbers anzufechten. Die offensive Konkurrentenklage erfolgt prozessual durch eine Verpflichtungs- oder Leistungsklage. Im Falle der hier problematisierten Frequenzzuteilung scheidet die „offensive Konkurrentenklage” jedoch schon aus dem Grunde aus, da weitere freie Frequenzen im 900 MHz Bereich nicht zur Verfügung stehen („Frequenzknappheit”).
- Verdrängende Konkurrentenklage: Die verdrängende Konkurrentenklage, auch Mitbewerberklage genannt, stellt eine Mischform zwischen offensiver und defensiver Konkurrentenklage dar. Dieser Klage liegt der Sachverhalt zu Grunde, dass die Verwaltung nur eine begrenzte Zahl (meist nur einer) günstiger Positionen zu verteilen hat und eine solche unter Ausschluss des Klägers einem Mitbewerber erteilt wurde. Prozessual erfolgt hier eine Kombination von Anfechtungs- und Verpflichtungsklage.
Auch der „verdrängenden Konkurrentenklage” würde vorliegend mangels einer Klagebefugnis keine Aussicht auf Erfolg beschieden sein. Schließlich ist nicht einmal im Ansatz erkennbar, wie ein Kläger die Möglichkeit einer eigenen Rechtsverletzung geltend machen wollte. Der methodisch richtige Ansatzpunkt zur Feststellung einer möglichen Verletzung des subjektiven Rechts wäre nämlich vorliegend die Frage, ob sich für den Kläger (im hier vorliegenden Fall der Frequenzknappheit) möglicherweise ein Anspruch auf eine direkte Frequenzzuteilung der E-GSM Bänder ergeben würde. Dies ist jedoch nach dem TKG gerade nicht der Fall.
- # Defensive Konkurrentenklage: Bei der defensiven oder negativen Konkurrentenklage wendet sich der Kläger gegen eine Maßnahme der Verwaltung, die einen anderen begünstigt. Diese Form der Konkurrentenklage wird prozessual durch eine Anfechtungs- oder Leistungsklage, unter Umständen auch mittels einer Feststellungsklage geführt.
Die „defensive Konkurrentenklage” könnte tatsächlich ein taugliches Mittel darstellen, um gegen die Frequenzzuteilungsentscheidung der BNetzA vorzugehen. Hier erscheint die Verknüpfung einer Anfechtungs- sowie einer Leistungsklage vorteilhaft. Mittels der Anfechtungsklage würde im Erfolgsfalle bewirkt werden, dass die Bewilligungsentscheidungen der BNetzA zu Gunsten der „Gruppe 2” aufgehoben werden würden. Die Leistungsklage könnte dabei darauf gerichtet sein, dass der BNetzA aufgegeben würde, ihr bloßes Auswahlermessen i.S.d. § 55 Nr. 9 TKG im Rahmen eines diskriminierungsfreien sowie objektiven Vergabeverfahrens auch auszuüben.
2. Problem: Klagefrist
Die Klagefrist beginnt für das jeweils „übergangene Unternehmen” erst dann zu laufen, wenn diesem der VA bekannt gegeben wird (vgl. § 70 I VwGO) - die Bekanntgabe an einen Dritten genügt eben nicht. Dies hat zur Konsequenz, dass die Klagefrist im Falle der Bewilligungsbescheide an die „Gruppe 2” gesondert für jeden Betroffenen vom Zeitpunkt der ihm gegenüber erfolgten Bekanntgabe zu laufen beginnt. Unterbleibt eine Bekanntgabe an den beschwerten Dritten, wird für diesen eine Klagefrist nicht in Lauf gesetzt; eben so wenig die Ausschlussfrist des § 58 II VwGO, da diese nur den Fall der unterbliebenen oder fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung erfasst und nicht auch eine unterbliebene Bekanntgabe eines VA. Für die Anfechtung des einem Beschwerten nicht bekannt gegebenen VA besteht daher keine gesetzlich festgelegte zeitliche Grenze.
