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Lebensmittelkennzeichnung

Werbung mit „Ohne Gentechnik“: Was Händler beachten sollten

Werbung mit „Ohne Gentechnik“: Was Händler beachten sollten
13 min 1
Beitrag vom: 19.11.2015
Aktualisiert: 19.12.2025

Die Bewerbung von Lebensmitteln mit dem Hinweis „ohne Gentechnik“ unterliegt strengen Vorgaben. Beanstandungen drohen sowohl bei Abweichungen vom zulässigen Wortlaut oder Kennzeichen als auch bei irreführender Werbung mit Selbstverständlichkeiten.

Zulässige Kennzeichnung

Die rechtlichen Anforderungen an die Kennzeichnung gentechnikfrei hergestellter Lebensmittel und Lebensmittelzutaten ergeben sich aus dem EG-Gentechnik-Durchführungsgesetz (EGGenTDurchfG). Dieses Gesetz regelt abschließend und verbindlich, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Form Hersteller und Händler auf eine Gentechnikfreiheit ihrer Produkte hinweisen dürfen.

Nach § 3a Abs. 1 EGGenTDurchfG ist ausschließlich die Kennzeichnungsangabe

"ohne Gentechnik"

zulässig, sofern und solange das jeweilige Lebensmittel die im Gesetz festgelegten Voraussetzungen erfüllt.

Der Gesetzgeber hat sich dabei bewusst für eine einheitliche, abschließende Begriffsbestimmung entschieden, um eine klare, für Verbraucher verständliche und marktweit vergleichbare Kennzeichnung sicherzustellen.

Andere Wortlaute oder sinngleiche Abwandlungen – etwa

„gentechnikfrei“, „ohne gentechnische Zusätze“ oder „frei von Gentechnik“ –

sind nach dem gesetzlichen Regelungskonzept grundsätzlich unzulässig, selbst wenn sie inhaltlich auf eine vergleichbare Aussage abzielen.

Maßgeblich ist dabei nicht der subjektiv beabsichtigte Aussagegehalt, sondern allein die gesetzlich festgelegte Formulierung. Abweichungen hiervon stellen regelmäßig einen Verstoß gegen das EGGenTDurchfG dar und können zugleich als unlautere geschäftliche Handlung wettbewerbsrechtlich beanstandet werden.

Hintergrund: Warum gibt es die „Ohne-Gentechnik“-Kennzeichnung?

Die freiwillige Kennzeichnung „ohne Gentechnik“ wurde geschaffen, um Verbrauchern zusätzliche Informationen zu bieten, die das europäische Gentechnikkennzeichnungsrecht nicht abdeckt.

Nach EU-Recht bleiben etwa tierische Erzeugnisse von mit gentechnisch veränderten Futtermitteln gefütterten Tieren sowie technisch unvermeidbare Spuren unterhalb der Kennzeichnungsschwelle von 0,9 % häufig kennzeichnungsfrei.

Für Händler eröffnet die nationale „Ohne-Gentechnik“-Kennzeichnung damit eine zusätzliche Abgrenzungsmöglichkeit, ist jedoch an deutlich strengere rechtliche Voraussetzungen geknüpft.

„Bio“ und „Ohne Gentechnik“

Gerade bei Bio-Lebensmitteln kann ein zusätzlicher Hinweis auf Gentechnikfreiheit aus Verbrauchersicht zunächst informativ wirken, da die rechtlichen Produktionsvorgaben des ökologischen Landbaus vielen Verbrauchern nicht im Detail bekannt sind.

Daraus folgt rechtlich jedoch nicht, dass Bio-Produkte automatisch auch mit der Angabe „ohne Gentechnik“ beworben werden dürfen.

Maßgeblich ist vielmehr, dass für Bio-Produkte die EU-Öko-Verordnung (EU) 2018/848 gilt, die den Einsatz gentechnisch veränderter Organismen sowie aus oder durch Gentechnik hergestellter Erzeugnisse im ökologischen Landbau grundsätzlich untersagt. Bio-Lebensmittel werden daher regelmäßig ohne den gezielten Einsatz von Gentechnik hergestellt.

