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Schnellere Lieferung gegen Aufpreis: Was ist aus rechtlicher Sicht zu beachten?

04.08.2022, 12:14 Uhr | Lesezeit: 7 min
Schnellere Lieferung gegen Aufpreis: Was ist aus rechtlicher Sicht zu beachten?

Die Lieferzeit stellt für viele Kunden im Online-Handel ein nicht unwesentliches Kaufkriterium dar. Je kürzer die Lieferzeit, desto größer die Verkaufschance für den Händler. Einige Händler möchten ihren Kunden daher mit Angeboten wie „Expressversand“ oder „Ich habe es eilig!“ gegen Aufpreis eine kürzere Lieferzeit in Aussicht stellen. Doch was ist bei solchen Angeboten aus rechtlicher Sicht zu beachten? Was gilt etwa für den Fall, dass die verkürzte Lieferzeit am Ende doch nicht eingehalten wird? Im folgenden Beitrag gehen wir diesen Fragen auf den Grund.

1. Lieferzeit ist Vertragsbestandteil

Neben dem Kaufpreis und den wesentlichen Merkmalen der Ware zählt im Versandhandel auch die Lieferzeit zu den Bestandteilen eines Kaufvertrages. Bei Verträgen mit Verbrauchern muss der Unternehmer gemäß Art. 246a § 1 Abs. 1 Nr. 10 EGBGB dem entsprechend auch informieren über den Termin, bis zu dem der Unternehmer die Waren liefern muss. Danach muss der Unternehmer den Verbraucher über Dauer, Beginn und Ablauf der Frist informieren, innerhalb welcher der Verbraucher in jedem Fall mit dem Zugang der Ware rechnen kann. Wie dies in der Praxis des Online-Handels umgesetzt werden kann, erläutern wir in diesem Beitrag.

Dies gilt auch für den Fall, dass der Händler neben der Standardlieferung zusätzlich gegen Aufpreis eine Lieferoption mit einer kürzeren Lieferzeit anbietet (z. B. Expressversand). In diesem Fall muss der Händler bereits im Angebot für beide Lieferoptionen die Lieferzeit angeben.

2. Einschränkende Zusätze generell problematisch

In der Praxis werden Lieferzeiten häufig mit einschränkenden Zusätzen wie „ca.“, „voraussichtlich“ oder „in der Regel“ angegeben. Dies kann jedoch schon im Zusammenhang mit der Standard-Lieferoption unzulässig sein, da der Händler sich hierdurch vorbehalten könnte, erst zu einem wesentlich späteren Zeitpunkt zu liefern. Entsprechendes gilt für den Fall, dass keine konkrete Lieferzeit in Tagen angegeben wird, sondern ein Lieferzeitraum, der sich über mehrere Tage erstreckt (z. B. „Lieferzeit: 2-10 Tage“). Welche Formulierungen im Zusammenhang mit der Lieferzeitangabe besser vermieden werden sollten, erläutern wir in diesem Beitrag.

Aufgrund der bestehenden Unsicherheiten im Transportwesen dürfte es grundsätzlich zulässig sein, anstatt einer konkreten Lieferzeit einen Lieferzeitraum anzugeben, in dem der Kunde mit dem Zugang der Ware rechnen kann. Allerdings dürfen die angegebenen Zeiträume nicht derart lang sein, dass die Lieferzeit hierdurch völlig verwässert wird. Nach unserer Auffassung dürfte insoweit die Angabe eines Lieferzeitraums von 3 Tagen (z. B. „2-5 Tage“) grundsätzlich unproblematisch sein.

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3. Strengerer Maßstab bei Lieferoption mit kürzerer Lieferzeit

Ein strengerer Maßstab dürfte jedoch anzusetzen sein, wenn der Händler gegen Aufpreis eine zusätzliche Lieferoption mit kürzerer Lieferzeit anbietet und dies ggf. sogar noch werblich hervorhebt, etwa durch Aussagen wie „Expressversand“ oder „Ich habe es eilig!“.

In diesen Fällen soll der Händler sich im Gegensatz zur Standardlieferoption gerade zu einer besonders schnellen Lieferung verpflichten, womit er sich ggf. auch vom Wettbewerb abhebt, der keine besonders schnelle Lieferung in Aussicht stellt.

Vor diesem Hintergrund sind in solchen Fällen einschränkende Zusätze wie „ca.“, „voraussichtlich“ oder „in der Regel“ noch kritischer zu sehen als beim Standardversand. Auch bei der Angabe von Lieferzeiträumen ist in solchen besonderen Fällen Vorsicht geboten. Wer mit einer besonders schnellen Lieferung wirbt, darf dies nicht durch die Angabe von zu langen Lieferzeiträumen verwässern. Unter Umständen kann in solchen Fällen aber die Angabe kurzer Lieferzeiträume, wie z. B. „1-2 Tage“ zulässig sein, sofern nicht mit einer kürzeren Lieferzeit geworben wird.

