LG Mosbach: DocMorris ist als Versandhandelsapotheke nicht befugt einen Arzneimittel-Automaten zu betreiben

LG Mosbach: DocMorris ist als Versandhandelsapotheke nicht befugt einen Arzneimittel-Automaten zu betreiben
von Antonia Lehmann
Stand: 21.09.2017 4 min

Seit der Novellierung des Arzneimittelgesetzes (AMG) im Jahre 2004 ist der Versandhandel von Arzneimitteln in Deutschland erlaubt. Genre bedienen sich Apotheken daher der Möglichkeit, verschreibungs- sowie apothekenpflichtige Medikamente an ihre Kunden zu versenden. Dies hat sich auch auf den Marktanteil der Versandapotheken in der Bundesrepublik ausgewirkt, welcher stetig ansteigt. Unter ihnen ist auch die bekannte niederländische Versandapotheke „DocMorris“, welche Medikamente vorwiegend an Kunden aus Deutschland versendet.

Die rechtliche Grundlage für das Inverkehrbringen von Arzneimitteln stellt § 43 I S. 1 AMG dar, näheres zur Erlaubnis zum Versand von apothekenpflichtigen Arzneimitteln ist in § 11a ApoG geregelt.

Um die Versorgung auch in ländlicheren Regionen zu verbessern richtete „DocMorris“ in Hüffenhardt einen Arzneimittel-Abgabeautomaten ein, welcher dem Kunden ermöglichte, die Arzneimittel durch einen digitalen Beratungsservice direkt vor Ort zu erwerben. Mit Urteil vom 12.07.2017 (LG Mosbach, Urt. v. 12.07.2017- Az.: 4 O 21/17 KfH) untersagten die Richter der Beklagten das Betreiben eines Arzneimittelabgabe-Automaten.

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Sachverhalt

Der Kläger, Inhaber einer Online-Versandapotheke machte gegen die Beklagte, „DocMorris“, welche ebenfalls einen Arzneimittel-Versandhandel betreibt, wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche geltend.

Anlass zu dem Rechtsstreit zwischen den Parteien gab ein Arzneimittel-Abgabeautomat, welchen die Beklagte in Hüffenhardt betrieb. Aufgrund der Funktion des Abgabeautomaten wurde den Kunden die Möglichkeit eröffnet, die Medikamente gleich vor Ort zu erwerben.

In einem digitalen Beratungsraum, welcher mit einem Videoterminal ausgestattet und bei Bedarf per Videochat mit den niederländischen Apothekern verbunden werden konnte, wurden die Wünsche des Kunden entgegengenommen und ggf. eine Beratung durchgeführt.

Der Berater gab sodann den gewünschten Artikel in das System ein und überprüfte dessen Verfügbarkeit. Sofern der Artikel auf Lager war, wurde dieser freigegeben und anschließend im Wege eines automatisierten Vorgangs aus dem Arzneimittellager entnommen und über ein Laufband zum Ausgabeautomaten befördert. Nachdem das Medikament mehrere Kontrollen durchlaufen hatte, wurde der Bezahlvorgang eingeleitet und das Medikament über den Ausgabeschacht an den Kunden ausgegeben. Dabei war der Kassenbeleg, sowie dass an der Packung versehene Label mit der Dosieranweisung mit dem Hinweis „Versandapotheke“ versehen.

Nach Ansicht des Klägers verstoße die Ausgabe von Medikamenten über einen Automaten gegen das Arzneimittelgesetz, da für die Räumlichkeiten keine Apothekenbetreibererlaubnis gem. § 1 II ApoG bestehe. Die Beklagte verfüge lediglich über die Erlaubnis Arzneimittel im Versandhandel zu betreiben. Die Ausgabe von Medikamenten durch einen Automaten stelle gerade keinen Versandhandel dar, denn der Kunde erhalte unmittelbar nach seiner Bestellung die Ware am selben Ort.

Die Beklagte behauptete, der Begriff des Versandhandels iSd. § 73 I S. 1 Nr. 1 a AMG setzte nicht voraus, dass die Ware individuell an die Anschrift des Empfängers zugestellt werde, es sei vielmehr auch die Auslieferung der bestellten Ware über eine Abholstation erfasst. Hierunter falle auch der Versand von Arzneimitteln aufgrund einer Videoberatung durch anschließende Arzneimittelabgabe.

Die Entscheidung des Landgericht Mosbach

Das Landgericht Mosbach bejahten einen Unterlassungsanspruch des Klägers aus § 8 III Nr. 1 UWG iVm. §§ 3, 3a UWG iVm. § 43 AMG, § 11a ApoG.

Zwischen den Parteien bestehe ein unmittelbares Wettbewerbsverhältnis, da sie gleichartige Waren und Dienstleistungen innerhalb desselben Abnehmerkreises anbieten und abzusetzen versuchen. Die Beklagte verfüge aber in Deutschland lediglich über die Erlaubnis für den Versandhandel von Arzneimitteln.

Zwar setze der Begriff des Versandhandelns nicht voraus, dass die Ware individuell an die Anschrift des Empfängers zugestellt wird, sondern umfasst auch die Auslieferung der Ware über eine Abholstation. Hintergrund hierfür sei das Ziel, auf die individuellen Bedürfnisse der Kunden einzugehen und diesen, sofern sie aus privaten oder beruflichen Gründen die Ware zu normalen Zustellzeiten nicht entgegennehmen können, die Möglichkeit zu eröffnen, die Ware zu einem selbst gewählten Zeitpunkt abzuholen. Als Ort hierfür komme jedoch nicht die Abholung des Arzneimittels am Lagerungsort in Betracht, von welchem sie wenige Augenblicke zuvor angefordert wurden.

"Allein der Umstand, dass die Bestellung über ein Videoterminal erfolgt, macht die Abgabe der Arzneimittel im konkreten Fall nicht zur einer Arzneimittelbestellung über den Versandhandel. Denn beim Versandhandel ist sich der Kunde bewusst, dass er einige Zeit auf den Erhalt des Bestellten warten muss, während der Kunde, der die Medikamentenausgabestelle ... aufsucht, beabsichtigt, das Medikament, wie bei einer zugelassenen Präsenzapotheke, unmittelbar nach dem Bestellvorgang direkt zu erhalten, weil er davon ausgeht, dass es dort bereitgehalten wird. Außerdem ist, wie bei einer Präsenzapotheke, der Kundenkreis der Abgabestelle... örtlich eingeschränkt, während den Versandhandel die regelmäßig jedermann zur Verfügung stehende Bestellmöglichkeit auszeichnet."

Fazit

Mit diesem Urteil wurde die Idee des Medikamenten-Ausgabeautomaten von „DocMorris“ verworfen. Von ihrem Ziel, den Apothekenmarkt mit Hilfe eines digitalen Beratungsservice mit Abholfunktion auch ländlichen Regionen zu verbessern, sind sie nun weit entfernt. Es bleibt abzuwarten, ob die Beklagte Berufung beim Oberlandesgericht Karlsruhe einlegen wird.

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