Hieraus folgt jedoch nicht automatisch, dass Bio-Produkte zugleich sämtliche Anforderungen des EG-Gentechnik-Durchführungsgesetzes (EGGenTDurchfG) für die Kennzeichnung „ohne Gentechnik“ erfüllen. Die beiden Regelungssysteme verfolgen unterschiedliche Schutzzwecke und Anknüpfungspunkte und sind inhaltlich nicht deckungsgleich. Insbesondere bestehen Unterschiede bei den zulässigen Toleranzen für unbeabsichtigte und technisch unvermeidbare Spuren gentechnisch veränderter Bestandteile.

Diese rechtliche Trennlinie wurde in der Praxis exemplarisch am Fall der Bio-Supermarktkette Alnatura deutlich, die ihre Produkte mit dem Hinweis

"Ohne Gentechnik, weil Bio"

beworben hatte.

Diese Formulierung wurde als unzulässig beanstandet, da sie den Eindruck erweckt, Bio-Produkte dürften allein aufgrund ihrer ökologischen Herstellung automatisch mit der Angabe „ohne Gentechnik“ gekennzeichnet werden. Eine solche Gleichsetzung ist rechtlich unzutreffend.

Nach der maßgeblichen Rechtsprechung und der behördlichen Vollzugspraxis ist lediglich ein sachlicher, erläuternder Hinweis außerhalb der eigentlichen Kennzeichnung zulässig, etwa in der Form:

"Das Bio-Recht schließt den Einsatz von Gentechnik bei Bio-Lebensmitteln aus."

Ein Zusatz oder eine Begründung unmittelbar im Zusammenhang mit der Kennzeichnung „ohne Gentechnik“ bleibt hingegen unzulässig.

Entscheidet sich ein Unternehmen für die Verwendung der Angabe „ohne Gentechnik“, müssen daher unabhängig vom Bio-Status sämtliche Anforderungen des EGGenTDurchfG eigenständig eingehalten und im Zweifel auch nachgewiesen werden.

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Unzulässige Werbung mit Selbstverständlichkeiten

Auch die formal korrekte Verwendung der Kennzeichnungsangabe „ohne Gentechnik“ kann im Einzelfall wettbewerbsrechtlich unzulässig sein. Denn unabhängig von der lebensmittelrechtlichen Zulässigkeit der Bezeichnung unterliegt jede Produktkennzeichnung zugleich den Irreführungsverboten des Lauterkeitsrechts sowie des Lebensmittelkennzeichnungsrechts.

Nach Art. 7 LMIV sowie § 11 Abs. 1 LFGB sind irreführende Angaben verboten. Hierunter fällt insbesondere die sogenannte Werbung mit Selbstverständlichkeiten, also das Hervorheben einer Eigenschaft, die allen vergleichbaren Lebensmitteln gleichermaßen zukommt und daher keinen besonderen Informationswert für den Verbraucher besitzt.

Ein klassisches – und häufig herangezogenes – Beispiel ist die Bewerbung von Mineralwasser mit der Angabe „ohne Gentechnik“.

Da bei Mineralwasser eine gentechnische Veränderung begrifflich und naturwissenschaftlich ausgeschlossen ist, wäre eine entsprechende Auslobung geeignet, dem Verbraucher eine tatsächlich nicht bestehende Besonderheit zu suggerieren.

Die Rechtsprechung stellt bei der Beurteilung der Zulässigkeit maßgeblich darauf ab, ob der Hersteller oder Importeur besondere organisatorische, verfahrensmäßige oder kontrollierende Maßnahmen ergreift, die über das branchenübliche Maß hinausgehen.

Nur wenn sich das Produkt aufgrund solcher zusätzlichen Sicherungsmaßnahmen objektiv von vergleichbaren Erzeugnissen abhebt, kann eine Hervorhebung der Gentechnikfreiheit gerechtfertigt sein.

1. „Ohne Gentechnik, weil Bio“

Nach der Auffassung der lebensmittelchemischen Sachverständigen der Länder und des Bundes (ALS/BVL) ist eine Kennzeichnung oder Bewerbung irreführend, wenn sie den Eindruck vermittelt, Bio-Produkte dürften allein aufgrund ihrer ökologischen Herstellung automatisch und ohne weitere Prüfung mit der Angabe „ohne Gentechnik“ versehen werden. Eine solche Gleichsetzung ist rechtlich unzutreffend.

Denn während für Bio-Produkte Toleranzen für unbeabsichtigte und technisch unvermeidbare Spuren gentechnisch veränderter Bestandteile gelten, setzt die Kennzeichnung „ohne Gentechnik“ grundsätzlich voraus, dass keinerlei nachweisbare GVO-Anteile enthalten sind. Ein Bio-Produkt erfüllt die Anforderungen des EG-Gentechnik-Durchführungsgesetzes (EGGenTDurchfG) daher nicht automatisch.

