Transportschäden im Online-Handel – Rechte und Pflichten für Händler
Transportschäden sind ein immer wiederkehrendes Ärgernis im E-Commerce: Der Verbraucher fordert Ersatz oder sein Geld zurück, während der Händler auf den Kosten sitzen bleibt und sich mit dem Transportdienstleister auseinandersetzen muss.
Wenn beschädigte Ware beim Kunden ankommt
Der Verbraucher bestellt, der Händler liefert – doch bei Erhalt der Ware folgt die Ernüchterung: Der Kunde meldet einen Schaden. Bei klar erkennbaren Transportschäden, die unmittelbar nach der Lieferung auffallen, ist eine schnelle Reklamation völlig üblich und zu erwarten.
Problematischer wird es jedoch, wenn der Verbraucher erst Monate später – etwa nach fünf Monaten, anderthalb oder sogar drei Jahren – einen Mangel reklamiert und die Ware deutliche Gebrauchsspuren aufweist. Dann stellt sich die entscheidende Frage:
Wer muss beweisen, dass der Schaden nicht erst beim Verbraucher entstanden ist, z. B. durch einen Sturz oder unsachgemäße Handhabung?
Aus Händlersicht wäre es ideal, wenn Verbraucher Transportschäden möglichst frühzeitig melden – bei typischen Transportdefekten gern sogar direkt beim Lieferdienst. Das würde Folgekosten häufig reduzieren. Doch sind Verbraucher tatsächlich verpflichtet, Schäden zeitnah anzuzeigen?
Mangel oder Transportschaden? Rechte des Verbrauchers und Pflichten des Händlers
Wird dem Verbraucher eine beschädigte Ware geliefert, liegt aus dessen Sicht ein Mangel der Kaufsache vor, unabhängig davon, ob sie bereits beim Verlassen des Händlerlagers beschädigt war oder die Beschädigung erst beim Transport passiert ist. In beiden Fällen stehen dem Verbraucher die gesetzlichen Mängelrechte zu, da er als Verbraucher die Gefahr von Beschädigungen nach §§ 475 Abs. 2, 447 BGB bei Verbrauchsgüterkäufen erst ab Übergabe der Kaufsache an ihn persönlich trägt.
Alle Schäden, die davor geschehen, gehen im Verhältnis Verbraucher-Händler zu Lasten und auf Rechnung des Händlers.
Ist die Sache bei Übergabe bereits beschädigt, so hat der Verbraucher gegen den Händler grundsätzlich einen Anspruch auf Nacherfüllung im Wege einer Nachlieferung (Neulieferung einer mangelfreien Ware im Austausch mit der beschädigten Kaufsache) oder einer Nachbesserung (Reparatur der beschädigten Kaufsache) nach § 439 BGB. Ob der Verbraucher Neulieferung oder Reparatur möchte, darf er grundsätzlich selbst entscheiden.
Daneben gilt das Verbraucherwiderrufsrecht, das dem Verbraucher vollkommen unabhängig davon zusteht, ob der Kaufgegenstand beschädigt ist oder nicht. Dies bedeutet, auch im Falle der Zusendung beschädigter Ware kann der Verbraucher statt der Reklamation wegen eines Mangels den Widerruf nach den entsprechenden verbraucherrechtlichen Bestimmungen wählen und erhält dadurch einen Anspruch auf vollständige Rückzahlung des Kaufpreises.
Beweislast: Wer muss was wann beweisen?
Reklamiert ein Verbraucher zwei Monate nach dem Kauf eines Paars Wanderschuhe, dass sich die Sohle ablöst, so stellt sich naturgemäß die Frage: Sind die Schuhe mangelhaft, also etwa schlecht verarbeitet, oder hat der Verbraucher die Ware so in Gebrauch genommen, dass sie einfach schnell verschlissen ist – beispielsweise eine zwei Monate lange Wandertour über die Alpen gemacht, wobei er die Schuhe täglich trug? Wer muss beweisen, dass die Kaufsache mangelhaft ist?
Zeigen sich Mängel innerhalb von sechs Monaten nach Übergabe der Kaufsache an den Verbraucher, so muss gemäß § 477 BGB grundsätzlich der Händler beweisen, dass die Kaufsache bei der Übergabe (Lieferung) mangelfrei gewesen ist. Im Schuhbeispiel muss also der Händler nachweisen, dass zum einen die Schuhsohle bei Übergabe an den Verbraucher wie üblich ordentlich fixiert war und zum anderen, dass die Fixierung von der Verarbeitung her nicht derart schlecht gewesen ist, dass sie sich eben in kurzer Zeit löst (also kein anfangs noch versteckter Mangel vorlag, der sich erst nach einer gewissen Zeit für alle sichtbar offenbart hat).
Allerdings macht § 476 BGB von dieser Beweispflicht eine Ausnahme: Wenn diese Sechsmonatsvermutung mit der Art der Sache oder der Art des Mangels schlichtweg unvereinbar ist, gilt sie nicht. Wer also nach vier Monaten einen im Supermarkt gekauften Käse zurückbringt und darauf verweist, der Käse sei ja nun geschimmelt, wird damit keinen Erfolg haben und den Käse daher auch nicht umtauschen können.
Sicherlich ist es untypisch, dass offensichtliche Mängel erst nach Wochen oder Monaten vom Verbraucher beim Händler gerügt werden, etwa das Nichtfunktionieren eines neu gekauften Fernsehers. Allerdings ist es stets möglich, dass der Verbraucher ein Produkt zwar gekauft hat, es aber erst viel später tatsächlich auf seine Tauglichkeit hin prüft bzw. die Ware erst später in Betrieb nehmen will und einen Mangel daher auch erst später entdeckt. Deshalb bleibt es auch dann dabei, dass im Streitfall der Händler beweisen muss, dass die Kaufsache bei Übergabe an den Verbraucher mangelfrei gewesen ist.