Eine Schranke bildet allerdings der auch bei der Ausübung verfahrensrechtlicher Rechte zu beachtende Grundsatz von Treu und Glauben, insbesondere in Form der Verwirkung. Nach diesem Grundsatz ist es als eine Form unzulässiger Rechtsausübung anzusehen, wenn der durch den VA Begünstigte nach dem Verhalten des Widerspruchsführers (z.B. bei Untätigbleiben trotz anderweitiger Kenntniserlangung von dem VA) mit der Erhebung einer Klage nicht mehr zu rechnen brauchte und darauf auch vertraut hat. Der Kläger kann sich dann nicht mehr darauf zu berufen, dass ihm der VA nicht bekannt gegeben wurde. In Fall der Verwirkung beginnt die Jahresfrist des § 58 II VwGO im Allgemeinen von dem Zeitpunkt an zu laufen, an dem der Betroffene sichere Kenntnis erlangt hat oder zuverlässige Kenntnis hätte erlangen müssen.
Hinsichtlich der (in diesem Beitrag problematisierten) Frequenzentscheidung der BNetzA ist davon auszugehen, dass diese im Monat April 2006 der Allgemeinheit hinlänglich bekannt geworden ist. So wurden die Bewilligungsbescheide an die „Gruppe 2” im Amtsblatt der BNetzA bekannt gebeben und besagte Bescheide, für jedermann zugänglich, auf der Internetpräsenz der BNetzA veröffentlicht.
3. Problem: Drittschützende Wirkung des § 55 Nr. 9 TKG
Selbstverständlich sind alle Unternehmen, die an dem Aufbau eines eigenen E-GSM Netzes interessiert waren, von der Frequenzentscheidung der BNetzA betroffen. Nur, die tatsächliche Betroffenheit allein genügt für die Begründung der Klagebefugnis nicht, vielmehr lässt sich nur anhand des § 55 Nr. 9 TKG beantworten, ob diese auch zu einer (notwendigen) Rechtsverletzung i.S.d. § 42 II VwGO führen kann. Dies wäre dann der Fall, wenn § 55 Nr. 9 TKG eine Rechtsvorschrift darstellt, die dazu bestimmt ist, die Rechte des Klägers zu schützen. Dies hängt wiederum davon ab, ob § 55 Nr. 9 TKG nur das öffentliche Interesse und den Schutz der Allgemeinheit verfolgt oder aber auch das Interesse und den Schutz Dritter im Blick hat.
Nach der hier vertretenen Ansicht (s.o.) muss § 55 Nr. 9 TKG in dem Sinne teleologisch reduziert werden, als der BNetzA im Falle der Frequenzknappheit lediglich ein Auswahlermessen hinsichtlich der in § 61 TKG erwähnten Vergabeverfahren (Versteigerungsverfahren oder Ausschreibungsverfahren) zukommt. Allein dadurch wird Artikel 9 der europäischen Rahmenrichtlinie Genüge getan, wonach die Zuteilung und Zuweisung der Funkfrequenzen in einem objektiven, transparenten wie auch nichtdiskriminierenden Verfahren zu erfolgen hat. Wozu bedarf es aber eines solchen (recht aufwändigen) Vergabeverfahrens? Eben zum Schutz derjenigen, die ein (legitimes) Interesse an dem „Erwerb” eigener Funkfrequenzen haben, so dass vor diesem Hintergrund § 55 Nr. 9 TKG selbstverständlich eine drittschützende Wirkung zukommen muss.
4. Fazit
Hinsichtlich der Rechtsschutzmöglichkeiten gegen die ergangene Frequenzzuteilung an die „Gruppe 2” ist danach zu unterscheiden, ob das jeweilig sich übergangen gefühlte Unternehmen einen entsprechenden Ablehnungsbescheid der BNetzA erhalten hat oder nicht. Nur im letzteren Falle steht der verwaltungsgerichtliche Rechtsschutz noch offen – unter Berücksichtigung der oben angesprochenen Verwirkungsgrundsätze wohl noch bis zum Ende März 2007.
Berücksichtigt werden muss dabei, dass der BNetzA keine Verpflichtung aufgegeben werden kann, dem jeweiligen Kläger direkt das frei gewordene 900 MHz- Band zuzuteilen. Eine entsprechende Anspruchsgrundlage lässt sich aus dem TKG keinesfalls herleiten. Die Verpflichtung der BNetzA, ein faires Vergabeverfahren i.S.d. § 61 TKG durchzuführen, erscheint dagegen durchaus in Reichweite.
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Gerd Altmann (geralt) / PIXELIO
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