Bei pflanzlichen Bio-Erzeugnissen kann eine zusätzliche Kennzeichnung „ohne Gentechnik“ gleichwohl zulässig sein, sofern sämtliche gesetzlichen Voraussetzungen eingehalten werden und die Angabe nicht werblich hervorgehoben wird, etwa durch einen Vergleich mit anderen Bio-Produkten.

Bei tierischen Bio-Erzeugnissen wie Milch, Eiern oder Fleisch ist dies hingegen regelmäßig anders zu bewerten: Da die Futtermittelvorgaben im Bio-Bereich hier nicht über die Anforderungen für „Ohne-Gentechnik“-Produkte hinausgehen, wird eine zusätzliche Auslobung häufig als unzulässige Werbung mit Selbstverständlichkeiten eingestuft.

2. Reis

Obwohl in der Europäischen Union derzeit kein gentechnisch veränderter Reis zum Anbau oder Inverkehrbringen zugelassen ist, hat das OVG Rheinland-Pfalz klargestellt, dass die Kennzeichnung eines Lebensmittels mit „ohne Gentechnik“ nicht automatisch als unzulässige Werbung mit Selbstverständlichkeiten zu bewerten ist.

Nach der Entscheidung des OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21.01.2003 – Az. 6 A 10564/02, kommt es entscheidend darauf an, ob die Angabe über eine bloße Selbstverständlichkeit hinausgeht und für den Verbraucher einen eigenständigen Informationswert besitzt. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn der Hersteller oder Importeur durch besondere organisatorische, verfahrensmäßige und kontrollierende Maßnahmen ein realistisches Kontaminationsrisiko aktiv minimiert.

Im entschiedenen Fall lag die Besonderheit des Produkts nicht allein im Rohstoff selbst, sondern im zusätzlichen Sicherungs- und Kontrollaufwand, der über das branchenübliche Maß hinausging. Unter diesen Voraussetzungen kann die Angabe „ohne Gentechnik“ auch bei Produkten ohne zugelassene GVO-Vergleichsprodukte zulässig sein.

3. Bier

Auch bei der Kennzeichnung von Bier stellt sich die Frage einer möglichen Irreführung. Zwar schließt das deutsche Reinheitsgebot den Einsatz gentechnisch veränderter Zutaten aus.

Gleichwohl ist zu berücksichtigen, dass:

  • sich diese Vorgaben nur auf in Deutschland gebrautes Bier beziehen,
  • ausländische Biere nicht dem Reinheitsgebot unterliegen,
  • und Kreuzkontaminationen bei Rohstoffen nicht vollständig ausgeschlossen werden können.

Wird durch geeignete Maßnahmen eine besondere Qualitätssicherung und Kontrolle dokumentiert, kann die Kennzeichnung „ohne Gentechnik“ daher im Einzelfall zulässig sein.

4. Äpfel

In der Europäischen Union sind derzeit weder der Anbau noch der Import gentechnisch veränderter Äpfel zugelassen. Mangels eines realistischen Kontaminationsrisikos ist eine Kennzeichnung von Äpfeln mit „ohne Gentechnik“ daher regelmäßig als Werbung mit Selbstverständlichkeiten zu bewerten und entsprechend unzulässig.

5. Honig

In Deutschland werden aktuell keine gentechnisch veränderten Nutzpflanzen angebaut. Gleichwohl kann Honig – insbesondere Importhonig – mit gentechnisch veränderten Pollen in Kontakt kommen.

Da für Honig keine generelle Zulassungsbeschränkung für GVO-Pollen besteht, kann die Angabe „ohne Gentechnik“ hier grundsätzlich keine Werbung mit Selbstverständlichkeiten darstellen, sofern der Hersteller oder Importeur entsprechende Kontroll- und Sicherungsmaßnahmen ergreift und dokumentiert.

6. Vitamine, Aromen und Zusatzstoffe

Ein besonders praxisrelevantes und zugleich komplexes Anwendungsfeld betrifft die Verwendung von Vitaminen, Aromen und sonstigen Zusatzstoffen. Viele dieser Stoffe – etwa Vitamine wie B12 oder B2, bestimmte Aromen oder Emulgatoren wie Lecithine – werden heute großtechnisch mithilfe gentechnisch veränderter Mikroorganismen (GVM) in geschlossenen Systemen hergestellt.