Natürlich kann der Händler den Verbraucher um Mithilfe bei der Feststellung des Mangels, etwa die Zusendung von Fotos des gegenwärtigen Zustands der Kaufsache, bitten. Allerdings ist der Verbraucher dazu nur eingeschränkt verpflichtet. Letztlich muss der Händler sich die Ware zuschicken lassen, um am Ende selbst zu prüfen, wie wahrscheinlich es ist, dass die Ware bereits bei Übergabe an den Verbraucher beschädigt war und sich entsprechend diesem gegenüber verhalten.
Wie lange hat der Verbraucher Zeit, einen Mangel zu melden?
Kommt die Lieferung beschädigt beim Verbraucher an, so hat er viel Zeit, den Mangel der Kaufsache gegenüber dem Händler anzuzeigen. Maximal kann sich der Verbraucher zwei Jahre Zeit dazu lassen, denn dies ist nach § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB die regelmäßige Verjährungsfrist bei Kaufverträgen.
Wenn der Verbraucher den Mangel innerhalb von sechs Monaten gegenüber dem Händler geltend macht, kommt ihm zudem die bereits angesprochene Beweislastumkehr aus § 477 BGB zu Gute. Eine gesetzliche Pflicht des Verbrauchers, Mängel möglichst schnell oder innerhalb einer bestimmten Frist gegenüber dem Händler zu melden, gibt es nicht. Eine solche Rügeobliegenheit gilt gemäß § 377 HGB nur im kaufmännischen Verkehr, also unter Kaufleuten bzw. Unternehmern, nicht jedoch bei B2C-Geschäften.
Welche Möglichkeiten haben Händler?
Für Händler ist die Lage somit etwas unbefriedigend. Die Verbraucher können sich viel Zeit damit lassen, Mängel der Kaufsache gegenüber dem Händler anzuzeigen, während der Händler die Mängel, die möglicherweise durch den Transport durch DHL, Hermes, DPD, UPS & Co entstanden sind, aufgrund (der AGB) des Transportvertrages den Transportunternehmen gegenüber häufig deutlich schneller anzeigen muss, damit er von denen bzw. deren Versicherung den Schaden ersetzt bekommt.
Allerdings haben Händler nur wenige Möglichkeiten, diese Situation entscheidend zu ihren Gunsten zu verbessern. So dürfen sie keine vertragliche Rügeobliegenheit für Verbraucher innerhalb einer bestimmten Frist in ihren AGB regeln (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 3. Dezember 2008, Az. 4 W 681/08). Sie dürfen das Risiko von Transportschäden auch nicht einfach auf die Verbraucher abwälzen, denn das verbietet ihnen bereits § 476 Abs. 1 BGB.
Die einzige Möglichkeit besteht für Händler wohl darin, die Verbraucher grundsätzlich freundlich darum zu bitten, Schäden möglichst zügig ihnen und/oder (gleich) dem betroffenen Transportunternehmen gegenüber zu melden. Dabei darf aber nicht der Eindruck entstehen, dass die Verbraucher zu einer solchen (zügigen) Meldung verpflichtet sind. Sonst könnte darin eine irreführende geschäftliche Handlung zu sehen sein, die von Mitbewerbern oder Verbände abgemahnt werden könnte.
Fazit
Viele Möglichkeiten haben Händler nicht. Sie sind zum Teil auf den guten Willen der Verbraucher angewiesen, dass diese ihnen Transportschäden möglichst frühzeitig melden. Verpflichtet sind diese dazu allerdings nicht. Zudem kann ihnen eine solche Pflicht auch nicht vertraglich durch entsprechende Bestimmungen in AGB auferlegt werden. Dennoch sollten Händler freilich die gesetzlich bestehenden Möglichkeiten ausnutzen, um am Ende nicht immer auf den Kosten sitzen zu bleiben.
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5 Kommentare
auch fuer den Privatanbieter z.Bsp. bei den EBay-Kleinanzeigen?
MfG
Wie kann ich den als Versender einen Schaden fristgemäß bei DHL , DPD etc melden, wenn mir dieser erst nach 14 Tage nach Erhalt vom Empfänger angezeigt wird, weil der erst dann das Paket ausgepackt hat. Es kann doch nicht rechtens sein, wenn sich die Spedition auf ihre AGBs beruft.
Hat da noch niemand geklagt ? Die Reglung ist doch ein Widerspruch in sich
Ich sehe täglich wie Ware von Kunden verpackt wird. Empfindliches ohne Polsterung, den Karton der zum dritten mal durch die Weltgeschichte reist oder der einzelne Klebestreifen von 1978 der dann in einem einwelligen Karton 30kg Ware drinhalten soll. Sowie das Klebeband für 35Cent die Rolle das sich gerade mal selber auf den Karton halten kann. Unser Problem ist das der Käufer für den Versand eines 3,50€ Artikels nichts bezahlen will weil er ja für den 500€ Artikel nichts bezahlt. Nur stell ich mir die Frage, ob es in einem Onlineshop zielführend ist Artikel für 3,50€ zu verkaufen nur damit ich am Ende vielleicht nur 49 Cent in der Tasche habe, muss aber für den Artikel den selben Aufwand betreiben wir für einen Artikel der 15€ oder 30€ Wert ist. Um das Thema abzukürzen, Verlangt was für Versand und Verpackung und macht es richtig, wenn Ihr Geld sparen wollt dann spart daran die Artikel an denen "nichts" verdient ist in den Shop zu stellen.