4. Rechtsfolgen bei Verzögerungen

Wer als Händler mit einer besonders schnellen Lieferung wirbt und sich dies ggf. sogar noch gesondert vergüten lässt, muss sich auch an seinen Aussagen messen lassen. Fraglich ist daher, welche Rechtsfolgen eintreten, wenn die Ware nicht innerhalb der angegebenen (verkürzten) Lieferzeit beim Kunden eintrifft. Dies hängt wiederum davon ab, wie man den genannten Liefertermin rechtlich einzuordnen hat.

a) Ohne weitere Anhaltspunkte kein Fixgeschäft

Wäre dieser im Sinne eines absoluten oder relativen Fixgeschäfts so zu verstehen, dass die Einhaltung des Liefertermins nach dem Zweck des Vertrages und der gegebenen Interessenlage für den Verbraucher derart wesentlich ist, dass eine verspätete Leistung keine Erfüllung mehr darstellt bzw. für den Verbraucher nicht mehr von Interesse ist, so hätte eine Überschreitung des Liefertermins möglicherweise gar Unmöglichkeit, jedenfalls aber ein Rücktrittsrecht des Verbrauchers zur Folge. Hiervon wird man aber unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung ohne weitere Anhaltspunkte nicht ausgehen können. Denn ohne weitere Anhaltspunkte wird der Verbraucher auch noch nach Ablauf des angegebenen Liefertermins ein Interesse an der Vertragserfüllung durch den Unternehmer haben.

b) In der Regel Verzugseintritt

Allerdings kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass eine vom Unternehmer zu vertretende Überschreitung des Liefertermins ohne Zutun des Verbrauchers für den Unternehmer völlig folgenlos bleiben soll. Ansonsten hätte der Gesetzgeber sich die Aufnahme dieser Informationspflicht in den Pflichtenkatalog des Unternehmers sparen können.

Nach unserer Auffassung führt eine vom Unternehmer zu vertretende Überschreitung des angegebenen Liefertermins daher zum Verzug des Unternehmers gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Danach kommt der Schuldner auch ohne Mahnung in Verzug, wenn für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist. Weitere Rechtsfolgen könnten etwa Schadensersatzansprüche des Verbrauchers im Hinblick auf eventuelle Verzugsschäden sein. Daraus könnte sich ggf. auch ein Rückzahlungsanspruch des Verbrauchers hinsichtlich der für den erfolglosen Expressversand gezahlten Vergütung ergeben.

Zu vertreten hätte der Händler in solchen Fällen grundsätzlich auch solche Verzögerungen, die auf menschliches und/oder technisches Versagen bei dem von ihm beauftragten Transportdienstleister zurückzuführen sind. Solche Probleme muss der Händler sich grundsätzlich zurechnen lassen, wenn er einen dritten Dienstleister mit der Erfüllung seiner Lieferpflicht beauftragt.

c) Auch Wettbewerbsverstoß denkbar

Neben den vorgenannten Rechtsfolgen muss sich der Händler ggf. auch einen Wettbewerbsverstoß vorwerfen lassen, wenn er die zugesagte Lieferzeit nicht einhält.

Nach § 5 Abs. 1 UWG handelt unlauter, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Eine geschäftliche Handlung ist gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 1 UWG u. a. irreführend, wenn sie unwahre Angaben oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über die Lieferung enthält.

Hierunter können auch irreführende Angaben über die Lieferzeit fallen. Dies betrifft insbesondere den Fall, dass der Händler eine kürzere Lieferzeit verspricht als er tatsächlich einhalten kann.

5. Fazit

Wer im Online-Handel neben einer Standardlieferoption zusätzlich eine Lieferoption mit kürzerer Lieferzeit (z. B. „Expressversand“) anbietet und sich dies zusätzlich vergüten lässt, muss sich auch daran messen lassen. Einschränkende Zusätze bei der Lieferzeitangabe wie „ca.“ oder „voraussichtlich“ sind in solchen Fällen noch kritischer als bei der Standardlieferoption. Die Angabe von Lieferzeiträumen ist nur in engen Grenzen möglich.

Wird die vereinbarte (verkürzte) Lieferzeit vom Händler nicht eingehalten, führt dies ohne weitere Anhaltspunkte weder zur Unmöglichkeit der Leistung noch zu einem sofortigen Rücktrittsrecht des Kunden. Allerdings kommt der Händler in solchen Fällen in der Regel in Verzug und muss sich ggf. einen Verzugsschaden des Kunden entgegenhalten lassen.

Daneben kommt auch ein abmahnbarer Wettbewerbsverstoß des Händlers in Betracht, da er irreführende Angaben über die Lieferung gemacht hat.

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