Nach den allgemeinen Kennzeichnungsvorgaben der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 müssen solche Stoffe häufig nicht als „genetisch verändert“ gekennzeichnet werden, da die verwendeten Mikroorganismen im Endprodukt selbst nicht mehr enthalten sind.

Das EGGenTDurchfG stellt hier jedoch strengere Anforderungen:
Für die Kennzeichnung „ohne Gentechnik“ dürfen Vitamine, Aromen oder Zusatzstoffe nicht mithilfe gentechnisch veränderter Mikroorganismen hergestellt worden sein, sofern entsprechende Alternativen am Markt verfügbar sind.

Gerade weil der Einsatz solcher GVO-basierter Zusatzstoffe in der konventionellen Lebensmittelindustrie weit verbreitet ist, stellt die Auslobung „ohne Gentechnik“ bei vitaminisierten oder hochverarbeiteten Lebensmitteln regelmäßig keine Werbung mit Selbstverständlichkeiten dar. Vielmehr dokumentiert der Hersteller in diesen Fällen einen besonderen Auswahl- und Prüfaufwand gegenüber seinen Vorlieferanten.

7. Käse und Enzyme

Ähnliches gilt für Käseprodukte. Während traditionell tierisches Lab aus dem Kälbermagen eingesetzt wurde, wird heute häufig biotechnologisch hergestelltes Chymosin verwendet.

Stammt dieses Enzym aus gentechnisch veränderten Mikroorganismen, ist das Endprodukt (der Käse) zwar nach allgemeinem EU-Recht nicht kennzeichnungspflichtig, darf jedoch nicht mit „ohne Gentechnik“ beworben oder entsprechend gekennzeichnet werden.

Die Verwendung der Angabe ist hingegen zulässig, wenn der Hersteller nachweisen kann, dass entweder tierisches Lab oder mikrobielles Lab aus nicht-gentechnisch veränderten Kulturen eingesetzt wurde. In diesem Fall handelt es sich um ein abgrenzbares Qualitätsmerkmal gegenüber dem industriellen Standard.

8. Speiseöle – Soja vs. Olivenöl

Auch bei Speiseölen ist eine differenzierte Betrachtung des jeweiligen Rohstoffs erforderlich:

  • Sojaöl: Da weltweit über 80 % der Sojaerzeugnisse gentechnisch verändert sind, ist die Gefahr einer Kreuzkontamination extrem hoch. Eine Auslobung mit „ohne Gentechnik“ ist hier immer zulässig, da der Hersteller einen enormen Prüfaufwand (Chargentrennung, IP-Systeme) leisten muss, um die GVO-Freiheit zu garantieren.
  • Olivenöl: Da es derzeit keine kommerziell angebauten gentechnisch veränderten Olivenbäume gibt und das Öl rein mechanisch gewonnen wird, stufen Lebensmittelkontrolleure die Kennzeichnung „ohne Gentechnik“ bei Olivenöl oft als unzulässige Werbung mit Selbstverständlichkeiten ein. Es gibt schlicht kein Vergleichsprodukt auf dem Markt, das „mit Gentechnik“ hergestellt sein könnte.

Offizielles „Ohne Gentechnik“-Siegel

Zur Kennzeichnung gentechnikfrei hergestellter Lebensmittel wurde im August 2009 ein staatlich anerkanntes „Ohne-Gentechnik“-Siegel eingeführt. Es soll Verbrauchern eine schnelle und verlässliche Orientierung ermöglichen und zugleich eine einheitliche Kennzeichnung im Markt fördern.

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Die Verwendung dieses Siegels ist freiwillig. Unternehmen sind rechtlich nicht verpflichtet, das Logo zu nutzen.

Die Verwendung des Siegels ist freiwillig; eine rechtliche Verpflichtung zur Nutzung des Logos besteht nicht. Maßgeblich und rechtlich verbindlich ist allein die gesetzlich vorgegebene Begriffsangabe „ohne Gentechnik“. Weder die grafische Ausgestaltung noch die konkrete Platzierung des Hinweises auf der Verpackung sind gesetzlich vorgeschrieben, sofern die materiellen Anforderungen eingehalten werden.

