Frage des Tages: Angabe des Dritten Geschlechts zwingend bei Datenabfrage?
Spätestens seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgericht zum Dritten Geschlecht, fragen sich und uns Händler immer wieder, ob dies auch bei den Angaben des Bestellformulars berücksichtigt werden muss.
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hat sich zwar im Bereich Behördenregister abgespielt – dies kann aber natürlich auch auf den Onlinehandel Auswirkungen haben. Das Bundeverfassungsgericht hatte damals festgestellt, dass Menschen, deren geschlechtliche Identität nicht dem männlichen oder dem weiblichen Geschlecht angehört, das Recht auf einen dritten Geschlechtseintrag haben – als Ausdruck des Persönlichkeitsrechts. Dies stellte nun die Händler vor die Frage, ob auch sie im Bestellablauf neben der Anrede „Frau“ und „Herr“ noch ein Drittes Geschlecht zur Auswahl geben müssen oder sollten.
Diese Frage berührt mehrere Aspekte, die wir hier kurz anschneiden:
Eine solche Verpflichtung könnte sich aus dem Allgemeinen Gleichstellungsgesetz (AGG) ergeben: Danach darf niemand aufgrund seines Geschlechtes benachteiligt werden. Sofern nun ein Händler bei Bestellung nur die Auswahl für „Frau“ oder „Herr“ vorhält, so wären Personen, die sich dem dritten Geschlecht zugehörig fühlen ausgeschlossen. Dies würde einen Verstoß gegen das AGG bedeuten – streng genommen. Andererseits wird aber de facto Personen des Dritten Geschlechtes hier ja eine Bestellung nicht vorenthalten, so dass faktisch keine Benachteiligung besteht. Wir sehen: Umstritten.
Auf der anderen Seite ist da noch die DSGVO: Hier gibt es die Grundsätze der Datenrichtigkeit und der Datensparsamkeit, die im Zusammenhang Relevanz haben können. Personenbezogene Daten müssen sachlich richtig und erforderlichenfalls auf dem neuesten Stand sein; es sind alle angemessenen Maßnahmen zu treffen, damit personenbezogene Daten, die im Hinblick auf die Zwecke ihrer Verarbeitung unrichtig sind, unverzüglich gelöscht oder berichtigt werden („Richtigkeit“). Wer hier also Personen des dritten Geschlechts zu unrichtigen Angaben nötig, müsste diese korrigieren. Andererseits: Grundsätzlich gilt bei der Verarbeitung von solchen personenbezogenen aber auch der Grundsatz der Datenvermeidung und Datensparsamkeit (§ 3a BDSG). Nach diesem sind so wenige personenbezogene Daten wie möglich zu erheben, zu verarbeiten und zu nutzen. Auf eine Geschlechterbestimmung könnte danach ohnehin auch verzichtet werden.
Bedeutet für die Beantwortung in unserem Fall: Wenn Daten erhoben werden, dann sollten diese richtig sein: Wer also die Auswahl Herr/Frau anbieten müsste strenggenommen um das dritte Geschlecht ergänzen. Um dies zu vermeiden wäre ein gangbarer Weg, die Auswahl Frau/Herr ganz wegzulassen, da dies für die Bestellabwicklung ohnehin nicht zwingend notwendig ist. Das ist aber sicherlich noch nicht das letzte Wort. Wir bleiben an dieser Sache dran: Sobald hierzu irgendeine gerichtliche Entscheidung oder sonstige weitere Entwicklungen bekannt sind, geben wir selbstverständlich Bescheid.
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2 Kommentare
Eine allgemein akzeptierte und den Regeln unserer Sprache folgende Anrede für einen "diversen Menschen" gibt es leider (noch) nicht. Gendersternchen & Co sind mit den Regeln der deutschen Sprache nicht kompatibel und auch sprachlich völlig unpraktisch und werden dadurch niemals in der Alltagssprache der Mehrheit einziehen.
Alternativ könnte (künftig) vielleicht auf das Geschlecht ganz verzichtet werden. Dies wäre übrigens auch eine Lösung für die Toilettenfrage. - Also dann: "Sehr geehrter Mensch Meier".
Man sollte rechtlich aber nicht Sachen einklagen können, für die es noch gar keine Lösungen gibt. Das Festklammern an die Buchstaben ist allerdins auch typisch deutsch. Ob eine Diskrimminierung vorliegt, sollte immer auch im Kontext/der Haltung gesehen werden. Dann wäre der Sache mehr gedient.
PS: "Drittes Geschlecht" ist genaugenommen auch semantischer Unsinn! Denn es meint ja nur, nicht Mann oder Frau sein zu wollen. Es bezeichnet also KEIN weiteres Geschlecht, sondern dass sich jemand nicht festlegen will. Sonst würden sechs Geschlechter wahrscheinlich auch nicht reichen. Also warum dann nicht das Geschlecht aus der (förmlichen) Anrede entfernen?! ;-)
Wie wäre die Sachlage, wenn die Anrede wählbar, jedoch kein Pflichtfeld im Forumlar ist?
Wer sich nicht entscheiden kann, was er gern sein möchte, kann das Feld ja einfach unausgefüjllt/unangeklickt lassen.
Lustig stelle ich mir diesen Genderwahn für Shops vor, die Bekleidung verkaufen. Was machen die mit ihren Kategorien "Mann" / "Frau" oder "Damen" / "Herren"?
Sind nicht Klamotten für eines der beiden Geschlechter gemacht? Für die Damen sind die Oberteile an bestimmten Stellen anders geschnitten, und für die Herren gibts an andere Stelle mehr Platz.
Was ist, wenn ich nicht weiß was ich sein möchte und mir eine Damenhose kaufe, die mir als Träger männlichen Geschlechts aber nicht angeboten wird, weil sie eben im Schritt nicht passt?
Was ist, wenn ich als Frau ein Männeroberteil haben möchte, mir es obenrum aber zu eng ist?
Reicht es dann aus, wenn ein Klamotten-Onlineshop einfach alle Artikel spiegelt und in eine Kategorie "divers" packt?