Urheberrechtsverletzungen im Buch: Keine Täterschaft des Buchhändlers!
Werden durch ungenehmigte Publikationen in einem Buch Urheberrechte verletzt, besteht für den Inhaber des verletzten Rechts ein Unterlassungsanspruch gegen die Verbreitung dieses Buches zu – allerdings kann dieser Anspruch laut LG Hamburg gerade nicht gegen einzelne Buchhändler geltend gemacht werden (Urt. v. 11.03.2011, Az. 308 O 16/11). Abmahnungen gegen Buchhändler wegen der Verbreitung bestimmter Bücher werden daher künftig zumeist gegenstandslos sein.
Gestritten wurde um das Buch „Living in Berlin“, in dem insgesamt 4 Bilder eines Architekturphotographen abgedruckt waren ohne dass von diesem eine Genehmigung erteilt wurde. Dieser nahm daraufhin u.a. auch einen Online-Buchhändler auf Unterlassung in Anspruch, der das Buch über seinen Webshop vertrieb. Der Händler gab hierauf zwar (freiwillig) die weitere Verbreitung des Buches auf, verweigerte aber die Abgabe einer Unterlassungserklärung.
Zu Recht, wie die Richter des LG Hamburg entschieden. Entgegen dem im Urheberrecht vorgesehenen Täterbegriff kommen Buchhändler nur als Täter infrage, wenn sie Bücher mit rechtsverletzenden Inhalten trotz Kenntnis dieser Inhalte vermarkten.
So stehen Buchhändler ebenso wie Autoren unter dem verfassungsrechtlichen Schutz der Medienfreiheit gem. Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG. Zwar sind Buchhändler selbst keine Urheber, der Buchhandel stellt aber nach richtiger Ansicht des Gerichts ein wichtiges Instrument zur Verbreitung der geschützten Medien dar, sodass der Schutzbereich auch auf den Handel ausgeweitet werden kann.
Dementsprechend sei auch bei der Bewertung des Buchhändlers als Täter im Sinne des UrhG ein besonderer Maßstab anzulegen, um eine ungerechtfertigte Einschränkung der Medienverbreitung zu vermeiden. Ein Buchhändler verbreitet zwar bewusst und gewollt bestimmte Bücher, hat selbst aber keinen oder nur einen geringen Bezug zum Inhalt. Eine Inhaltskontrolle ist dem Händler auch nicht zumutbar, zumal gerade bei Abbildungen kaum ersichtlich sein dürfte, ob diese mit Genehmigung des Urhebers abgedruckt wurden oder nicht. Bei einer anderen juristischen Bewertung dieser Lage wäre es dem Buchhändler auch schlicht nicht möglich, der Gefahr einer Abmahnung wegen Verbreitung von Büchern mit urheberrechtsverletzendem Inhalt vorzubeugen; in der Folge würde der Handel mit Büchern unbotmäßig eingeschränkt.
Die Richter wiesen folglich den Antrag gegen den beklagten Buchhändler ab. Buchhändler können somit auch in Zukunft relativ sorgenfrei Bücher vermarkten; ein Urheberrechtsverstoß ihrerseits kommt nur dann in Betracht, wenn dem einzelnen Händler oder der Allgemeinheit die Rechtswidrigkeit einzelner Inhalte bekannt ist. Eine Kontrollpflicht des Händlers ist hierbei abzulehnen.
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1 Kommentar
ein Urteil, dass mich dann doch mal wieder an die deutsche Justiz glauben lässt, denn es ist jedem Medienhändler schlicht unmöglich, alle angebotenenen Artikel auf eventuelle Urheberrechtsverletzungen zu überprüfen, insbesondere wenn diese Artikel aus unverdächtigen Quellen (Großhandel, Vertrieb) stammen. Trotzdem galt man bisher auch bei Unwissenheit als Rechtsverletzer und sollte bisweilen existenzbedrohende Abmahngebühren bzw schadensersatzzahlungen leisten.
Kann man davon ausgehen, dass dieses Urteil Bestand hat und auch für andere Medien (Tonträger, Filme etc) übertragbar ist?
eine unverbindliche Einschätzung fände ich nett
Dominik Engel