Das offizielle „Ohne-Gentechnik“-Siegel wird vom Verband Lebensmittel ohne Gentechnik e. V. (VLOG) vergeben. Die Markennutzungsrechte wurden dem Verband vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) übertragen. Der VLOG verwaltet die Nutzung des Logos und führt eine öffentlich zugängliche Datenbank der zur Siegelverwendung berechtigten Unternehmen.

Voraussetzung für die Nutzung des Siegels ist zum einen die vollständige Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen des EG-Gentechnik-Durchführungsgesetzes (EGGenTDurchfG). Zum anderen ist der Abschluss einer Lizenzvereinbarung mit dem VLOG erforderlich, da es sich um eine markenrechtlich geschützte Wort-Bild-Marke handelt.

Eine gesetzlich vorgeschriebene Zertifizierung der Produktion durch ein unabhängiges Zertifizierungsunternehmen ist nicht vorgesehen. Gleichwohl müssen Hersteller sicherstellen, dass insbesondere die einschlägigen EU-Vorgaben zur Kennzeichnung und Verwendung gentechnisch veränderter Futtermittel eingehalten werden. Dies ist von zentraler Bedeutung, da die „Ohne-Gentechnik“-Kennzeichnung voraussetzt, dass auch die eingesetzten Futtermittel den gesetzlichen Anforderungen entsprechen und nicht als gentechnisch verändert gelten.

Unternehmen, die das Siegel verwenden, müssen daher jederzeit in der Lage sein, die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben nachvollziehbar zu dokumentieren, um Beanstandungen durch Überwachungsbehörden oder markenrechtliche Maßnahmen des VLOG zu vermeiden.urch Überwachungsbehörden oder markenrechtliche Maßnahmen des VLOG zu vermeiden.

Ausblick: Neue genomische Techniken (NGT) und ihre Bedeutung für die „Ohne-Gentechnik“-Kennzeichnung

Ein möglicher Wendepunkt für die rechtliche Bewertung der Kennzeichnung „ohne Gentechnik“ zeichnet sich durch den derzeit noch nicht abgeschlossenen Verordnungsentwurf der Europäischen Union zu sogenannten Neuen genomischen Techniken (NGT) ab.

Nach den aktuellen Gesetzesinitiativen sollen bestimmte mit modernen Genomeditierungsverfahren wie CRISPR/Cas erzeugte Pflanzen künftig regulatorisch nicht mehr den Vorschriften des klassischen EU-Gentechnikrechts unterfallen, sofern sie auch durch konventionelle Züchtung hätten entstehen können (sog. NGT-1-Pflanzen).

Diese Erzeugnisse würden damit ohne GVO-Kennzeichnung auf Produktebene in Verkehr gebracht und wären für Verbraucher äußerlich nicht von konventionellen Produkten unterscheidbar.

Für die Bewertung der Angabe „ohne Gentechnik“ könnte dies perspektivisch erhebliche Auswirkungen haben. Denn während NGT-1-Produkte nach dem aktuellen EU-Regelungsvorschlag kennzeichnungsfrei bleiben sollen, knüpft das EG-Gentechnik-Durchführungsgesetz weiterhin an die bisherige Systematik des Gentechnikrechts an, während der VLOG-Standard den Einsatz neuer genomischer Techniken nach derzeitigem Stand ausdrücklich ausschließt.

Praxisbeispiel: Getreide und Zuckerrüben

Bisherige Rechtslage: Da in der Europäischen Union bislang keine zugelassenen gentechnisch veränderten Weizen- oder Zuckerrübensorten im Markt waren, wurde die Bewerbung entsprechender Erzeugnisse (z. B. Mehl, Nudeln oder Zucker) mit „ohne Gentechnik“ häufig als unzulässige Werbung mit Selbstverständlichkeiten bewertet. Mangels real existierender Vergleichsprodukte fehlte es an einem unterscheidenden Informationswert.

Mögliche zukünftige Entwicklung (NGT-Regime): Sollten NGT-1-Pflanzen ohne Kennzeichnungspflicht tatsächlich in den Verkehr gelangen, entstünde erstmals eine Marktsituation, in der äußerlich identische Produkte entweder mit oder ohne Anwendung genomischer Techniken hergestellt sein können. In einem solchen Szenario kann die Angabe „ohne Gentechnik“ nicht mehr lediglich eine Selbstverständlichkeit beschreiben, sondern ein abgrenzbares Qualitäts- und Auswahlkriterium dokumentieren.

Kontrolle der „Ohne Gentechnik“-Kennzeichnung

Die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen an die Kennzeichnung „ohne Gentechnik“ wird in Deutschland durch die zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörden der Bundesländer kontrolliert. Diese prüfen im Rahmen ihrer Überwachungstätigkeit sowohl die materielle Rechtmäßigkeit der Kennzeichnung als auch deren konkrete Verwendung in der Praxis, etwa auf Verpackungen, in Online-Angeboten oder in der Werbung.

Werden Verstöße gegen die Vorgaben des EG-Gentechnik-Durchführungsgesetzes (EGGenTDurchfG) festgestellt, können unterschiedliche rechtliche Konsequenzen drohen. Dazu zählt insbesondere die Untersagung der weiteren Verwendung der Kennzeichnung „ohne Gentechnik“, etwa durch behördliche Anordnungen oder Beanstandungen im Rahmen der Lebensmittelüberwachung. Je nach Art und Schwere des Verstoßes kommen zudem Ordnungswidrigkeitenverfahren und die Verhängung von Bußgeldern in Betracht.

Daneben besteht ein erhebliches wettbewerbsrechtliches Risiko. Unzulässige oder irreführende Angaben zur Gentechnikfreiheit können von Mitbewerbern, Wettbewerbsverbänden oder qualifizierten Einrichtungen abgemahnt und gerichtlich verfolgt werden. In der Praxis gehen entsprechende Beanstandungen nicht selten mit Unterlassungsansprüchen und der Forderung nach Abgabe strafbewehrter Unterlassungserklärungen einher.

Sofern das offizielle „Ohne-Gentechnik“-Siegel verwendet wird, kommen zusätzlich markenrechtliche Konsequenzen in Betracht. Da es sich um eine geschützte Wort-Bild-Marke handelt, kann der Verband Lebensmittel ohne Gentechnik e. V. (VLOG) als Inhaber der Markennutzungsrechte die Unterlassung der Nutzung verlangen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen oder die vertraglich vereinbarten Lizenzbedingungen nicht eingehalten werden.

Besondere Vorsicht ist schließlich bei der Gestaltung des Logos geboten. Jede Abwandlung des offiziellen Siegels, etwa hinsichtlich Farbe, Schriftzug, Proportionen oder sonstiger grafischer Elemente, bedarf der vorherigen ausdrücklichen Genehmigung des Markeninhabers. Eine eigenmächtige Veränderung kann unabhängig von der materiellen Rechtmäßigkeit der Kennzeichnung einen eigenständigen Markenrechtsverstoß begründen.

Fazit

Die Kennzeichnung und Bewerbung von Lebensmitteln mit „ohne Gentechnik“ bietet Händlern zwar eine attraktive Möglichkeit zur Differenzierung, ist rechtlich jedoch mit erheblichen Anforderungen verbunden. Zulässig ist ausschließlich der gesetzlich vorgegebene Wortlaut, dessen Verwendung nur bei lückenloser Einhaltung der materiellen Voraussetzungen des EG-Gentechnik-Durchführungsgesetzes erfolgen darf.

Besondere Risiken bestehen dort, wo die Angabe lediglich eine Selbstverständlichkeit hervorhebt oder unzulässig mit anderen Qualitätskennzeichnungen – etwa „Bio“ – verknüpft wird. Entscheidend ist stets, ob ein objektiver Mehrwert durch zusätzliche Kontroll-, Sicherungs- oder Auswahlmaßnahmen besteht, der das Produkt tatsächlich von vergleichbaren Erzeugnissen abhebt.

Händler sollten die Verwendung der Angabe „ohne Gentechnik“ daher nur nach sorgfältiger Prüfung der gesamten Lieferkette, der eingesetzten Rohstoffe und Zusatzstoffe sowie der Dokumentationslage vornehmen.

Angesichts intensiver behördlicher Kontrollen, wettbewerbsrechtlicher Abmahnrisiken und möglicher markenrechtlicher Konsequenzen beim Einsatz des offiziellen Kennzeichens ist eine rechtlich fundierte Absicherung in diesem Bereich unerlässlich.

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1 Kommentar

P
Paul
Frau
Hallo,
Also verstehe ich das jetzt richtig, ich darf kein eigenes Logo mit dem Wortlaut "ohne Gentechnik" verwenden, da das Wort an sich schon geschützt ist?

Vielen Dank im Voraus!
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